SME Model 15 – Die schwarze Eminenz
Sprachlich gibt es zu perfekt keine Steigerung, konstruktiv schon. SME tritt den Beweis an
Auf der HighEnd 2015 stellte SME den völlig neu konstruierten Plattenspieler Model 15 vor. Damit entspricht der britische Traditionshersteller, der 2016 das 70. Jahr seines Bestehens feiert, dem Wunsch vieler Kunden, ein kompaktes Laufwerk ähnlich dem beliebten SME Model 10 (FIDELITY Nr. 13, Ausgabe 3/2014) mit einer aufwendigeren Subchassiskonstruktion zu kombinieren, wie es der größere Bruder Model 20/3 besitzt. Zudem besteht zwischen dem „Einsteigermodell“ (Model 10) und dem bisher nächstgrößeren Laufwerk ein beträchtlicher Preisunterschied von 6500 Euro. Der Begriff „Einsteigermodell“ ist natürlich – typisch SME – sehr relativ zu sehen, denn schon das Model 10 samt Tonarm kostet aktuell knapp 8000 Euro, und für das derzeitige Flaggschiff Model 30/12 werden gar mehr als 40 000 Euro fällig. Da nehmen sich die 10 900 Euro für das hier vorgestellte Model 15A (A = inklusive Tonarm) beinahe schon bescheiden aus. Dennoch: Könnte SME möglicherweise für „Spend Much Effortlessly“ stehen?
Qualität zum Anfassen
Nein, das Kürzel SME soll keineswegs zum leichtfertigen Geldausgeben animieren, sondern steht seit 1946 für „The Scale Model Equipment Company Limited“ – und damit vor allem für eine in jeder Hinsicht überragende Qualität. Allerdings muss man sich die Laufwerke schon genauer anschauen (und natürlich auch anhören), um diese Qualität in vollem Umfang zu erfassen. Ich warne übrigens ausdrücklich davor, dieses Erlebnis nur anhand von Bildern beurteilen zu wollen. Wie viel Mühe man sich mit den Bildern auch macht, die Laufwerke aus West Sussex sind beinahe erschreckend unfotogen. Ist ein solches aber erst einmal aufgestellt, versprüht das typisch schwarze SME-Finish einen dezent technoiden Charme, wirkt zeitlos und gediegen.
Dieser Eindruck wird durch die perfekte Verarbeitungsqualität noch unterstrichen, mit der auch das kleinste Detail am SME Model 15 gefertigt ist. Das gilt nicht nur für die Passgenauigkeit der einzelnen Komponenten oder die makellosen Oberflächen des schwarz eloxierten Aluminiums, und es endet auch nicht bei den Werkzeugen wie zum Beispiel den – für den laufenden Betrieb nicht direkt notwendigen – Einfüllstutzen für das Lageröl. Daher rate ich dringend, sich das Vergnügen zu gönnen, den Model 15 wortwörtlich in die Hand zu nehmen und mit ein wenig Muße selbst aufzubauen. Die sehr ausführliche Bedienungsanleitung ist derzeit zwar nur in englischer Sprache verfügbar, dafür aber sehr detailliert und ausführlich, sodass die Prozedur des Aufbauens beileibe kein Hexenwerk darstellt.Da es sich beim SME 15 um ein echtes Subchassis-Laufwerk handelt, sind ein paar Handgriffe mehr durchzuführen als beim kleineren Zehner. Doch selbst wenn man noch nie einen SME-Tonarm, geschweige denn ein SME-Laufwerk eingestellt hat, sollte die komplette Einrichtung des Plattenspielers nach höchstens zwei Stunden erledigt sein.
Subchassis à la Steyning
Auch wenn die konzeptionellen Ideen identisch sind, so unterscheidet sich der Model 15 doch recht deutlich vom Model 10. Beim 15er kommt die SME-eigene Auffassung vom Aufbauprinzip eines Subchassis-Laufwerks zum Tragen, die auch die größeren Brüder auszeichnet. So ist das Subchassis an insgesamt dreißig O-Ringen aufgehängt, die in drei – im Winkel von je 120 Grad zueinander angeordneten – Türmen untergebracht sind. Die Dämpfertürme ragen etwas über die kreisrunde, etwa LP-große Basis heraus, sodass der Model 15 ein kleines bisschen mehr Platz benötigt als der Model 10. Er lässt sich dennoch samt Motorsteuerung bequem auf dem obersten Regal eines typischen HiFi-Racks unterbringen.
