Transrotor TR 9/2.1 – Mit dem Blick fürs Detail
Der erste hauseigener Tonarm von Transrotor TR 9/2.1 ist Entwicklungskunst vom Feinsten
Wer auf den Norddeutschen Hifi-Tagen im Februar 2020 die Ausstellungsfläche von Transrotor besuchte, staunte nicht schlecht. Da war tatsächlich ein komplett in Eigenregie entwickelter Tonarm zu sehen. Kein SME V komplettierte die Laufwerke aus dem gehobenen Produktionssortiment, sondern ein hauseigener Tonarm. Wer jedoch ein Ohr in der Analogszene hatte, der wusste bereits seit Dezember 2019, dass SME seine Tonarme zukünftig nur noch für die eigenen Laufwerke herstellen will. Und spricht man mit Insidern, so kam diese Entscheidung im Dezember auch nicht sonderlich überraschend, sondern hatte sich über Monate angebahnt. Bei Transrotor fiel rechtzeitig der Beschluss für eine Eigenentwicklung, wobei man bestrebt war, die Fertigungstiefe eines SME V zu übertreffen. Wer Vater und Sohn Räke kennt, der weiß, dass für sie gut eben nicht gut genug ist, und insofern verwunderte es mich auch nicht, dass mein Testexemplar sich doch in einigen Punkten von dem in Hamburg vorgestellten Modell unterschied und man offenbar den Fertigungsprozess bis zur endgültigen Markteinführung noch weiter vorangetrieben hat.
Vorsprung durch Technik
Bei der Entwicklung des Tonarmrohrs hat man sich für ein zweiteiliges ineinandergeschobenes Rohr aus jeweils verschiedenen Aluminiumlegierungen entschieden und dabei insbesondere auf Steifigkeit und Resonanzfreiheit geachtet. Um etwaige Toleranzen zu vermeiden, begab man sich auf die Suche nach einem Unternehmen, dessen Maschinenpark eine möglichst fehlerfreie Bohrung des Tonarmrohrs aus dem Vollmaterial gewährleisten kann. Schließlich ergab sich eine Kooperation mit einem Vorrichtungsbauer aus der Automobilindustrie, der nicht nur über einen computergesteuerten Maschinenpark verfügt, sondern sich aufgrund nachlassender Auftragslage während der Coronakrise voll auf die Wünsche und Bedürfnisse Transrotors konzentrieren konnte. Der zweite Entwicklungsschwerpunkt galt den Lagern. Wer sich mit älteren, wenig gepflegten Tonarmen beschäftigt hat, kennt die Anfälligkeit von Lagern und deren Probleme bei der Gängigkeit. Nach diversen Probeläufen mit unterschiedlichen Materialien fiel vertikal die Wahl auf japanische Stahlkugellager, während man horizontal auf Keramiklager setzte. In geradezu detektivischer Arbeit stellten die Räkes dann aber fest, dass ein immer noch vorhandenes minimales Lagerspiel aus der nicht ganz glatten Oberfläche der verwendeten Industriemuttern rührte, worauf sie beschlossen, eigene Muttern in Auftrag zu geben, die im Endfertigungsprozess mit einem Siegellack befestigt und vorsichtig von Hand angezogen werden.
Haptik als Distinktionsmerkmal
Natürlich weiß man in Bergisch Gladbach, dass in der gehobenen Preisklasse neben technischer Perfektion auch Optik, Design und überragende Haptik die zentrale Rolle spielen. Und so verwies Jochen Räke im Gespräch darauf, wie komplex das Austarieren zwischen einer quasi zeitlosen Formgebung und aktuell angesagten Designvarianten ist. Eine gar nicht so einfache Aufgabe, will man einerseits nicht „retro“ wirken, sich aber andererseits keinem kurzlebigen Zeitgeist verschreiben. Und schließlich geht es auch um einen Wiedererkennungseffekt, der durchaus marktentscheidend sein kann. Mächtig, wie der schwarze TRA 9/2.1 auf dem Alto-Laufwerk mit einer unverwechselbaren Formgebung thront, muss man von einer ganz und gar gelungenen Aufgabe sprechen, woran das formidable Finish nicht ganz unschuldig ist. Von Anfang an hatte Transrotor keine Lackierung angestrebt, sondern bei seinen schwarzen Armen auf ein Eloxal-Verfahren gesetzt. Das verspricht nicht nur eine höhere Wertigkeit und Langlebigkeit, sondern verleiht dem Arm seine spezielle Optik.
