17Vovox textura IC direct, IC balanced, LS single wiring, power – Heimatwerk
OEM? Fernost? Umlabeln? Nicht bei Vovox. Hier kocht der Chef noch selbst. Und das schmeckt (hört) man.
Fotografie: Ingo Schulz
Solide Werte, beste Materialien, ehrliche Handarbeit, etwas Charme der guten alten Zeit, dazu eine innovative Planung und ein zeitgemäß modernes und „sauberes“ Image – das sind die erfolgversprechenden Zutaten des Schweizer Heimatwerks, einer Ladenkette, die traditionelle Schweizer Produkte so verkauft, dass Handtaschen aus ausrangierten Armeedecken oder weiße Leinenbettwäsche aus dem Tessin plötzlich ein Must-have für den gut betuchten und stilbewussten Mitmenschen sind. Wir kennen das Prinzip in Deutschland ja von Manufaktum, wo man mit sehr ähnlichen Zutaten alte Qualität unter die trend- und qualitätsbewusste Kundschaft bringt.
Nun ist ein Lautsprecher- oder gar ein Netzkabel nichts, womit man sich trendmäßig mühelos an die vorderste Hipsterfront katapultiert. Diese Teile einer Anlage verstecken sich doch meist hinter selbiger und dokumentieren den Qualitätsanspruch des Besitzers eher im Stillen.
Wo wir schon beim Stichwort Qualität sind: Was macht bei einem Kabel eigentlich die Qualität aus? Was sind die richtigen Zutaten für das Glück des Käufers? In diesem Punkt gehen die Meinungen weit auseinander. Während es die einen als unumstößliche Wahrheit ansehen, dass lediglich der elektrische Kontakt gewährleistet sein muss, um die Aufgaben des Kabels vollumfänglich zu erfüllen, erhören sich andere die richtige Holzkombination für die Klötzchen, mittels derer die Leitung vom böse schwingenden Fußboden gehoben wird.
Die Wahrheit liegt wie so oft in der Mitte.
In dieser Mitte fühlt man sich bei Vovox seit nunmehr 15 Jahren sichtlich wohl. Jürg Vogt, der Gründer, Vordenker und Chef der Firma liebt es, um die Ecke zu denken und althergebrachte Konzepte zu hinterfragen. Das Thema Kabel wurde bei ihm nicht übernommen, sondern komplett vom Anfang an durchdacht, was zu teilweise grundsätzlichen Neuerungen und gleichzeitig zu sehr bodenständigen Lösungen führte.
Für den Materialforscher Vogt stand noch vor der Geometrie das Leitermaterial im Zentrum des Interesses. Und so probierte er sich durch alles durch, was der Markt zu bieten hatte. Materialien, die nicht verfügbar waren, wurden kurzerhand für die Testreihen legiert. Das durchaus rustikale Ergebnis dieser Versuche heißt Kupfer. Kupfer in ordentlicher Qualität setzte sich klanglich von allen anderen Materialien ab, lediglich Silber konnte mithalten und offenbarte allenfalls Unterschiede, die im Bereich des Geschmacklichen angesiedelt sind. Angesichts des deutlichen Mehrpreises aber fiel die Entscheidung zugunsten des fast schon langweiligen Kupfers aus.
Dieses Material ist in der gewünschten OCC-Qualität nicht in der Schweiz zu haben und so ist dies der einzige Punkt, an dem die Produktion die heimatliche Scholle verlässt. Der Rest findet in der Nähe von Luzern statt, selbst die Stoffummantelungen der Leiter stammen aus eidgenössischen Webereien.
Die mittlerweile schon gute zehn Jahre alte Textura-Linie wurde im Laufe der Zeit immer wieder verbessert, ohne dass sich diese Schritte im Preis niedergeschlagen hätten. Jürg Vogt ist nun wirklich kein Billiganbieter, mit den teil astronomischen Preisen mancher Hersteller, für die der Kunde dann oftmals noch umgelabelte OEM-Ware bekommt, kann er sich allerdings nicht anfreunden. Sowas verderbe ihm immer wieder den Spaß an der ganzen Szene. Um seinen jetzigen oder gegebenenfalls zukünftigen Kunden die Freude zu erhalten, schnürt Vovox übrigens in diesem Herbst ein Jubiläumsbundle aus Lautsprecher- und Interconnect-Kabeln der Textura-Serie zu einem – voraussichtlich – besonders freundlichen Preis.
Eine der schon angesprochenen Verbesserungen ist die sogenannte Kryogenisierung, bei der das Kabel auf −198 Grad Celsius abgekühlt wird. Dieser Prozess ist beispielsweise aus der Produktion von Hochleistungs-Bohrspitzen bekannt und verlängert deren Standzeiten deutlich. Bei Kupfer allerdings, gibt Vogt zu, habe er bisher keinen technischen Unterschied, keine wie auch immer geartete Gefügeveränderung feststellen können. Er vermutet zwar, dass sich etwas an den Korngrenzen tut, beweisen kann er es indes nicht. Da er durchaus einen deutlichen Unterschied hören kann, werden die Textura-Kabel seit einer Weile ausnahmslos kryogenisiert; da er technisch nichts belegen kann, fließt diese Behandlung jedoch nicht in den Endpreis ein.
Es ließe sich noch viel über die Geometrie dieser Kabel, verschiedene Stecker oder Vergleiche mit den anderen Produktlinien schreiben, allerdings ist der Platz für diesen Artikel nicht unbegrenzt, und es fiel noch kein Wort zum Klang.
