Test: Mehrkanal-Prozessor/Vorverstärker Trinnov Audio Altitude 16
16 Herzen schlagen in meiner Brust. Quatsch, das waren ja die Kanäle des Trinnov Altitude …
Ich gebe es zu: Ein so komplexes Gerät wie dieser Mehrkanal-Prozessor ist mir in meiner Testerlaufbahn zuvor nie begegnet. Es gibt augenscheinlich kaum etwas, das diese Maschine nicht kann, von herkömmlichen Zweikanal-Vorverstärkern könnte sie nicht weiter entfernt sein. Ja, natürlich habe ich zu Hause so etwas ähnliches wie ein Heimkino, mit einem fast schon antiken 5:1-Receiver, einem vergleichsweise großen 55-Zoll-Flachbildfernseher und einem BluRay-Player aktueller Bauart inklusive 3D-Fähigkeit. Aber dieses Set verhält sich zum Trinnov wie ein VW Polo mit Basismotor und Grundausstattung zu einem großen Renault oder Citroen.
Ach ja, Trinnov Audio ist im französischen Neuilly-Plaisance beheimatet – und dieser Ort scheint eine Heimstatt für eine größere Gruppe dezidierter Home-Cinema- beziehungsweise Raumklangfans zu sein.
In mein beschaulich stereofones Leben platzt der Trinnov Altitude 16 wie eine ganze Reihe von Klang-Explosionen. Und ich kann gut verstehen, wenn jetzt die Frage kommt, warum ich mich mit diesem Ding aus einer anderen (Hör-)Welt überhaupt abgebe. Ganz einfach: Weil ein Teil dieser Welt schon ganz lange bei mir im Regal steht, ohne jemals richtig erkundet worden zu sein.
Die Rede ist von meiner doch ziemlich umfangreichen SACD-Sammlung. Die Super Audio CD ist ja nach einer puristisch stereofonen Startphase ziemlich schnell mehrkanalig geworden. Und dass Firmen wie Marantz oder Pioneer regelmäßig reine Stereoplayer auf den Markt bringen, sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass der Löwenanteil der SACDs das Musiksignal nicht nur in einer Zweikanal-Mischung beinhaltet, sondern auch in mehr oder weniger gelungenen Surround-Abmischungen. Einen spannenden Sonderfall stellt eine Handvoll historischer „Living Stereo“-Aufnahmen dar, die seinerzeit von der RCA in Dreikanal-Technik aufgezeichnet wurden und erst in der originalen Klanggestalt hörbar werden konnten, als Rechteinhaber Sony einige ausgewählte Scheiben aus der „Goldenen Ära“ der späten 1950er und frühen 1960er Jahre auf SACD überspielte – dreikanalig, sofern in dieser Fassung vorhanden.
Im Gegensatz zu anderen Formaten hat die Mehrkanaligkeit – nicht zuletzt, weil sie bei den meisten Filmen für den adäquaten Raumklang sorgt – den Übergang zu den modernen Medien, physisch und nichtphysisch, überstanden. Sie wurde sogar signifikant weiterentwickelt: Wer sich mit (Heim-)Kino-Tonformaten auseinandersetzt, tut gut daran, die Bedeutung von Kürzeln wie Auro-3D oder DTS:X zu lernen. Und sich darüber klar zu werden, dass der Raumklang längst einen neuen Perfektions- und Authentizitätsgrad erreicht hat – mit gar nicht überflüssigen Zugaben wie Lautsprechern, die in Deckenhöhe angebracht sind und tatsächlich echte Höhenortung von Schallereignissen ermöglichen, sofern die jeweilige Aufnahme das hergibt. Gibt es nicht? Doch, gibt es wohl. An dieser Stelle sei etwa auf die 2+2+2-Veröffentlichungen des Labels Dabringhaus und Grimm verwiesen, in denen solche Mehrkanal-Varianten durchaus werkdienlich und sinnreich eingesetzt werden.
Der Trinnov Altitude 16 stellt wie sein größerer Bruder Altitude 32 eine der luxuriösesten, aber auch aufwendigsten Möglichkeiten dar, diese durchaus audiophilen Musik-Schätze hörbar zu machen. Vor den audiophilen Lohn haben die Götter des High End allerdings den Schweiß der Konfiguration gesetzt. Der Trinnov-Neuling muss sich durch eine große Anzahl von Einstellmenüs hangeln und den Prozessor im üblichen 43-Zentimeter-Rastermaß (Rahmen zum Einbau in ein 19-Zoll-Profirack sind übrigens beigefügt) per Computer konfigurieren, denn über die Knöpfe auf der Front beziehungsweise über die angenehm handliche Fernbedienung ist nur der Zugriff auf die allereinfachsten Grundfunktionen möglich. Nicht einmal die Zahl der angeschlossenen Endstufen respektive Lautsprecher (der Trinnov Altitude spricht jeden Lautsprecher gesondert an und ermöglicht sogar die Simulation digitaler Frequenzweichen) lässt sich am Gerät einstellen.
