OWLs Bar & Restaurant – Kissa mit Extras
Unverkrampft, farbenfroh und gespickt mit vielen originellen Ideen präsentiert das OWLs in Bielefeld einen Mix aus klangvoller Jazz-Kissa, Restaurant und Händler. Wir ließen uns an einem heißen Sommerabend den „Drink des Tages“ servieren.
„Siehst du das? Ein ganz typisches Verhalten“, flüstert Laurin Schafhausen. Wie Verhaltensforscher sitzen wir in einer Ecke des „großen Salons“ und beobachten die übrigen Gäste. „Die sind zum ersten Mal hier und haben sich einen abgelegenen Platz ausgesucht, schön weit von der Anlage. Jetzt lauschen sie, und beim nächsten Mal trauen sie sich schon einen Tisch weiter vor.“ Tatsächlich scheint dem Pärchen zu gefallen, was es hört. Der Raum wird von goldenem Sonnenlicht erleuchtet – und von zarten Impulsen: Es spielt loungiger Jazz mit sanftem Reggae-Einschlag, der herrlich gelöst durchs Zimmer schwebt. Ihre Gastronomie werde überraschend gut angenommen, erklärt mir der Mitinhaber, der Westfale sei jedoch ein skeptischer Zeitgenosse. Und so beobachten er und sein Partner, Geschäftsführer Kai Mosdzen, immer wieder ein Verhalten, das an scheue Rehe erinnere: Die stattliche HiFi-Anlage der Bar werde als Fremdkörper gewertet – und da muss man halt erstmal vorsichtig schnuppern …
Die Szene spielt an einem heißen Sommertag. Ich befinde mich im Zentrum Bielefelds, keine fünf Gehminuten vom Bahnhof. Durch einen Tipp des IAD-Vertriebs sind wir auf „OWLs Bar & Restaurant“ aufmerksam geworden, eine stilvoll-entspannte Abwandlung des Jazzkissa-Konzepts. Einmal durch die Tür, befindet man sich in einem unauffälligen Gastronomiebereich. Die gut bestückte Bar ist eingerahmt von einem hellen, aufgeräumt wirkenden Ambiente, das mit seinen weißen Stuckdecken perfekt zu einem Kaffeehaus passen könnte. Ein Blick an Wände und in die Zimmerecken lässt jedoch ahnen, dass die Uhren hier anders ticken. Während am Mauerwerk gegenüber vom Eingang eine Anordnung aus farbigen KEF LS50 Wireless hängt, stehen hier und dort Vitrinen mit Plattenspielern und weiteren HiFi-Geräten, die allesamt mit Preisen ausgewiesen sind.
Wie ich erfahre, war die Gründung des OWLs ein Versuch der beiden Geschäftspartner, das eigentliche Unternehmen auf ein zweites Standbein zu stellen, das zugleich einen leidenschaftlichen Ansatz verfolgt: Mosdzen und Schafhausen sind Profis für professionelle Beschallung. Seit vielen Jahren statten sie Gastronomie, Eventhallen und Clubs mit Akustikkonzepten aus und wissen, wie man Räume zum Musizieren bringt. Diese Expertise nutzten sie, um ein Konzept zu realisieren, das an die japanische Jazzkissa-Kultur angelehnt ist – dem Gast soll das hochkarätige genießerische Hören (wahlweise bei Kaffee, Bier oder Cocktail) von Musikalben ermöglicht werden vor einer Anlage, die man daheim nicht geboten bekommt. Freilich war den beiden bewusst, dass sich die japanische Kultur nur teilweise ins Deutsche übertragen lässt. Die fernöstliche Ernsthaftigkeit im Umgang mit hochklassiger Musik wird hier mitunter als verkrampft empfunden – ohne den Japanern damit zu nahe treten zu wollen. Wer hierzulande in eine Bar oder ein Restaurant geht, weiß das Erlebnis einer guten Beschallung wahrscheinlich zu schätzen, möchte dabei aber auch ungehindert mit seinen Begleitern plaudern. Das „Ausgehen“ steht an erster Stelle. Diesem Umstand begegnen Mosdzen und Schafhausen mit zwei simplen Kniffen …
Erstens: Das Musikhören nach Kissa-Art findet nur mittwochs statt und nimmt auch dann nicht den gesamten Abend in Beschlag. Mehrfach beobachte ich, wie einer der Mitarbeiter nach längerer Ruhepause im großen Salon erscheint, um ein neues Album aus den Bereichen Jazz und Fusion aufzulegen. Das geschieht dezent, fast beiläufig. Die LP spielt anschließend präsent, aber nicht zu dominant mit einer Lautstärke, bei der man sich noch unterhalten kann – die Performance ist derart erhaben und präsent, dass sich die rücksichtsvolle Ruhe unter den Besuchern von ganz allein einstellt. Die wuchtige Kette selbst gäbe noch mehr her, könnte wahrscheinlich sogar Clubkonzerte beschallen. Die beiden PA-Profis ließen sich von KV2 Audio eine Boxenkombi mit Horn-Tweeter, Horn-Mitteltöner und je vier Zwölfzoll-Treibern maßschneidern, die in den Kellerlagen von Woofern mit je zwei Fünfzehnzöllern untermauert werden. Als Antrieb wählte man separate Endstufen desselben Anbieters (SL2000/SL3000), die jeden der beiden Boxentürme mit weit über 1000 Watt versorgen.
