Teurer wird’s nicht!
Dass ein feines Kabel aus der Schweiz kommt, verwundert nicht. Schon eher, dass es auch recht günstig ist!
High End, Kabel, Schweiz. Ich veranstalte zu diesem Begriffs-Trio eine kleine – natürlich nicht repräsentative – Umfrage und bitte meine Gesprächspartner, mir ihre ersten Assoziationen mitzuteilen. Am häufigsten werden genannt: teuer, teuer und teuer.
Ja, die Schweiz ist für uns Euro-Verdiener ein pekuniär gefährliches Pflaster. Das haben wir jetzt festgestellt und wollen nicht weiter auf unseren südlichen Nachbarn rumhacken. Ist ja auch eh nur der Neid …
Dass die Kabelbranche allerdings ein wenig mehr Schelte verdient hat, dürfte Konsens finden. Bei zu vielen Produkten stehen sich Preisgestaltung und geistige Erfindungshöhe diametral gegenüber. Glücklicherweise müssen sich nicht alle Hersteller diesen Schuh anziehen, manche stecken richtig viel Grundlagenforschung und Know-how in ihre Strippen. HMS ist dafür ein Beispiel, und EMT auch, wie ich letztens erleben durfte (huch, schon wieder die Schweiz).
Sie ahnen es: Vovox darf sich auch zum Kreis derer zählen, die nicht einfach nur einen Leiter der wenigen Großhersteller umlabeln. Nein, hier wird geforscht, erprobt und in engem Kontakt mit Studioprofis weiterentwickelt. Allein die Tatsache, dass Vovox in vielen Tonstudios Verwendung findet, schließt einen Voodoo- Faktor weitgehend aus. Denn in einer solchen Umgebung muss sich jedes Arbeitsgerät „rechnen“. Jürg Vogt, Gründer von Vovox und studierter Werkstoffingenieur, hat viele Jahre mit empirischer Forschung, Blindtests und statistischer Auswertung verbracht, um zu seinem Kabelkonzept zu finden. Herausgekommen sind weite, genau definierte Leiterabstände, Solid-Core-Leiter und natürliche Dielektrika.
Es klingt nicht!
Die Frage, wie es denn nun klingt, ist berechtigt, führt aber bei einem Kabel gleichzeitig in die falsche Richtung. Prinzipiell bin ich der Meinung, dass man die Wiedergabe seiner Anlage mit den Geräten „färben“ sollte, wenn man es denn unbedingt möchte. Wenn die Kabel auch noch am Signal drehen, wird es unübersichtlich. Außerdem habe ich bei Kabeln in normalen Anlagen selten Klangunterschiede erlebt, die so groß waren, dass es mit dem Preis in einer noch freundlichen Relation stand. Oder anders formuliert: 5000 Euro mehr für die Lautsprecher sind wesentlich deutlicher zu hören als eine Investition dieser Summe in Kabel.
Mit dieser Ansage begrüße ich die neue Vocalis-Serie von Vovox. Mit 406 Euro präsentiert sich das 2 x 3 Meter lange Lautsprecherkabel für High-End-Maßstäbe geradezu verdächtig günstig, bietet den soliden Background einer im Tonstudio etablierten Firma und macht genau, was es soll. Das NF-Kabel ist mit 271 Euro ähnlich moderat bepreist und solide gebaut.
Nachdem ich mit Vovox Vocalis einen ML 390s, einen Lavardin IT und Dynaudios Focus 260 verbunden habe und die erste CD höre, bemerke ich eine leicht gesteigerte Durchhörbarkeit und gleichzeitig großzügigere Weite des dargestellten Raumes. Ansonsten klingt alles schön flüssig, über das ganze Frequenzband ausgewogen, ohne irgendwelche Bereiche merklich zu betonen. Zudem scheint sich der IT hörbar wohl zu fühlen, mag er doch keine hochkapazitiven Lasten. Stegleitungen verhalten sich hier naturgemäß freundlich. Die zwangsläufig bei solchen Konzepten höhere Induktivität irritiert Vogt nicht: Das Thema Einstreuungen hält er in diesem Bereich für überbewertet. Wie übrigens auch den sogenannten Skin-Effekt … Die kleine Sensation an dieser Beschreibung ist, dass ich vorher mit einem Kabel gehört habe, das etwa das Zehnfache des Vovox kostet und von einem durchaus renommierten Hersteller stammt. Also hatte ich „etwas schlechter“ erwartet. Dass ich „etwas besser“ erlebe, ist angesichts des Preises grandios.
Worte, die mir beim Hören immer wieder einfallen und auf dem Notizblock landen, sind „Klarheit“ und „Weite“. Ich habe das subjektive Empfinden, „mehr“ zu hören. Bei komplexen Operneinspielungen wirkt das Bild vor mir zugleich klarer, aber auch entspannter, schlüssiger. Tonal tut sich bei Vovox nichts, eher offenbaren andere, testweise eingeschleifte Kabel im direkten Vergleich Tendenzen. Wenn ich also zusammenfasse, stellen die Vocalis-Verbinder eine der erfreulichsten Kabel-Begegnungen der letzten Jahre dar und sind jede Empfehlung wert.