Vincent SA-32 und SP-332 Vor- Endstufe – Ein unmoralisch gutes Angebot
Servus und herzlich willkommen in unserer Abteilung bezahlbarer Klangkultur. Heute mit einer Kombination aus Vor- und Endverstärker von Vincent. Sie stammt aus der „powerLine“, die den Einstieg in die Welt des Herstellers darstellt.
In aller Kürze
Top in Verarbeitung und Klang – für unter 3000 Euro ist Vincents Einsteiger-Kombi ein regelrecht unmoralisches Angebot. Ein waschechter Appetitmacher!
Seit gut einem Vierteljahrhundert müht sich die HiFi-Schmiede Vincent, amtliche Verarbeitung und massiven Materialeinsatz mit feinem Klang zu verbinden. Dank der Aufteilung in deutsche Entwicklung und asiatische Fertigung fällt die Preisgestaltung zumeist sehr moderat aus. Das macht Gerätegattungen interessant, die sonst die Budgetgrenzen eines Normalverdieners sprengen würden. Beispielsweise die Kombination aus der Vorstufe SA-32 mit der passenden SP-332 als Leistungsverstärker. Die Vorgängerkombination aus SA-31 und SP-331 bildete für gut fünfundzwanzig Jahre das elementare Fundament der deutsch-chinesischen Freundschaft und genoss einen beachtlichen Erfolg. Damit liegt die Messlatte für die Nachfolger bereits recht hoch. Wie also lässt sich Bewährtes verbessern?
Zum Glück verfügt man bei Vincent mittlerweile über jahrzehntelange Erfahrung im Design von Audiokomponenten. Die bestehenden Schaltungen von SA-32 und SP-332 wurden komplett infrage gestellt und vollständig überarbeitet. Elementare Eckpunkte wie die bewährten Alps-Potis, den kanalgetrennten Aufbau oder den massiven Einsatz hochwertiger Bauteile hat man beibehalten, an anderen Stellen wurde der Einsatz intensiviert. Der betriebene Aufwand resultiert in einem stattlichen Gesamtgewicht von 27 Kilo, die mein Rack nun seit heute belasten. Man sollte übrigens die Wärmeemission der beiden Geräte beachten, bevor man Vor- und Endstufe übereinanderstapelt. Während die Vorstufe lediglich handwarm wird, trägt die Leistungssektion nach wenigen Stunden Musikhören bei mittleren Pegeln zu einem wohlig temperierten Raumklima bei. Bei diesem Sommer und seinen wenig berauschenden Temperaturen ein nicht zu verachtender Vorteil.
Doch Spaß beiseite und den Fokus auf die Vorstufe: Üppiger Materialeinsatz ist seit jeher charakteristisch für Vincent. Für die SA-32 wurde dieser nochmals deutlich gesteigert. So finden die glimmenden Kolben sich jetzt sowohl in der Eingangs- wie in der Ausgangsstufe, was für mehr Flair und Charme bei gesteigerter Dynamik sorgt. Auch wuchs die Anzahl der Eingänge auf nunmehr sechs. Fünf davon als Cinch, einer in symmetrischem XLR. Netterweise gehören nicht nur solide Strom-, sondern auch brauchbare Signalkabel für beide Optionen zum Lieferumfang. Auch der Bedienkomfort wurde überarbeitet. So lassen sich Pegel wie auch Signalquelle bequem vom Sessel aus per Fernbedienung wählen. Hierzu musste man sich bei der Ahnin noch aus dem Sessel erheben.
Nicht ganz glücklich war ich mit der Klangregelung der SA-32. Auch wenn beide Regler in der Mittelstellung einrasten, wirkt sich das Regelwerk ein wenig wie die „Light-Variante“ einer Loudness-Schaltung aus. Daher würde ich zu einer Nutzung nur im Ausnahmefall raten. Ohne klingt’s für meine Ohren einfach natürlicher.
Eine erfreuliche Eigenart der SA-32 ist die schaltbare Pegelabsenkung um 8 Dezibel. Damit lassen sich zu vorlaute Quellen adäquat eindämmen, und man läuft nicht Gefahr, dass es zu einer Überforderung der angeschlossenen Leistungsträger (und natürlich der Lautsprecher) kommt.
