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Transrotor Tamino MC-Tonabnehmer - Nicht alles, was glänzt, ist Gold: Taminos Gehäuse besteht aus poliertem Titanium, sein Nadelträger aus Bor.

Transrotor Tamino MC-Tonabnehmer im Test

Transrotor Tamino – Ein Prinz macht Musik

Nicht nur der Name Tamino verweist bei Transrotors neuem Tonabnehmer auf die Ideale klassischer Harmonie.

„Dies Bildnis ist bezaubernd schön, wie noch kein Auge je gesehn.“ So tönt der edle Jüngling Tamino in Mozarts Zauberflöte, als er erstmals das Bild der holden Pamina erblickt. Dieser Assoziationshorizont eröffnet sich unweigerlich, erblickt man den neuen Referenztonabnehmer aus dem Hause Transrotor, der auf den denselben Namen wie Mozarts verliebter Prinz hört. Gleichfalls edel in der silbrigen Anmutung und in der geraden Formgebung eine apollinische Klarheit ausstrahlend, die in identischer Weise aus Mozarts Musik spricht, so makellos präsentiert sich der Tonabnehmer. Womit er den Tamino-Namenscheck mühelos bestanden hat.

Transrotor Tamino MC-Tonabnehmer - Nach Transrotor-Vorgaben wird das MC-System Tamino bei MY Sonic Lab in Japan gefertigt, weltweit eine der ersten Adressen für höchstwertige Abtaster.

Japan meets Bergisch Gladbach

Zeit also, einen Blick auf die technischen Fakten zu werfen. Gefertigt wird Tamino im Hause Yoshiaki Matsudeira, das unter den Firmennamen MY Sonic Lab und Air Tight im High-End-Markt bekannt und geschätzt ist. Basis für das Tamino ist das Spitzenmodell Signature Platinum aus der Sonic-Lab-Abteilung, das nach Auskunft Dirk Räkes nicht nur optisch den Transrotor-Laufwerken angeglichen wurde, sondern auch in der klanglichen Signatur eine wesentliche Modifizierung erhalten hat. Der Frequenzgang wurde im Bass und vor allem in den Höhen von den leichten Buckeln des Originals befreit, um im Hochtonbereich einer Überbetonung vorzubeugen, die bei der Abstimmung vieler Lautsprechermodelle ohnehin bereits gegeben ist. Der drohenden Potenzierung dieses Frequenzspektrums wollte man im Hause Räke unbedingt entgegenwirken. Eine nachvollziehbare Haltung, die zur Klangpolitik aus dem Bergischen Land passt, kennt man die „kleineren“ Spitzenmodelle Figaro und Merlot Reference doch auch als ausgesprochen ausgeglichene, entspannte und vor allem langhörtaugliche Systeme. Ansonsten wurden die Spezifikationen des Signature Platinums übernommen, das sich durch eine extrem niedrige Impedanz von lediglich 1,4 Ohm und einen für hochwertige MCs äußerst passablen Ausgangspegel von 0,5 mV auszeichnet. Meister Matsudeira verwendet hierfür starke Neodym-Magnete und das im eigenen Hause entwickelte Spulenkernmaterial SH-µX aus Reinstkupfer. Dass als Nadelträger reines Bor verwendet wird, erweist sich da als Selbstverständlichkeit, ebenso wie der spezielle Semi-Line-Contact-Schliff.

Transrotor Tamino MC-Tonabnehmer - Nicht alles, was glänzt, ist Gold: Taminos Gehäuse besteht aus poliertem Titanium, sein Nadelträger aus Bor.

