Test Netzkabel ViaBlue X-40 Silver und X-60 Silver – Straighter Strom
ViaBlue hat sein Kabelprogramm um Netzkabel erweitert – firmentypisch solide und voodoofrei. Die beiden großen Modelle X-40 und X-60 lassen aufhorchen
Für die einen ist es Voodoo, für die anderen die Basis für guten Klang überhaupt: Strom-Tuning. Dass die Befürworter solcher Maßnahmen sich kaum einig darüber sind, was man denn nun tun soll oder was nicht, bestärkt die Skeptiker. Mit den Netzkabeln der X-Silver-Serie steigen nun die Kabel- und Zubehörspezialisten von ViaBlue in das Thema ein und verfolgen dabei einen recht pragmatischen Ansatz.
Die Sache mit den letzten Metern
Der Streit um Sinn oder Unsinn von „audiophilen“ Netzkabeln wirft einige Fragen auf. Zum Beispiel, was die letzten anderthalb Meter Stromleitung für einen Einfluss haben können, wenn der Strom zuvor vom Kraftwerk erst Hunderte von Kilometern durch ein Netz fließt, auf das man eh keinen Einfluss hat. Eine Antwort ist, dass man aber eben auf die letzten anderthalb Metern darauf Einfluss hat. Oder die Frage, ob man HiFi-Komponenten nicht von vornherein so konstruieren kann, dass sie im Zusammenspiel mit einer Standard-Strippe am besten klingen. Nun, für die Strecke vom Kraftwerk bis zu Steckdose gibt es kaum echte Standards – da sollen dann die letzten anderthalb Meter standardisiert sein?
Solche Fragen können Sie jetzt spitzfindig finden, trotzdem steckt eine Wahrheit dahinter. Wie Sie damit umgehen, hängt wohl am stärksten von Ihrer persönlichen Neugier ab. Entweder ignorieren Sie das Thema komplett und versuchen auch gar nicht erst, darüber zu diskutieren. Oder Sie beschäftigen sich halt näher damit. Doch selbst diejenigen, die das Thema am liebsten ignorieren, müssen damit rechnen, eines Tages Brummprobleme mit ihrem Röhrenverstärker zu haben oder mit der Phonovorstufe Radio zu empfangen. Klar, das dürfte eigentlich nicht sein, doch Störfelder gibt es trotz VDE und EMVG überall.
Pragmatismus in der Praxis
ViaBlue ist seit Jahren mit hochwertigen Kabeln auf dem HiFi-Markt vertreten und genießt einen exzellenten Ruf. Dabei gefällt mir, dass die Firma bei ihrer ihren Produktphilosophie grundsätzlichen einem pragmatischen Ansatz folgt. ViaBlue bemüht weder kaum erforschte Effekte der Quantenphysik, noch exotische Materialien aus streng geheimen NASA-Laboren, keine Esoterik, keine Parawissenschaften – nix dergleichen. Die ViaBlue-Konstrukteure verkünden stattdessen geradeheraus, dass sie neue Produkte zunächst am Computer entwickeln, schließlich mit Hilfe von Vorserienmustern testen, optimieren und zur Produktionsreife bringen. Und das scheint mir doch genau der richtige Background zu sein, um möglichst unvoreingenommen an das Thema Netzkabel heranzugehen.
ViaBlue hat mir die Modelle X-40 Silver und X-60 Silver in einer praxisgerechten Länge von jeweils 2 Metern geschickt, „von der Stange“ wären auch 1, 3 und 5 Meter lieferbar. Die Preise der Testkabel liegen mit 346 Euro (X-40) respektive 370 Euro (X-60) recht nah beieinander. Der Unterschied zwischen den beiden Netzkabeln besteht im Wesentlichen im Querschnitt der verwendeten versilberten Kupferlitzen: Das X-40 bietet 3 × 4 Quadratmillimeter, das X-60 hingegen 3 × 6 Quadratmillimeter. Alle Kabel der X-Serie besitzen eine aufwändige doppelte Abschirmung: Der erste Schirm ist ein Geflecht aus 32 verwobenen Litzen mit 0,1 Millimeter Durchmesser, der zweite eine Alu-kaschierte PE-Folie. Das Ganze ist zudem noch von einem Geflechtschlauch überzogen, sodass sich für X-40 und X-60 nicht ganz unbeträchtliche Gesamtdurchmesser von 16 und 18,5 Millimetern ergeben. Angesichts dieses Gartenschlauch-Formates hätte ich mich auch über Gardena-Kupplungen zum Anschluss wohl nur kurz gewundert. Stattdessen gibt es glücklicherweise Netzstecker und -buchsen aus der T6s-Serie von ViaBlue: ultrasolide Konstruktionen mit vergoldeten Kontakten. die bei Koaxialkabeln zwischen Leiter und Schirmung auftretenden Innen- und Zwischenströme zuverlässig. Brummschleifen sollten damit kein Thema sein.
