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Transrotor Alto Plattenspieler

Transrotor Alto Plattenspieler im Test

Transrotor Alto – Luftige Höhen

Er erscheint vertraut, aber der Transrotor Alto rechtfertigt seine Existenz nicht allein über sein Design.

Fotografie: Hersteller

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Wenn Vater Jochen und Sohn Dirk Räke in schöner Regelmäßigkeit ein neues Transrotor-Modell präsentieren, steckt dahinter nicht immer auch eine neue Konstruktion. Oft haben die beiden einfach Vergnügen daran, ihr ohnehin ausgereiftes Bauprinzip auf eine neue Form zu übertragen. Wogegen rein gar nichts spricht, denn das Auge hört schließlich mit – und wird bei Transrotor traditionell gut bedient –, außerdem schaden neue Modelle auch nicht, wenn man im Gespräch bleiben will.

Transrotor Alto Plattenspieler

Die Parallelen des Alto zum Klassiker Fat Bob sind unübersehbar, trotzdem rechtfertigt eine – zumindest bei Transrotor – technische Innovation die neue Nomenklatura. Besonders überrascht bin ich nicht, um ehrlich zu sein, hatte ich doch auf eine On-the-fly-Höhenverstellung des Tonarms schon gewartet. Dieses nützliche Feature, das nicht jeder Tonarm oder Plattenspieler bieten kann, unterstreicht den Anspruch der Manufaktur aus Bergisch Gladbach. Erst recht, wenn es so ausgeführt ist wie im Alto: Der Mechanismus setzt am Drehpunkt der bekannten schwenkbaren Transrotor-Armbasis an, wo der Ausleger direkt mit dem Chassis verbunden ist und somit die größte Stabilität aufweist. Ein großer umlaufender Schraubring mit Nuten greift dabei in das Messing-Innengewinde eines massiven Rohres und hebt oder senkt die gesamte Basis um einen Zehntelmillimeter je Nut. Währenddessen stört kein noch so minimales Kippeln oder Ruckeln die Führung des in unserem Paket montierten SME 5009, und man ist mit der schraubenden Hand weit genug vom Tonarm entfernt, um keine Angst haben zu müssen, ihn versehentlich zu berühren. Hat man den korrekten vertikalen Abtastwinkel gefunden, wird die Basis mit einer seitlichen Rändelschraube fixiert. Von welcher Seite ich gedanklich auch ansetze, erscheint mir diese mechanische Konstruktion stets als völlig unangreifbar.

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Falls Sie nun Zweifel haben, ob so eine lediglich komfortable Nebensächlichkeit einen ganzen Absatz verdient hat oder gar überhaupt berichtenswert sei, erinnern Sie sich bitte daran, was Sie gedacht haben, als Sie das letzte Mal ein Autofenster hoch- oder heruntergekurbelt haben. Jetzt haben wir gemeinsam doch noch einen Kritikpunkt gefunden: Warum funktioniert das heutzutage nicht automatisch? Aber ich will den Räkes nicht ins Handwerk pfuschen, es gibt sicher gute Gründe, an dieser Stelle manuell zu bleiben – angefangen beim Elektromotor unterm Tonarm. Schließlich möchte ich Sie, nur zum Vergleich, noch mit einer wirklich überflüssigen Information versorgen: Sogar das ganze Laufwerk lässt sich im Betrieb nivellieren, ich habe es selbst ausprobiert, die Gewinde der drei breiten Füße laufen so fein und sämig, dass der Tonabnehmer kein akustisches Notsignal sendet, wenn man ihm ganz sachte den Boden unter der Headshell wegzieht.

