Transrotor Dark Star Silver Shadow – Gutes bleibt
WDR-Hörern dürfte dieser Slogan wohlbekannt sein, Transrotor scheint ihn erfunden zu haben. Der Dark Star Silver Shadow ist ein jüngerer Spross einer Familie, die gefühlt schon immer da war.
Zumindest in meiner audiophilen Sozialisation spielt Transrotor eine bedeutende Rolle. Als Schüler drückte ich mir am Schaufenster des örtlichen HiFi-Ladens die Nase platt, wenn dahinter ein trefflich ausgeleuchteter Connaisseur stoisch seine Runden drehte. Als ich einige Jahre später mein Taschengeld in ebendiesem Laden aufbesserte, indem ich Kabel konfektionierte oder ab und zu auch Kunden beriet, ließ ich jedes Mal, wenn ich denn alleine im Laden war, eine meiner mitgebrachten Lieblingsplatten auf einen angeschlossenen Transrotor wandern und vergaß für eine Weile die Arbeit.
Ausflüge in andere Gefilde konnten mich jedoch nicht vollends beglücken, und so verrichtet seit guten 15 Jahren auch bei mir ein Transrotor seinen Dienst, wenn es ans Schwarzhören geht. Und, ja, es gastierten immer mal wieder für ein paar Wochen tolle Maschinen bei mir, die dem Transrotor in Teilbereichen gefährlich werden oder ihn gar überholen konnten. In seiner Gesamtheit allerdings ließ sich dieser opulente Spieler nie verdrängen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen ist es sein durchsichtiger und stabiler Klang, der sich in der Regel sehr zurückhält und alle meine Platten sehr, sehr unterschiedlich klingen lässt. Und auch – was mir bei der Arbeit an Artikeln wie diesem sehr zugutekommt – diese neutrale Basis für alle Tonarme und Abtaster bietet. Wenn man als Hörer also keinen speziellen Sound verfolgt, sondern schlicht tiefer und umkommentiert in seine Vinylschätze hineinhorchen möchte, steht Transrotor ganz oben auf der Liste.
Zum anderen gibt es fast keinen Arm, den ich nicht montieren könnte. Ob neun oder zwölf Zoll Länge, mit welcher Geometrie auch immer – alles lässt sich mit Bordmitteln adaptieren. Und die offene Architektur des Gerätes lässt es zu, dass man auch längere Basen, beispielsweise für 14 Zoll lange Arme, oder besonders kurze und breite für Tangentialarme montieren kann. Der Transrotor lässt alles zu und macht alles mit. Für mich eine großartige Qualität.
Und dann ist da noch die Möglichkeit, den Plattenspieler im Laufe der Zeit an Neuentwicklungen teilhaben zu lassen. Da bestimmte Maße (Tellerdurchmesser, Lageraufnahme und -höhe, Motorhöhe, Motor) hausintern genormt sind, kann man zum Beispiel auf ein besseres Lager oder einen anderen Teller auf- oder umrüsten, wenn es denn sein soll. Ich erlebte jedes Mal eine hörbare Qualitätssteigerung, wenn aus Bergisch Gladbach eine neue Entwicklung meinen Vinyltransporter bereicherte. Das TMD-Lager zum Beispiel brachte mehr Feindynamik und einen ruhigeren Hintergrund, das neue Netzteil mehr Stabilität und Fokus, der geänderte Teller einen definierteren Grundton und weiteren Raum. Alles Steigerungen, die ich dank der festgelegten Maße ohne Umbau, schlicht mittels Umstecken erfahren konnte. Ein Transrotor wächst und entwickelt sich im Laufe der Zeit mit, was seinen soliden Einstandspreis zumindest relativiert. Wobei der – obschon durchaus hoch – keineswegs mehr eine Ausnahmeerscheinung darstellt. Vor 25 Jahren markierten Transrotor und eine Handvoll Exoten die preisliche Spitze des Käuflichen, heute kann man feststellen, dass die Preise der Herren Räke sich offensichtlich nicht so fix entwickelten wie die der Konkurrenz: Die meisten Dreher aus dem Kölner Westen tummeln sich im finanziellen Mittelfeld des Marktes.
Der Dark Star Silver Shadow, den wir hier betrachten, ist schon einige Jahre im Programm, dennoch einer genaueren Betrachtung wert, da er durch sein Basismaterial eine Alleinstellung im Programm bietet. Wo sonst überall Acryl oder poliertes Aluminium blinken und funkeln, hält sich der Dark Star Shadow mit seinem mattschwarzen Polyoxymethylen-Outfit (gemeinhin POM genannt) größtenteils vornehm zurück. Vom „normalen“ Dark Star unterscheiden ihn die Aluminiumfüße sowie der Teller, auf den ich noch eingehen werde.
