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Pathos Inpol Remix

Test Pathos Inpol Remix Hybrid-Vollverstärker

Pathos Inpol Remix Hybrid-Vollverstärker – “Don’t skip the BS*, please.”

*Boring Stuff. Sagt das Manual. Na, das geht ja gut los, denke ich.

Hier liegt wieder mal ein Fall vor, bei dem ich große Lust habe, Ihnen mit der Tür ins Haus zu fallen. Also, warum nicht: Das ist einer der zwei, drei besten Integrierten mit Transistor-Endstufe, die ich jemals gehört habe. Zehn grandiose Watt, die an Schönheit wohl nur schwer zu überbieten sind! So, das wäre erledigt. Ich fahre fort mit einer Einleitung zum Thema Kleinleistungs-Class-A.

Verstärker mit geringer Leistung besitzen eine lange Tradition. Natürlich auch aus technisch-historischen Gründen, denn in der Frühzeit der Verstärkertechnik gab es ausschließlich Watt-Winzlinge. Noch in den 30er Jahren galten in privaten Anwendungen (in der Praxis die Endverstärker in Luxus-Radios) fünf als Leistungs-Overkill, ganz zu schweigen davon, dass damals der Stromaufwand in Pfennigen abgerechnet wurde und derart „leistungsfähige“ Endröhren in Relation zum Durchschnittseinkommen eine sehr teure Angelegenheit waren.
Als die „Power“ viel, viel später immer billiger wurde, änderte sich auch die Lautsprechertechnik entsprechend. Man tauschte Frequenzgang und Linearität gegen Wirkungsgrad, in den 80er Jahren schließlich gipfelnd in einigen Zweiwege-Winzlingen, die mit Ach und Krach noch ein paarundachtzig Dezibel Pegel pro Watt und Meter herauswürgten. Über die „Dynamik“ solcher Kisten brauchte man sich trotz 100 oder 200 Watt Verstärkerleistung keine Illusionen zu machen. Was einige Leute trotzdem nicht daran hinderte, die flügellahmen Krücken gut zu finden. Kaum verwunderlich, dass Endstufen-Minis oder die damals noch eher selten anzutreffenden Röhren-Amps im Teamwork mit solchen Stromsenken grandios absoffen.

Doch sogar diese bleiernen Zeiten waren imstande, sich zu ändern: „Class-A“, wurde geraunt, klänge doch viel, viel besser! Wer genug Kapital hatte, bestellte die riesigen Levinson-Monos ML2, überirdische, vor Kühlrippen nur so starrende 25 Watt mit vollstabilisiertem Netzteil, die ohne viel Federlesens sogar alte Quad-Elektrostaten verprügeln konnten. Die weniger luxuriöse A-Variante war die Hiraga Class A, mit 15 Watt spezifiziert, später, unter haltloser Ausbeutung zweier rot glühender Endtransistoren, sogar mit 20 Watt (die Endtransistoren hielten ungefähr so lange wie ihre eigene Lieferfrist). Gleichzeitig nahm der Wirkungsgrad erfreulicherweise wieder zu, weil man erstaunt festgestellt hatte, dass quadratmetergroße Frequenzweichen wirklich ein klein wenig Leistung verbraten und Chassis für Hübe von 20 Millimetern tatsächlich ein bisschen Zeit benötigen.

Der Autor dieser Zeilen war damals echt mutig und bestellte ein frühes Produkt von Classé Audio, eine Pur-A-Endstufe mit der Abwärme eines Starfighter-Triebwerks, deren Leistungstransistoren sich fast wöchentlich in schwarze Schlacke verwandelten. Zwischenzeitlich klang es aber nicht soooo schlecht. Und dann war da noch, unvergessen, ein kleiner, flacher, wunderbar klingender Teewärmer von Musical Fidelity, der klebrige Wärmeleitpaste ausschwitzte und dauernd abgetrocknet werden musste. Dazwischen geisterten in eingeweihten Kreisen noch einige strenge deutsche A-Konstrukte herum, an deren Namen ich mich nicht mehr erinnere. Die hörten sich etwas gouvernantenhaft an und waren seltsamerweise trotzdem ein heißer Tipp unter krautanbauenden Grüntee-Trinkern. Nicht viel später und auch heute noch sind natürlich durchweg alle Verstärker (auch 500-Watt-Boliden) irgendwie „Class-A“, und alle sind happy damit. Und der Mond besteht aus grünem Käse. Wie jedermann weiß.

Nach dieser zugegeben langatmigen Einleitung, bei der ich sicher irgend etwas vergessen habe (ja, die schönen, weithin unterschätzten alten Class-A-Boliden von Pioneer und Stax), sind wir in puncto A-Mini-Power inzwischen bei Röhren-Eintaktern angelangt. Deren Fans haben sich notwendigerweise vollständig der Wirkungsgrad/Trioden-Fraktion verschrieben und gucken kaum noch nach links oder rechts. Falsch! Denn es sind auch höchst interessante Sand-Konzepte unterwegs. Wie etwa der Pathos Inpol Remix mit seinen brutalen zehn Watt!

