Thrax Ares – Die Summe der Teile
High End: Das ist auch die hohe Kunst des Zusammenspiels. Warum dann nicht alle Mitspieler unter ein Dach holen wie beim Thrax Ares?
In aller Kürze
Wer das Kistenstapeln satt hat und trotzdem keine Kompromisse eingehen möchte, liegt mit dem unzerstörbaren, auf ein konservatives Bedienkonzept setzenden Thrax Ares goldrichtig. Preis: ab 11 000 €.
Immer mehr High-End-Manufakturen widmen sich dem Thema All-in-one und bieten vollintegrierte digital-analoge Geräte an, die alles sind, nur keine reduzierten Kompromisslösungen. So auch Thrax. Die Manufaktur aus Bulgariens Hauptstadt Sofia brachte ihren Beitrag zum Thema schon 2018 auf den Markt. Beziehungsweise ihre Beiträge. Thrax steht mit mehr als nur einem Bein im Röhrenlager, und so gibt es von dort das Modell „Enyo“, das im Verstärkerpart auf hochinteressante, selten anzutreffende Pentoden des russischen Typs GU 50 setzt – und die rein transistorbasierte Version namens „Ares“.
Der Thrax Ares ist, mit den Worten des Herstellers, ein „Modular Audiophile System“. Ich hatte schon eine Vermutung, was das bedeuten könnte. Ich wusste auch von Thrax’ eigener, sehr ernst zu nehmender Metallbearbeitung. Auf das, was die Spedition dann auf dem Gehsteig vor meiner Wohnung ablud, war ich allerdings nicht gefasst: ein Flightcase auf Minipalette, darin ein 30 Kilo schwerer teilmassiver Aluminiumquader, unter dessen zentimeterdicken Gehäusewandungen eine 200-Watt-Endstufe in Class-A-Bauweise steckt. Außerdem alle dazu buchbaren Optionen: ein Digitalmodul mit umfassend HD-tauglichem DAC und Streamer und ein MM/MC-fähiger Phonoentzerrer.
Das Herz des Ares ist der Verstärker. Anders als in den meisten hochintegrierten Einblock-Anlagen kommen keine platz- und energiesparenden Class-D-Endstufen zum Einsatz. Im Gegenteil: Zwei respektgebietende Ringkerntrafos befeuern eine leistungsstarke wie stromhungrige Class-A-Schaltung. Echtes, hundertprozentiges Class A würde den Ares allerdings in eine Kochplatte und das schöne Holzrack in ein Häuflein Asche verwandeln. Weswegen sich hier eine eigens entwickelte, frei von japanischen A-Derivaten vergangener Tage inspirierte Schaltung findet, die das Klangideal der verzerrungsarmen Betriebsart ohne Ruhestrom-Exzesse bewahren soll. Nicht dass der Thrax deswegen lau laufen würde – nach einer Stunde Betrieb heizt der bulgarische Aluminiumklotz wie Omas Kachelofen.
Der digitale Part ist modular aufgebaut. Zum hauseigenen R2R-DAC gesellen sich ein potenter Abtastratenwandler des Typs AK 4137 und ein herausragendes Streamingmodul des koreanischen Spezialisten „mconnect“. Der DAC nutzt vier IC-Widerstandsnetzwerke mit 16 Bit und erreicht damit eine maximale Auflösung von 24 Bit sowie eine Samplerate von 384 Kilohertz. Der Nutzer hat die Möglichkeit, zwischen drei Digitalfiltern zu wählen (Sharp, Slow, Bypass), die sich über das große Display an der Front unkompliziert umschalten lassen. Eine Smartphone-App gibt es nicht. Das User Interface des Thrax mit seinen geradezu asketisch klar strukturierten Menüs demonstriert, unterstützt durch eine Apple-Fernbedienung, dass es immer noch gut ohne geht. Übrigens: Obwohl die Hardware im Ares Roon und MQA unterstützt, hatte der Hersteller zum Testzeitpunkt beides noch nicht lizenziert. Mit Roon sei man im Dialog, sagt Entwickler Rumen Artarski – wer also nicht per UPnP/DLNA streamen möchte, erfragt im Zweifelsfall den Stand der Roon-Dinge beim HiFi-Händler oder beim deutschen Vertrieb. Den nicht unumstrittenen MQA-Algorithmus hingegen halte man bei Thrax nach anfänglicher Begeisterung für entbehrlich und werde die Decodierung definitiv nicht aktivieren.