Unter Strom
Optisch und materialtechnisch machen die ViaBlue-Netzkabel auf jeden Fall schon mal ordentlich was her. Freilich darf es hinter dem HiFi-Rack beim Einsatz der X-Silver-Kabel nicht allzu beengt zugehen. Stecker und Buchsen allein haben schon eine überdurchschnittliche Bautiefe, hinzu kommen die nicht unbeträchtlichen Biegeradien der dicken Kabel. 20 Zentimeter Luft zwischen Geräterückseite und Wand sollten Sie einplanen. Auch warum ViaBlue die Netzkabel vorkonfektioniert erst ab 2 Metern Länge liefert, wird mir beim Verlegen klar: Durch die großen Biegeradien benötigt man einfach etwas mehr Länge. In der Praxis lassen sich zwei Meter lange X-Silver-Netzkabel von ViaBlue in etwa dort einsetzen, wo man bei flexibleren Kabeln noch mit anderthalb Metern auskäme. So muss ich meine HiFi-Racks erst einmal ein Stückchen weiter von der Wand abrücken, bevor ich das X-40, das ich als erstes ausprobieren möchte, anschließen kann.
Da der konstruktive Schwerpunkt der X-Silver-Netzkabel auf einer möglichst hohen Abschirmung liegt, halte ich es für sinnvoll, sie an einen Netzfilter anzuschließen. So kann sich das Filter um die aus dem Stromnetz ankommenden Störungen kümmern, während das Netzkabel den sauberen Strom dann – möglichst ohne neue Einstrahlungen aufzufangen – zum Verbraucher weiterleitet. Ob Sie dazu auf ein passives Filter, eine aktive Stromaufbereitung oder sogar auf eine Akku-Stromversorgung, etwa in Form eines „Stromtanks“ zurückgreifen, bleibt natürlich Ihnen überlassen. Bei mir ist es ein passives Audioplan FineFilter S, das – üblicherweise verbunden über ein Audioplan PowerChord – den Strom für meinen großen, „heißen“ Vollverstärker Musical Fidelity AMS 35i aufbereitet.
Feinstoffliches
Nachdem ich das dicke ViaBlue X-40 angeschlossen habe (und die Lautsprecher- und NF-Kabel in der Nähe plötzlich etwas verschlankt wirken), achte ich genau auf klangliche Veränderungen. Hierzu noch eines vorweg: Selbstverständlich kann ein audiophiles Netzkabel – ja, Strom-Tuning überhaupt – aus einer guten HiFi-Kette keine sehr gute machen. Aber es ist durchaus möglich, aus einer sehr guten Kette noch das eine oder andere Quäntchen mehr Klang herauszuholen. Obwohl schon mein Audioplan-Kabel ein deutliches Upgrade gegenüber einer Standard-Strippe darstellt, bin ich überrascht, was sich beim Einsatz des X-40 noch tut. Mit dem ViaBlue gewinnt das Klangbild nochmal hörbar an Ruhe. Damit ist keinesfalls ein Verlust an Dynamik gemeint, ganz im Gegenteil: Der dynamische Eindruck gewinnt durch das ViaBlue sogar, da der Hintergrund – das, was man gerne als „Schwärze‟ bezeichnet – ruhiger erscheint. Am deutlichsten ist das am Rand des musikalischen Geschehens zu vernehmen. Atem- und Artikulationsgeräusche einer Sängerin zum Beispiel kommen beim Einsatz des ViaBlue konkreter, klarer und kontrastreicher rüber. Gleiches gilt etwa für die Griffgeräusche eines Gitarristen oder das typische „Klappern“ der Ventile am Saxophon. Mit dem ViaBlue X-40 Silver scheinen (noch) mehr Informationen in der Musik zu stecken, einzelne Töne wirken facettenreicher. Dieses Mehr an Mikroinformationen kommt übrigens auch der räumlichen Abbildung zugute: Die Konturenschärfe der einzelnen am musikalischen Geschehen beteiligten Akteure gewinnt.
Der nachfolgende Umstieg auf das größere X-60 bringt in meinem Setup praktisch keine hörbare Veränderung, also auch keine klar erkennbare Verbesserung mehr. Der größere Leiterquerschnitt erhöht bei so kurzen Strecken im Zweifelsfall eh hauptsächlich die Stromleitfähigkeit des Netzkabels. Somit dürfte das (noch) dickere X-60 Silver seine konstruktiven Vorteile wohl am ehesten an Geräten ausspielen, die deutlich mehr Strom fordern als mein 35 Watt starker Class-A-Vollverstärker. Gleichwohl lässt sich der äußerst moderate Mehrpreis vom 60er zum 40er Modell wohl auch mit nochmals gesteigerter „Repräsentationswirkung“ argumentieren.
Alles in allem überzeugen mich beide ViaBlue-Netzkabel auf der ganzen Linie. Angesichts der exzellenten Verarbeitung und des klaren klanglichen Zugewinns darf man X-40 Silver und X-60 Silver im Vergleich zu ähnlichen Produkten sogar noch als preisgünstig bezeichnen.
Aufbau: 3 x 4 qmm versilberte Kupferlitze
Stecker/Kupplung: ViaBlue Serie T6s
Durchmesser: 16 mm
Preisbeispiel (2m, konfektioniert): 346 €
Aufbau: 3 x 6 qmm versilberte Kupferlitze
Stecker/Kupplung: ViaBlue Serie T6s
Durchmesser: 18,5 mm
Preisbeispiel (2m, konfektioniert): 370 €
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