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Winfried Dulisch schlendert durch Glasgow und Edinburgh
Jugendstil-Architekt C. R. Mackintosh gestaltete jedes einzelne Türschild der Glasgow School of Art

Winfried Dulisch schlendert durch Glasgow und Edinburgh

Winfried Dulisch schlendert durch Glasgow und Edinburgh: Wo die Schotten rocken

Edinburgh ist die Hauptstadt, Glasgow die größte Stadt in Schottland. Musikfreunde besuchen natürlich am liebsten beide Metropolen.

Bitte nicht nachmachen! Einfach mal anrufen beim Deutschen Musikrat (DMR) in Berlin und fragen: „Können Sie mir einen Rat geben, wo ist heute Abend was los in der Stadt?“ Die Antworten aus diesem musikalischen Kompetenzzentrum können reichen von „Da sind Sie falsch verbunden“ bis hin zum kommentarlosen Auflegen des Hörers. – Freundlicher reagiert das Scottish Music Center in Glasgow.

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Glasgow bietet für jeden Geschmack das Richtige: Fußballpokal-Finale …

Dieser Dachverband kümmert sich zwar ebenfalls um die Förderung des Chor- und Laienorchester-Wesens sowie um andere nichtkommerzielle Projekte. Der schottische Musikrat hilft aber auch gerne bei akuten Notfällen: „Ich kann heute ein Barock-Ensemble mit historischen Instrumenten oder eine Independent-Band empfehlen.“ Die Stimme am anderen Ende der Telefonleitung kennt in Glasgow aber noch mindestens einen Pub, wo heute Abend eine Session mit Folk-Musikanten stattfindet.

Schrei vor Glück

Hauptberuflich kümmert sich der Scottish-Music-Center-Mitarbeiter um das Schallarchiv. Hier lagern Aufzeichnungen mit Liedern und Tänzen, die von schottischen Auswanderern in die Neue Welt und von deren Nachkommen zurück in die alte Heimat gebracht worden sind. Außerdem ist hier die Entwicklung der schottischen Komponisten-Avantgarde dokumentiert. Besonders stolz ist das Archiv auf seine Hooligan-Songs, schließlich wurden die schottischen Fans 1992 von der UEFA für vorbildliches Verhalten während der Fußball-Europameisterschaft ausgezeichnet.

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… Tanzvergnügen …

Die schottischen Fan-Gesänge werden von Fußball-Connaisseuren sogar noch höher eingeschätzt als das künstlerisch ebenfalls anspruchsvolle Gegröle der englischen und irischen Stadion-Besucher. Und die ganz, ganz große Kicker-Oper wird vor den Toren von Glasgow im Hampden Park Stadion zelebriert, wenn dort das schottische Pokalfinale auf dem Programm steht. Hier, in der guten Stube der Scottish Football Association, wird 90 Minuten lang – mit ein wenig Glück plus Verlängerung und Elfmeterschießen – ein musikalisches Feuerwerk abgebrannt, das melodisch und rhythmisch weit über dem Niveau von „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ liegt. Wer für diese nationale Kult-Veranstaltung keine Eintrittskarte bekommen hat, darf sich nach einer Besichtigung der Stadion-Katakomben dieses „schottischen Wembley“ eine Kopie des ältesten noch erhaltenen Fußball-Pokals der Welt ausleihen und lauthals schreien vor Glück.

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… im “Sloans” …

Mitreißende Tänzer

Intimer als im Hampden Park, aber genauso fröhlich ist die Atmosphäre im „Sloans“, keine zwei Minuten entfernt von der Glasgow Central Railway Station. In diesem Tanzlokal der alten Schule scheint die Zeit vor mindestens einem Jahrhundert stehen geblieben zu sein – und sie bewegt sich gleichzeitig mit temperamentvollen Tanzschritten vorwärts. Beim Anblick der wilden Hüpfer glaubt der ortsfremde Besucher, auf einer Heavy-Metal-Party oder zumindest auf einem Rock-’n’-Roll-Tanzboden gelandet zu sein. Irrtum. Diese wilde Tanzwut wird angetrieben von einem Fiddler und einem Harmonika-Spieler, ein Zeremonienmeister gibt dazu singend seine Anweisungen.

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… Elvis Statue in der Kelvingrove Art Gallery, Glasgow

Aber Vorsicht! Kein Tanzmuffel steht hier lange unbehelligt am Rande. Spätestens wenn die vierte oder fünfte Welle vorbeigerollt kommt, wird der Besucher von ihr mitgerissen. Die „Glaswegians“ sind bekannt für ihre Gastfreundlichkeit.

Den Einwohnern des knapp eine Autostunde entfernten Edinburgh wird dagegen nachgesagt, dass sie zurückhaltender, vielleicht sogar ein wenig britisch cool sind. Aber man sollte das nicht laut sagen, denn seit 1999 dokumentiert hier in der Hauptstadt ein Parlamentsgebäude jene zunehmend erstarkende Unabhängigkeit Schottlands, die 1707 an die von London aus regierenden Monarchen verloren ging. Als ein bisschen zurückgenommener – na schön, nennen wir es „distinguiert“ – darf man das allgemeine Tempo in den Straßen von Edinburgh allerdings schon bezeichnen.