Zweitens: Räumliche Trennung. Bar und Gastronomie im Eingangsbereich sind durch einen kurzen Gang vom eigentlichen „Listening Room“ getrennt. Akustische Dämmung lässt diesen Tunnel nicht nur interessant aussehen, sie sorgt auch dafür, dass man sich vorn noch gut unterhalten kann, wenn im Salon nebenan der Bär steppt – und umgekehrt. Den Blick für derartige Details kann man auch im Hörraum erkennen. Die großen Absorber an den Decken und Wänden harmonieren verblüffend gut mit der klassischen Stuckverzierung und den kunterbunt bestückten „Kronleuchtern“, die ein wenig so wirken, als handle es sich um glückliche Flohmarktfunde. Etwas genauer hinsehen muss man, um zu erkennen, dass auch die Wände am akustischen Raumdesign teilhaben. Es handelt sich um abgehängte Holzplatten, die weitere Absorber verdecken, dabei auch selbst als Resonatoren wirken. Eigentlich sollten die Paneele noch verkleidet werden, die beiden Geschäftsführer fanden aber, dass die rohen Holzoberflächen den Charme des Zimmers unterstreichen.
Eine weitere Besonderheit der OWLs Bar ergab sich aus dem Umstand, dass die Musikbar zum verkehrtesten Zeitpunkt gegründet wurde, den man sich vorstellen kann. Kaum aus der Taufe gehoben, musste das „zweite Standbein“ von Schafhausen und Mosdzen pandemiebedingt auch schon wieder schließen. Aus dieser Not schlugen die beiden kreativen Köpfe jedoch Kapital. Da das Erdgeschoss des großen Gebäudes (neben einer Kegelbahn) weitere ungenutzte Räume bot, richteten sie einen zusätzlichen Hörraum ein und eröffneten dort einen HiFi-Handel. Abgesehen von der maßgeschneiderten PA im Listening Room kann man alles kaufen, was im OWLs ausgestellt ist. Während meines Besuchs – und hier schließt sich der Kreis – veranstaltete die IAD im hinteren „Verkaufsraum“ die Präsentation des neuen Audiolab-Streamers 9000N.
Die interessante Verknüpfung von PA-Spezialist, Listening Bar und Händler ist auch der Grund dafür, warum ich weiter oben über Verstärkung und Boxen des Hauptraums gesprochen habe, nicht aber über die Quellen. Die sind so variabel wie die gesamte Anlage: An jenem lauschigen Sommerabend spielte ein Thorens TD 1600 an Line Magnetics LM-845 IA und einem Paar Wharfedale Linton Heritage. Die KV2-Kombi hatte also ausnahmsweise Sendepause. Falls erforderlich, stünde auch eine RT-707-Bandmaschine von Pioneer bereit.
Die Kreativität der Inhaber endet natürlich nicht bei der immer wieder neuen Gestaltung ihrer Anlage und der Musikauswahl. Das OWLs veranstaltet auch kleine Konzerte, donnerstags ist Schach-Abend, und passend zu solchen Events gibt es besondere „Goodies“ auf der Cocktail- und Speisekarte. Analog zum Sommerwetter war das bei meinem Besuch eine kalte, dafür umso schärfere Tomatensuppe mit Garnelen und ein erfrischend fruchtiger Cocktail. Über Events und Gastronomie kann man sich auf der Homepage informieren. Dort erfährt man etwa, dass die Bar seit August eine Außengastronomie besitzt, und Tische lassen sich dort auch reservieren. Und wo wir gerade online sind: Das OWLs betreibt Youtube- (Auftrag Sound!) und Instagram-Kanäle (owls.bielefeld), auf denen Laurin Schafhausen über Neuerungen wie den „akustischen Tunnel“ spricht oder akustische Grundlagen erläutert. Sie können das OWLs also sogar dann besuchen, wenn Sie nicht zufällig in Ostwestfalen vorbeikommen.
OWLs Bar & Restaurant
Arndstraße 45
33615 Bielefeld
Telefon +49 521 92642380
info@owls-bielefeld.de
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag jeweils ab 18 Uhr, Küche ab 18.30 Uhr