Freundlicherweise wurde für mein Test-Setup die passende Endstufe SP-332 gleich mitgeliefert. Die Vorgängerin verfügte über zwei massive Griffe auf der Front – bei der SP-332 wurden sie durch schicke, in der Beleuchtungsfarbe anpassbare VU-Meter ersetzt. Wirklich „handlich“ wird die aktuelle Ausgabe dadurch nicht. Und mit deutlich über zwanzig Kilogramm strapaziert auch sie die Bandscheiben und das Rack. Das Gewicht erklärt sich nach Entfernung des Deckels von selbst: Eine feiste Spannungsstabilisierung mit insgesamt 80 000 Mikrofarad steht einem 500-VA-Ringkerntrafo unterstützend bei, sollte die Vernunft beim Hören dem Spaß an der Sache unterliegen. In der Eingangsstufe trifft man erneut auf ein Paar 6N16, die das Eingangssignal aufpäppeln und es mit einer Prise Röhrenflair abgerundet den vier Transistoren pro Kanal zur weiteren Verstärkung zur Verfügung stellen. Mit einer Leistung von 2 x 150 Watt an acht und satten 250 Watt an vier Ohm sollte die Vincent absolut befähigt sein, auch komplexe Lautsprecher adäquat zu versorgen.
Mit komplexen Lautsprechern kann ich zwar nicht dienen, komplexe Platten habe ich dafür einige am Start. Es mag nicht gerade die feine Art sein, Geräte direkt aus dem Karton und ohne Chance auf Akklimatisierung mit Tools Ænima in den Ring zu schicken, was mich nicht davon abhält, genau das trotzdem zu tun. Theoretisch hatte ich mit einer sanften, eher fülligen Interpretation der Scheibe gerechnet (Röhren, überall Röhren!). Doch selten kam „Message To Harry Manback“ bedrohlicher rüber als mit dem deutsch-chinesischen Ensemble. Eine kurze Ansage mit eindeutiger Wirkung auf die Psyche. Dass Progrocker auch der Hausarbeit frönen, wird dann mit dem vertonten Backkurs für Haschkekse deutlich. Das harte Rollen der Rs in „Die Eier von Satan“ kommt so teutonisch rüber, dass man eher auf Till Lindemann denn Maynard James Keenan tippen würde. Nicht ganz röhrenlike, aber tierisch gut. Auch ohne die Einnahme von Selbstgebackenem gelingt es den Vincents, eine breite Palette dunkelbunter Klangfarben zu vermitteln, wie sie in dieser Deutlichkeit selten aus meinen Breitbändern gepustet wurden.
Die Aufwärmrunde fiel damit erfreulich kurz aus, und so wandert das Duo nun zügig weiter an seinen vorgesehenen Arbeitsplatz im Musikzimmer. Bevor sich beide Geräte auf dem Rack niederlassen dürfen, wird noch schnell die Beleuchtung der Endstufe angepasst und ein zweiter Satz Lautsprecherkabel verlegt, sollten Lautsprechertests anstehen oder eine spontane Party ausbrechen. Das Erstgenannte ist sehr, Letzteres eher nicht wahrscheinlich. Und dann noch einmal dicke Backen machen und sich wünschen, statt schicken Zeigern würden stabile Griffe die Front verschönern und das Handling erleichtern. Es knackt zwar kurz in den Bandscheiben, doch dann stehen beide andächtig nebeneinander. Wobei nicht das Gewicht allein Anlass für den hochwertigen Gesamteindruck ist. Ob es die Fronten aus gebürstetem Aluminium, sauber laufende Pegelsteller oder die satt klackenden Relais der Eingangswahl sind – die gebotene haptische Qualität steht in keinem Verhältnis zum homöopathisch designten Preiskonzept.
Man hat bei beiden Vincent-Komponenten zu keiner Zeit das Gefühl, man habe den Audioingenieuren mit gespitztem Rotstift im Nacken gesessen. Diese kundenfreundliche Preisgestaltung kann nur funktionieren, wenn sich die Entwicklungsabteilung in Deutschland und die Fertigungsabteilung im Reich der Mitte trotz Sprachbarriere blind verstehen. In der Summe bedient die deutsch-chinesische Kooperation selbst fortgeschrittene Ansprüche an Haptik und Design. Wobei die gebotene Klangqualität das enge Korsett des Preisrahmens vergessen lässt.
