Transrotor / Jochen und Dirk Räke – Die Herren der Laufwerke
Vater und Sohn Räke von Transrotor repräsentieren „Made in Germany“ als Familienbetrieb.
Es gibt sie noch, die guten alten Familienunternehmen wie Transrotor, die als kleiner Betrieb den weltweiten Markt rocken. Nicht zuletzt, weil Tradition und Wertbeständigkeit auch international geschätzte Kernkompetenzen audiophiler Manufakturarbeit sind. Und kaum ein anderes deutsches Unternehmen repräsentiert diesen Markenkern in solcher Reinkultur wie Transrotor. Dass der Anspruch, ein kompetenter Manufakturbetrieb zu sein, im Hause Transrotor tatsächlich gelebt wird, erkennt man spätestens bei einem Blick auf die Fertigungstiefe der Produkte.
Sämtliche technischen Entwicklungen entstehen vor Ort, ebenso die kompletten Oberflächenarbeiten, und als wolle man dem Outsourcing-Wahn in Billiglohnländer ein Schnippchen schlagen, befinden sich alle Zulieferer im unmittelbaren Umkreis des Produktionsstandorts. „Made in Germany“ heißt hier eben nicht „in Deutschland entwickelt und in der Dritten Welt zusammengeschraubt“ – die Fertigung des insgesamt 15 Mitarbeiter zählenden Betriebes ist komplett im Bergischen Land beheimatet. Nicht umsonst schwören Stammkunden auf das After-Sales-Management, das bei Nachfragen oder kleineren Problemen zeitnah und nicht selten in Gestalt des Firmenchefs persönlich Lösungen bereithält.
Von den Britischen Inseln ins Bergische Land
Auch wenn mit Dirk Räke mittlerweile die zweite Generation das Unternehmen führt, kommt man nicht umhin, ein Porträt des Laufwerkherstellers mit Jochen Räke, dem Firmengründer, zu beginnen – zu kurios, zu anekdotisch ist der Start in den 1970er Jahren gewesen. Der deutsche Markt für Plattenspieler war zu dieser Zeit fest in der Hand einheimischer und Schweizer Unternehmen, Laufwerke von der britischen Insel genossen zwar einen gewissen Ruf, galten aber als zu spleenig, zu zickig, zu wenig auf deutsche Gründlichkeit und Präzision getrimmt.
Jochen Räke jedoch hatte ein Faible für genau die so spezifisch undeutschen Qualitäten britischer Preziosen, und so tat er sich mit dem legendären englischen Entwickler David Gammon zusammen und importierte solch sagenumwobene Dreher wie den Transcriptor Hydraulic Reference. Da Räke aber natürlich um die Präzisionswünsche seiner einheimischen Kunden wusste, wurde bei den importierten Geräten zunächst noch einmal selbst Hand angelegt, um dem britischen Individualismus ein Quantum deutscher Serienkonstanz beizubiegen.
Ab diesem Moment war es von den optimierten Transcriptor-Laufwerken zu den selbst konzipierten Plattenspielern der Marke Transrotor nur noch ein kurzer Weg. Auch wenn der eigene Firmenname Transrotor ein Kunstname ist, so ist der Verweis auf die Tradition des Transcriptor doch unüberhörbar. Unter den Urgesteinen der HiFi-Szene erzählt man sich immer noch gerne die Geschichte des ersten Auftritts auf der Berliner Internationalen Funkausstellung 1971. Das überraschende Angebot, einen Stand auf der IFA zu übernehmen, zwang Jochen Räke, aus der Not eine Tugend zu machen.
Da lediglich ein knappes Dutzend Plattenspieler das gesamte Firmenkapital ausmachten, entschloss sich Räke zu einem ästhetischen Geniestreich: Neun Laufwerke wurden auf schwarz umhüllte Podeste gestellt und jeweils von einem Spot angestrahlt. Eine minimalistisch-surrealistische Inszenierung, die genau den Zeitgeist jener Jahre traf, nicht zuletzt deshalb, weil Transcriptor einem breiten intellektuellen Publikum aus Stanley Kubricks Meisterwerk A Clockwork Orange bekannt war. Mit diesem IFA-Auftritt festigte Jochen Räke seinen Ruf, eben keine Plattenspieler von der Stange, sondern für alle die anzufertigen, die etwas abseits vom Mainstream ihr audiophiles Glück suchen.
Transrotor hat Kundenwünsche immer fest im Blick
Als studierter Maschinenbauer sah Räke in der Folgezeit immer auch eine reizvolle Herausforderung darin, auf spezifische und zum Teil sehr spezielle Wünsche einzelner Kunden einzugehen und diese dann später in die Serienproduktion einfließen zu lassen: Sei es ein Laufwerk komplett aus Glas für den damals legendären „Seewolf“ Raimund Harmstorf oder das bis heute in unterschiedlichen Entwicklungsstufen weiterentwickelte Gravita-Laufwerk, das sich mittels einer kardanischen Aufhängung und eines Pendels wie von Zauberhand selbst in die Waagerechte ausrichtet; eine Spezialanfertigung für den Schokoladenkönig Giovanni Ferrero.
