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Musical Fidelity MX-VNYL

Test Musical Fidelity MX-VNYL Phono Vorverstärker

Musical Fidelity MX-VNYL Phono-Vorverstärker – Lizenz zum Fremdgehen

Die MX-Serie von Musical Fidelity umfasst einige kleine Zusatzgeräte, die sich besonders auch für das Zusammenspiel mit Komponenten anderer Hersteller eignen. Vorhang auf für den Phono-Vorverstärker MX-VYNL.

Musical Fidelity MX-VNYLDa hatte ich den Mund wohl etwas zu voll genommen: Als es neulich bei einer Themenbesprechung um den vollsymmetrischen Musical Fidelity MX-VYNL ging, rief ich ohne groß darüber nachzudenken: „Hier – zu mir!“ Immerhin verfüge ich über eine Vorstufe mit symmetrischen Eingängen (Bryston BP-25MC) und selbstverständlich auch über symmetrische Hochpegel- und Phonokabel. Außerdem war ich wirklich neugierig auf den kleinen Phonoentzerrer von Musical Fidelity. Was ich allerdings nicht ahnte: Er verwendet als symmetrischen Eingang eine recht selten anzutreffende fünfpolige Mini-XLR-Buchse.

Dass es mir in den darauffolgenden Wochen nicht gelingen wollte/sollte, ein entsprechendes Tonarmkabel aufzutreiben, dürfte aber eher daran liegen, dass der MX-VYNL für seine unverschämt gute Performance gar keine symmetrische Ansteuerung nötig hat. Denn glücklicherweise kann man Musical Fidelity MX-VNYLseinen Plattenspieler auch ganz klassisch – also unsymmetrisch per Cinchbuchsen – mit dem kleinen Briten verbinden. Womit wir schon bei den Anschlussmöglichkeiten auf der Rückseite des exquisit verarbeiteten Gehäuses angekommen sind. Hier geht es aufgrund der Breite von nur 22 Zentimetern etwas gedrängt, aber nicht wirklich eng zu. Eingangsseitig gesellt sich zur schon erwähnten Mini-XLR-Buchse und den vergoldeten RCA-Buchsen noch eine geradezu luxuriöse, weil bemerkenswert massive Erdungsklemme. Ausgangsseitig stehen wiederum Cinch- und XLR-Buchsen zur Verfügung, eine unscheinbare Buchse zum Anschluss des externen Steckernetzteils ist ebenfalls vorhanden. Dank eines auf der Rückseite angebrachten Umschalters zwischen symmetrischem und unsymmetrischem Eingang kann man auch zwei Plattenspieler (oder einen mit zwei Armen) anschließen. Sämtliche Stecker und Buchsen hinterlassen einen geradezu überragenden Eindruck. Anschlüsse dieser Qualität findet man typischerweise erst bei Geräten ganz anderer Preisklassen – und auch dann keineswegs immer.

Die Vorderseite des MX-VYNL, die in Schwarz oder Silber verfügbar ist, wirkt ebenfalls sehr aufgeräumt und wird durch einen runden, stets silberfarbenen Drehschalter dominiert. Dieser ermöglicht einerseits die Wahl zwischen Moving-Magnet- und Moving-Coil-Systemen, andererseits die Feinanpassung durch die Einstellung der Eingangskapazität für MM-Systeme und Eingangsimpedanz für MC-Systeme. Die zur Auswahl stehenden Werte sind ausgesprochen praxisgerecht ausgewählt: Mit fünf verschiedenen Eingangsimpedanzen sollte jedes MM und mit sieben Impedanzwerten jedes MC adäquat abgeschlossen werden können.

Musical Fidelity MX-VNYL optimale Abschlusswerte für diverse Tonabnehmer
Die Tabelle spiegelt die vom Autor als ideal befundenen Abschlusswerte der jeweiligen Tonabnehmer wider. Diese sollten aber keineswegs dogmatisch aufgefaßt werden, denn auch das eigene Klangempfinden spielt eine entscheidende Rolle.

