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Pioneer S-4SPT-PM - Die Gehäuse sind nicht nur bildhübsch – Schall- und Rückwand sind auf Nut und Feder gearbeitet

Test: Pioneer S-A4SPT-PM

Pioneer S-A4SPT-PM – Reines Malz

Aus 50 Jahre alten Whisky-Fässern werden Lautsprecher, die berauschen ohne zu benebeln.

Es beginnt wie immer mit dem Auspacken: Das Paket kommt mit der Post, der Zusteller muss sich nicht allzu sehr plagen, denn es wiegt gerade einmal zehn Kilo. Trotzdem ist das Gewicht beachtlich, denn diese Lautsprecher sind wirklich winzig, für ihre Größe erstaunlich schwer. Es handelt sich um die Pioneer S-A4SPT-PM, die ich fortan nur kurz „PM“ oder „Pure Malt“ nennen will: Die Gehäuse bestehen aus amerikanischer Weißeiche, die bereits eine Karriere als Whisky-Fass hinter sich hat – 100% Recycling-Gehäuse also … Die ausgedienten Fässer werden zerlegt, gereinigt, in handliche Leisten gesägt und zu ganz speziellen Leimholzplatten verarbeitet, aus denen dann die Gehäuse gefertigt werden. Für mich sieht das sehr nach Handarbeit aus, und der Qualitätseindruck ist überwältigend …
Die bildschönen und sehr stabilen Gehäuse enthalten eine Seidenkalotte, einen 10-cm-Tiefmitteltöner mit einer Membran aus Aramidfasergewebe und eine Bassreflexöffnung mit 29 mm Innendurchmesser – ebenfalls aus massiver Eiche. Über der Öffnung befindet sich ein Pärchen vergoldeter Single-Wiring-Anschlüsse, die man zum Anschluss von Bananensteckern erst einmal „entkernen“ muss – ein spitzes Messer sorgt für Abhilfe.

