Soulution 511 + 560, Stereo-Endverstärker + DAC-Preamp – Dem Ideal ach so nah
Der Terminus vom „verstärkenden Draht“ als Metapher für den idealen Verstärker geistert durch die Gazetten, seit sich die Menschheit mit der hochwertigen Wiedergabe von Schallereignissen befasst.
Die vollen einhundert Prozent – das Gerät, das sich klanglich völlig aus dem Geschehen heraushält, das praktisch keinen eigenen Charakter einbringt – wurden gleichwohl noch nie erreicht. Doch nun deutet sich eine Lösung mit Seele an. Und sie kommt aus der Schweiz.
Eine Lösung mit Seele – man verzeihe mir das Wortspiel, aber diese Übersetzung des Firmennamens „Soulution“ bietet sich an. Weil Geniestreiche wie die jüngste Stereo-Endstufe 511 jenem beschworenen Draht-Ideal zwar sehr, sehr nahe kommen, aber dennoch auch einen sympathischen Hauch von Eigenständigkeit mitbringen, eine bewusst schwach ausgeprägte, aber klanglich identifizierbare Signatur haben. Eben eine Seele, die sie von auf bedingungs- und manchmal auch gnadenlose Neutralität gezüchtetem Studio-Equipment unterscheidet. Das heißt nun nicht, dass Soulution-Erzeugnisse nicht auch im Tonstudio eine gute Figur machen würden – ich kenne Profis, die auf die Elektronik der Spemot AG in Duliken seit Jahren schwören –, aber das primäre Einsatzgebiet der skulpturalen Amps sind immer noch die heimischen vier Wände. Der Ort, wo Musikhören Genuss und keine Arbeit sein sollte.
Für mich steht und fällt der Genussfaktor auch mit der Unkompliziertheit des Umgangs. Auspacken, aufstellen, verkabeln, Freude haben – das sollte der Auftakt-Akkord sein, der sogleich in lange Hörsitzungen ohne Ermüdungserscheinungen mündet. Ein fideles Utopia, das mit der Soulution 511 nicht mehr unerreichbar scheint. Natürlich kann man selbst bei dieser voll ausentwickelten, auf schlichte Perfektion gebürsteten Stereo-Endstufe noch „tunen und tweaken“; durch Kabeltausch und Wahl der Standfläche lässt sich hier und da noch ein Jota besserer – oder zumindest anderer – Klang herauskitzeln. Aber es ist eben wirklich nur ein Jota, weil selbst eine frisch ausgepackte, kalte Soulution-Endstufe schon gefühlte 98 Prozent ihres Potenzials auszuspielen in der Lage ist.
Allererster Schritt noch vor dem Auspacken des voluminösen Pakets sollte die Suche nach einem passenden Platz sein. Denn die Soulution 511 ist nicht nur klassische 44 Zentimeter breit, sondern baut auch genauso tief und steigt satte 27 Zentimeter in die Höhe. Zudem beherbergt das alufarbene 32-Kilo-Trumm hinter dem typischen Soulution-Display, das in roter Schrift alles Wichtige anzeigt, und seinen verwindungssteifen Gehäusewänden eine A/B-Transistorschaltung, die bis deutlich über Zimmerlautstärke im klangfördernden, aber auch wärmeproduzierenden Class-A-Betrieb läuft. Sie fordert also auch ein bisschen Luft drumherum zum Durchatmen. Zum Ausgleich mobilisiert eine Soulution 511 bei Bedarf aber auch 250 Watt an vier Ohm, an zwei Ohm derer 500 pro Kanal. Und falls Sie zufälligerweise gleich zwei 511 geordert haben, um vielleicht Bi-Amping zu praktizieren, sei nur der guten Ordnung halber erwähnt, dass sich jede 511 auch auf Mono-Betrieb umschalten lässt. Was enorme Kräfte an ihren massiven Drehklemmen entfesselt: Als Monoblock eingesetzt, liefert die „kleine“ Stereo-Endstufe von Soulution an vier Ohm bis zu 1000 Watt, an zwei Ohm bis zu 2000 Watt. Und selbst dann wird’s immer noch nicht wirklich „eng“, Impulse bis zu 3000 bzw. 6000 Watt sind auch kein Problem. Bis zu 60 Ampere liefert die 511 und bleibt auch an niedrigen Lautsprecher-Impedanzen unbedingt stabil. Wer also beispielsweise noch eine legendäre „Killer-Kappa“ mit ihren gefürchteten Minimalimpedanzen zu Hause hat, könnte hier für knapp 30 000 Euro die Lösung aller Verstärkerprobleme finden.