Wir haben den Dark Star Shadow in der Basisversion zum Test bekommen. Die doppelte Basisplatte des Dark Star Reference gibt es hier nicht, und somit ist die Grundplatte des Spielers, die auch das Lager beheimatet, gleichzeitig – wie bei den meisten Plattenspielern – die Basis des ganzen Geräts. In die drei Aluminiumpucks mit satten zehn Zentimetern Durchmesser sind von unten Silikonringe eingelassen, die dem Transrotor zu sicherem Stand verhelfen sollen.
Ein Zylinder, der vom unteren Puck durch die Basisplatte führt, mündet im oberen Puck, den man einfach nur drehen muss, um an diesem Fuß die Höhe zu verstellen. Womit wir bei einem weiteren, vorhin noch nicht erwähnten Vorteil dieser Plattenspieler sind: Sie lassen sich auch von talentfreien Grobmotorikern ohne Spezialwerkzeug binnen weniger Minuten präzise justieren, selbst wenn man zwei linke Hände und nur Daumen hat. Nach einem Umzug oder einem einfachen Möbelrücken entfällt der Termin beim eingeweihten Fachhändler, damit sich das wertvolle Stück wieder zu ein paar schönen Tönen überreden lässt.
Im Dark Star sitzt wie in den meisten kleineren Modellen von Transrotor das kleinere Lager, folglich können keine Teile der großen Serien übernommen werden. Aber auch in diesem Segment gibt es ausreichend Spielraum, um aufzurüsten, wenn es denn gewünscht ist.
Der Antriebsriemen liegt bei dieser Serie nicht am Lager, sondern konventionell am eigentlichen Plattenteller an. Das Pulley auf dem Motor ist entsprechend modifiziert, damit es zur korrekten Umdrehungszahl kommt. Die Tonarmbasis wiederum ist ein typischer Räkescher Baukasten. Die Tonarmbasis und die zur Plattenspielerbasis führenden Aluminiumzylinder können gegen beliebige andere Basen aus anderen Materialien oder mit anderen Fräsungen auf je nach Tonarm unterschiedlich hohe Zylinder ausgetauscht werden. Mit etwas Spaß am Basteln kann hier sogar problemlos ein langer Zwölfzoll-Tonarm montiert werden.
Der Teller bietet je nach klanglichen Vorstellungen den Kunden ein weites Feld der Wahlmöglichkeiten. In unserem Falle handelt es sich um einen nicht zu dicken POM-Teller, an dessen Unterseite fünf kapitale Gewichte hängen und für ordentlich Masse und somit Gleichlauf sorgen. Bei uns im Komplettpaket war übrigens noch ein preislich angemessener SME M2-9 und ein unscheinbares Transrotor Merlo Reference System (das ganz nebenbei eine eigene Betrachtung verdient hätte).
Es wäre sicher ein großer Spaß gewesen, an diesem Plattenspieler die klanglichen Eigenschaften der unterschiedlichen passenden Teller auszuprobieren: Acryl, Aluminium, POM und der hier gezeigte POM-Teller mit Gewichten. So werde ich vorerst nur berichten können, was mir dieses Paket bietet; einzig über ein Netzteil-Upgrade kann ich noch schreiben.
Im Vergleicht zu meinem weitaus massigeren Apollon spielt der Dark Star Silver Shadow zunächst einmal im besten Sinne unkompliziert. Er geht bei der Informationsbeschaffung nicht ganz so in die Tiefe wie sein großer Bruder, wirkt aber dabei keineswegs flach oder farblos, wie man jetzt befürchten könnte. Wie die von mir sehr geschätzten BBC-Lautsprecher präsentiert er alle vorhandenen Informationen in einem so intakten und schlüssigen Rahmen, dass man schlichtweg nichts vermisst. Der Unterschied zu großen Laufwerken fällt erst im direkten Vergleich auf, er trägt die Unzufriedenheit nicht wie viele seiner Kollegen in sich oder gar vor sich her. Einem BBC-Lautsprecher gleich füttert der Dark Star Silver Shadow sehr geschmackvoll den Grundton, wodurch sich jede LP, auch eine weniger gut produzierte, zunächst einmal erfreulich „vollständig“ anhört.
Wer hauptsächlich audiophile Neupressungen im Regal lagert, dem wird eine der Kernkompetenzen des Dark Star Silver Shadow wohl größtenteils verborgen bleiben, während der sammelnde Musikliebhaber, der auch ältere Platten regelmäßig hört, ihn genau dafür lieben wird: Der kleine Transrotor drängt Rillen- und sonstige Abtastgeräusche außergewöhnlich weit in den Hintergrund. Schwarze Schätze wie die Angel-Pressung des letzten Konzertes von Dinu Lipatti sind so viel leichter genießbar, weniger Knirschen und Rauschen lenkt ab, man taucht schneller ein in diese absolute Sternstunde der Musik.