Dass sich eine renommierte HiFi-Manufaktur so etwas traut, ist rar. Immerhin riskieren die auch bezüglich der Optik wunderbar mutigen Italiener ihren Ruf. Denn todsicher wird ihr kleiner Amp vom nächstbesten Halbinformierten – der nie weiter als einen Mausklick entfernt ist – mit einem 84-Dezibel-Fünfwege-Stromsauger verbandelt. Und prompt landet wieder eine Meinung in irgendeinem Forum: „Der Inpol Remix klingt aber …“ Ganz klar: Lautsprecher, und damit meine ich echte „Laut“-Sprecher, sind hier Pflicht! Andernfalls würde man eine Perle vor verfressene Schweinchen werfen – anstatt zu hören, zu welchem Punch und zu welcher Dynamik zehn Watt fähig sind.

Der Pathos Inpol heißt auch deshalb „Remix“, weil er einen DAC eingebaut hat. Der benötigt auch unter Mac OS einen Treiber, den die Italiener freundlich via Speicherstick mitliefern. Danach stellt man dann fest, dass die „Direct“-Funktion von Audirvana Plus ausgeschaltet werden muss, um das Ganze zum Funktionieren zu bringen. Kein klanglicher Beinbruch, wenn Sie mich fragen, denn der auch HD-fähige Pathos-DAC ist eine gelungene Entwicklung, die keinerlei Anlass dazu gibt, nach anderen hübschen Digital/Analog-Wandlern zu schielen.

Bei der Inbetriebnahme fällt auf, dass weder der kleine Inpol über eine Beschriftung verfügt noch die Fernbedienung eine solche aufweist. Somit hat man auch keine Ahnung, wo der Pegelsteller gerade steht. Das ist mir etwas zu wenig und sogar irgendwie gefährlich. Zumal hier ein grandios guter Störspannungsabstand vorliegt: Mit dem Ohr am Line-Magnetic-597-Hochtöner ist bestenfalls ein weit entferntes, minimales Rauschen zu erahnen, am 96-Dezibel-Breitbänder meiner A23-Rondo hört man auch praktisch nichts. Und das ist (übrigens im Teamwork mit der Energia Definitva von HMS) nicht weniger als sensationell.
Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten: Dass der Pathos Inpol Remix jedesmal, wenn er aus dem Standby-Betrieb geweckt wird, wieder auf seinen ersten Line-Eingang schaltet, ist schlicht nur nervig, denn der USB-Eingang verschwindet damit ebenfalls aus dem Fokus des Computers, der folglich prompt wieder die eigenen Lautsprecher aktiviert. Dass die buchstäblich pathetischen Kühlrippen tatsächlich Class-A-typisch sehr heiß werden, sei dem Kleinen dagegen verziehen – das muss fast zwangsläufig so sein. Empfindsame Händchen benutzen ohnehin besser Handschühchen, wenn sie den Inpol Remix einmal tragen müssen, denn zudem sind die Kühlelemente unangenehm scharfkantig. „Obacht und Pfoten weg“ lautet auch die Devise für die beiden nach oben heraus guckenden Doppeltrioden, die von je drei nicht minder wehrhaften Alu-Plättchen umgeben sind. Irgendwie scheinen die Italiener etwas gegen Körper- und Röhrenkontakt zu haben.

Über die patentierte „Inpol“-Schaltung von Pathos sind die Informationen rar. Sogar tief vergraben auf der Website der Italiener wird angesichts eines in sich etwas widersprüchlichen rudimentären Strichzeichnungs-Schaltbilds bestenfalls klar, dass es sich um ein Teamwork zwischen spannungsverstärkender Röhre und stromverstärkendem Ausgangs-MOSFET handelt. Röhren sind geradezu prädestiniert, große Signalamplituden an das hochohmige, deshalb praktisch leistungslos ansteuerbare Gate (der Steuer-Eingang eines MOSFETs) zu liefern, während sie sich mit hohen Strömen ja bekanntermaßen schwertun. Der Ausgangs-MOSFET besitzt hier eine Spannungsverstärkung von null und „steht“ mit seiner Source/Drain-Strecke auf einer niederohmigen Spule; ausgekoppelt wird via Kondensator. Das ist zumindest das Prinzip der Inpol-Schaltung, die hier in komplett symmetrischer (oder gebrückter Single-ended-Form) vorliegen soll und eingangsseitig mit Röhren des Typs 6922 bestückt ist. Alles gegenkopplungsfrei und pur Class-A, versteht sich. An sich handelt es sich bei Inpol um eine clevere Technik mit extrem kurzem Signalweg, die trotz großer Koppelkapazität bereits theoretisch vielversprechend aussieht und im Inpol Remix womöglich in ihrem „reinsten“ und am wenigsten komplexen Destillat vorliegt. Pathos behauptet, dass man auch die Bauteile in Hunderten von Hörstunden ausgesucht habe. Ja, ja, schon gut, gähnt da der Tester. Doch das übliche Marketing-Gerassel wird in diesem Fall durch den Klang geadelt.