Der Wilson Audio Yvette, die uns im FIDELITY-Hörraum noch immer als unbestechliche Lautsprecher-Referenz dient, sind solche Nickligkeiten völlig fremd, sie ist ein verlässliches und feinsinniges Arbeitstier, das mit seiner Neutralität ausgezeichnet mit der ebenfalls auf die gedachte Mitte abgestimmten Soulution 511 harmoniert.
Um den Talenten der Endstufe auf den Zahn zu fühlen, habe ich sie zunächst mit einer ganzen Armada von „fremden“ Vorverstärkern verheiratet, sie ließ sich aber nie von ihrer geradlinigen, ja grundanständigen Linie abbringen, einfach das wiederzugeben, was die Quelle ihr zuliefert. Ist das „audiophiler“ oder zumindest sauber aufgenommener Stoff, dann gefällt die Soulution 511 mit extrem weit gespanntem Frequenzspektrum, Dynamik an der Grenze des technisch Machbaren und einem Druck in tiefen Lagen, der für die organische Unterfütterung des angenehm klar gezeichneten Mittenbereichs und der höchst kultivierten Höhen sorgt, ohne auch nur andeutungsweise überbetont zu wirken.
Anders gesagt stand Homogenität bei der Soulution 511 ganz offensichtlich sehr weit oben im Lastenheft – ein Pflichtpunkt, wenn man erklärtermaßen den (noch größeren) Geschwistern der Serie 7 nacheifert. Und weil die souveräne Schweizerin den Balanceakt so ausgezeichnet und völlig selbstverständlich beherrscht, deckt sie Schwächen ihrer Mitspieler ebenso deutlich auf wie minderwertige „Software“ in Form nachlässig aufgenommener Musik.
So wird mit etwas Sachkenntnis über das Werden einer CD oder LP von der Produktion bis zur Pressung über die Soulution offengelegt, wo das Plattenlabel an den Stellschrauben gedreht hat. Die gerade einmal 20-jährige Sängerin Alice Paba, Gewinnerin der italienischen Ausgabe von The Voice und Teilnehmerin des diesjährigen Festivale di Musica in San Remo, hat mit Se Fossi Un Angelo ein an sich hörenswertes Debütalbum voller rockigem Italo-Pop vorgelegt, das von eingängigen Melodien und Alices frischem Mädchensopran lebt. Eine freche Göre, die den Soundtrack für die automobile Umrundung des Gardasees mit anschließender Weiterfahrt in die Toscana liefert. Schade nur, dass diese erst vor ein paar Wochen veröffentlichte Scheibe dynamisch komprimiert und damit eingebremst wurde und jenseits des Auto-CD-Players ein eher ambivalentes Vergnügen bleibt, wie die Soulution lupengleich demonstriert. Gut, dass diese Endstufe absolut partytauglich ist und ohne viel Aufhebens auch Dancefloor-Pegel in den Raum drücken kann. Und nur zur Erinnerung: Wer noch mehr Power braucht/will (und über entsprechende Kleingeldreserven verfügt), kann die 511 paarweise auch im Mono-Modus betreiben …
Ich will jetzt aber weder Prince noch Boris Blank im aufgedoppelten Unersättlichkeitsmodus hören, sondern einfach mal wieder in Henryk Mikolaj Góreckis Dritte Sinfonie, die Sinfonie der Klagelieder hineinhören. Nun schlägt die Stunde einer naheliegenden Ergänzung zur 511: Ich stöpsele das Digitalkabel des CD-Laufwerks in den Soulution 560, der neben seiner Funktion als DAC auch als Preamp funktioniert, und verbinde den 560 mit seiner Stereoendstufen-Schwester 511.
Der Soulution 560 ist zwar schon ein Weilchen am Markt, hat aber dank innovativer Detaillösungen dennoch nichts an Faszination verloren. Nach dem Empfang der Digitaldaten über seine hervorragenden Schnittstellen behandelt er diese äußerst zuvorkommend und sorgfältig, lässt beispielsweise dank hochpräzisem Masterclock-Generator erst gar keine Jitterprobleme entstehen. Für Up- und Oversampling setzen die Schweizer auf eine einzigartige Mischung aus (klanglich) Bewährtem und (technisch) Neuem, PCM-Wandler treffen hier auf DSP und bestmögliche Interpolation von Zwischenwerten. Und von der „Zero Phase Technologie“ hatten mir die Kollegen ohnehin schon vorgeschwärmt, als seinerzeit der SACD-Player 541 zu Gast im FIDELITY-Hörraum war (FIDELITY Nr. 18, Ausgabe 2/2015). Auf dessen aufwendigen Lösungen im DAC-Teil basiert ein Großteil des 560. Ich darf also großartigen, unverfälschten und extrem sauberen Klang erwarten.