Der Phonoeingang ist um einen rauscharmen OP-Amp konstruiert, einen OPA211 von Texas Instruments. Die RIAA-Entzerrung erfolgt passiv, die Umschaltung zwischen MM und MC geschieht über das Bedieninterface, für eine Impedanzanpassung im MC-Modus muss allerdings das Gerät geöffnet werden. Dann lassen sich via DIL-Schalter zahlreiche Werte zwischen 54 und 980 Ohm wählen. Standardmäßig voreingestellt sind 300 Ohm, der Verstärkungsfaktor beträgt ebenso praxisgerechte 62 Dezibel.
Der Ares rutscht auf seinen mit Filzpads beklebten Füßchen sanft ins Rack (Pluspunkt) und irritiert den Benutzer, der die Bedienungsanleitung nicht gelesen hat, sogleich mit der Unmöglichkeit, eine Quelle auszuwählen (Minuspunkt). Aha, erst mit einem Knopf wählen, dann per anderem Knopf die Wahl bestätigen. Das Display ist herrlich groß und ablesefreundlich (Pluspunkt), die Knöpfchen zum dortigen Navigieren sind klein, chromglänzend und nur aus nächster Nähe in ihrer Funktion zu identifizieren (Minuspunkt). Die Anschlüsse sind hochwertig und fest mit dem Gehäuse verschraubt. Das ganze Gerät wirkt nicht nur so, es ist für die Ewigkeit gebaut. Sollte es jemals vom Rack fallen, wird es in dem Krater, das es in den Boden reißt, garantiert unbeeindruckt weiterspielen.
Der Ares ist ein ehrlicher Musikant. Kein Romantiker, kein Sezierer, kein Dies-oder-jenes-Liebhaber. Der Integrierte ist ein neutraler, aber nicht unbeteiligter Überbringer klanglicher Informationen. Er fordert ab dem ersten Ton Respekt und demonstriert mühelos, dass er auf Augenhöhe mit sehr guten, sehr teuren separaten Komponenten zu spielen vermag.
Es läuft: Oscar Peterson Trio, We Get Requests. Die Musiker haben eine auffällige Präsenz in meinem Hörraum. Die fast 60 Jahre alte Aufnahme klingt ungemein frisch, geradezu modern. Das Schlagzeug hat mit der linken Box nichts zu tun, es steht akkurat perspektivisch verkürzt drei Meter dahinter. Der Kontrabass rechts hat sich dagegen etwas näher am Mikro platziert, er erscheint einen Meter hinter und leicht seitlich versetzt neben der rechten Box. In der Mitte: Petersons Instrument, mit diesem besonderen gedämpften, stumpf-warmen Ton, der samtig in den Raum perlt. Wenn hier irgendetwas klanglich im Fokus steht, dann ist es die Mikrofonierung – ergo: die Raumdarstellung. Der Flügel wurde offenbar viel näher abgenommen als der Rest des Trios. Die Drums haben deutliche, aber sehr kontrollierte Raumanteile, der Bass ist auf selten gehörte Weise perfekt ausbalanciert mit Obertönen und gleichzeitig tieffrequentem Punch aufgezeichnet worden. Über all dies informiert der Ares unmissverständlich.