Nach dem Auspacken stelle ich die Lautsprecher frei auf 60 cm hohe Stahlrohrständer, verkabele sie und winkle sie auf den Hörplatz ein. Die Aufstellung in meinem Wohnzimmer mit 22 Quadratmetern ist ein Stereo-Dreieck mit 2,8 m Seitenlänge, der Abstand zur Rückwand beträgt etwa einen Meter. Eine geringere Basisbreite würde die Boxen samt Ständer in akute Gefahr bringen, umgerannt zu werden – viel zu gefährlich.
Erste Funktionsprüfung: Rundfunk Bayern 1 vom Kabel. Allererster Eindruck: leise, sehr leise … Hierzu muss ich anmerken, dass meine Hauptlautsprecher einen Wirkungsgrad von 94 dB/1W/1m aufweisen, das sind genau 10 dB mehr als der Neuzugang. Die Pure Malt müssen wohl mit ein wenig Verstärkerleistung „wach geküsst“ werden.
Zweiter Eindruck: sonor! Das Wort „sonor“ ist im Jahre 2015 natürlich ein Grund für die fristlose Kündigung eines HiFi-Schreibers. „Sonor“ ist 50er-Jahre, Grundig-Radio, Saba-Musiktruhe, Nordmende-Kofferradio. Warum also dieses Wort? Erstens kann mich niemand rausschmeißen, weil ich freischaffend bin. Zweitens ist es dieses Wort, das mir spontan in den Sinn kommt, als ich den Lautstärkeregler um etwa 10 dB aufziehe. Was immer das Entwicklungsziel dieses Lautsprechers war: Ein schlankes, asketisches Klangbild war es sicher nicht. Was mir aus diesen Massivholzkästchen entgegenkommt, ist viel zu erwachsen für ein Bruttovolumen von acht Litern. Namentlich im Tieftonbereich passt das, was man hört, nicht so recht zum äußeren Erscheinungsbild …
Wir beginnen mit den Beatles: Let It Be … Naked (2003 Apple, Universal Music). Hier muss ich eine persönliche Anmerkung einfügen: Mein Ideal bei der Musikwiedergabe lautete immer „hell und schnell“; exakte Darstellung und Transparenz waren mir wichtiger als prächtige Farben. Was mir nun hier entgegentönt, ist geeignet, meine Prioritäten gründlich in Frage zu stellen: Let It Be … Naked ist etwa das, was die Beatles eingespielt und gehört haben, bevor Phil Spector beauftragt wurde, das Album fertig zu stellen. Und was höre ich? Rock’n’Roll, Rhythm & Blues und Farben, wie ich sie noch nie auf einer Beatles-CD gehört habe. Dieser Remix ist qualitativ vielleicht das beste, was es von den Fab Four gibt – und die Pioneer Pure Malt machen das unmissverständlich hörbar.
Wenn man – wie ich – keinen Lautsprecherfundus hat, aus dem man sich einfach eine passende Referenz auswählen kann, braucht man um so dringender Tonträger in Referenzqualität, um eine absolute Einordnung des Testobjekts vornehmen zu können. Eine meiner aktuellen Referenzen ist Betina (Bê) Ignacios Mistura Fina (Kennen 2007). Hier hat keiner etwas falsch gemacht, das ist alles extrem farbenreich, durchsichtig und dynamisch – da bleibt kein Wunsch offen. Die völlig ungekünstelte Stimme von Bê macht es einfach, Verfärbungen aller Art schnell auf die Spur zu kommen. Und auch die Pure Malt machen alles richtig! Die Lautsprecher spielen so anstrengungsfrei und entspannt, wie es sich für diese Musik gehört. Nach kurzer Zeit wird klar, dass diese kleinen Schmuckstücke nicht als Handschmeichler oder Briefbeschwerer gedacht sind, sondern als ernst zu nehmende Schallwandler.
Im CD-Player liegt nun Unplugged von Larry Carlton & Robben Ford (2013 in-akustik, 335 Records). Nach dem ersten Stück („Nm Blues 08“), das die beiden Gitarristen alleine bestreiten, kündigt Robben Ford an, dass es jetzt mit „drums and bass“ weitergeht. Als der Schlagzeuger und der Bassist einsetzen, muss ich lachen: Es klingt so fett und satt, als ob in meinem Wohnzimmer plötzlich zwei kleine, aber feine Standboxen Stellung bezogen hätten. Doch nach wie vor spielen nur die beiden PMs mit je acht Litern Bruttovolumen und einem Gewicht von 3,7 kg. Im Verlaufe der Live-Aufnahme muss (?) ich dann zwei Mal den Pegel geringfügig (-1 dB) reduzieren, um die Lautsprecher und meinen Seelenfrieden nicht zu gefährden – das war‘s dann aber auch schon. Der Rest ist schieres Entzücken.