Aufgrund solch individueller Konstruktionen hat es Transrotor auch geschafft, sich eine Stammkundschaft im asiatischen Raum aufzubauen, die finanziell wie technisch ein Leben ohne Limit führt. So verwundert es auch nicht, dass etwa der komplett aus massivem Messing hergestellte, 300 Kilo schwere Metropolis, der nach Kundenwunsch komplett vergoldet oder versilbert wird und für den „Schnäppchenpreis“ von 185 000 Euro zu bekommen ist, bereits kurz nach der Eröffnung der HIGH END 2016 aus dem Messestand heraus mehrfach verkauft wurde.
Hier zahlt es sich aus, dass Vater und Sohn Räke neben dem technischen Optimum auch immer die Optik ihrer Geräte im Blick haben und die spezifischen ästhetischen Vorlieben einzelner Märkte genau kennen. Da kann sowohl der gestrenge deutsche Bauhaus-Ästhet bedient werden als auch die Fraktion in Russland oder China, die es gerne opulenter mag und der die Maxime „Form follows function“ eher ein Gräuel ist. Dennoch ist die Produktion solcher Ausnahme-Laufwerke, die mindestens sechs Wochen dauert, nur das Sahnehäubchen der Produktpalette. Den Hauptanteil der jährlich verkauften 1000 Plattenspieler bestreiten günstigere Modelle, darunter viele Klassiker wie der Fat Bob S oder die ZET-Varianten 1–3.
Sie schmücken die Anlagen der High-End-Liebhaber, die Wert auf ausgefeilte Technik und optischen Glanz legen, aber keine sechsstellige Summe lockermachen können. Auch diese Kunden bekommen ein in reiner Handarbeit aus mehr als 150 Einzelteilen gefertigtes Gerät, an dessen Lager nach 14-stündiger Einspielzeit die Hausherren persönlich ihr Stethoskop halten, um etwaige Ungenauigkeiten herauszuhören. Selbst wenn Aluminium momentan das bevorzugte Material für die Laufwerke darstellt, finden sich ebenfalls Acryl, Kunststoffe wie Delrin und bei einigen älteren Modellen auch Schiefer oder Holz als Primärmaterial auf den Fertigungstischen. Wenngleich die Räkes bei der Auswahl ihrer Werkstoffe undogmatisch vorgehen, sind sie doch hinsichtlich Verarbeitung und vor allem der Zusammenstellung der Materialien kompromisslos – der spezifische Mix muss in jedem Fall stimmen. Entscheidend ist in letzter Konsequenz immer das klangliche Ergebnis.
Perfektion zahlt sich aus
Wie erwähnt hatte Jochen Räke alsbald die Funktion des reinen Importeurs aufgegeben und sich der Produktion eigener Laufwerke verschrieben. 1976 erschien – noch ganz in der Tradition britischer Laufwerksästhetik stehend – der legendäre Transrotor AC. Die Liebe zu britischem HiFi hielt allerdings bis heute an und zeigt sich nicht nur darin, dass nach wie vor alte Transcriptor-Plattenspieler gewartet werden, sondern vor allem in der Rolle als Importeur der Marke SME, deren Tonarme zur Standardausrüstung eines Transrotor-Spitzenmodells gehören. Auch die Tonabnehmer aus dem eigenen Hause basieren bis auf eine Ausnahme (das aktuelle Spitzenmodell Tamino resultiert aus einer Zusammenarbeit mit MY Sonic Lab aus Japan) allesamt auf den Modellen des englischen Herstellers Goldring, die nach spezifischen Vorgaben aus Bergisch Gladbach modifiziert werden.
Offensichtlich ist es das Unaufgeregte, das Räke an den Tonabnehmern von Goldring und den Tonarmen von SME schätzt und das letztlich auch den Charakter von Vater und Sohn Räke ausmacht, die trotz des immensen wirtschaftlichen Erfolgs der letzten Jahre ruhig und bescheiden im heimischem Bergisch Gladbach ihrer Berufung nachgehen. Deshalb sieht man auch dem bevorstehenden Brexit relativ gelassen entgegen. Zu verzahnt sind die geschäftlichen Beziehungen auf die Insel, zu eng auch die persönlichen, als dass man sich hiervon nervös machen lassen würde. Letztlich hat es sich ausgezahlt, auch in schwierigen Zeiten langen Atem zu beweisen. Wirtschaftliche Einbrüche im Zuge des CD-Hypes ab Mitte der Achtziger konnte man dank eines unbeirrbar treuen Kundenkreises relativ unbeschadet überstehen. Seit den späten neunziger Jahren zeigt die Wachstumskurve in allen Marktsegmenten wieder steil nach oben. Es hat sich auf breiter Front herumgesprochen, dass man bei Transrotor in Sachen Fertigungsqualität eben kein Überraschungspaket erhält, sondern ein qualitativ langlebiges Produkt, das – unabhängig von der Preisklasse – mehr oder weniger Plug-and-Play zu betreiben ist und den Hörer ein ganzes audiophiles Leben lang begleiten kann. Nicht umsonst lautet die Firmenphilosophie: Möglichst viel Zeit und Liebe zum Detail.
Räke Hifi/Vertrieb GmbH
Irlenfelder Weg 43
51467 Bergisch Gladbach
Telefon 02202 31046
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