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Weiss

Weiss MAN 301

Netzwerkplayer gibt es mittlerweile etliche. Aber nur mit wenigen lassen sich CDs auch einlesen. Der Weiss MAN 301 kann das. Mit höchstem Bedienkomfort und bestechendem Klang.

Es mag vielleicht arrogant erscheinen, aber ich muss gestehen, dass ich in Sachen HiFi eigentlich kaum mehr so etwas wie Ehrfurcht empfinde. Schon zu viele High-End-Geräte habe ich auf dem Tisch gehabt, zerlegt und dabei immer wieder festgestellt, dass selbst die am höchsten gepriesenen Komponenten bei eingehender Betrachtung auch nur mit Wasser kochen.Das bedeutet jedoch nicht, dass mir dadurch das highfidele Staunen beim Hören abhanden gekommen wäre – selbst wenn es noch keine Gelegenheit gab, das betreffende Gerät technisch abzuklopfen. So ging es mir auch, als ich erstmalig einen D/A-Wandler von Daniel Weiss hörte: Es dauerte keine zehn Sekunden, bis mich der DAC 202 völlig in seinen Bann zog. Das unscheinbare Schweizer Kästchen klang einfach dermaßen echt, dass ich spontan überzeugt war: „Ja, soooo ist’s.“ Bei solch unmissverständlich „richtig“ klingenden Komponenten wie dem Weiss DAC 202 oder beispielsweise auch den großen Aktivmonitoren RL 901K von ME Geithain ziehe ich dann auch den Hut. Sie sind für mich nicht einfach nur amtliche HiFi-Geräte, sondern echte Instanzen, die sich kurzfristigen geschmäcklerischen Strömungen entziehen und damit über viele Jahre ihren Wert behalten.

Pro Audio meets HiFi

Und es gibt noch einen anderen Grund, weshalb ich Weiss Engineering besonders schätze: Daniel Weiss ist einer der ganz wenigen, die es geschafft haben, erfolgreich eine Brücke zwischen höchstwertigem High End und anspruchsvollster Studiotechnik zu bauen. Üblicherweise tun sich hier breite Gräben auf, weil sich empirische Vorgehensweise und seriöses Engineering offensichtlich nur schwer unter einen Hut bringen lassen. Besucht man dagegen die Daniel- Weiss-Fangruppe auf Facebook, wird deutlich, dass es auch anders geht: Wer hätte gedacht, dass sich der eher HiFi-kritische Chefredakteur vom Studio Magazin, Fritz Fey, und die Kabel-Ikone „Mister Golden Ratio“ George Cardas jemals ein gemeinsames Forum teilen würden? Dabei sind es genau solche interdisziplinären Verbindungen, die echte Fortschritte in Sachen Klangqualität ermöglichen. Und so bin ich tatsächlich einmal richtig stolz darauf, Ihnen an dieser Stelle den brandneuen Netzwerkplayer von Daniel Weiss vorstellen zu können: Er heißt schlicht MAN 301 (das Buchstabenkürzel steht für „Music Archive Network Player System“) und kostet 9980 Euro.

Obwohl Materialauswahl und Verarbeitungsqualität vom Allerfeinsten sind, ist der MAN 301 rein optisch zweifellos die unspektakulärste Komponente, die ich jemals getestet habe. Das liegt im Wesentlichen daran, dass mit Ausnahme der Netztaste sämtliche Bedienelemente auf ein im Lieferumfang befindliches Apple iPad „outgesourct“ wurden. Und zwar so gründlich, dass auf diesem sogar die (ausschließlich) englisch abgefasste Bedienungsanleitung zu finden ist. Cool, nicht wahr? Finde ich auch – aber deswegen noch nicht uneingeschränkt positiv. Der Grundgedanke ist zwar absolut konsequent und richtig, wird doch ein Netzwerk-affiner Musikliebhaber kaum Berührungsängste gegenüber einem iPad haben. Im Gegenteil: In Sachen Bedienung ist das zweifellos die bequemste und praktischste Art, schnellen und einfachen Zugriff zu allen gebotenen Funktionen zu ermöglichen. Außerdem hat man auf diese Weise die Anleitung stets griffbereit, wenn man sie braucht. Allerdings sollte man bei einem solchen Gerät schon erwarten können, dass die Bedienungsanleitung beiliegt, zumindest aber als ausdruckbares PDF auf der Homepage verfügbar ist. Dort findet sich jedoch nur die iBook-Version.