Szenenwechsel: Es ist früher Sonntagnachmittag, ich sitze in meinem Wohnzimmer; Rotwein oder andere Drogen werden erst deutlich später zum Einsatz kommen – wenn überhaupt … Im Augenblick genügt mir vollkommen Brad Mehldau, The Art Of The Trio Vol. 2: Live At The Village Vanguard (Warner Bros. Records 1998). Ich habe eine Lautstärke gefunden, die mir ein glaubhaftes Clubfeeling vermittelt – die Lautsprecher sind gut beschäftigt, wirken aber nicht angestrengt oder gar überfordert. Während das Klavier (ganz links) etwas nüchtern und nicht sehr voluminös daherkommt, ist das Schlagzeug (von rechts) satt und druckvoll, mit harten aggressiven Rimshots. Der Bass ist vernünftigerweise mittig platziert (so haben beide Tiefmitteltöner etwas davon) und geht – subjektiv – runter bis zum Gehtnichtmehr. Dass das Klavier eher zurückhaltend aufgenommen und/oder abgemischt ist, entspricht Mehldaus Spielweise, der kein Freund der großen Gesten ist, sondern ein Meister der akribischen Kleinarbeit: hoch elaborierte Harmonien und Dissonanzen auf kleinstem Raum, in enger Lage, häufig in ungewohnten Tempi; hier ist „The Way You Look Tonight“ in einer Uptempo-Version zu hören!
Nachdem ich mich in der Clubatmosphäre eingelebt habe, ertappe ich mich bei der Frage, was diese Lautsprecher eigentlich von richtigen Vollbereichswandlern unterscheidet. Unter „Vollbereichswandlern“ verstehe ich jetzt keine Breitbandchassis, sondern „richtige Lautsprecher“ mit 30-cm-Bässen und entsprechenden Mittel-Hochton-Ergänzungen, eine Harbeth Monitor 40.1 beispielsweise. Meine Antwort ist einfach: Ein Vollbereichswandler kann lauter und tiefer als mein Wohnzimmer. Die kleinen Pioneer kommen irgendwann an ihre Grenzen und dann muss man einen Kompromiss finden. Aber jetzt gerade im Village Vanguard ist von einem Kompromiss nichts zu hören. Hin und wieder erschrecke ich leicht, wenn Jorge (Jordi) Rossy einen Rimshot abfeuert, aber sonst ist da nur das Gefühl, einem einmaligen Live-Ereignis beizuwohnen. Das alles spielt sich wohl gemerkt nicht in einem Nahfeld-Arrangement ab, sondern in einer großzügigen Wohnzimmer-Hörposition.
Daniel Barenboim, Tribute To Ellington (1999 Teldec, Warner): Als ich diese Platte vor Jahren das erste und das zweite Mal und dann lange nicht mehr hörte, war ich einem Missverständnis erlegen. Ich hatte eine Art Friedrich Gulda als Jazzpianisten erwartet – und bekam Barenboim … Was ich damals auf der vergeblichen Suche nach dem Swing nicht hörte, war die phänomenale Klangschönheit dieser Aufnahme. Die Ellington’schen Bigband-Arrangements wurden sehr sorgfältig und geschmackvoll auf ein Kammerensemble mit nie mehr als zwölf Musikern übertragen. Das Resultat ist eine Durchhörbarkeit die den komplexen Harmonien zu höchster Intensität verhilft: Es glänzt und schimmert in allen Farben und Schattierungen. Die Pure Malt hat mir ein jahrelang verschmähtes Vergnügen endlich zugänglich gemacht. Was kommt da wohl noch alles auf mich zu? Im Grunde bedeutet ein neuer Lautsprecher immer auch eine neue Plattensammlung – kann es eine bessere Investition geben?
Ich bin kein Fan von Robbie Williams – ich habe genau eine Platte von ihm: Swing When You‘re Winning (2001 Chrysalis, EMI), aber die hat es in sich. „Tribute To The Rat Pack“ wäre ein passenderer Titel für das Album. Mit von der Partie sind Frank Sinatra (doch, wirklich!), Nicole Kidman und Jane Harrocks. Wenn man das gehört hat, weiß man, wie ein Lautsprecher mit Stimmen umgeht – und mit großem Orchester, hier ist es The London Session Orchestra plus zusätzliche Bläser. Meine ursprünglichen Befürchtungen, dass die Pure Malt hier an Grenzen stoßen könnten, sind bereits nach der ersten Nummer zerstreut: Tatsächlich ist Spaß ohne Ende angesagt, nicht ängstliches Lauschen auf Verzerrungen.
And now for something completely different: Collegium Aureum „Meisterwerke der Barockmusik gespielt auf alten Instrumenten“ (1984 Stereoplay, harmonia mundi) auf feinstem 180g Vinyl. Die Aufnahme erfolgte über zwei Schoeps-Kondensatormikrofone in ORTF-Anordnung in eine Sony PCM-F1/1610 Digitalmaschine. Der Aufnahmeraum – eine Kirche – verfügt über reichlich Nachhall, sodass die auf dem Plattencover skizzierte Anordnung der Instrumente nicht immer nachvollziehbar ist. Klanglich ist dies jedoch durchaus reizvoll: Die Barockinstrumente erhalten ein Timbre und ein Volumen, das man geradezu kulinarisch nennen möchte. Hier sind die Pure Malt ganz in ihrem Element und machen noch einmal hörbar, was ihre große Stärke ist: Reichtum an Farben und Schattierungen. Ganz nebenbei ist diese Aufnahme ein Dokument dafür, was vor 30 Jahren bereits mit Nullen und Einsen möglich war.