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Schottenrock trifft Schottenrocker in der Glasgower School of Art

Keltische Verbindungen

Die ehemalige Industriestadt Glasgow mausert sich dagegen zu einer Nightlife-Adresse für die Weekend-Laufkundschaft. Eigentlich müsste es „Flugkundschaft“ heißen, denn mehrere Airlines bieten von Deutschland aus preiswerte Wochenend-Verbindungen nach Glasgow an. Die schottische Hauptstadt profiliert sich dagegen jedes Jahr im Spätsommer mit seinem „Edinburgh International Festival“ als Bühne der sinfonischen und kammermusikalischen Zwischentöne. Die etablierteste Veranstaltungsreihe in Glasgow ist das alljährlich im Januar stattfindende Festival „Celtic Connections“; die Organisatoren dieses Pflichttermins im weltweiten Folklore-Kalender speisen ihr Publikum keineswegs mit keltisch angehauchten Nostalgie-Sounds ab – immer wieder laden sie Musiker aus aller Welt dazu ein, gemeinsam mit einheimischen Kräften die schottischen und irischen Roots der heutigen Pop-Musik auszugraben und neu zu hinterfragen.

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Harfe der Königin Maria Stuart im National Museum of Scotland, Edinburgh

Zwei weitere kulturpolitische Weichenstellungen prägen das klingende Erscheinungsbild der zwei konkurrierenden Städte. Das Scottish Storytelling Centre, wo die inzwischen auch in Deutschland wieder zu Ehren kommende Kunst des Geschichtenerzählens gepflegt wird, residiert an einer piekfeinen Adresse: 43–45 High Street, Edinburgh. Diese Straße ist auch bekannt als „Royal Mile“. Auf dieser königlichen Meile treffen sich die Schotten in der Silvesternacht und begrüßen noch ausgelassener als die Germans vor dem Brandenburger Tor das Neue Jahr.

 

 

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Edinburgh hat sich architektonisch seinen altehrwürdigen Charme als Hauptstadt von Schottland bewahrt

Königlicher Lärm

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Salvador Dalis “Christ of Saint John of the Cross” in der Kelvingrove Art Gallery, Glasgow

Das National Piping Centre – also jenes Institut, in welchem die Royal Scottish Academy of Music and Drama den lärmintensiven Studiengang „Dudelsack” anbietet – ist hingegen in Glasgow angesiedelt. Zu den Schirmherren dieses Bildungszentrums gehört auch Prince Charles. – Wie bitte? Hatten die Briten im 18. Jahrhunderts das Dudelsack-Spielen nicht als terroristischen Akt geächtet und den Schotten das Benutzen dieses gefährlichen Instruments durch ein „Entwaffnungsgesetz“ (Disarming Act) verboten? Alles nur Mythos! Diese immer wieder gern von den Schotten verbreitete Geschichte stützt sich darauf, dass 1745 nach einem Aufstand gegen die Briten fünf Pipers angeklagt wurden und ihre Dudelsäcke vom Richter zu Kriegsgeräten erklärt worden waren. Nur einer aus diesem Quintett wurde hingerichtet – und zwar nicht wegen seiner künstlerischen Schwächen sondern wegen anderer Verfehlungen. Für mutige Nachahmer, die sich von derartigen Schauergeschichten nicht abschrecken lassen, bieten die Dudelsack-Dozenten im National Piping Centre auch Anfänger-Kurse an, sogar für Ausländer. Das Instrument kann für die Dauer eines Schnupperkurses leihweise zur Verfügung gestellt werden. Für einen sozialverträglichen Proberaum muss der Dudelsack-Schüler nach seiner Rückkehr in die Heimat allerdings selbst sorgen.

Winfried Dulisch schlendert durch Glasgow und Edinburgh
Collection of Historic Musical Instruments, Edinburgh University
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Futuristischer Kontrabass im National Museum Of Scotland, Edinburgh

Genuss mit allen fünf Sinnen

Die einstige Industrie- und Hafenstadt Glasgow mit ihren knapp 600.000 Einwohnern ist aber keineswegs eine lärmende Metropole. Gleich gegenüber der Central Station liegt eine italienische Kaffeebar, die von sich behauptet, den besten Kaffee diesseits von Milano aufzubrühen. Aber weil Kaffee nicht nur ein Getränk, sondern ein Lebensgefühl ist, zählt auch das übrige Coffeeshop-Ambiente. Und die akustischen Beilagen zum Kaffee schmeicheln den Ohren. Statt Italo-Brutalo erklingen hier aus der angenehm temperierten Lautsprecher-Anlage die Werke von Vivaldi anderen italienischen Barockmeistern. Aber der Mensch lebt nicht vom Kaffee allein. Auch Winzer vom europäischen Kontinent machen bei ihren Wein-Degustationen immer wieder die Erfahrung: Die anspruchsvollsten Genießer leben in Schottland.

 

 

 

 

 

 

 

Winfried Dulisch schlendert durch Glasgow und Edinburgh
Tipps für Glasgow & Edinburgh
Günstige Flugverbindungen nach Edinburgh oder Glasgow werden von vielen deutschen Flughäfen aus angeboten. Die Entfernung zwischen Glasgow und Edinburgh beträgt 75 km, Busse und Bahnen verbinden beide Städte miteinander.
Allgemeine deutschsprachige Informationen über Schottland:
www.visitscotland.com/de
Aktuelle Infos (englisch) für Glasgow-Besucher: www.peoplemakeglasgow.com
Infos für Edinburgh-Besucher: www.edinburgh.org

 

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.