Valvet E3 Single-Ended-Class-A Endverstärker – Schwarz hören
Es soll Leute geben, die Musik in Farben wahrnehmen. Andere können Töne sogar schmecken. Diese im Fachjargon Synästhesie genannte Fähigkeit ereilt den Hörer mühelos bei der Begegnung mit der Valvet E3, die Musik aus tiefster Schwärze hervorzaubert – wie aus einem Nichts kurz vor dem Urknall. Man hört buchstäblich bis auf den Grund ihrer Ursächlichkeit.
In aller Kürze
Die runderneuerte Valvet E3 präsentiert sich trotz vermeintlich geringer Leistung druckvoll und konkurrenzlos musikalisch. Eine der besten Endstufen, die wir je im Rack stehen hatten. Preis um 3900 Euro.
Den Hörer mitnehmen! In der Musik sitzen und nicht davor! Nicht einmal an eine Ablenkung denken! Der Hörer ist nicht nur konsumierendes Objekt, sondern tritt aktiv in eine Wechselwirkung mit der Musik.
All das möchte gutes HiFi. Doch wie geht das? Breiten sich solche Ideale nur aufgrund von verschwenderisch eingesetzten technischen Raffinessen oder üppigen Materialschlachten aus? Braucht es fernöstlich geprägte Esoterik, gar in unzähligen Hörsitzungen antrainiertes Geheimwissen über Harmonisierung von Hörräumen oder zuerst einmal blitzsauberen Strom? Über all die so verlockenden ästhetischen Mittelbarkeiten gerät man schnell in einen Irrgarten, in dem uns ein Trommelfeuer von Informationen vom eigentlichen Erlebnis fernhält. Ein Wettbewerb der Parameterausbreitung steigert die Erwartungen des Konsumenten ins Unermessliche. Dabei möchte man eigentlich nur „schön“ Musik hören.
Ob es solche Überlegungen waren, die Valvet-Gründer Knut Cornils bei der Entwicklung seiner Komponenten beherrschten, darf man nur vermuten. Der erste Eindruck gehört auf jeden Fall dem Staunen darüber, wie kompromisslos, wie stringent diese Technik anmutet . Obwohl, „Technik“ als solche nimmt man gar nicht wahr. Und damit ist schon die erste Hürde genommen.
Die Valvet E3 strahlt vor allem durch ihre konsequente Zurückhaltung und Eleganz so rein gar nichts vom Ingenieurwesen des Erfinders aus. Mehr Klarheit kann man kaum vermitteln. Flach und glänzend silbern, jede „Ecke“ gerundet für Handschmeicheleien, elegante Füße für perfekten Stand und hochwertige WBT-Anschlüsse und Schluss! Allein aufgrund dieser Äußerlichkeiten könnte die neue E3 schon locker das Dreifache kosten. Nur ein in dezentem Blau beleuchtetes „V“ gibt erfreulich unaufdringlich darüber Auskunft, von welcher Herkunft die Endstufe und ob sie eingeschaltet ist. Der Netzschalter befindet sich mittig an der Unterseite des Gehäuses, sodass auch dieser die klare Front nirgendwo unterbricht. Tja, gutes Design kann so einfach sein. Aber auch das muss man sich erstmal trauen. Und wer wagt, gewinnt!
Mehr gibt es dazu schon nicht zu sagen. Das technische Parametergewitter bleibt obendrein aus. Sie leistet gerade mal zweimal 12 Watt an 8 Ohm- oder zweimal 20 Watt an 4-Ohm-Lautsprechern. Das klingt erstmal nicht allzu üppig. Der Aufbau folgt der äußeren Stringenz bis ins kleinste Detail: Doppel-Mono, großer Ringkerntrafo, diskrete Eintakt-Class-A-Transistoren (und hier tatsächlich nur einer pro Kanal), ein so klarer Aufbau, dass sich selbst ein Laie vorstellen kann, „wo hier was sitzt“.Aber das ist erst der Anfang der Geschichte!