Grundsätzlich macht es Trinnov dem Kunden dennoch so einfach wie möglich, denn er hat die Wahl zwischen einer recht zuverlässig arbeitenden Automatik und der eigenhändigen Feinjustage so gut wie sämtlicher Parameter. Damit und mit einem dem Testgerät beigegebenen 3-D-Messmikrofon lässt sich auch der am schwierigsten zu beeinflussende Faktor in den Griff bekommen: der individuelle Hörraum. Dass sich auch der persönliche Hörgeschmack mit den ungezählten Frequenzgang-Korrekturmöglichkeiten abbilden lässt, ist dann keine Überraschung mehr.
Ich testete den Trinnov Altitude 16 mit verschiedenen Endstufen, beispielsweise der fulminant souveränen Endstufe Pass XA-25, ihrer amerikanischen High-End-Schwester Mark Levinson No. 27, aber auch mit preiswerteren Vertretern der Gattung Endverstärker wie der Advance Paris BX2 oder dem Class-D-Mini M1 von Musical Fidelity – weil es angesichts der Kanal-Vielzahl nämlich extrem ins Geld gehen kann, wenn man die rückwärtigen Kanäle auch mit höchstwertigen Verstärker-Boliden ansteuert. Was, das zeigte mir der Test, zwar kein Schaden, aber auch nicht unbedingt notwendig ist. Denn selbst wenn Verstärker bzw. Lautsprecher nur zu einer suboptimalen Performance fähig sind, kann man sie mit der Trinnov Altitude 16 so „zurechtbiegen“, dass das Endergebnis wieder in sich stimmig wirkt.
Zunächst hörte ich den Altitude selbstverständlich zweikanalig und fütterte meinen BluRay-Player mit ein paar Audio-only-Aufnahmen, bei denen ich mir des superioren Klanges sicher sein kann. Etwa das beim norwegischen Label 2L erschienene Album Woven Brass mit der gleichnamigen Musica-Nova-Komposition des Komponisten Björn Morten Christophersen, eingespielt vom Ensemble Oslo Philharmonic Brass unter anderem in 9.1 Auro-3D mit 96 kHz. Abgesehen davon, dass Christophersen eine sehr direkte, packende, Gänsehaut erregende Tonsprache pflegt, haut es einen förmlich um, wie präsent die sechs Bläser plötzlich im Hörraum stehen. Da kann man Anblasgeräusche ebenso ausmachen wie das Ausschwingen der Töne in der modernen Jar-Kirche: hier ist einer der wichtigsten Mitspieler der Dachgiebel, der für sehr spannende Echo-Verläufe sorgt und der über das Mehrkanal-Wunder von Trinnov mit höchster Akribie „nachgebaut“ wird. In solchen Fällen versteht man, dass Mehrkanalklang keine Konkurrenz zur Stereofonie ist, sondern ihre natürliche Fortsetzung in den Fällen, in denen es sich anbietet. Zweikanalig gedachte Aufnahmen möchte ich nach wie vor nicht in künstlich aufgeblähtem Pseudo-Surround hören. Und auch mancher Filmton offenbart über die in der Grundeinstellung gnadenlos neutrale Trinnov Altitude 16 nur die Fragwürdigkeit mancher Soundeffekte. Aber wenn es um die Abbildung akustisch besonderer Räume geht und wenn der zuständige Tonmeister keinen Unsinn gemacht hat, dann kann dieser knapp 15000 Euro teure Mehrkanal-Prozessor, der einen konventionellen Vorverstärker bruchlos zu ersetzen vermag, wahre Wunder an dreidimensionalem Raumklang vollbringen – übrigens auch mit den besagten Dreikanal-Aufnahmen der RCA, die eigentlich gar nicht Living Stereo heißen sollten …
Mehrkanal-Prozessor/Vorverstärker Trinnov Audio Altitude 16
Funktionsprinzip: 16-kanaliger Digital-Prozessor/Vorverstärker mit Einmess-Automatik, Raumklang-Korrektur und einer Vielzahl von Einstellmöglichkeiten
Eingänge analog: 2 x Line (XLR/Cinch)
Eingänge digital: 2 x S/PDIF (optisch/koaxial)
Ausgänge analog: 16 x Linie symmetrisch (XLR)
Ausgänge digital: 2 x S/PDIF (optisch/koaxial)
HDMI: 7 Eingänge (HDMI 2.0b), 2 Ausgänge (HDMI 2.0, 1.4)
Formate: alle digitalen Stereo- und 3D-Audio-Formate wie DTS:X, Auro-3D oder Dolby Atmos
Eingebaute Ethernet- und WiFi-Schnittstellen
Fernbedienung
Stromverbrauch: maximal 100 Watt
Gewicht: 11,3 Kilogramm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 15.000 Euro