Test: Vorverstärker, AD/DA-Wandler, Raumkorrektursystem Trinnov ST2-HiFi – Der Star-Akustiker
Erst im akustisch optimierten Hörraum kann ein Wiedergabesystem seine Klangqualität beweisen. Der digitale Raumoptimierer Trinnov ST2-HiFi soll Akustiker und umfangreiche Baumaßnahmen ersetzen und wahre Klangwunder bewirken.
Das französische Unternehmen Trinnov genießt mit seinen digitalen Raumkorrektur-Systemen in der Pro-Audio-Szene einen hervorragenden Ruf: Tonschaffende schwärmen weltweit von den Trinnov-Raumoptimierern, viele sind überzeugt, dass es nichts Besseres auf dem Markt gibt. Seit einigen Jahren kümmert sich das Kreativ-Team um Unternehmensgründer und Chef Arnaud Laborie auch um HiFi-Enthusiasten und bietet ihnen spezielle Optimizer: Unser Testkandidat, der rund 5.900 Euro teure ST2-HiFi ist die „Konsumenten-Ausführung“ des in der Studioszene wohlbekannten – ST2-Pro, verfügt im Unterschied zum Profigerät auch über Cinch-Eingänge und ist dank anwenderfreundlicher Benutzeroberfläche auch ohne Ingenieursstudium bedienbar.
Dreidimensional ausgehorcht
Bevor wir ins Detail gehen, sei das Grundkonzept dieser Raumkorrektur erläutert: Basis jeder Trinnov-Raumoptimierung ist die dreidimensionale Raumanalyse. Hierfür entwickelten die Franzosen ein spezielles Messmikrofon, das, obschon nicht im Lieferumfang der Trinnovs, essentieller Bestandteil eines jeden Trinnov-Systems ist. Dieses 3D-Mikrofon mit eigener Spannungsversorgung via Neun-Volt-Block hat vier Kapseln, die in einer gleichschenkligen Pyramide angeordnet sind und den Hörraum dank einer überdurchschnittlich hohen Auflösung in jede Richtung aushorchen. Die Trinnovs nutzen MLS-Signale (Maximum Length Sequence), um die vollständige Impulsantwort der Lautsprecher im konkreten Raum zu messen.
Entscheidend ist dabei, dass nicht allein der Amplitudenfrequenzgang, sondern auch Zeit- und Phasenverhalten miterfasst werden. Jeder Trinnov-Optimizer erhält also eine Detailaufnahme des akustischen Verhaltens der Lautsprecher im konkreten Raum. Die von den Trinnov-Tüftlern geschaffenen Algorithmen zur Zeit- und Frequenzanalyse bestimmen nun die Raummoden sowie die frühen und späten Reflexionen und korrigieren beziehungsweise kompensieren praktisch alle relevanten Wiedergabe-Parameter, indem die mächtige Trinnov Acoustic Engine automatisch FIR- und IIR-Filter erzeugen. Aufgrund der präzisen 3D-Messung weiß das System, wo jeder Lautsprecher steht und kann die Direktschallanteile und die Erstreflexionen exakt zuordnen. Auf dieser Basis kann die Korrektur von Amplitudenfrequenzgang, Phasengang und Gruppenlaufzeit für den einzelnen Lautsprecher gezielt und separat vom Raum erfolgen.
Sie liegen goldrichtig, wenn Sie hinter diesem sehr vereinfacht dargestellten, hochkomplexen Rechenwerk eine leistungsfähige Hardware vermuten. In der Tat übernimmt im Optimizer ein integrierter PC mit Dual-Core-CPU die Berechnungen, woraus sich als willkommener Nebeneffekt auch Bedienvorteile ergeben. An der Rückseite jedes Trinnovs findet sich ein Rechner-Anschlusspanel für Maus, Tastatur und Monitor – der Optimizer lässt sich somit wie ein Standard-Rechner steuern. Weitaus komfortabler ist aber die Bedienung mittels V(irtual) N(etwork) C(omputing). Dazu gleich mehr.
Die sorgfältig von der Rechner-Sektion getrennten Audio-Boards sind Trinnov-Eigenentwicklungen, weil sie nur so die dem hohen Anspruch gerecht werden können. Die Audio-Abteilung verfügt über ein eigenes Netzteil mit eindrucksvollem Ringkerntrafo, die DA-Wandlung obliegt dem vierkanaligen Burr-Brown-Chip PCM4204. Ein besonderes Leckerli stellt der DICE Junior-Chip dar, der die interne, rein digitale Signalverarbeitung steuert. Das unscheinbare Bauteilchen verarbeitet maximal 64 Audiokanäle und – ganz wichtig für eine optimale, zeitrichtige Wiedergabe – fungiert als vorzüglicher Jitter-Unterdrücker. Die Rechner-Sektion und das kleine Analog-Board haben eigene Lüfter, die recht leise – wohlgemerkt nicht völlig lautlos – arbeiten und das komplizierte System vor einem Hitzschlag schützen.
Der ST2-HiFi besitzt als einziges Bedienelement einen illuminierten Ein-/Ausschalter auf der dickwandigen Aluminium-Front. Der genügt auch, sobald das Gerät optimal eingerichtet und in die heimische Anlage integriert ist. Dafür müssen zunächst die analogen und digitalen Komponenten wie (Phono-)Preamps, CD-Player oder Wandler sowie selbstverständlich die Lautsprecher mit dem Trinnov verbunden sein. Dank zahlreicher Anschlüsse kein Problem.