Im Gegensatz zu anderen Herstellern hat sich SME gegen eine weiche Aufhängung entschieden. Das Subchassis „schwabbelt“ keineswegs sekundenlang nach – im Gegenteil, man muss schon einige Kraft aufbringen, um das Subchassis sichtbar gegenüber der Basis nach unten zu drücken. Offenbar will SME zwar den Abtastprozess vor den schädlichen Einflüssen von Körper- und Luftschall sowie Motorvibrationen schützen, aber keineswegs die Kontrolle über die Relativbewegungen verlieren. In diesem Licht betrachtet wird auch der zwischen Chassis und Subchassis befindliche zentrale Flüssigkeitsdämpfer verständlich. Er verhindert wirksam ein Überschießen des Subchassis und eliminiert gleichzeitig auch die letzten Vibrationen im Chassis.
Das korrekte Einstellen des Subchassis geschieht mithilfe eines langen Sechskantschlüssels, der in die entsprechenden Öffnungen der Dämpfertürme eingeführt wird. Man muss also nicht mit spitzen Fingern an nur schwer erreichbaren Stellen versteckte Schrauben drehen, um die notwendige Justage durchzuführen. Anhand eines ebenfalls mitgelieferten Distanzplättchens kann man sehr leicht die korrekte Einstellung finden. Ein weiteres Detail, das die Sorgfalt der Ingenieure von SME belegt, ist das Widerlager. Das Subchassis ist mittels eines Gummibandes flexibel mit dem Chassis verbunden, das den unvermeidlichen Zug vom Antriebsriemen des Motors ausgleicht.
Der über viereinhalb Kilo schwere Teller rotiert in einer versiegelten Lagerbuchse aus Sinterbronze. Die Spindel hingegen ist aus speziellem Chrom-Edelstahl gedreht. Der Antrieb erfolgt über einen Flachriemen, der den Subteller mit dem auffällig kleinen Motorpulley verbindet. Anscheinend will man durch große Umdrehungsgeschwindigkeiten des Motors dem gefürchteten Polruckeln begegnen. Die Steuerung für den dreiphasigen, bürstenlosen Außenläufermotor ist in einem rechteckigen, pultähnlichen Extragehäuse untergebracht, das dem des Model 10 zum Verwechseln ähnlich sieht; laut SME sind diese aber nicht untereinander austauschbar. Im Motor selbst sind drei Hallsensoren installiert, deren Signale es einem für Motorantriebe optimierten PID-Mikroprozessor ermöglichen, ständig zwischen Soll- und Ist-Werten zu vergleichen. Die drei Umdrehungsgeschwindigkeiten 33, 45 und 78 U/min können in ungewöhnlich feinen Schritten von ± 0,01 % eingestellt werden.
Das Drei-Gänge-Menü
Entscheidet man sich für das A-Paket des SME Model 15, dann gehört der Tonarm SME Model 309 SPD zum Lieferumfang. Wobei SPD natürlich nicht für eine politische Partei steht, sondern für „Silver Printed Details“: Dieser Tonarm unterscheidet sich nur durch die silberfarbene Beschriftung vom regulären 309. Auf Wunsch erweitert der deutsche Distributor (Räke HiFi) das Paket für günstige 2000 Euro Aufpreis noch um den MC-Tonabnehmer Figaro (FIDELITY Nr. 18, Ausgabe 2/2015). Das System wird exklusiv für Transrotor von Goldring hergestellt und kostet sonst 2500 Euro. Laut SME kann man aber auch jeden anderen Neun- oder Zehnzöller aus dem hauseigenen Programm problemlos montieren. Da der Tonarm auf einer austauschbaren, kreisförmigen Scheibe auf dem Tonarmausleger des Subchassis montiert wird, gehe ich davon aus, dass SME auf Kundenwunsch auch spezielle Sockel für Tonarme anderer Hersteller anbieten kann.