Und so ist es. Die Auflösung, die mir bei Alice Paba mit ihrem sowieso vielfach „eingedampften“ und massenkompatibel abgemischten Pop-Stoff aus dem Süden eben noch herzlich egal sein konnte, gewinnt mit dem Soulution 560 bei der 2004 auf dem Label Naïve erschienenen Einspielung mit der Sopranistin Ingrid Perruche und der Sinfonia Varsovia unter Alain Altinoglu einen anderen Stellenwert. Denn bei diesen spezifisch polnischen Klagegesängen, die den 1933 geborenen Komponisten eine Zeitlang sogar in die Popcharts katapultierten, zählen feinste Details und subtilste Nuancen. Gorecki, der an sich zur europäischen Avantgarde gerechnet wird, erinnert hier mit quasi archaischem Minimalismus an den baltischen Meister der kontemplativen Schlichtheit, Arvo Pärt. Wie bei dem klugen Estländer sind es auch bei dem grüblerischen Polen die Zwischen- und Untertöne, die wichtige Inhalte transportieren, die Wahrheiten jenseits der Partitur verkünden. Und die Soulution-Kombination von 560 und 511 verrät, welche riesige Menge Herzblut in diese Aufnahmen geflossen sein muss und mit wie viel Konzentration um eine Deutung gerungen wurde, die dem nur vordergründig simplen Opus gerecht wird.
Konzentriert und intensiv wirkt auch, was der junge Pianist Moritz Ernst mit den Sonaten Joseph Haydns anstellt. Das Label Perfect Noise hat kürzlich die erste Folge einer auf insgesamt elf CDs ausgelegten Gesamtedition vorgelegt. Eingespielt wurden die sechs Sonaten im Kammermusiksaal der Bayreuther Klaviermanufaktur Steingraeber und Söhne. Als Flügel kam ein Steingraeber E-272 zum Einsatz, der deutlich anders klingt als ein vergleichbares Instrument von Steinway oder Bechstein. Der 1986 geborene Ostwestfale Moritz Ernst beherzigt bei seinen Haydn-Interpretationen die Erkenntnisse der Historischen Aufführungspraxis, pedalisiert sparsam, präferiert ein moderates Non-Legato-Spiel, das den modernen Konzertflügel behutsam in die Nähe des Hammerklaviers rückt, ohne krampfhaft „authentisch“ wirken zu wollen. Die Aufnahme liefert ein getreues Abbild des nicht allzu großen Saals und der reichen Klangfarben des Steingraeber-Flügels, sie erlaubt tiefe Einblicke in Ernsts großbogigen, auf sehr plastische Artikulation und adäquat „sprechende“ Phrasierung abhebenden Ansatz. Hier kommt nicht der zopfige „Papa Haydn“ zu Wort, sondern ein hinterfragender Architekt intelligenter Klaviermusik, der hinter seinem manchmal federleichten Konversationston gewichtige Wahrheiten zu verhandeln wusste – und der in dem Peter-Feuchtwanger-Schüler Moritz Ernst einen ebenso nachdenklichen wie technisch versierten Sachwalter gefunden hat. Die Soulution-Kombination als Dritte im Bunde flankiert Moritz Ernsts grundsätzlich rationalen, völlig ohne Effekthascherei auskommenden Zugriff mit angemessener Zurückhaltung und lässt die tontechnisch fehlerfreie Produktion mit hyperkorrekter Rekonstruktion des Aufnahmeraums und völliger Verfärbungsfreiheit für sich sprechen.