Wer einmal einen lackierten Arm in der Hand gehabt hat, wird sofort die Anfassqualität des TRA 9/2.1 würdigen. Hierfür werden die einzelnen Konstruktionsteile mit feinsten Glasperlen gestrahlt, wodurch sich eine Verdichtung der Oberfläche ergibt, die eine perfekte Eloxierung erst ermöglicht. Dieses Verfahren durchlaufen auch alle anderen Farb- bzw. Oberflächenvarianten, da das schwarze Eloxat immer den Untergrund bildet. Besonders arbeitsintensiv ist dabei die Chromvariante, bei der zunächst alle Einzelteile an rotierenden Leinenscheiben poliert werden, worauf eine Nickelschicht aufgetragen wird, bevor die endgültige Chromschicht als Oberflächenfinish zum Einsatz kommt. Transrotor wäre nicht Transrotor, würde man sich nicht auch auf die Wünsche einer weltweiten Kundschaft einstellen, und so gibt es den Tonarm auch mit den vor allem in Osteuropa gern genommenen Gold- bzw. Platinbeschichtungen. Besonders stolz ist Jochen Räke allerdings auf die Ruthenium-Variante, die von einer kleinen Spezialfirma im direkten ländlichen Umkreis hergestellt wird. Wenn man länger mit Jochen Räke spricht, merkt man, wie wichtig ihm solche aufwendigen und werterhaltenden Verarbeitungsdetails sind. Da ist er ganz der Konstrukteur der alten Schule, an dem sich moderne kostenoptimierende Controller wahrscheinlich die Zähne ausbeißen würden.
Nur keine Unruhe stiften
Zwar hatte mir Transrotor einen Alto TMD mit einem sauber eingestellten TRA 9/2.1 inklusive des hauseigenen Figaro-Systems ausgeliefert, aber als gewissenhafter Vinylist habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, die Einstelldetails noch einmal zu überprüfen. Zunächst fiel mir positiv auf, dass sich sowohl die Justage des Gegengewichts als auch die Antiskating-Einstellung aufgrund der stabilen und recht großen Justagerädchen- und schrauben auch für großgewachsene Hände problemlos bewerkstelligen lassen. Keine spitzen Fingernägel und erst recht keine Ausbildung zum Feinmechaniker sind nötig, um den Tonarm flugs in die optimale Spieleinstellung zu bringen. Besonders gut haben mir dabei die deutlich erkennbaren roten Markierungen gefallen, die zur Orientierung während der Einstellung dienen. Da es sich um einen mittelschweren Tonarm handelt, hat man beim TRA 9/2.1 zudem eine recht große Auswahl an Tonabnehmern, die sich in die Headshell einbauen lassen. Die serienmäßig mitgelieferten Gegengewichte aus Messing lassen sich austauschen bzw. ergänzen, was ermöglicht, auch gewichtigere Tonabnehmer zu betreiben. Die Gewichtseinstellung selbst verläuft völlig problemlos über ein Feingewinde. Auch wenig erfahrenen Vinylliebhabern gelingt so eine absolut stressfreie Feinjustierung des Arms.