Plug ’n’ play

Bekanntlich hat der High-End-Gott bei Tonabnehmerwechseln vor den Hörgenuss eine gehörige Portion Fingerspitzengefühl und die ein oder andere Schweißperle gesetzt. Auch ein ganzes Arsenal an Bleistiftminen muss mitunter der Gottheit des analogen Hörvergnügens geopfert werden. Im Falle des Taminos haben die Entwickler jedoch dankenswerterweise auf exotische Designkapriolen verzichtet, die mitunter andere Tonabnehmer auszeichnen und mit Abrundungen, asymmetrischen Ausbuchtungen oder bizarren Seitenflächen Einbau und Justage zu einem Parforceritt der besonderen Güte werden lassen; insbesondere wenn man gezwungen ist, Kleinode im hohen vierstelligen oder gar fünfstelligen Bereich im Tonarm unterzubringen. Die klare Kantengebung, das handfeste Gewicht, die geschützt unter dem Systemkörper liegende Nadel und die passgenaue Gewindebohrung sorgen dafür, dass die Justage im SME-Tonarm weitgehend entspannt und sogar ohne jeden Schweißtropfen verläuft. Da auch die inneren Werte für ein Spitzen-MC so angenehm „normal“ sind, man also nicht auf speziell abgestimmte Übertrager oder Phonostufen mit abseitigen Impedanzmöglichkeiten zurückgreifen muss, erweist sich das Tamino mehr oder weniger als ein Plug-and-play-Modell, das in der Kombination mit einer Audionet PAM und einem Standardabschluss von 100 Ohm ohne jeden Akklimatisierungsbedarf zu brillieren beginnt. Optimal erscheint auch die Ausrichtung auf mittelschwere Tonarme, etwa der Klasse SME IV/V, wobei auch muskulösere Arme der höheren Gewichtsklassen ein problemloses Match mit dem Tamino eingehen dürften.

Transrotor Tamino MC-Tonabnehmer - Feinfühlige Reaktionen bezüglich aller Abtastparameter zeichnen das Transrotor Tamino aus.

Das Flair des Unerhörten

Die schwierige Frage nach der ersten LP zum Testhören entfällt in diesem Falle natürlich. Es folgt der Tamino-Check zweiter Teil mit der Ouvertüre zu Mozarts Zauberflöte. Was auch sonst? James Levine dirigiert die Wiener Philharmoniker in einer frühen Digitalaufnahme der RCA Red Seal aus dem Jahr 1981. Diese ist nun ganz und gar nicht in den Höhen spitz oder scharf überzeichnet, wie es so oft bei Produktionen der frühen Digitalära der Fall ist. Im Gegenteil: Es klingt eher ein wenig stumpf und dunkel abgetönt. Auch wäre es arg übertrieben, die vier LPs als Dynamikwunder zu bezeichnen. Was also macht das Tamino aus dieser eher mittelprächtigen Aufnahme? Zunächst versucht es nicht, auf künstliche Weise Licht ins Dunkel zu bringen. Es bestätigt sich die von Dirk Räke angesprochene Linearität des Frequenzgangs, keine Hochtonanhebung poliert den stumpfen Grundsound der Aufnahme. Dafür passiert etwas anderes, das diese Mozarteinspielung dann doch höchst goutierbar macht: Das Tamino schält die Instrumente präzise heraus, platziert sie optimal auf der Bühne und gibt ihnen dabei doch noch genügend Luft und Raum zum Atmen, sodass sich urplötzlich eine Dynamik ergibt, die sonst verwaschen blieb. Auf unspektakuläre, ja geradezu lässige Weise werden dynamische Abstufungen und klangliche Schattierungen vernehmbar, die zwar immer schon „irgendwie“ da, aber nie wirklich präsent waren. Transrotors Neuling ist also in keiner Weise auf hochgezüchtetes Vinyl angewiesen, sondern vermittelt auch bei Wald-und-Wiesen-Produktionen das Flair des bislang Unerhörten.

Die Quadratur des Kreises

Aber wir wollen ja nur wegen des Namens kein reines Klassikprogramm abspulen. Die vollmundig tönende CMP-Produktion Next Adventure des Theo Jörgensmann Quartetts ist soundtechnisch eine beinahe klassische Vinylscheibe: warm, süffig, dynamisch scheinbar grenzenlos und herstellungstechnisch perfekt. Und nach über 35 Jahren klingt die Jörgensmann’sche Melange aus Free Jazz, Fusion und Hardbop immer noch zeitlos frisch. Auch wenn es eine abgegriffene Rezensentenvokabel ist, aber hier höre ich tatsächlich die Musik neu. Becken und HiHat erklingen in bis dato unbekannten farblichen Nuancen und – was offenbar eine Grundeigenschaft des Taminos zu sein scheint – einzelne Klangelemente werden einerseits trennscharf herausgearbeitet, andererseits aber in einen harmonischen Gesamtkontext eingebunden, sodass es dem Tonabnehmer leichtfüßig gelingt, die formale Struktur eines Musikstücks zu verdeutlichen. Wenn etwa in dem Track „Manege“ ein Ritardando der Klarinette sich in einem Beckenwirbel auflöst und nahtlos in einen Klaviertriller übergeht, dann stehen diese Klangereignisse jeweils für sich in einer einzigartigen, individuellen Klangsignatur im Raum, verbinden sich aber dennoch so stimmig miteinander, dass man schon von einer musikalischen Quadratur des Kreises sprechen muss. Zweifellos: In dieser klanglichen Dimension definiert das Tamino ein neues Limit im Tonabnehmersegment.
Dermaßen angefixt, entwickelt sich folgerichtig der analoge Spieltrieb, der einen mit unterschiedlichen Impedanzabschlüssen, Varianten der Auflagekraft und leichten Modifikationen des VTA spielen lässt. Darauf reagiert das Tamino stets feinfühlig, macht aber selbst bei extremen Impedanzwerten nicht dicht und reißt auch bei deutlichen Anhebungen oder Absenkungen des VTA klanglich nicht aus. Eindeutige Empfehlungen lassen sich hier schlecht aussprechen, vielmehr sollte man sich an der Grundabstimmung der Gesamtanlage orientieren, in welche Richtung das Feintuning des Systems führen soll. An einer weitgehend neutral abgestimmten Anlage mit einer leicht analytischen Phonostufe kann zumindest mit den klassischen Standards eines 100-Ohm-Abschlusses und eines geraden VTA nichts verkehrt gemacht werden. Eben Plug ’n’ Play.

