Marshall London Android-Smartphone
Mit der blechernen Parodie eines Gitarrenriffs begrüßt einen das Marshall London, das erste Smartphone des legendären Gitarrenverstärkerbauers, sofort nach dem Start.
Und hinterlässt damit nicht den besten ersten Eindruck. Leider bestätigt sich dieser angesichts des Plastikrückens in Kunstleder-Optik und der eher billigen Haptik. Andererseits sind auch die Marshall-Gitarrenamps nicht wegen ihrer edlen Manufakturqualität berühmt, sondern für ihren rotzigen Röhrensound.
Das Marshall London richtet sich an Musiker oder jene, die es gerne wären, und an Musikliebhaber. Dafür hält es ein paar bemerkenswerte Features bereit, die dann doch nicht jedes Handy hat. Beispielsweise zwei Kopfhörerausgänge, die man sogar getrennt in der Lautstärke regeln kann. In Verbindung mit der vorinstallierten DJ-App hat das den unschätzbaren Vorteil, dass durch eine Buchse der Live-Mix rauscht, während man den anderen Ausgang fürs Monitoring nutzt. Nutzen könnte, muss es richtig heißen, denn die Software ist nur eine eingeschränkte Demo-Version. Dennoch habe ich alten Gewohnheiten folgend ein wenig Wheel-Spinning betrieben und muss gestehen: Das macht trotz der kleinteiligen Bedienung Spaß und klingt auch über die große Anlage – vor allem mit FLAC-Dateien, die das London unkomprimiert wiedergibt – ganz ordentlich. Die D/A-Wandlung obliegt einem WM8281-Chip von Cirrus Logic, der auch in manchem HiFi-DAC keine schlechte Figur macht. Der „M-Button“ auf der oberen Kante bringt einen jederzeit sofort zum favorisierten Audioplayer, und ein echtes Scroll-Rad an der Seite ermöglicht Pegelstellung auf klassische Art ohne nervige Wippe. Der Clou des London dürfte hingegen – zumindest für echte Musiker – der integrierte Vierspur-Stereo-Recorder sein, mit dem sich auf Knopfdruck brauchbare Aufnahmen machen lassen.
Klanglich muss sich das London vor günstigen USB-DACs nicht verstecken, ist aber schon noch ein ganzes Stück von audiophiler Durchzeichnung oder natürlicher Wiedergabe entfernt. Die integrierten frontseitigen Stereolautsprecher sind ebenfalls besser und druckvoller als die gängiger Smartphones, aber für ernsthaftes Hören nichtsdestotrotz höchst ungeeignet. In seiner Eigenschaft als Smartphone erhielt das Marshall London von Fachleuten ambivalente Bewertungen, und auf Basis seiner technischen Daten findet es sich eher im unteren Mittelfeld wieder. Auch bei mir hinterlässt es einen zwiespältigen Eindruck: Gegen einen reinen Audioplayer dieser Preisklasse zieht es eindeutig den Kürzeren, und für ein mittelprächtiges Smartphone ist es entschieden zu teuer.
Marshall London, Android-Smartphone, www.marshallheadphones.com, Preis: 550 €