Test Optoma NuForce HEM Dynamic – Held der Aufsteigerklasse
Unterwegs mit High Resolution In-Ear-Kopfhörern
Es ist noch gar nicht lange her, dass mich ein paar kleine K(n)opfhörer über Wochen von der Anlage fernhielten. Die HEM-8-In-Ears (Lesen Sie hier den Test) Topmodell der In-Ear-Linie von Optoma NuForce, faszinierten mit brillanter Detailauflösung und knackig-detaillierten Mitten inklusive Monitoring-Qualitäten, die minderwertige Digitalkost ungenießbar werden ließen. Ein exquisites Arbeitsgerät für Profis im Studio einerseits und anspruchsvoller Mobil- (einen adäquaten Kopfhörerverstärker vorausgesetzt) sowie superber Monitor-Kopfhörer an der heimischen Anlage andererseits. Diese kleinen In-Ears waren so faszinierend, dass die von mir gewohnten Lautstärkeemissionen über Wochen gegen Null tendierten. Bedauerlicherweise fielen die HEM 8 mit knapp sechshundert Euro etwas aus dem Rahmen dessen, was ich bei meinem Verschleiß an In-Ears auszugeben bereit bin. Mountainbiken bei Schmuddel-Wetter und Edel-In-Ears für den Studioeinsatz ergänzen sich nicht unbedingt perfekt. Wer in den Wald spielen geht, zieht auch nicht seinen besten Anzug an, oder? Daher liegt mein mir selbst gesetztes Budget bei einhundert Euro, somit in der gehobenen Aufsteigerklasse.
Genau in diese Kategorie fällt auch der Optoma NuForce HEM Dynamic, das günstigste Modell im Sortiment, das mich seit ein paar Tagen durch Feld und Flur begleitet. Obwohl fünfhundert Euro die ungleichen Geschwister trennen, wurden dem „kleinen“ Bruder wichtige Eigenschaften des Top-Modells vererbt. Gemeinsam haben die ungleichen Brüder beispielsweise die Steckverbindung der Zuleitung, was es im Bedarfsfall ermöglicht, die Strippen zu tauschen, ohne gleich einen neuen Kopfhörer erwerben zu müssen. Auch die Spritzform des resonanzarmen Lexan-Gehäuses muss identisch sein, denn keine Kanten stören die organische Bauform. Der HEM Dynamic bietet den identischen, vom HEM 8 gewohnten, superben Tragekomfort. Das liegt nicht zuletzt an der nur anfangs fummeligen Kabelführung über die Ohren, die durch Zugentlastung für einen sicheren Sitz der kleinen Knöpfe im Ohr sorgt. Das Zubehör fällt zwar etwas weniger luxuriös als beim HEM 8 aus, trotzdem fehlt es an nichts. Insgesamt fünf Paar Ohrstöpsel (Silikonpolster in S, M und L sowie Comply-Foam-Stöpsel in M und L) und ein strapazierfähiges Transport-Case, sind preisklassenbezogen immer noch mehr als der gewohnte Standard in der Aufsteigerklasse. Lediglich das geflochtene Kabel des HEM 8 vermisse ich, da die Ausführung mit glattem Kabel bei leisem Pegel geringfügig Körperschall überträgt. Sehr nützlich finde ich das angenähte Klettband, mit dem sich das Kabel des HEM Dynamic ordentlich zusammenlegen lässt, ohne zu verknoten, wenn die In-Ears in die Hosentasche (meistens) anstatt ins Case (kam nur selten vor) gestopft werden.