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Der freistehende Papst-Motor sitzt gleitsicher auf einem massiven Unterteller und wird irgendwo sehr nah am Tellerrand positioniert. Gefühlsmäßig möchte ich von zu großer Nähe zum Tonarm abraten, ob Sie den Motor aber seitlich, hinten oder am theoretischen Optimum links vorne platzieren, ist eine akademische Frage. Sein Pulley verfügt über gleich vier Schnürungen, je zwei pro üblicher Drehgeschwindigkeit, auch am Subteller finden sich alternative Riemenführungen, das trägt gewissen Toleranzen beim Aufbau Rechnung und ist wiederum sehr kundenorientiert. Wenn man das optionale Netzteil Konstant M1 Reference nutzt, muss man sich auch über dieser Frage keine grauen Haare wachsen lassen, da die Umdrehungszahl dort gewählt wird. Das Transrotor Merlo Reference kam hier schon vorjustiert an, ich habe lediglich nachkontrolliert und das Antiskating ein wenig reduziert, um es nach den ersten Hörtests doch wieder auf den ursprünglichen Wert zu erhöhen und stattdessen den Tonarm minimal nach oben zu schrauben, nachdem ich das Laufwerk über den hinteren Fuß waagerecht ausgerichtet hatte. Aber auch das nahm ich nach einer Weile wieder zurück – ich weiß nicht, ob ich einfach nur Glück hatte, jedenfalls war der Alto aus dem Karton perfekt justiert. Im Grunde kann man das schon Plug-and-Play nennen, auch wenn man die Einzelteile des Laufwerks zusammenstecken muss.

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Nachdem ich alle sehr hochpreisigen Transrotor-Tonabnehmer in den letzten Jahren zumindest in Händen hatte, ließ ich mich gerne auf Dirk Räkes Wunschsystem, besagtes Merlo Reference, ein und wurde nicht enttäuscht. Der MC-Tonabnehmer mit sogenanntem Harmonic-Schliff beruht auf dem berühmten Goldring Elite, wie Kenner unschwer am identischen Body erkennen, scheint mir aber doch noch erheblich feiner aufzulösen, als ich den Klassiker im Ohr habe. Man sagt dem Merlo Reference große Gutmütigkeit nach, was ich zum einen aufgrund dessen bestätigen kann, dass ich keine bessere als die Werksjustage hinbekommen habe, und sich zum anderen aber auch in der betont harmonischen und runden Wiedergabe spiegelt. Hysterie oder Mimosenhaftigkeit kann man diesem Tonabnehmer nicht nachsagen. Des Weiteren harmonieren sowohl Laufwerk als auch Abtaster ganz hervorragend mit dem ebenfalls durch abgeklärte Übersicht glänzenden SME-Arm. Ein in sich stimmiges Paket, dessen kluge Zusammenstellung begeistert. Abgeschlossen mit 100 Ohm am hervorragenden Lyric-PS10-Phonovorverstärker verströmen schon die ersten Töne das für mich typische Transrotor-Gefühl. Es setzt sich zusammen aus Haptik, Verarbeitung, Wert- und Klangeindruck und äußert sich in großer Zufriedenheit. Wie alle Plattenspieler aus Bergisch Gladbach ist auch der Alto kein Zeitgeist-Accessoire, sondern eine Anschaffung fürs Leben.

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Das ausladende Seismograph-Laufwerk musste seinen Spitzenplatz im Solidsteel-Rack für den kompakteren Alto räumen, sodass jener dessen ideale Bedingungen auf einer Subbase-Base genießen konnte. Anfangs waren sogar die Mitspieler von erlesenster Sorte, der Aufenthalt des Alto überschnitt sich ein paar Tage mit dem der Bohne BB-15, später musste er mit einer günstigeren, aber wohl praxisgerechteren Kette aus Cambridge-Edge-Verstärkern und B&W 603 S vorliebnehmen. Dem Gesamteindruck hat das nicht geschadet, seine grundsätzlichen Tugenden wie Unerschütterlichkeit und Sonorität konnte der Alto auch in bescheidenerem Umfeld zur Geltung bringen, bezüglich Dynamik und Expressivität setzte Bohne-Audio allerdings eine alles überstrahlende Referenz. Die im Grunde gegensätzlichen Ausprägungen – Autorität und Gelassenheit bei Transrotor, nassforsches Draufgängertum bei Bohne – ergänzten sich zu einem überragenden, universellen System, dem man stundenlang lauschen konnte, ohne das Interesse zu verlieren. Aaron Neville oder Rickie Lee Jones, um gleich die ganze Bandbreite aufzuziehen – die kombinierte Feinauflösung aus Bohne-Bändchen und Merlo Reference verlieh Stimmen Glanz und Tiefe, im Vergleich zu einem Lyra Kleos SL fehlt eder Jones vielleicht die oberste Spitze, dafür setzte sich der Bariton der maßgeblichen Soul-Instanz aus dem Neville-Clan in voller Breite durch.