Farben aus tiefem Schwarz heraus
Um ein Licht zu sehen, braucht es tiefes Schwarz in der Umgebung. Die Sterne am Himmel sieht man am besten in absoluter Dunkelheit. Und diese Erkenntnis ist unstrittig auf die Musik übertragbar. Das ist keine Frage des Geschmacks und daher auch noch gar nicht unbedingt eine ästhetische Angelegenheit. Es ist nur der Hintergrund, auf dem sich Musik umso lebendiger ausbreiten darf. Und damit sind wir schon mittendrin im Hörerlebnis, das zunächst mit der E3 in meinem kleinen Tonstudio begann. Reduziert man Musikhören auf die einfachste physikalische Formel, so begegnen wir einem Geflecht von Frequenz mal Amplitude. Wie gut das gelingt, hat auch hier mit Kontrasten zu tun, aus denen sich Schwingungen möglichst unmittelbar erheben und wieder beruhigen können. Mehr geschieht bei der Musikwiedergabe eigentlich gar nicht. Nur sind die Wege und Räume nicht genauer definiert. Im Tonstudio möchte man keine zurechtgestutzte Wiedergabe, keine Widerstände, keine Kurven und Bögen, durch die sich die Ereignisse winden. Man möchte Wahrheit! Und diesen Eindruck vermittelt die Valvet-Endstufe wie kaum ein anderes Produkt, das ich bisher in diesem Kontext getestet habe. Die Musik „fährt“ wie ein Bobfahrer durch den Parcours, ohne ein einziges Mal die Bande zu berühren. Zunächst ist da dieses stets Fluide in der Musik, das lückenlos und niemals vernehmbar gequantelt aus den Lautsprechern dringt. Der körpereigene Denkapparat schaltet sofort auf Standby, denn der Hörer muss die musikalischen Ereignisse nicht erst im Netzwerk seiner Synapsen rekonstruieren, sondern empfängt diese scheinbar unmittelbar, und das bis in den Solarplexus.
Ich weiß gar nicht, ob das nur „Spaß macht“ oder erregt. Zunächst bin ich absolut verblüfft. Ich überlege schon, mit welch technischen Tricks Knut Cornils dieser Endstufe solche Fähigkeiten einverleibt haben könnte. Es ist vor allem der eingangs erwähnte tiefschwarze Hintergrund, auf dem die Musik offenbar mehr denn je zu leuchten beginnt.
Valvet – Alles außer laut?
Die Leistungsangabe täuscht. Natürlich wirken 12 Watt im Vergleich zu manchem Boliden, der hier schon zu Besuch war, erstmal etwas mager. Im Hörerlebnis präsentiert sich das ganz anders. Der Antritt und die dynamischen Fähigkeiten der Valvet E3 sind so unmittelbar direkt und schnell, dass sich dieses sprichwörtliche Erschrecken während der Musik schon in geringsten Lautstärken einstellt. Auffällig ist hierbei, dass Räume und ihr fundamental fester Bass bei geringer Lautstärke nicht zusammenfallen, sondern bis zum Flüster-Level erhalten bleiben. Dreht man weiter auf, wird der Klang nicht anstrengend oder aufdringlich, sondern umhüllt den Hörer einfach mit größerer Kraft. Und die Pegel, die man völlig verzerrungsfrei erreichen kann, sind tatsächlich enorm. Instrumente und Stimmen blähen sich dabei nicht auf, sondern bleiben scharf umrissen und im gleichen Kontrastverhältnis wie bei Zimmerlautstärke. So muss das sein.
Obwohl die E3 bei der Lautsprecherpaarung nicht besonders wählerisch ist, gefielen mir Audioplans Kontrapunkt IV mit ihr am besten. Die recht kleinen „Monitore“ brauchen eigentlich Kraft und Strom. 12 Watt waren bisher an diesen Speakern kaum zu gebrauchen. Aber mit der Valvet entwickeln sie plötzlich so mächtige und feste Bässe wie nie zuvor. Die Mitten erscheinen bisher ungeahnt körperhaft und dennoch durchlässig. Der Hochton wird hier eher zum „Glanzton“ und damit fast noch verführerischer als mit einer Röhrenendstufe. Für mich als Röhrenfan war das etwas Wesentliches. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass man die ganze Zeit schwören könnte, dass man da Vinyl hört und nicht digitale DAW-Kost in 16-Bit-Qualität.
Komplette Vollendung stellt sich ein, wenn man das Umfeld durch die Valvet-Vorstufe Soulshine2 MK II mit externem Netzteil ergänzt. Hier verstärken, wie gewohnt bei Valvet, Röhren. Diese kleine Kette wird damit noch kräftiger und mächtiger in puncto Dynamik und Bassfundament und löst den schon zum „Glanzton“ generierten Hochton nochmal besser auf. Jetzt gefallen auch die alten und daher manchmal recht flüchtig aufgenommenen Blues- und Rockaufnahmen. Im Abschluss höre ich den Beatles-Klassiker Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band einmal von vorne bis hinten durch und schwöre, dass ich dieses Album noch nie so lebendig und mitreißend erlebt habe.
Für mich sind diese Komponenten nicht nur ein Überraschungserlebnis in Sachen lebendige Musikwiedergabe, sondern zukünftig wohl auch eine Hörreferenz. Was soll da noch kommen?
Info
Endverstärker Valvet E3
Konzept: Endstufe in Transistor-Single-Ended-Class-A-Technik
Ausgangsleistung (8/4 Ω): 2 x 12 W/2 x 20 W
Maße (B/H/T): 45/5/30 cm
Gewicht: 9,7 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 3900 € (mit Hochglanzverchromung um 4050 €)
Kontakt
Valvet High-End Verstärkung
Fliederbogen 8a
22941 Bargteheide
Telefon +49 4532 267651