iPad: mitgeliefert

Nachdem sich so mein innerer Saturniker ausreichend Gehör verschafft hat, schnappe ich mir das mitgelieferte iPad, um alles Notwendige und Wissenswerte zum Weiss zu erfahren. Und das ist in der Tat einiges. Hier zunächst mal das Wesentliche in Kürze: Zu allererst stellt der MAN 301 eine Art Audiodaten- Manager dar. Da er keinen eigenen Musikspeicher besitzt, benötigt er den Zugriff auf mindestens eine sogenannte Network-Attached- Storage(NAS)-Festplatte. Es dürfen auch mehrere unterschiedliche Festplatten im Netzwerk sein – der Größe der Musiksammlung sind also theoretisch keine Grenzen gesetzt. Von der oder den NAS-Platten kann der MAN 301 nicht nur Audio- Dateien in den unterschiedlichsten Formaten abspielen, sondern auch selber dort anlegen, wozu er über ein eigenes CD-Laufwerk verfügt. Aktuell beschränkt sich diese „Aufnahmefunktion“ auf das Einlesen (Rippen) von CDs, Analogeingänge bietet der MAN 301 nämlich nicht.

Die Archiv-Maschine

Beim Wiedergeben von Files übernimmt der Weiss in seiner Basisausführung die Rolle des Programm- Managers und Datenformatwandlers, der an seinen Digitalausgängen das Signal zur D/A-Konvertierung durch externe Wandler zur Verfügung stellt. Diese können über AES/EBU, Firewire, SPDIF oder USB anbandeln. Optional lässt sich der MAN 301 aber auch gleich, wie mein Testgerät, mit einem D/A-Wandlermodul ausrüsten. Weil eine Lautstärkeeinstellung bereits ins Basisgerät integriert ist, kann der mit einem D/AWandler bestückte MAN direkt Aktivmonitore oder Leistungsendstufen ansteuern und übernimmt damit die Rolle eines digitalen Preamps. Das klappt auch in Verbindung mit externen D/A-Wandlern, da die digital arbeitende Lautstärkeeinstellung vor den Digitalausgängen im Signalweg liegt. Für diese Betriebsart existiert sogar ein expliziter Preamp- Modus, für den der Weisss noch nicht mal in ein Netzwerk eingebunden sein muss.

Total Control via iPad

Natürlich lassen sich im Preamp- Modus auch externe digitale Programmquellen anwählen, die ebenfalls via AES/EBU-, Firewireund SPDIF-Digitaleingang andocken können. Zudem ist die USBSchnittstelle als Host-Anschluss ausgelegt, damit der MAN 301 Musik auch von Festspeichermedien wiedergeben kann. Mit der frisch implementierten, damit brandaktuellen Firmware-Update Version 1.0.1 hat Weiss Engineering nun auch die Funktion integriert, CDs über das eingebaute Laufwerk direkt abspielen zu können. Sämtliche Steuerungskommandos sowie alle anderen Befehle fürs Setup oder zur Organisation des Musikprogramms erfolgen dabei über das iPad, das daher „Frontend“ genannt wird. Bei der Einbindung in ein bestehendes (Heim-)Netzwerk zeigt sich der Weiss-Player sehr flexibel: So braucht der Netzwerk-Router nicht einmal WLAN-fähig zu sein, da sich der Schweizer mit dem iPad auch auf direktem Wege verbinden kann. Auch lassen sich mehrere MAN 301 im gleichen Netzwerk betreiben, sodass beispielsweise alle Familienmitglieder gleichzeitig ihre Lieblingsmusik vom NAS-Server hören können. Ist nur ein MAN 301 vorhanden, kann man auf diesem für jedes Familienmitglied individuelle Ordner und Nutzerprofile anlegen, und so muss sich beispielsweise der Herr Sohn nicht ständig durch Vaters komplettes Klassik-Archiv hindurchscrollen, um „seine“ Songs zu finden. Für diese Funktion erstellt der Weiss sogenannte „Libraries“, das sind personenbezogene Dateien, die die jeweils gewählten Bereiche aus der Musiksammlung, die Playlisten sowie die Suchergebnisse enthalten. Auch lassen sich in den User Accounts die Signalausgänge individuell konfigurieren, wobei sogar eine personalisierte Pegelanpassung möglich ist.