Transrotor Tamino MC-Tonabnehmer

Let’s Party

Und wie sieht es mit der Partytauglichkeit aus? Nein, ich fordere Sie nun nicht auf, das Tamino in ihren 1210er zu frickeln und die anstehende Gartenparty zu befeuern, aber von einem System im fünfstelligen Preisbereich sollte man schon Allroundqualitäten erwarten können. Folglich wandert der wunderbare, gerade erst erschienene Sampler Divine Disco – American Gospel Disco 1974 to 1984 auf meinen Raven, und schon pumpen zappelnde Funk-Beats durch meinen Hörraum, angereichert mit wunderbar schmelzenden Chorstimmen. Wodurch sich die Frage nach dem Allrounder schnell auf eindeutige Weise positiv beantwortet hat. Lassen wir also zum Schluss noch Tamino himself in Gestalt seiner berühmten „Bildnis-Arie“ zu Wort kommen. Eric Tappys schmeichelnder lyrischer Tenor erklingt auf besagter RCA-Aufnahme geradezu entrückt beim Betrachten Paminas, und Transrotors Tamino lässt uns an dieser Entrückung unmittelbar teilhaben. Ganz dicht, vollkommen transparent, dabei ohne jede Schärfe vernehmen wir diese Arie – der apollinische Gedanken reiner Liebe, wie ihn Mozart in seinen Opern immer wieder komponiert hat, entfaltet sich auf unwiderstehliche Weise vor unseren Ohren, sodass man gewillt ist, die Worte „wie noch kein Auge je gesehn“ in „wie noch kein Ohr zuvor gehört“ umzuformulieren.

Klassische Perfektion

Bevor das System nun schweren Herzens wieder ins Bergische Land zurückgeschickt wird, bin ich versucht, ein Resümee dessen zu verfassen, was ich die letzten Wochen mit der heimischen Plattensammlung erlebt habe. Sicher wird es auf lange Zeit der teuerste Tonabnehmer sein, den ich in einen Tonarm montiert habe. Und das Sensationelle des Preises hat sich zweifellos auch in ebensolchem Klang niedergeschlagen – aber eben nicht in einem Showeffekt des plakativ Spektakulären. Da mutierte die Nadel nicht zum Zirkusakrobaten, sondern es ist die perfekte musikalische Stimmigkeit, die das Faszinierende des Taminos ausmacht. Bei jedem Takt, unabhängig vom musikalischen Genre, bin ich gewillt zu sagen: So und nicht anders. Und was, wenn nicht die musikalische Perfektion, ist die Aufgabe einer jeden Musikdarbietung? Mit Transrotors Tamino ist diese Perfektion für die analoge Musikwiedergabe definitiv erreicht.

Transrotor Tamino Tonabnehmer Navigator

 

Tonabnehmer Transrotor Tamino

Funktionsprinzip: Moving Coil
Gehäusematerial: Titanium
Nadelträger: Bor
Nadelschliff: Semi Line Contact
Ausgangsspannung: 0,5 mV
Empfohlene Auflagekraft: 19–22 mN
Empfohlene Abschlussimpedanz: 100 Ω
Gewicht: 10 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 12 000 €

 

www.transrotor.de

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.