Sanft landet die Nadel in der Einlaufrille von Sam Rivers Contours aus der neuen Blue-Note-Serie „Tone Poets“. Die Pressung dieses neuen Edel-Reissues zeichnet sich durch hohe Transparenz und Dynamik aus, tendiert aber mit einer leicht digital klingenden Höhenaussteuerung zu minimaler Nervosität. Beeindruckend war sofort, wie der TRA 9/2.1 eine große Ruhe und Stabilität in das Klanggeschehen brachte, ohne dabei auch nur einen Hauch an Dynamik zu verschenken. Von einem gewissen Spieltrieb ergriffen, experimentierte ich anschließend ein wenig mit dem VTA. Auch wenn meine Alto-Variante nicht mit dem sehr zu empfehlenden VTA-Ring versehen ist, den Transrotor bereits seit letztem Jahr im Programm hat, so lässt sich dennoch der Tonarm recht mühelos verstellen. So ruhig der TRA 9/2.1 auch läuft, so sensibel reagiert er doch auf kleine Einstellungsveränderungen. So war sofort zu hören, dass Sam Rivers und seine Mannen einen Tick „hibbeliger“ spielten, erhöhte man den Arm an seinem Ende ein wenig.
Dass den Tonarm so schnell nichts aus der Ruhe bringt, dabei aber die dynamischen Reserven schier unendlich zu sein scheinen, zeigte der Schwenk auf einige 12-Zoll-Technoscheiben mit 45 rpm Abspielgeschwindigkeit. Tief, sehr tief und ohne jede Anstrengung rollten die elektronischen Bässe durch den Raum, während Becken und Hi-Hat nie durch betont höhenlastige Aggressivität auffielen; eine Klangästhetik, die man sonst gerne 12-Zöllern zuschreibt. Ganz ohrenscheinlich hat sich die zeitintensive Entwicklung vor allem der Lager und des Tonarmrohrs ausgezahlt – ich wüsste nicht, wann ich das letzte Mal einen Tonarm mit einer solchen Kombination aus Präzision und Musikalität gehört hätte. Ein Eindruck, der sich auch bei Soltis Mahler-Aufnahmen einstellte. Die doch stark positivistische Interpretation der Sinfonien mit einem oftmals gleißenden Blech hatte hier keine Möglichkeit, ins Zerrende und Zischelnde auszureißen, ein bisweilen unangenehmer Nebeneffekt, der gerade bei den deutschen Pressungen des Aufnahmezyklus auffällt. Die Kombination Alto TMD und TR 9/2.1 schaffte es vielmehr, auch hier einen ganzheitlichen musikalischen Sinnzusammenhang zu stiften.
Lange hat man bei Transrotor mit der Entwicklung eines hauseigenen Tonarms gewartet. Hier nun können wir uns an einem wahrlich ausgereiften und bis ins Detail durchdachten Arm erfreuen, der die technischen und musikalischen Qualitäten mitbringt, um schon bald als Klassiker gehandelt zu werden. Chapeau.
Wir meinen
Bis ins Detail durchdacht, kompromisslos aufgebaut und verarbeitet sowie klanglich herausragend. Der TRA 9/2.1 ist eben durch und durch ein Transrotor.
Info
Tonarm Transrotor TRA 9/2.1
Konzept: kugelgelagerter Tonarm, mittelschwer
Effektive Tonarmlänge: 232,8 mm
Tonarmdistanz: 215 mm
Tonarmüberhang: 17,8 mm
Kröpfung: 23,66°
Nullpunkt innen: 66 mm
Nullpunkt außen: 121 mm
Effektive Masse: 18 g
Anschlusskabel: ca. 130 cm (Van den Hul, Reinsilber)
Garantiezeit: 2 Jahre
Preise: um 4300 € (Schwarz matt), um 4900 € (Chrom), um 5300 € (Schwarz/Gold), um 5600 € (Ruthenium)
Kontakt
Räke Hifi/Vertrieb GmbH
Irlenfelder Weg 43
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Telefon +49 2202 31046