T+A PA 3100 HV – Sichere Bank
Wer die eigene Stereoanlage aufwerten will, spielt immer wieder alle Variablen dieser komplexen Gleichung durch. Steht dort ein T+A PA 3100 HV, gibt es eine Unbekannte weniger.
Sie kennen das: Man lebt eigentlich recht zufrieden mit seiner Anlage, hört durchaus genussvoll Musik, bastelt gelegentlich ein wenig, freut sich an den hochwertigen Komponenten – im Großen und Ganzen ist alles gut. Doch irgendwann taucht ganz hinten im Kopf die Frage auf, ob es denn nicht noch etwas besser ginge. Und schon ruht auf jeder einzelnen Komponente ein prüfender Blick – mit fatalen Folgen für Konto und Beziehung.
Es gibt jedoch Geräte, an denen kein solcher Blick hängen bleibt. Die sich so selbstverständlich als Instanz etabliert haben, dass es zukünftig nur noch um „die anderen“ geht. Eine Platine Verdier etwa besitzt dieses Potenzial. Bei mir ist es beispielsweise der Mark Levinson ML390s, der viele andere CD-Player kommen und gehen sah, ab und an in Teilbereichen das Nachsehen hatte, im Ganzen aber so spielt, dass er nie zur Diskussion stand.
Kaum hat sich der neue große Vollverstärker von T+A in meine Kette eingefügt, stellt sich ein ganz ähnlicher Effekt ein. Sofort gibt der PA 3100 HV die unantastbare Referenz und informiert unaufdringlich aber deutlich, wie die anderen Komponenten der Anlage klingen. Und nie kommt man auch nur einen Moment lang auf die Idee, der 3100er könne Teil dieses Effektes sein.
Was hat sich getan? Wo liegt der Unterschied zum vermeintlich kleineren PA 3100 HV? Gut, die charmanten Zeiger auf der Vorderseite des 3100 fallen sofort ins Auge, rechtfertigen aber noch kein neues Modell. Und von dem her, was an technischen Daten auf dem Papier steht, ähneln sich PA 3000 und PA 3100 wie Zwillinge: Leistung, Störspannungsabstand, Frequenzumfang, Verzerrungswerte – hier wie da alles erstklassig und teilweise bis auf die x-te Stelle hinterm Komma gleich.
Laut Lothar Wiemann, Chefentwickler bei T+A, gibt es zwei große Unterschiede: Netzteil und Vorstufe. Im Netzteil griff man auf die Technik der Endstufe P 3000 HV zurück und modifizierte sie für die neue Umgebung. Freilich war das Ziel dieser Tat keineswegs eine höhere Leistung, sondern eine noch größere Stabilität und Entkoppelung der einzelnen Stufen voneinander. Folgerichtig bietet T+A jetzt auch für den Vollverstärker die Option an, ein externes Netzteil anzuschließen, das dann ausschließlich die Endstufe versorgt, während sich das interne Kraftwerk nur noch um die Eingangsstufen kümmert. All das soll den „Schwarzwert“, wie Lothar Wiemann es nennt, verbessern: mehr Ruhe, weniger Störungen, schwärzerer Hintergrund. Aber auch schon ohne das externe Netzteil profitiert der PA 3100 HV von den Neuerungen.
In der Vorstufe beschritt man im Vergleich zum PA 3000 HV einen ganz neuen Weg. Während das alte Modell noch mit Kondensatoren gekoppelt ist, wollte Wiemann nun darauf verzichten. Gemeinhin wird dann mit Servos gesteuert, was vor den Ohren der T+A-Entwickler aber auch keine Gnade fand. Das Ein- und Nachschwingen dieser Schaltungen kostet Stabilität im Bass und bei der Räumlichkeit. Also musste ein Weg her, eine kondensatorfreie Vorstufe ohne Servosteuerung zu konstruieren. Die Lösung fand man im äußerst peniblen Selektieren und Paaren der Bauteile. Vor allem Letzteres wird nun mit enormem Aufwand betrieben. Müssen doch alle Bauteile nicht nur bei Zimmertemperatur, sondern über einen weiten Temperaturbereich von fast 70 Grad Celsius exakt gleiche Werte bieten, erst dann entstehen kaum noch Offsets. Wird die fertige Vorstufe schließlich in langwieriger Handarbeit Stück für Stück abgeglichen, steht am Ende der Mühen das gewünschte Ziel: Offset gleich null.