Musikalisch kann ich persönlich nur wenig mit dem Projekt Elaiza anfangen. Was absolut nichts daran ändert, dass dem Trio um Pianistin und Sängerin Elzbieta Steinmetz ein fantastisch klingendes Album gelungen ist, das in den Emil Berliner Studios mit exquisitem analogem Equipment aufgenommen wurde. Die Kombination aus Piano, Akkordeon und Kontrabass mag auf dem Papier ungewöhnlich wirken, doch auf Vinyl gepresst wirkt (klingt) die Sache schon viel stimmiger. Die Stabilität, das Fundament des Flügels erinnert mich an den Steinway unserer Schule, der mir die Schulzeit erfolgreich vermieste – damals musste Musik Krach machen. Dreißig Jahre später lässt es sich dann ganz vorzüglich bei solch reduzierter Musik entspannen, ohne in Lethargie zu verfallen. Die Vincent-Kombi verleiht den drei Damen im Studio eine schwerelose Eleganz, fügt zusammen, was zusammengehört, und sortiert die Interpretinnen dennoch räumlich klar getrennt, ohne sie verloren im Raum stehen zu lassen. Im Direktvergleich fällt auf, dass die Vincent-Kombination die Enden des Frequenzbandes einen Hauch gnädiger wiedergibt als meine weiteren Leistungsträger, die allerdings ohne Glaskolben im Signalweg auskommen müssen. Im Zusammenspiel mit dem relativ forcierten Hochton der Audio Physic Seemon gefällt mir dieser Charakterzug ausnehmend gut. Da lässt sich über Stunden ausgezeichnet Musik hören, ohne dass Gefahr besteht, das Gehör über Gebühr zu strapazieren.
Und so ergibt die Kombination aus Vorstufe SA-32 und SP-332 eine mehr als interessante Lösung, deren klangliche Qualitäten auf ebenso hohem Niveau liegen wie die gebotene Verarbeitung und die Qualität der eingesetzten Materialien. Was zu einem Kurs von nicht mal dreitausend Euro ein geradezu unmoralisch gutes Angebot darstellt. Sie dürfen also bedenkenlos zugreifen!
Info
Vorverstärker Vincent SA-32
Konzept: Hybrid-Hochpegelvorstufe
Eingänge: 5 x Stereo RCA, 1 x Stereo XLR
Ausgänge: 2 x Stereo RCA Pre-Out, 1 x Stereo XLR Pre-Out, 1 x Stereo RCA Rec-Out, 2 x 3,5-mm-Klinkenbuchse (Power Control)
Frequenzgang: 20 Hz bis 45 kHz
Nenn-Ausgangsspannung: 2 V
Klirrfaktor: < 0,1 % (1 kHz/1 W) Eingangsempfindlichkeit: 500 mV Signal-Rausch-Abstand: > 90 dB
Eingangsimpedanz: 47 kOhm
Max. Leistungsaufnahme: 40 W
Röhrenbestückung: 4 x 6N16
Ausführung: Schwarz/Silber
Gewicht: 6,2 kg
Maße (B/H/T): 43/8/36 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 1000 €
Endverstärker Vincent SP-332
Konzept: Stereo-Endverstärker
Frequenzgang: 20 Hz bis 20 kHz
Leistung (4/8 Ω): 250 W/2 x 150 W
Eingangsempfindlichkeit: 1,35 V
Signal-Rausch-Abstand: > 91 dB
Eingangsimpedanz: 47 kΩ
Eingänge: 1 x Stereo RCA, 1 x Stereo XLR, 1 x 3,5-mm-Klinkenbuchse (Power Control)
Ausgänge: 2 x 4 Lautsprecherklemmen, 1 x 3,5-mm-Klinkenbuchse (Power Control)
Röhrenbestückung: 2 x 6N16, 1 x 6N15
Ausführung: Schwarz/Silber
Maße (B/H/T): 43/17/43 cm
Gewicht: 21 kg
Preis: um 1900 €
Kontakt
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