Über den Grundverstärkungsfaktor des MX-VYNL schweigt sich Musical-Fidelity-Chef Anthony Michaelson allerdings genauso aus wie über technische Details seiner Verstärkerschaltung. Ein kleiner silberner Schalter hebt bei Bedarf den Verstärkungsfaktor des kleinen Phonoentzerrers um sechs Dezibel an. Ein weiterer, mit „EQ“ bezeichneter Schalter ermöglicht den Betrieb mit (IEC) und ohne Subsonicfilter (RIAA). Ganz rechts folgt noch der Power-Schalter, der in Wirklichkeit den MX-VYNL nur aus dem Standby-Schlaf holt. Dass er währenddessen nur etwa 0,25 Watt verbraucht, beruhigt auch das Umweltgewissen.

 

Musical Fidelity MX-VNYL

Als es nun daran ging, dem Musical Fidelity MX-VYNL auf den Zahn zu fühlen, wurde das EMT JSD-6 im SME Series V auf meinem SME Model 10 montiert, das Rega Elys 2 befand sich im neuen Rega Planar 3 (Bericht in einer kommenden Ausgabe), während das Audio Technica AT-20SLa, das Goldring G-2200 und das Ortofon Quintet Black der Reihe nach im Technics SL-1210 Mk2 montiert wurden. Hierzu habe ich eine Tabelle angefertigt, in der die von mir als ideal befundenen Werte zu finden sind. Diese sollten Sie aber keineswegs dogmatisch auffassen, schließlich spielt ja auch das eigene Klangempfinden eine entscheidende Rolle.

Bevor wir uns den klanglichen Tugenden der Musical Fidelity MX-VYNL widmen, noch ein paar Worte zu ihren technischen Eigenschaften. Die Phonostufe macht nie ungebührlich auf sich aufmerksam, weder Rauschen, Brummen, Spratzeln noch ungewollter Radioempfang sind zu vermelden. Wenn man einmal von den etwas exotischen Buchsen für den symmetrischen Betrieb absieht, kann ich Musical Fidelity nur bescheinigen, mit der MX-VYNL ein in jeder Hinsicht praxisgerechtes Gerät in hochwertiger Ausführung zu einem nicht nur sehr fairen, sondern geradezu sensationell günstigen Preis anzubieten. Das liegt nicht nur in der Ausstattung oder ihren technischen Eigenschaften begründet, sondern vor allem in der Klangqualität. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie eine externe preisgünstige Phonovorstufe bei mir zu Hause hatte, die mich so sehr zum Musikhören verleitet hat wie die MX-VNYL. Nicht nur das: Was das Auflösungsvermögen angeht, ist sie der erste Phonopre in dieser Preisklasse, der die interne Phonoplatine meiner – zugegeben etwas in die Jahre gekommenen – Bryston BP-25MC doch recht eindeutig übertrumpft. Das gelingt typischerweise erst Vorvorverstärkern mit Preisen deutlich jenseits von 2000 Euro!
Es sind gleich mehrere Dinge, die mich am kleinen Musical Fidelity besonders faszinieren. Zum einen ist es diese raffinierte Synthese von Detailauflösung und außergewöhnlich musikalischem Feingespür, die man nicht nur in seiner Preisklasse als maßstabsetzend bezeichnen kann. Zum anderen hat er einen geradezu siebten Sinn für Rhythmus. Aufgefallen ist mir das schon beim ersten Reinhören, als ich gerade dabei war, meine Schallplattensammlung umzusortieren. Unter anderem fielen mir zwei LPs von Yello in die Finger (Stella und One Second), die ich beide erstmals komplett durchhörte. Hatte ich zuvor beide Platten immer als „Ganz nett, muss man aber nicht unbedingt haben“ durchgewunken, so hat mir die ausgefuchsten Yello-Rhythmen bislang nur der Musical Fidelity so richtig vor Ohren geführt.