Vovox Interconnects benutze ich schon seit geraumer Zeit im Studio und möchte sie in meiner Abhöranlage nicht mehr missen. Überhaupt gehören die Schweizer zu den wenigen Herstellern, die auch in der professionellen Szene Fuß fassen konnten, was wiederum für die klangliche und mechanische Solidität der Produkte spricht.
So war ich nun sehr gespannt, die überarbeitete Textura-Serie (von Vovox als „Gourmet-High-End“ zwischen Textura Fortis und der preisgünstigeren Vocalis-Linie positioniert) an mehreren Anlagen ausprobieren zu können. Obwohl nicht im Fokus dieses Tests, ließ ich zuerst der Wohnzimmeranlage Strom mittels der drei gelieferten Netzkabel zukommen. Ein Unterschied war danach hörbar, allerdings nicht so gewaltig, dass ich die dafür geforderte Summe jederzeit ausgeben würde.
Der wirklich große Schritt kam danach, als die Lautsprecher per Textura vom Verstärker versorgt wurden. Hier stellte sich der gleiche Effekt ein, den ich schon früher bei Vovox-Kabeln im Wohnzimmer oder auch im Studio beobachtete: Im ersten Moment scheint die Musik subjektiv lauter, näher, klarer zu sein. Technisch gesehen ist das natürlich völliger Blödsinn, da kein passives Kabel die tatsächlich messbare Lautstärke erhöhen kann. Nach längerem Hören merkt man dann, dass ein – wiederum subjektiv empfunden – ruhigerer Hintergrund und eine größere Detailfülle die dynamische Bandbreite der Musik größer erscheinen lassen. Daher vielleicht das Empfinden der gesteigerten Lautstärke. Zudem klingen Vovox-Kabel immer irgendwie griffig, fleischig, lebensecht. Ätherische und körperlose Signale muss man woanders suchen, hier hat jeder Ton das ihm zustehende Gewicht, ohne dass Obertöne und Raumweite darunter litten.
Kommen dann die Interconnects dazu, verfeinern sie dieses Klangbild, lassen es letztlich „einrasten“. Die Vovox Klangleiter mit Cinch- oder XLR-Steckern scheinen ideal zu den Lautsprecherkabeln zu passen. Die Bühne gerät nun noch etwas tiefer und weiter, zugleich werden Klänge in ihrer Ausdehnung schärfer umrissen. Die dynamische Bandbreite wächst nicht mehr sonderlich, wirkt nun aber etwas „selbstverständlicher“. Hört man eine sauber produzierte Aufnahme akustischer Musik, kann man nun das Ausschwingen der Klänge noch ein wenig länger verfolgen. Die Netzkabel werden jetzt auch erst „hörbar“, wenn ich sie wieder aus der Anlage herausnehme. Im Gegensatz zu anderen Zuleitungen wirkt der Klang mit Vovox vollständiger, schlüssiger, intakter.
Daher würde ich beim Kauf dieser Kabel – wenn das Budget beschränkt ist und nicht alles auf einmal möglich ist – zu einer klaren Reihenfolge raten: An erster Stelle sollten die Lautsprecherkabel stehen, die den deutlichsten Klanggewinn ins Rennen bringen. Diesen Klang kann man mit den Interconnects später noch verdeutlichen, also auf dem eingeschlagenen Weg einen Schritt vorankommen. Ist irgendwann wieder Geld da, können kleine klangliche Ecken und Kanten noch mit den Netzkabeln geschliffen werden.
Für mich geht dieser Weg ebenfalls weiter: Die nächsten Vovox-Kabel für das Studio sind in Planung.
Wir meinen
Verbesserte Dynamik, Klarheit und Griffigkeit ohne jeden Seiteneffekt – typisch Vovox.
Lautsprecherkabel
Vovox textura LS
Aufbau: Solid-Core-Stegleiter, OCC-Kupfer
Besonderheiten: serienmäßig kryogenisiert und konditioniert, auf Wunsch mit Kabelschuhen erhältlich, Bi-Wiring-Version lieferbar
Preisbeispiel (2 x 3 m, Single-Wire-Konfektionierung, Hohlbananen-Stecker): 1475 €
Signalkabel
Vovox textura IC direct
Aufbau: unsymmetrisch ohne Abschirmung
Besonderheiten: serienmäßig kryogenisiert und konditioniert, serienmäßig KEI-Stecker, Kabel mit Abschirmung als IC protect erhältlich (Mehrpreis)
Preisbeispiel (2 x 1 m): 795 €
Signalkabel
Vovox textura IC balanced
Aufbau: symmetrisch ohne Abschirmung
Besonderheiten: serienmäßig kryogenisiert und konditioniert, massearme XLR-Stecker
Preisbeispiel (2 x 1 m): 940 €
Netzkabel
Vovox textura power
Kofektionierung: Furutech
Preisbeispiel (1,0 m): 380 €
Mitspieler
CD-Player: Mark Levinson ML390s
Plattenspieler: Transrotor Apollon (modifiziert)
Tonarme: SME M2-9 und V
Tonabnehmer: Koetsu, Ortofon Venice, Transrotor Merlo Reference
Phonoverstärker: iFi Micro iPhono
Vorverstärker: Crane Song Avocet
Endverstärker: professionelle Endstufen
Vollverstärker: Lavardin IT
Lautsprecher: Sky Audio Verdade, Spendor S3/5SE
Raum: 31 qm, akustisch optimiert