Ob man jetzt sechs- oder nur einhundert Euro für sein HEM-Modell gelöhnt hat, die Verarbeitung ist in beiden Fällen superb! Optisch unterscheiden sich die ungleichen Brüder sowieso nur in den lieferbaren Farben: den HEM 8 gibt’s nur in edlem Schwarz, beim HEM Dynamic bleibt die Wahl zwischen „Crystal White“ oder, wie in meinem Fall, „Charcoal Black“. Durch die semipermeable Gehäusehälfte erhält man einen Blick auf den kleinen Treiber im Inneren. Und schon sind wir bei den entscheidenden Unterschieden zwischen beiden angelangt. Im HEM 8 arbeiten pro Ohr vier BAT-Treiber, der HEM Dynamic begnügt sich – Nomen est Omen – mit einem dynamischen Treiber pro Seite. Die Impedanz liegt bei niedrigen 16 Ohm, was die problemlose Verwendung am Smartphone ermöglicht. Der Dynamic spielt schon ohne separaten Verstärker wirklich laut und sauber, ohne auf Hilfe durch externe Nachbrenner angewiesen zu sein.
Für mich der erste große Pluspunkt für den Kleinen, denn es nervt schon gewaltig, wenn man beim Sport noch einen zusätzlichen Kopfhörerverstärker in den Rucksack zwängen muss. Beim damaligen Test des HEM 8 kam ich mir zudem auf dem Laufband etwas doof vor, wenn ich stundenlang mit dem M-DAC mini von Audiolab in der Hand vor mich hin trabte. Dem HEM 8 gäbe ich zu Hause oder auf einer längeren Zugfahrt sicherlich den Vorzug, doch im alltäglichen mobilen Leben ist der HEM Dynamic eindeutig praktischer.
Auch klanglich liefert der „dynamische“ HEM eine gefällige Vorstellung, ohne auf audiophiles Material angewiesen zu sein. Jedoch benötigt er etwas mehr Einspielzeit als der HEM 8, der schon direkt aus der Packung mit frappierendem Detailreichtum punktete, allerdings nicht gerade gnädig auf komprimiertes Material von mittelprächtiger Qualität reagierte. Hier liegt die große Stärke des Dynamic. Der kleine HEM zeigt sich viel großmütiger, wenn es um suboptimale Formate oder Aufnahmen bzw. unaudiophile Musikstile geht – also um den größten Teil meiner „Playlist für den sportlichen Einsatz“! Respektloser Punk von Boy Sets Fire, ältere Technosets und Hip-Hop mit coolen Beats passen einfach besser zum Mountainbiken als Duke Ellington oder Dvorâk in HiRes-Qualität. Was absolut keine Kritik sein soll, sondern eher als Verneigung vor der Alltagstauglichkeit zu verstehen ist.
Der HEM Dynamic bildet generell etwas kompakter ab, als das vielfach teurere Top-Modell und leuchtet nicht ganz so tief in die Struktur der Musik. Was mir aber hervorragend gefällt: Die Musik steht, ungeachtet der Stilrichtung, auf einem vollen, nicht übertriebenen Tieftonfundament und klingt sehr konturiert (auch wenn der HEM 8 hier das Maß der Dinge bleibt). Der Mittenbereich wird warm und detailreich reproduziert und ergänzt sich sehr stimmig mit den klar durchgezeichneten, jedoch niemals nervigen Höhen.
Ginge es nach mir, benötigt man eigentlich beide Enden der Produktlinie zum Glück. Der HEM 8 ist im stationären Heim-Einsatz einfach eine Wucht, doch unterwegs greife ich lieber zum Dynamic. Dann ist der kleine HEM einfach praktischer (kein externer Amp nötig) und genügsamer. Ich glaube, ich behalte den Kleinen einfach, denn für unter hundert Euro kenne ich bis dato keinen K(n)opfhörer mit ähnlichem Qualitäten. Ein echter Held der Aufsteigerklasse!
In-Ear-Kopfhörer Optoma NuForce HEM Dynamic
Funktionsprinzip: dynamischer Treiber
Gehäuse: geschlossene Bauform
Frequenzgang: 20–40.000 Hz
Impedanz: 16 Ohm
Gewicht: ca. 16 g
Ausstattung: Kabel incl. Remote und Mikrofon (austauschbar), 3 Paar Silikon-Ohrpolster(S, M, L), 2 Paare Comply-Foam-Ohrpolster (M, L), Transporttasche, Kabelclip
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 99 Euro
Kontakt:
Optoma Deutschland GmbH, Wiesenstraße 21,40459 Düsseldorf, Telefon 0211 50 66 67