Ich habe aber gute Gründe zu der Annahme, dass diese Option eher selten ernsthaft in Betracht gezogen werden dürfte. Denn das von Räke HiFi angebotene Komplettpaket mit dem Figaro lässt in klanglicher Hinsicht keine Wünsche mehr offen. Genau wie sein kleinerer Bruder enthält sich der 15er jeglicher klangverfärbender Einmischung – man hört sehr genau die Eigenschaften des Tonabnehmers seiner Wahl heraus. Da Tonabnehmer durchaus ihre eigene Signatur haben, obliegt es somit der Auswahl seines Besitzers, wie der Plattenspieler als Ganzes klingt. Daher kann ich an dieser Stelle nur auf die Klangbeschreibung zum Transrotor Figaro in FIDELITY 2/2015 verweisen: „Neutral“, „breitbandig“ und „schnell“ waren einige der Attribute, die ich auch beim wiederholten Hören dieses äußerst empfehlenswerten Tonabnehmers nur bestätigen kann. Dieses von Räke HiFi angebotene Komplettpaket stufe ich ohne Einschränkungen als absolut empfehlenswert ein.Ein Fünfer zum Glück?
Bleibt noch die Frage zu klären, wie sich denn die beiden ungleichen Laufwerksbrüder von SME qualitativ unterscheiden. Um das herauszuarbeiten, muss mein SME Series V mitsamt dem JSD 6 seinen Platz wechseln. Ohne eine bestens bekannte Arm-System-Kombination kann man die mitunter recht feinen Unterschiede zweier sehr hochwertiger Laufwerke nämlich nicht heraushören. Also Inbusschlüssel gezückt, acht Schrauben gelöst und zwei Tonarme umgesetzt – dank der Passgenauigkeit der SME-Komponenten eine Sache von Minuten. Vor dieser Prozedur habe ich mir noch ganz entspannt und in aller Ruhe mit dem Album Musik von einem anderen Stern (Manger) die Vorzüge des Model 10 zu Gemüte geführt.
Oh, hätte ich diesen Umbau mal lieber gelassen! Kaum ist der Series V auf dem Model 15 verbaut, wirkt die Kombination schon rein optisch perfekt auf mich; als ob es genau so sein müsste. Der im Gegensatz zum silber-schwarzen Model 309 rabenschwarze Series V verschmilzt sofort mit seiner neuen Umgebung und sagt mir unmissverständlich: Hier gehöre ich hin! Als dann die ersten Takte der von mir zigmal – und keineswegs nur zu Testzwecken – gehörten Stücke erklingen, wird mir klar: Ja, es gibt Unterschiede zwischen den beiden SME-Laufwerken. Und nein, sie sind nicht riesig. Beim nur oberflächlichen Reinhören klingen die beiden Turntables wirklich sehr, sehr ähnlich.
Bei Musik aber, die man in- und auswendig kennt, erscheint der (leider viel zu oft bemühte) „schwarze Hintergrund“ beim Model 15 tatsächlich noch dunkler als gewohnt. Auf diesem gewissen „Nichts“, das eigentlich nur eine Abwesenheit von subtilen Nebengeräuschen darstellt, offenbaren sich feine und feinste Nuancen in der Klangtextur, die der Musik und den Interpreten noch mehr Raum und Luft verschaffen. Vor allem der in der analogen Wiedergabe so schwierige Bassbereich erreicht beim Model 15 eine Transparenz, die über diejenige des Model 10 weit hinausgeht und sogar einem Besucher bei mir sofort aufgefallen ist. Der bekennende SME-Verächter meinte nur ganz trocken: „Ach! So kann ein Fünfer also klingen!“ Damit bezog er sich auf die weit verbreitete (und meiner Meinung nach irrige) Ansicht bestimmter „Experten“, ein Series V klinge etwas zu bassbetont und somit ein wenig zu hüftsteif. Montiert auf einem wirklich guten Laufwerk – und ganz besonders auf dem SME Model 15 – kann davon nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Die Durchhörbarkeit des virtuellen Klanggeschehens einer solchen Kombination, verbunden mit einer Basswiedergabe, die an Sauberkeit und Tiefe nichts zu wünschen übrig lässt, zeigt ganz eindeutig: Der SME Model 15 ist sogar in dieser ambitionierten Preisklasse ein außergewöhnlich guter Plattenspieler!