Diese herausragende Fähigkeit, rhythmische Strukturen offenzulegen und – quasi ganz nebenbei – auch noch in kräftigen Klangfarben zu zeichnen und einen riesigen virtuellen Raum aufzuspannen, könnte man fast schon als Übertreibung identifizieren, wenn der MX-VYNL nicht gleichzeitig auch die ihm übertragenen sensiblen Signale gewissenhaft verwalten würde. Das zeigt sich beispielhaft bei der Ersten Sinfonie von Arnold Bax (London Philharmonic Orchestra unter Bryden Thomson; Chandos), die ich ebenfalls beim Umräumen wiederentdeckt habe. Während das Orchester in voller Größe und Ausdehnung und mit enormer Klangfarbenpracht dargestellt wird, wirkt dennoch kein Detail übertrieben oder tonal überbetont. So kann ich die Musik des fast vergessenen englischen Komponisten einfach für mich entdecken, ohne dabei auch nur einen Gedanken an den Phonoentzerrer verschwenden zu müssen. Der Musical Fidelity ist halt gerade angeschlossen und tut erfreulicherweise exakt das, was ein guter und universell einsetzbarer Phono-Vorverstärker eben so tun sollte – nämlich die delikaten Signale eines beliebigen (!) Tonabnehmers zu verstärken. Das gilt für den Musical Fidelity übrigens in ganz besonderem Maße, wenn er symmetrisch zum nachfolgenden Vor- oder Vollverstärker Kontakt aufnimmt. Auch wenn das Tonabnehmersystem selbst nicht symmetrisch an den Phonopre angeschlossen ist, entfalten sich klangliche Feinheiten über dessen XLR-Ausgang noch deutlicher vor dem schon so oft erwähnten schwarzen Hintergrund.
Symmetrische Signalverarbeitung hin oder her: Der hochtalentierte Musical Fidelity MX-VYNL ist mehr als jeden einzelnen Cent wert, ist nicht nur ein veritabler Alleskönner, sondern geradezu ein Geschenk an die Vinylliebhaber dieser Welt. Wer sich diese Einladung zum (Marken-)Fremdgehen entgehen lässt, ist selbst schuld.

Musical Fidelity MX-VNYL Navigator

 

Phono-Vorverstärker
Musical Fidelity MX-VYNL

Funktionsprinzip: vollsymmetrischer Phono-Vorverstärker für MM- und MC-Betrieb
Eingänge: symmetrisch (Mini-XLR), unsymmetrisch (Cinch)
Ausgänge: unsymmetrisch (Cinch) und symmetrisch (XLR)
Besonderheiten: Subsonicfilter (IEC, schaltbar), variable Verstärkungsfaktoren, Eingangswiderstände (MC) und Eingangskapazitäten (MM)
Eingangsempfindlichkeiten (0/+6 dB): MM 5/2,5 mV, MC 0,8/0,4 mV
Eingangswiderstände: 10/20/50/100/200/400/800/1200/47000 Ω
Eingangskapazitäten: 50/100/200/300/400 pF
Maße (B/H/T): 22/5,3/22 cm
Gewicht: 2 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 1000 €

Reichmann AudioSysteme
Graneggstraße 4
78078 Niedereschach
Telefon 07728 1064

 

www.reichmann-audiosysteme.de

 

Mitspieler
Plattenspieler: Rega Planar 3 (2016), SME Model 10, Technics SL-1210 Mk2
Tonarme: Rega RB 330, SME M2-9R, SME Series V, Technics EPA-120
Tonabnehmer: Audio Technica AT-20SLa, EMT JSD 6, Goldring G-2200, Ortofon Quintet Black, Rega Elys 2
CD-Player: Bryston BCD-1, NAD 5420
Netzwerkspieler: Muvid IR 815
Vorverstärker: Bryston BP-25MC
Endstufe: Bryston 3B SST
Kopfhörer: Sony MDR-1 RNC
Lautsprecher: Spendor SP100R2

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.