Das eben Gehörte war digital aus meinem Innuos Zenith Mk III zugespielte Musik, die Daten gingen per USB in den DAC-Eingang des Ares. Schließe ich den Innuos nun an meinen Wandler an, einen Aqua La Voce S3 (übrigens ebenfalls ein R2R-DAC), und schicke das analoge Signal per Cinch-Verbinder zum Thrax, zeigt sich ein deutlicher Charakterunterschied: Die Musiker haben die Krawatte gelockert, den obersten Hemdknopf geöffnet, die Ärmel hochgekrempelt. Petersons Trio spielt mehr laid-back, die Herren sind eine Spur weniger konzentriert bei der Sache und erlauben sich hier und da ein charmantes Grinsen und rhythmisches Mitwippen. Die Aufnahme ist jetzt als technisches Artefakt weniger beeindruckend, das Nachzeichnen der Instrumente gelingt weniger konturenscharf. Dafür fesselt die Performance mit Swing und musikalischem Fluss. Kurzum: Es klingt anders – aber nicht weniger attraktiv.
Ich möchte die Unterschiede ungern ausschließlich den beiden D/A-Wandlern zuordnen. Erinnern wir uns: Der Ares profitiert von perfekten internen Signalleitungen. Die Verkabelung des Aqua-DAC, die Aufstellung – alles kann einen enormen Unterschied machen. Aber genau das ist ja wiederum ein Argument für die All-in-one-Lösung: Höchstleistung, genau wie der Entwickler es vorgesehen hat. Wer genießen will, statt zu tunen und zu optimieren, der ist beim Ares goldrichtig. Ich spiele ein wenig mit den angebotenen Digitalfiltern. Als Präferenz kristallisiert sich die Einstellung „Slow“ heraus, die Option „Dither“ (Beimischung von unhörbarem Rauschen) bleibt aus. Der Sound hat so die angenehmste Kombination aus Fluss und Offenheit.
Der Phonoeingang macht seine Sache hervorragend. Rumen Artarski nennt den MC-Input bescheiden „für Plattenspieler der oberen Mittelklasse angemessen“, aber mein Lyra Kleos auf dem bauer dps 3 weiß ansatzlose Dynamik und hervorragende Auflösung aus dem Thrax herauszuholen. Ich hatte davor viel mit Röhrengeräten gehört – deren Charmeoffensive ist nicht Sache des Bulgaren. Hier geht es um Präzision, um Neutralität. Artarski gibt mir noch einen Tipp mit auf den Weg: Einen guten MC-Übertrager verwenden und entsprechend die geringere Verstärkung der MM-Einstellung wählen. Da ginge dann die Post ab …
Mit dem Ares hat Thrax ein Statement in Sachen All-in-one-Highend in petto. Das Gerät ist in jeder Hinsicht ein echtes Schwergewicht im Ring. Klanglich geht der Ares präzise und konzentriert zur Sache, die Verarbeitung ist eines Panzers würdig. Ich hoffe sehr auf eine baldige Roon-Zertifizierung. Dann gibt es von meiner Seite absolut keinen Grund mehr, den Kriegsgott aus Bulgarien nicht vorbehaltlos zu empfehlen.
Info
Netzwerk-Receiver Thrax Ares
Konzept: Class-A-Vollverstärker in modularer Bauweise mit optionalem Phonoentzerrer, D/A-Wandler und Streamer
Eingänge analog: 3 x Line-In (Cinch), davon 1 x konvertierbar zu Phono-In, 1 x Line-In (XLR)
Eingänge digital: 1 x S/PDIF koaxial, 1 x S/PDIF optisch, 1 x XLR, 1 x USB-B
Ausgänge analog: 1 x Lautsprecher (Schraubklemmen)
Bluetooth: „HiFi-Bluetooth“ (Option)
Netzwerk: Ethernet (Option)
Ausgangsleistung (4 Ω): 2 x 200 W
Besonderheiten: IR-Fernbedienung, Streaming-Option für 3200 € (Airplay, UPnP/DLNA), Phono-Option für 1100 € (MM/MC)
Ausführung: Aluminium silber
Maße (B/H/T): 43/12/45 cm
Gewicht: 30 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: ab 11 000 €
Kontakt
WOD Audio
Westendstraße 1a
61130 Nidderau
Telefon +49 6187 900077