Seine überragende Klangqualität, seine exorbitant gute Verarbeitung und seine aufwendige Konstruktion rechtfertigen jeden Euro, den man für dieses Erlebnis investieren muss. Die Rendite wird dem zweifellos glücklichen Besitzer nicht nur in zahllosen Stunden wunderbaren Musikgenusses ausgezahlt, sondern rechnet sich langfristig durch jahrelange äußerste Zufriedenheit, die darauf gründet, schlichtweg das Beste angeschafft zu haben, was es zu diesem Preis (und sicherlich weit darüber hinaus) zu kaufen gibt.
Model 309 ist der preisgünstige Ableger des Tonarm-Klassikers Series V (der berühmte „Fünfer“). Mit einem Verkaufspreis von knapp 2500 Euro ist der 309 aber alles andere als nur eine kleine Einsteigerofferte und noch viel weniger eine Notlösung. Ganz im Gegenteil: Der 309 hat derart viele Gene des „best pick-up arm in the world“ (Zitat SME) geerbt, dass man durchaus zweimal überlegen sollte, bevor man den Aufpreis zum Fünfer zahlt. Zum Erbe gehören seit etlichen Jahren durchgängige, konisch zulaufende Tonarmrohre aus Magnesium (die Ur-Version bestand aus Aluminium und war zweiteilig) und die kinderleichte Justage. Allerdings muss man im Vergleich mit dem Model V auf die streng selektierten Lager nach ABEC-7-Standard und einige Komfort-Features verzichten. So ist für die Gegengewichtsarretierung, aber auch für die Einstellung der Auflagekraft ein Sechskantschlüssel nötig, der jedoch im Lieferumfang enthalten ist. Auch die Tonarmhöhe lässt sich nur durch manuelles Verschieben des Tonarmschafts in der Basis erzielen, während der Fünfer mittels eines Spezialwerkzeugs in die Höhe geschraubt wird. Gleich geblieben ist die äußerst präzise verschiebbare Basis, die eine exakte Justage des Überhangs ermöglicht. Standardmäßig wiederum ist der kleinere 309 mit einer abnehmbaren Headshell aus Magnesium ausgestattet, die auch eine Korrektur des Azimuts ermöglicht. Diese ist für den teureren Bruder nur gegen Aufpreis verfügbar (SME Series V-D; D = Detachable).
Viel entscheidender ist, dass die klanglichen Differenzen zwar durchaus real, aber gleichzeitig auch so gering sind, dass man schon über eine wirklich hervorragende Wiedergabekette verfügen muss, um die feinen Unterschiede – vor allem im Bassbereich – im direkten Vergleich zwischen Model 309 und Series V heraushören zu können.
Kurz: Als Ableger des legendären Model V fühlt sich auch Model 309 der Wahrheit verpflichtet: Mehr Klangneutralität ist de facto nicht vorstellbar.
Plattenspieler
SME Model 15
Funktionsprinzip: riemengetriebenes Subchassis-Laufwerk
Geschwindigkeiten: 33, 45, 78 U/min
Besonderheiten: einstellungsunkritische Subchassis-Konstruktion, aufwendige Motorsteuerung in separatem Gehäuse
Gewicht Laufwerk: 16,8 kg
Gewicht Motorsteuerung: 1,7 kg
Maße Laufwerk (B/T/H): 46/37/18 cm
Maße Motorsteuerung (B/T/H): 11/26/8,5 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis SME Model 15 (Laufwerk ohne Tonarm): 8500 €
Preis SME Model 15A (inkl. SME Model 309 SPD): 10 900 €
Paketpreis inkl. MC-Tonabnehmer Transrotor Figaro: 12 900 €
Räke HiFi/Vertrieb GmbH, Irlenfelder Weg 43, 51467 Bergisch Gladbach, Telefon 02202 31046
Mitspieler
Laufwerke: SME Model 10, Technics SL-1210 Mk2
Tonarme: SME M2-9R, SME Series V, Technics EPA-120
Tonabnehmer: Audio Technica AT-20SLa Ltd. Ed., EMT JSD 6, Goldring G-2200, Ortofon Quintet Black, Transrotor Figaro
Vorververstärker: Bryston BP25MC
Endstufe: Bryston 3B SST
Lautsprecher: Spendor SP100 R2