Anton Bruckners Sinfonie Nr. 3 d-Moll spiele ich nun aus zwei „Generationen“ des Sinfonieorchesters des BR: 1967 unter Eugen Jochum auf LP sowie 1987 live unter Sergiu Celibidache auf CD. 20 Jahre liegen zwischen diesen beiden Aufnahmen; klanglich ist die LP von 1967 um Klassen besser. Will man die Celebidache-Aufnahme nur nach tonalen Gesichtspunkten beurteilen, läuft alles auf einen Totalverriss hinaus: Bässe nicht vorhanden, das Blech fährt Vollgas und macht alles nieder … Da dies überaus unbefriedigend ist, drehe ich die zuvor auf den Hörplatz eingewinkelten Pure Malt noch weiter ein, bis ich bei einer veritablen LRX- Anordnung (Left-Right-Crossing) anlange. Das bringt kaum eine tonale Verbesserung, aber einen deutlich ausgedehnten Sweetspot; immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Erleichterung (es geht ja doch!) und Erlösung bringt jedoch erst die Studioaufnahme von Eugen Jochum. Jochum verfügte nicht über die dämonischen Qualitäten Celibidaches, aber das Aufnahmeteam der Deutschen Grammophon wusste, dass man die Blechbläser bei Bruckner an der kurzen Leine halten muss, und dass Sinfonik ohne Bässe nicht geht. Hier stellt sich dann auch eine Eigenschaft ein, die mir bislang in dieser Deutlichkeit nicht aufgefallen war: Die Lautsprecher stehen einfach nur „rum“, scheinen mit der Musik offenbar nichts mehr zu tun zu haben. Tja, wenn sich die Musik „von den Lautsprechern lösen“ soll, muss erst einmal die Aufnahme in Ordnung sein, sonst wird das nichts. (Was zu beachten ist: Bei dieser Art von Musik geraten besonders kleine Lautsprecher auch besonders deutlich an ihre physikalischen Grenzen: Wenn das Pianissimo noch hörbar sein soll, kann die ganze Dynamik und Wucht eines Sinfonieorchesters im Fortissimo schon gefährlich werden. Abhilfe schaffen da nur entsprechend bestückte Lautsprecher im Kühlschrankformat – willkommen auf dem Boden der Tatsachen.)
Die Pure Malt scheinen sich übrigens für die LRX-Aufstellung bestens zu eignen. Den breiteren Sweetspot erwähnte ich bereits; ich habe aber auch den Eindruck, dass sich der Raum mit den stärker eingewinkelten Lautsprechern „besser füllt“, Nachteile wiederum kann ich bislang nicht feststellen. Letztlich ist das alles natürlich Geschmacksache, aber solch kleine Lautsprecher machen es einfach zu experimentieren, und diese Gelegenheit sollte man nutzen.
Fazit: Wer die Pioneer S-A4SPT-PM (Pure Malt) nicht ernst nimmt, weil sie so klein und fein verarbeitet sind, macht einen Fehler. In Räumen, die nicht größer sind als etwa 25 Quadratmeter, sind sie vollwertige und äußerst musikalische Schallwandler. Und wer Pegelorgien über alles liebt, wird sie ohnehin nicht in Erwägung ziehen.

 

 

Pioneer S-A4SPT-PM (Pure Malt)
2-Wege-Kompaktlautsprecher, Bassreflex

Wirkungsgrad: 84 dB/1W/1m
Nennimpedanz: 6 Ω
Bestückung: 10-cm-Tiefmitteltöner, 20-mm-Kalottenhochtöner
Besonderheiten: Gehäuse aus amerikanischer Weißeiche (ehemalige Whiskyfässer)
Maße (B/H/T): 15,4/24,6/21,3 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: 520 €

 

Pioneer Electronics Deutschland
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