Wie es die Italiener schaffen, dass der Inpol Remix gleichzeitig wunderbar glatt, sanft, ja, geradezu superseidig und trotzdem aufregend perlig-frisch, rasend schnell und begeisternd dynamisch arbeitet, weiß ich auch nicht. Meine Klang-Notizen sind nämlich ebenso haltlos begeistert wie widersprüchlich. Genauso widersprüchlich wie dieses kleine, brandheiße, kantige Kerlchen, das ich am liebsten nicht wieder herausrücken würde. Ist seine Tonalität doch eine, die ich so vorher noch nie gehört habe. Subjektiv zudem extrem verzerrungsfrei und hypertransparent, aber niemals auch nur einen Hauch jener Nervigkeit aufweisend, mit der mir sehr frische, hochtonstarke, eher analytische Verstärker oft genug den Langzeit-Hörspaß eintrüben. Dass ein Teil dieser Sauberkeit im Ton von dem astronomisch guten „Signal-to-Noise“ herrühren muss, scheint einleuchtend. Doch das wäre sicher nur die halbe Wahrheit.

Wie viele – oder besser: wie wenige herausragende Verstärker wirkt auch der Pathos zunächst räumlich vordergründiger, präsenter und direkter, als man das vielleicht gewohnt sein mag; seine 3D-Wiedergabe ist sehr, sehr breit ausgeprägt, vermittelt ungemein viel Raumeindruck, ist allerdings ein kleines Quäntchen „tiefer“ angesiedelt als üblich. Damit meine ich ein minimal nach unten versetztes Bühnenbild, nicht störend, die Glaubhaftigkeit nie tangierend, aber durchaus auffällig. Was links und rechts direkt am Lautsprecher – oder sogar weit darüber hinaus – stattfindet, liegt virtuell dennoch immer „hinter“ der Box, nicht „im“ oder „am“ Chassis. Die Stimmenreproduktion finde ich nicht weniger als sensationell: Extrem eingängig, zart wie mit Samthandschuhen hingestellt, dennoch bei Bedarf voluminös, druckvoll und fest umrissen; Verfärbungen sind nicht feststellbar, falls die völlige Abwesenheit jeder Art von Rauigkeit im Ton nicht als solche interpretiert wird …

Wer aber trotz vollen Informationsgehalts noch ein hell glitzerndes Hochton-Mäntelchen fordert, der wird hier nicht fündig. Gerade der alte deutsche Hörgeschmack – auch bei Testern noch weit verbreitet – sucht gerne nach einem kleinen überanalytischen Einschlag, der für meinen Geschmack mit eher eisigem Tonfall Transparenz nur vortäuscht, anstatt das Hochtonspektrum auch wirklich in seiner vielfältigen Farbenpracht darzustellen. Doch genau das vermag dieser kleine Hybrid-Amp, der seinen Zuhörer schon mit dem ersten Ton auf eine spannende Reise mitnimmt und völlig vereinnahmt, übrigens wider Erwarten auch mit flinkem, druckvollem, knorrigem, dennoch fein ziseliertem und insbesondere klangfarbenprächtigem Bass aufwartet. Und zur Sicherheit, ganz eindringlich und voller Sorge um die Reputation dieses absolut herausragenden italienischen Verstärkers noch einmal: Das alles gelingt so jedoch nur, wenn „hinten“ ein in puncto Energie anspruchsloser, unkomplizierter, besser auch hochohmiger Lautsprecher benutzt wird!

 

Pathos Inpol Remix
Prinzip: Hybrid-Vollverstärker mit Röhrenvorstufe
Ausgangsleistung (8 Ω): 2 x 10 W
Eingänge: 1 x Line (Cinch), 1 x Line symmetrisch (XLR), 1 x USB A, 1 x USB B
Ausgänge: 1 x Pre Out (Cinch), 1 x Lautsprecher (Polklemmen)
Besonderheiten: Fernbedienung, integrierter DAC 24/192, USB-Treiber mitgeliefert; optional ohne DAC lieferbar
Röhrenbestückung: 2 x 6922
Stromaufnahme aktiv: 110 W
Maße (B/H/T): 32/18/29 cm
Gewicht: 13 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 5000 €

 

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