Und noch eine nette Geschichte zu den „Zappelmetern“ auf der Front: Sie fanden auf zahlreichen Kundenwunsch den Weg in den PA 3100 HV. Allerdings waren auch hier die am Markt verfügbaren Modelle nicht gut genug für T+A, zappelten zu hysterisch. Weshalb diese nun in Eigenregie gefertigten Versionen sanfter und präziser als alle anderen laufen – weil die Zeiger von einem Prozessor gesteuert werden.
Zuerst darf der PA 3100 HV an einem Paar Harbeth Monitor 30.1 leise Töne von sich geben. Denn allzu viele große Verstärker konnten hier zwar bei brachialer Performance punkten, versagten aber bei den Feinheiten, weil sie vor Kraft kaum laufen konnten. Insofern sind die nicht eben schwierig zu treibende Harbeth und eine Musik für Geige solo (Bach: Sonaten & Partiten, Isabelle Faust auf harmonia mundi HMC 902124) eine echte Gemeinheit. Zumal wenn diese erste Sitzung spätabends und bei flüsterleisem Pegel stattfindet.
Der PA 3100 HV, das ist die erste Überraschung, spannt noch vor dem ersten Ton den Raum spürbar weit auf – ein Effekt, den man sonst nur bei höheren Pegeln erlebt. Ich schreibe bewusst „spürbar“, denn man hört keine Geräusche, welche die Dimensionen erahnen lassen. Es ist tatsächlich eine fast unterbewusste Gewissheit, die Größe des Raumes zu „sehen“. Ich bleibe auf dieser Spur und suche in einigen unbearbeiteten Aufnahmen aus großen Sälen nach diesem Phänomen. Und tatsächlich, schon bei geringstem Pegel differenziert der T+A mehr als jeder andere mir bekannte Vollverstärker zwischen natürlicher Stille und „Digital-Null“.
Aber zurück zur Musik. Die Befürchtung, bei diesem Integrierten könne es sich angesichts der enormen Leistung (an 2 Ohm bis weit über 600 Watt pro Kanal) um einen eher groben Schwergewichtler handeln, verfliegt nach dem ersten Ansetzen des Geigenbogens auf der Saite. Es ist nichts weniger als sensationell, wie viel der PA 3100 allein über den ersten Moment der Tonansprache, das „Festsaugen“ der Haare an der Saite, das Einschwingen, die Übertragung auf den Raum verrät. Wo andernorts der Ton einfach beginnt, fächert der T+A den gesamten weiten Weg zwischen dem Beginn der Bewegung und dem schließlich voll entwickelten Ton auf. Ich habe schon exklusive Kombinationen aus Vor- und Endverstärker gehört, die dazu in der Lage waren, bei einem Vollverstärker jedoch ist mir das neu.
Weiter geht es durch die Bach’schen Klangwelten. Klangfarben und ihre möglichst feine Differenzierung sind mein Steckenpferd, ein Parameter, das einen Rock-Hörer vermutlich weit weniger interessieren dürfte. Bei Klassik aber – und hier gilt: je kleiner besetzt, desto wichtiger – entscheiden diese Nuancen über Wohl und Wehe. Auf einer Geige arbeiten nicht vier gleichartige, lediglich verschieden stark gespannte Saiten. Sie unterscheiden sich auch in ihrer Dicke, dem inneren Aufbau, mitunter der Oberflächenstruktur. Wird bei modernen Instrumenten auf eine möglichst weitgehende Verblendung der Einzelcharaktere geachtet und ein Saitensatz entsprechend konfiguriert, trägt diese Diversität bei altem Gerät durchaus zur Charakterbildung bei. Und so kann man gerade in den mehrstimmigen Passagen dieser Barockmusik eine Spreizung des musikalischen Materials erleben, die mit einem modernen Klang schlechterdings nicht möglich ist. Hier kommunizieren auf einem Instrument mehrere, durchaus eigenständige Stimmen – sofern Aufnahme und Wiedergabekette es denn hergeben. Der T+A meistert das mühelos, fächert die einzelnen Stimmen und Bewegungen so deutlich auf, dass man fast „zwischen den Stimmen hindurchhören“ kann.