Dem schlicht wirkenden Merlo Reference ist es mit zuzurechnen, dass dieser Plattenspieler bei komplexerem Material die Übersicht behält und nicht „dichtmacht“ wie so viele seiner Kollegen. Die alte Decca-Pressung von Giacomo Puccinis La Bohème mit Herbert von Karajan ist nach wie vor keine leichte Kost für das Laufwerk, da mit wenigen Mikrofonen aufgenommen wurde und daher einzelne Spuren nicht hervorgehoben werden können. Man muss also tiefer hineinhören, um eine Nebenstimme genau erkennen zu können. Mit dieser Transrotor-Kombination ist das kaum ein Problem, überraschend leicht kann man allen musikalischen Gedanken folgen. Dass der große Apollon noch weiter auffächert und durchsichtiger präsentiert? Bei dem Preisunterschied – geschenkt!
Dass der Dark Star Silver Shadow noch einiges Potenzial hinter seiner mattschwarzen Front verbirgt, merke ich, als ich meinen SME V, zuerst mit einem Ortofon Venice, dann mit einem Koetsu und schließlich auch noch mit dem mitgelieferten Merlo Reference einbaue. Zwar wird der SME V nicht ganz ausgeschöpft, allerdings ist der Schritt mit Leichtigkeit hörbar. Vielleicht wäre ein SME IV eine gute Alternative, die preislich nicht aus dem Ruder läuft?!
Abschließend eine Anmerkung zu dem größeren Netzteil Konstant Reference. Im Vergleich zum schlichteren Konstant Studio geschieht hier etwas, das man mit dem Finden des perfekten Schärfenpunktes bei einem Objektiv vergleichen könnte. Alle Schallereignisse wirken etwas klarer umrissen, besser fokussiert. Der Grundton kommt nun eine Spur schlanker und definierter, der Bass subjektiv etwas tiefer daher – wieder alles Punkte, die man vorher gar nicht vermisst hat, da schon die Basisversion so gut und richtig spielt. Zurück will man dann allerdings auch nicht mehr.
Das „Baukastenprinzip“ bei Transrotor
Das Wort „nachhaltig“ wird derzeit arg überstrapaziert und schon angeführt, wenn ein Produktzyklus länger als zwei Jahre währt. Im Falle der Firma Transrotor ist es indes absolut angebracht, denn die Plattenspieler aus dem Bergischen Land weisen überdurchschnittlich lange Verweildauern bei ihren Besitzern auf. Das liegt auch am hauseigenen „Baukastensystem“. Transrotor-Besitzer können auch noch nach Jahren ihren Plattenspieler um- oder aufrüsten, ohne ihn dafür in die Werkstatt bringen zu müssen. Es gibt ein „kleines“ und ein „großes“ Lager, welche die beiden Produktreihen definieren, innerhalb derer darf wild gespielt und getauscht werden. Plattenteller aus Acryl, POM oder Aluminium, dünne Teller, dicke Teller, mit Zusatzgewichten oder ohne – allein hier bieten sich schon viele Möglichkeiten. Die Standardlager der großen Serie können durch das berührungsfrei antreibende TMD-Lager ausgewechselt werden. Antriebsseitig hat man die Wahl zwischen mehreren Netzteilen, die alle tatsächlich einen Einfluss auf die Performance des Drehers haben. Und wem das immer noch nicht genügt, der kann erhören, ob er seine Platten lieber von einem, zwei oder gar drei Motoren angetrieben haben möchte. Transrotor bietet eine riesige Spielwiese für viele glückliche Jahre.
Plattenspieler Transrotor Dark Star Silver Shadow
Funktionsprinzip: Riemenantrieb-Laufwerk mit einem Motor, Riemen liegt am Teller an
Chassis: POM (Stärke 30 mm)
Plattenteller: POM mit Aluminium-Schwunggewichten
Besonderheiten: auswechselbare Tonarmbasen
Basisnetzteil: Transrotor Konstant Studio, diverse Upgrade-Optionen
Bestückung Testgerät mit: Tonarm SME 9-2, MC-System Transrotor Merlo Reference
Maße (B/H/T): 46/22/34 cm
Gewicht: 30 kg
Garantiezeit: 2 Jahre (kulante Regelung)
Basispreis Laufwerk: ab 2250 €, diverse Komplettangebote
Räke HiFi/Vertrieb GmbH
Irlenfelder Weg 43
51467 Bergisch Gladbach
Telefon 02202 31046
Mitspieler:
Plattenspieler: Transrotor Apollon (modifiziert)
Tonarme: SME M2-9 und V
Tonabnehmer: Koetsu, Ortofon Venice, Transrotor Merlo Reference
Phonoverstärker: iFi Micro iPhono
Vorverstärker: professionelles Mischpult
Endverstärker: professionelle Endstufen
Vollverstärker: Lavardin IT
Lautsprecher: Diapason Adamantes 25th, Sky Audio Verdade, Spendor S3/5SE
Raum: 31 qm, akustisch mit Diffusoren und Absorbern modifiziert, um kurze Nachhallzeiten und weitgehend frequenzunabhängige Diffusion zu erzielen