Volbeat: Servant Of The Mind – Elvis Metal
Bob Ross beim Malen zusehen, Harald Leschs Ausführungen über die Geheimnisse des Weltalls lauschen oder die soundsovielte Wiederholung eines Inspector-Barnabys-Krimis verfolgen: Zu später Stunde ist die Auswahl im TV-Programm nicht sonderlich groß. Ein Livemitschnitt vom Wacken-Musikfestival ist da eine willkommene Abwechslung. Vor zehn Jahren, ich lebte damals noch in meinem Elternhaus, zappte ich gemeinsam mit meinem Vater bis tief in die Nacht durchs Programm. Als wir dann einen Mann mit Kontrabass sahen, der beinahe die Saiten seines Instruments abriss, während er wild headbangend das Riff verzerrter Gitarren begleitete, blieben wir hängen. Wir erlebten einen musikalischen Ritt quer durch diverse Genres. Durch die Welt des Heavy Metal vor allem, aber auch durch die des Rock’n’Roll, des Blues und sogar der Countrymusik. Beeindruckt von dieser Bandbreite zückte ich das Smartphone und googelte den Namen der Band, von der weder mein Vater noch ich bislang gehört hatten: Volbeat.
Volbeat zähle zu den international erfolgreichsten Rockbands, erfuhr ich damals. Die Musik wurde als „Elvis Metal“ beschrieben. Mein Vater, mit Elvis groß geworden, und ich, damals angehender Metal-Fan, waren entsprechend erstaunt ob unserer beider Wissenslücke. Nachholbedarf also: Volbeat wurde im Jahr 2001 in Kopenhagen von Michael Poulsen gegründet. Ende des letzten Jahres erschien die neue, inzwischen achte Studioplatte: Servant Of The Mind. Abermals eine musikalische Gratwanderung zwischen verschiedensten Genres. Vor allem aber eine exzellent produzierte Platte, die einer Soundanlage alles abverlangt.
Für Sänger und Gitarrist Michael Poulsen war Volbeat der Ausbruch aus der Death-Metal-Szene, von der er sich musikalisch eingeengt gefühlt hatte. So entstand der musikalische Cocktail, mit dem die dänische Band heute um die ganze Welt tourt: Elvis Metal. Getragen wird der Stil von Poulsens prägnanter Stimme und vom Groove, der bei allen Songs, seien sie auch noch so gitarrenlastig, stets mitschwingt. Volbeat hat es im Laufe der Jahre perfektioniert, Oldschool-Elemente mit modernen Klängen zu kombinieren. Etwa bei „Wait A Minute My Girl“, einer klassischen Rock’n’-Roll-Nummer mitsamt Piano- und Saxofon-Solo. Durch die beigemischten Punk-Elemente klingt der Song jedoch frisch und kraftvoll und nicht altbacken. Auffällig ist auf dieser Platte zudem der für den Surfrock-Sound typische rasante Staccato-Anschlag der Gitarrensaiten. Weltbekannt wurde er durch Dick Dales Song „Misirlou“ von 1961, der später auch als Titelmelodie in Quentin Tarantinos Pulp Fiction verwendet wurde. Volbeat erzeugt mit diesem Sound eine Art Retro-Atmosphäre, was den Songs mitunter einen düsteren Unterton verleiht. Prägnante Beispiele dafür sind „Step Into Light“ und vor allem „The Devil Rages On“. Nicht nur ich fühle mich hier musikalisch in eine Art Wildwest-Endzeitszenario versetzt: Auf Youtube gibt es bereits Clips, bei denen das Stück über Ausschnitte eines Clint-Eastwood-Western gelegt wurde.
All das passt zu Volbeat: Michael Poulsen machte noch nie einen Hehl aus seiner Bewunderung für Oldschool-Artists. Mit „Sad Man’s Tongue“ widmete er einst Johnny Cash einen Song, und dessen „Ring Of Fire“ gehört fest zum Live-Repertoire der Band. Auf der aktuellen Platte covert Volbeat den Song „Domino“ der einstigen US-Rock- und Sonnenbrillen-Ikone Roy Orbison. Obendrein gibt es als Bonus ein Cover von Metallicas „Don’t Tread On Me“. Ein passender Abschluss dieses Albums. Denn Volbeat zeigt so abermals, welch musikalische Bandbreite die Band abdeckt. Selten hat sich das Zapping durchs nächtliche TV-Programm für mich wohl so ausgezahlt wie in diesem Fall. Und demnächst kann ich Volbeat vielleicht sogar live erleben: Sie sind dieses Jahr wieder Headliner bei einem deutschen Musikfestival, bei Rock am Ring.
Volbeat
Servant Of The Mind
Label: Vertigo Berlin/Universal Music
Format: CD, Vinyl, DL 24/44
Volbeat: Servant Of The Mind bei jpc gibt’s hier.