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In den unteren Registern schiebt der Alto die JBL-Woofer in der BB-15 satt und rund an, da gäbe es wohl extrem antrittsstarke Laufwerkskonkurrenten, die sehniger oder athletischer zu Werke gingen, aber ein kleines Wohlfühlbäuchlein sei Transrotor sozusagen als Markenzeichen zugestanden. Der Alto macht das mit seinen vorbildlichen Allround-Qualitäten mehr als wett. Wenn mir die Testkonfiguration des Alto von Tag zu Tag besser gefällt, liegt das insbesondere auch am unglaublich ordentlichen Mittelhochtonbereich. Die BB-15 spannen eine sehr breite und tiefe Bühne, auf welcher der Alto eine als dokumentarisch zu bezeichnende Abbildung der Aufnahme drapiert. In einer so hoch auflösenden Kette mit exquisiter AudioQuest-Verkabelung zwischen – mittlerweile – Esoteric E-02 und Trinnov-Vorstufe zeigt auch das silberne Upgrade-Netzteil Konstant M1 Reference seine Überlegenheit gegenüber dem schwarzen Standard-Versorgungsteil unmissverständlich. Aus meiner Sicht ist diese überschaubare Investition ab einer gewissen Anlagenqualität zwingend.

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Good bye Bohne, bonjour B&W. Immer wenn ich eine Platte wechseln oder wenden möchte, muss ich Carsten aus seinem Büro rufen, damit er kurz das wie der ganze Alto makellos hochglanzpolierte und aus dem Vollen gearbeitete Auflagegewicht hält – unpraktisch und lästig, vor allem für ihn. Von Transrotor gäbe es eine massive Ablage, die vorne links, wo man auch einen zweiten oder gar dritten Tonarm montieren könnte, angeflanscht wird – hätte ich die mal besser auch geordert. An der neuen Kombination aus Cambridge und Bowers and Wilkins schrumpft die Bühnendarstellung etwas, die atemberaubende Feinauflösung im Hochton, die akustischen Instrumenten ihre Eigenheiten verleiht, zeigt sich nicht mehr so ausgeprägt. Dass ich auch gewisse Einbußen im Tiefton hinnehmen muss, zeigt sich ja auf den ersten Blick auf die so unterschiedlichen Lautsprecher. Nichtsdestotrotz verdient es höchste Beachtung, wie sich die 603 S angesichts ihres Preises in einem bis zur Cambridge-Kombi sehr hochwertigen Umfeld positionieren: nämlich nicht als augenscheinlich schwächstes Glied. Nach ein paar Tagen Einspielzeit präsentierte sich der Hochton der B&W schon viel feiner und die ganze Kette sich damit als ausgeglichene Basis für das feinmechanische Masselaufwerk. In einer solchen Konfiguration ergeben sich mehrere Hebel, um die Performance zu verbessern. Ob man den Aufpreis für das Reference-Netzteil lieber in bessere Kabel investiert – ich habe mit verschiedenen Linien von in-akustik und AudioQuest sowie mit Lehr-Kabeln experimentiert – oder ob man sich lieber für das einfache Merlo entscheidet und die Differenz in höherwertige B&W-Lautsprecher steckt, muss sich im Einzelfall zeigen. Ich habe mich vorläufig für die naheliegendste Option mit unvernünftig teurer Verkabelung und Reference-Bestückung entschieden: einfach zufrieden Musik hören.