Als nächstes steht das Einmessen an und hierfür sollte der ST2-HiFi ins heimische Netzwerk eingebunden sein. Dann ist die Bedienung des grauen Riesen fast ein Kinderspiel: Im Test erfolgte die Fernsteuerung über ein MacBook Pro und die kostenlose VNC Client-Software „Chicken“. Die ansprechend gestaltete graphische Benutzeroberfläche des ST2-HiFi ist selbsterklärend, sodass sich niemand vor der englischsprachigen Bediensoftware fürchten muss.
Wundertätiger Raumakustiker
Ganz hervorragend ist die schrittweise Einmess-Anleitung gelungen, übrige Zweifel räumt das deutschsprachige Handbuch aus. Wichtig ist, das Messmikrofon sorgfältig auf die Hörachse auszurichten. Dafür können Sie ein Mikrofonstativ verwenden, am Einfachsten gelingt die Feinjustierung indes mit einem Fotostativ, das dank Wasserwaage und Kugelkopf höchste Präzision bietet. Es lassen sich beliebig viele Messungsszenarien definieren und individuell gewichten, dabei ist die erste immer die Referenzmessung vom Hörplatz aus. Zusätzliche Messungen sind empfehlenswert, der Trinnov errechnet daraus in verblüffender Geschwindigkeit fünf verschiedene Presets, die das Wiedergabesystem mit unterschiedlichen Klangcharakteristika optimieren.
Sie heißen „Comfort“, „Natural“, „Neutral“, Precision“ und „Monitoring“, wobei die drei letztgenannten den Frequenzgang auch im Hochtonbereich linearisieren und die Korrektur der sogenannten Energy Response mittels sehr steilflankiger Filter erfolgt. Die übrigen Korrekturen von Frequenz- und Phasengang sowie Gruppenlaufzeit unterscheiden sich nicht von den ersten beiden Presets. Diese gespeicherten Voreinstellungen sind aber erst der Anfang. Wer sich seinen Klang zurechtschnitzen möchte, kommt voll auf seine Kosten, denn die Einflussnahme auf sämtliche Parameter ist ausdrücklich erlaubt.
Folglich sind auch parametrische und graphische Equalizer für den Feinschliff selbstverständlicher Teil des Ausstattungspakets. Die Eigen-Einstellungen lassen sich als stets verfügbare Konfigurationen abspeichern und abrufen, insgesamt stehen 29 Speicherplätze zur Verfügung.
Die „Optimizer Graphics“ illustrieren Messungen, Korrekturen und Endergebnisse, so wird ersichtlich, dass der ST2-HiFi die Signale tüchtig zurechtbiegt. Allerdings mit ohrenfällig besten Ergebnissen: Denn was der Optimizer den empfindsamen Tester-Ohren in der empfehlenswerten Einstellung „Neutral“ serviert, ist ein Hochgenuss. Zunächst im heimischen Wohnzimmer eingesetzt, eliminiert der Trinnov wie nebenbei das Bass-Problem mit nonchalanter Lässigkeit, sodass Gary Peacocks Basslinien auf dem grandiosen ersten Standards-Album des Keith Jarrett Trios klarer, fokussierter und passgenauer erklingen. Im Allgemeinen ist das Impulsverhalten deutlich verbessert, sodass die Ouvertüre des Yes-Klassikers „Yours is no disgrace“ in mitreißender Dynamik aus den Lautsprechern knallt oder Al Di Meolas rasend schnelle Stakkati auf dem akustischen Overdub-Duo „Fantasia Suite“ das Ohr mit neuer, kristallklarer Kantenschärfe erreichen. Die gewonnene Präzision auf der Zeitachse sorgt auch im Homestudio für eine Raumdarstellung, die sogar den Geithain RL 906 nochmals auf die Sprünge hilft: Nocturnal, die herausragende neue Produktion des Weltklasse-Gitarristen Aniello Desiderio stellt nichts weniger als eine Stereo-Raumklangentdeckungsreise fürs Ohr dar, das inmitten des vom Lautsprechersystem entfesselten Klangs lustwandeln darf. Nichts anderes wünschen wir uns – das geniale Trinnov-System ermöglicht es.
Info Raumkorrektur-System Trinnov ST2-HiFi
Eingänge digital: AES/EBU (XLR), S/PDIF (Cinch)
Eingänge analog: 4 x symmetrisch (XLR), 4 x unsymmetrisch (Cinch)
Ausgänge digital: AES/EBU (XLR), S/PDIF (Cinch)
Ausgänge analog: 4 x symmetrisch (XLR), 4 x unsymmetrisch (Cinch)
Maximale Auflösung: 24Bit/96kHz (ADC), 24Bit/192kHz (DAC)
CPU: Dual Core 1,8 GHz
Signalverarbeitung: 64 Bit-Fließkomma
Arbeitsspeicher: 1 GB RAM
Maximale Kanal-Anzahl: 4 bei 192 kHz
Anschlüsse: DVI, VGA, Tastatur, Maus, USB, RJ45-Netzwerkkabel
Ausführung: Aluminium natur
Maße (B/H/T): 44,1/9,7/41,8 cm
Gewicht: 9,4 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: 5900 € (Prozessor), 650 € (3D-Messmikrofon)
Kontakt:
MediaLantic e.K.
Martin-Hoffmann-Str. 11
12435 Berlin