Metadaten-Spezialist

Eine große Herausforderung ist bei netzwerkbasierten Musiksammlungen zweifellos, dass man bei schludrigen File-Einträgen letztlich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Um dem vorzubeugen, verfügt der Weiss über einen sehr umfangreichen Metadaten-Editor: Selbstverständlich übernimmt dieser vorgegebene Einträge automatisch, aber bei Fehlern oder in Zweifelsfällen – die häufig genug vorkommen – lässt sich alles bequem per iPad korrigieren. Das geht so weit, dass der MAN 301 beim Rippen sogar unterschiedliche im Internet verfügbare Coverbilder findet und anzeigt, aus denen sich dann das Passende auswählen lässt.

Es liegt auf der Hand, dass ein so komplexes Gerät wie der Weiss- Server in Sachen Bedienung eine gewisse Einarbeitungszeit erfordert. Dennoch bin ich bislang keinem Netzwerker mit ähnlichem Funktionsumfang begegnet, der sich so intuitiv steuern lässt. Natürlich muss man immer mal wieder nachschauen, für welche Funktion dieses und jenes Symbol auf der iPad-Oberfläche zuständig ist. Trotzdem hat man den Schweizer erstaunlich schnell im Griff. Der normalerweise bei Netzwerkplayern recht langwierige Installationsprozess war hier schon in wenigen Minuten erledigt. Die vielfältigen Optionen bei der Zusammenstellung und Verwaltung von Playlisten beschäftigten mich dagegen schon intensiver. Oh je, wenn man das alles mit einer normalen Fernbedienung machen müsste … Sehr gut gefällt mir, dass der Weiss spontan auf die iPad-Kommandos reagiert, was bei Netzwerkplayern absolut nicht selbstverständlich ist. Selbst flottes Hin- und Herscrollen innerhalb der Titel ist ohne Aussetzer möglich. So muss das sein!

Beim Rippen jedoch, was in allen erdenklichen Formaten – sogar in Apple Lossless Audio Coding (ALAC) – angeboten wird, lässt sich der Schweizer recht viel Zeit. Entsprechend sicher ist aber der Auslesevorgang auch bei leicht verschmutzten oder zerkratzten CDs, da der Weiss hierfür den ausgefuchsten Cdparanoia-Algorithmus verwendet. Cdparanoia, ist das nicht eine freie Auslese-Software? Stimmt, tatsächlich residiert im MAN 301 ein richtiger Computer mit einer 40 Gigabyte großen Solid-State-Festplatte von Intel. Aha, deswegen geht das alles so schnell …

Da sieht man’s mal wieder: Auch Weiss Engineering kocht nur mit Wasser – aber mit seinem eigenen. Denn das Wandler-Board um den herausragenden DAC-Chip Sabre ES 9018 S von ESS ist nicht weit entfernt von dem, was auch im DAC 202 zu finden ist. Und so ist es auch kein Wunder, dass mich der MAN 301 beim Hören wieder genauso in seinen Bann zieht wie dieser. Da gibt es keine spektakulären Klanggewitter – es klingt einfach richtig. Egal, welches Material: Der Weiss MAN 301 spielt mit einer unglaublichen Überzeugungskraft und Integrität. Ich glaube nicht, dass es derzeit einen besseren Netzwerkplayer gibt.

 

www.wodaudio.de

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