Transrotor Alto Plattenspieler

2017 fand sich die britische Sängerin und Songschreiberin Reema im Berliner LowSwing-Studio von Guy Sternberg ein, um eine sechs Stücke kurze Platte mit Popsongs zwischen Lounge-Jazz und Neo-Folk einzuspielen – analog von Anfang bis Ende. The LowSwing Sessions erschien als limitiertes Album und klingt auf dem Transrotor Alto hinreißend natürlich. Reemas klare Stimme beherrscht das Ätherische ebenso wie das dunkel Erdige. Zu Beginn von „Night“ schiebt sich ein Flügel sonor von links ins Bild, gefolgt von knarzend wie eine sich öffnende Pforte erklingenden Bassklarinetten von rechts. Vibrierende Spuren verbinden sich zu einem geschlossenen Bild, aus dessen Mitte drei Paukenschläge den Songreigen endlich eröffnen. Auf den folgenden Stücken „Silence“ und „Killer“ fordert die Stimme der jungen Songwriterin die ihr zustehende Präsenz. Insbesondere auf „Killer“ klingt sie wie Licht, das durch Bernstein fällt. Der Transrotor Alto beweist nachdrücklich, dass er auch die leisen Zwischentöne beherrscht, grobdynamische Attacken lassen ihn ohnehin kalt. Bezüglich Wertbeständigkeit und Verarbeitungsqualität spielen die analogen Skulpturen aus Bergisch Gladbach ohnehin in einer eigenen Liga. Und auch wenn ich sie nicht richtig nutzen konnte, schätze ich die neue, komfortable VTA-Verstellung als sehr sinnvollen Bonus ein, sofern man öfters Tonabnehmer wechselt. Nicht zu vernachlässigen: das Transrotor-Gefühl einer langfristigen Anschaffung.

Transrotor Alto Plattenspieler Navigator

 

Plattenspieler Transrotor Alto

Funktionsprinzip: riemengetriebenes Masselaufwerk
Geschwindigkeiten: 33 und 45 U/min
Besonderheiten: VTA-Justage im Betrieb, TMD-Lager
Ausführung: Alu poliert
Ausstattung: optional bis zu drei Tonarme und Motoren, Upgrade-Netzteil Konstant M1 Reference (256 €), Halterung für Auflagegewicht (128 €), Extra-Tonarmbasis (1100 €)
Maße in Standardkonfiguration (B/T/H): 54/38/21 cm
Gewicht: 33 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: Laufwerk 5000 €, Testpaket 9100 €

 

www.transrotor.de

 

Mitspieler

Plattenspieler: Seismograph 1, AVM Inspiration 2.3, Audio Note TT2, Acoustic Solid Solid Wood MPX, Clearaudio Innovation und Performance DC
Tonarm: Jelco SA750L, WTB 213, Clearaudio Universal und Tracer
Headshell: SteinMusic Ametrin-1
Tonabnehmer: Etsuro Urushi, Clearaudio Jubilee MC und DaVinci, Lyra Kleos SL, Ortofon MC 30 Supreme
Phonovorverstärker: Trinnov Amethyst (integriert), Esoteric E-02, Lyric Audio PS10, Einstein The Phono Amp, Cambridge Audio Duo
CD-Player: Ayon CD-3sx
Vorverstärker: Trinnov Amethyst, Cambridge Audio Edge NQ
Endverstärker: BA-300, Cambridge Audio Edge W
Lautsprecher: Bohne Audio BB-15, B&W 603
Kabel: AudioQuest, Tara Labs, Lehr Audio, in-akustik, Vovox
Zubehör: Audio Replas, Clearaudio, SteinMusic, IsoTek, Subbase Audio, Solidsteel

 

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