Bei einer Mahler-Sinfonie gibt es keine Überraschungen: Der PA 3100 HV stellt das Geschehen unbeeindruckt von Pegel, Signaldichte oder Frequenz in den Raum. Dabei bleibt er auch bei hohen Lautstärken – wie schon die Kombination aus P 3000 HV und A 3000 HV – durchsichtig und völlig frei von Härten. Das namensgebende „High-Voltage“-Prinzip der HV-Serie beweist hier all seine Stärken. Da ich derzeit den PA 3000 HV nicht zum Vergleich hier habe, kann ich nur aus der Erinnerung heraus Vergleiche ziehen. Ich meine aber, dass der Neue einen (noch) ruhigeren Hintergrund sowie einen (noch) größeren Raum – vor allem in der Tiefe – ins Rennen wirft.
Auch das präzise Panorama, das über die Harbeth M30.1 entworfen wird, ist exemplarisch: Auf der viel beworbenen ersten CD aus der neuen Elbphilharmonie Hamburg lässt sich jedes zu dichte, zu laute oder im Panorama auch nur minimal verrutschte Stützmikrofon mühelos identifizieren. Gut möglich, dass das nicht Ihre Sache beim Musikhören ist, dass Sie lieber ein etwas „geschöntes“ Erlebnis wünschen, um nicht durch solche technischen Parameter von der Musik abgelenkt zu werden. Mir ist es genau andersherum recht: Je mehr eine Komponente von der Aufnahme zeigt, umso dichter bin ich an dem, was im Studio oder im Konzertsaal während der Produktion geschah. Für mich ist ein „näher an die Musik“ ohne ein „näher an die Aufnahme“ nicht möglich.
Auch mit anderen Lautsprechern und wechselnder Musik wiederholt sich das stets gleiche Bild: Der PA 3100 HV agiert immer durchsichtig, phänomenal detailliert und doch fließend und ohne Schärfe. Keiner der angeschlossenen Lautsprecher konnte ihm auch nur eine minimale Änderung dieser Gangart beibringen, der T+A macht jeder Anlage klar, wer der Chef im Ring ist.
Als Mensch, der für sein Geld viel arbeiten muss, bereitet es mir immer Probleme, ein HiFi-Gerät mit fünfstelligem Preisschild zu bejubeln. Satte 16 000 Euro für einen Vollverstärker sind aber auch eine herbe Ansage. Und doch zeigt der T+A PA 3100 HV Qualitäten, die eine große Kombination aus Vor- und Endverstärker wirklich obsolet machen. Zudem erspart man sich einige Kabel – vor allem, wenn auch noch eine der optionalen Phonoplatinen eingebaut ist. Und wer später doch noch höher hinaus möchte, auf den wartet ein zusätzliches Netzteil, das die Performance nochmals verbessern soll. Kaum zu glauben.
Vollverstärker
T+A PA 3100 HV
Eingänge: Hochpegel 4 x symmetrisch (XLR), 7 x unsymmetrisch (Cinch)
Leistung (8/4 Ω): 2 x 300/500 W
Ausstattung: serienmäßige Fernbedienung F3001, VU-Meter, Triggereingang für Ferneinschaltung, LAN-Anschluss für Home-Automation-System, Eingang 4 konfigurierbar als Frontkanal für Surrounddecoder
Optionen: Phonomodule für MC- oder MM-Tonabnehmer (1090 €), analoge Signalprozessor-Module für Klangregelung/Loudness (1995 €), externes Zusatznetzteil PS 3000 HV (8500 €)
Ausführungen: Gehäuse Lack silber oder Titan, Kühlkörper schwarz
Maße (B/H/T): 46/17/46 cm
Gewicht: 38 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: ab 15 900 €
T+A Elektroakustik GmbH & Co. KG
Planckstraße 9–11
32052 Herford
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