Szenenwechsel: Wenn besagte Klavier-CD eine Labsal für den Kopf ist, dann bedient die junge Bluessängerin Cassie Taylor mit ihrem Album Out Of My Mind ziemlich perfekt den Bauch und die Seele. Mit Blues-Slowfood, das rockt, aber nicht weh tut, das im Gegensatz zum Rock- und Pop-Mainstream ordentlich, wenngleich nicht wirklich audiophil in Nullen und Einsen gebannt wurde. Die Soulution-Kombi sagt mir, wenn Cassie – übrigens die Tochter der Blues-Legende Otis Taylor – in den Anmach-Balladenmodus umschaltet. Sie verschweigt aber auch nicht, dass die junge Sängerin nur gut schauspielert, wenn sie wie eine verruchte Soul-Diva zu klingen versucht. Da ist sie wieder, diese manchmal gar nicht willkommene Ehrlichkeit, die den, der sie nicht gewohnt ist, zunächst ziemlich irritieren kann. Denn wo Soulution draufsteht, kommt nichts Geschöntes, nichts Aufgehübschtes, nichts gnädig Gesoftetes heraus. Sondern die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Andererseits lässt sich die Schweizer Ausnahmeelektronik aber auch nicht dazu verleiten, Fehler ins Unermessliche aufzublasen oder sich gar als unerwünschte Lupe für aufnahmetechnische Unzulänglichkeiten zu gerieren. Dem wirkt schon der ganz unschweizerische Drive entgegen, der für hohes Fußwipp-Potenzial sorgt.
Das funktioniert übrigens auch ganz vorzüglich mit den singulären Sombetzki ESL Home : Diese freistehenden „Kopfhörer“ profitieren von der unbedingten tonalen Richtigkeit, der blankpolierten Sauberkeit, derer die Soulutions fähig sind. Wenn das Quellenmaterial „passt“, dann entsteht in dieser Zusammenstellung der Eindruck, im Tonstudio bei der Aufnahme dabei zu sein. Möglicherweise irritierend gut beim ersten Hören, aber definitiv Suchtpotenzial weckend, je länger man sich dieses ganz besondere Hörerlebnis gönnt. Die Kombination Soulution/Sombetzki kann selbst bei moralisch gefestigten, nicht leicht zu beeindruckenden High-End-Profis einen nur schwer unterdrückbaren „Must-have-Reflex“ auslösen. Da tröstet der Gedanke, dass Soulution für viele wirklich die ultimative Lösung darstellen könnte. Mit diesen praktisch unschlagbar guten Musikmaschinen kann man dauerhaft glücklich werden. Und angesichts ihrer hochwertigen, höchst eleganten Verarbeitung – das schon traditionelle Sahnehäubchen bei Soulution – haben sie gute Chancen, zu lebenslangen Partnern in Sachen Musik zu werden. Das gilt auch und insbesondere für die neue „kleine“ Stereo-Endstufe 511, die mich restlos und nachhaltig überzeugt hat.
Stereo-Endverstärker
Soulution 511
Leistung stereo (8/4/2 Ω): 2 x 125/250/500 W
Eingänge: symmetrisch (XLR)
Ausgänge: Lautsprecher (Schraubklemmen/Banana-Anschlüsse) symmetrisch (XLR, für Bi-Amping u. ä.)
Besonderheiten: Monobetrieb schaltbar, dann mit vierfacher Leistung, Link-Systemanschluss (RJ45), alternative LS-Schraubklemmen im Lieferumfang
Ausführung: Alu silber
Maße (B/H/T): 44,2/44,8/27 cm
Gewicht: 32 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: 27 000 €
DAC/Preamp
Soulution 560
Eingänge digital: S/PDIF (koaxial), optisch (Toslink), AES/EBU (XLR), USB, Ethernet
Ausgänge digital: S/PDIF (koaxial), optisch (Toslink), AES/EBU (XLR)
Ausgänge analog: symmetrisch (XLR), unsymmetrisch (Cinch)
Besonderheiten: regelbarer Ausgangspegel f. Einsatz als digitale Vorstufe
Ausführung: Alu silber
Maße (B/H/T): 44,2/14,5/27 cm
Gewicht: 16 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Preis: 19 000 €
Taurus High End
Garstedter Straße 174
22453 Hamburg
040 5535358
Mitspieler
Digitallaufwerke: Audio Note CDT-3, Marantz HD-CD1, SONY CD-3000
Vorverstärker: Tidal Preos, Primare Pre60
Vollverstärker: T+A PA 3100 HV
Lautsprecher: Avantgarde Acoustic Uno XD, KEF LS50, Sombetzki ESL Home, Stereofone Dura, Wilson Audio Yvette
Kabel: Audio Note, AudioQuest, HMS, IsoTek, WireWorld
Stromaufbereitung: IsoTek
Zubehör: diverse Basen von Solid Steel und Subbase Audio