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Marantz HD-CD1 CD-Player

Test Marantz HD-CD1 CD-Player

Marantz HD-CD1 – Ein hochmoderner Vielkönner im Retro-Outfit

Man sollte es kaum glauben, aber auch HiFi-Journalisten kaufen sich bisweilen Geräte – nicht zuletzt um angesichts eines manchmal schier unüberschaubaren Testfeldes den Überblick zu bewahren und so etwas wie eine Referenz zu haben.

Marantz HD-CD1 CD-Player

FIDELITY-Leser kennen meine Affinität zu den Produkten der Firma Marantz und mein Faible für Überlebende aus der im wahrsten Wortsinn goldenen Epoche, die grob von den späten 1960er Jahren bis in die frühen 2000er dauerte. Ausgezeichneter Klang ging mit Tresortür-ähnlicher Massivität einher. Das Material der Wahl beim Gehäusebau waren noch keine Kunststoffe aus der Weltraumtechnologie, sondern stranggepresstes Aluminium und/oder Messing. Und in den Schaltungen suchte man vergeblich nach hochintegrierten Chips. Stattdessen gab es ganze Phalanxen von einzelnen Bauteilen, die, zugegeben, zwar nach 20 bis 40 Jahren Betrieb auch einmal ihren Dienst verweigern, im Gegensatz zu manchem exotischen „Integrated Circuit“ aber vergleichsweise problemlos mit Ersatz vom Elektronik-Großhändler wieder zum Spielen zu bewegen sind.

Meine Bausteine der Reihe „Music Link“ brachte Marantz Anfang der 1990er Jahre für Highender und Klangkulinariker auf den Markt. Schon damals hatte Marantz-Guru Ken Ishiwata seine Hände und Ohren im Spiel. Und noch heute tönen die Komponenten ausgezeichnet und konkurrenzfähig, wie sie erst neulich wieder im FIDELITY-Hörraum unter Beweis stellten.

Kein Wunder also, dass ich aufmerksam wurde, als Marantz vor einiger Zeit die „Wiedergeburt“ der Music-Link-Serie mit modernen Mitteln ankündigte. Zunächst kam der fulminante kleine HD-DAC1, der in erster Linie als hochwertiger Kopfhörerverstärker gedacht ist, aber als Wandler auch und gerade in hochwertigen Anlagen eine gute Figur macht. Mir stand der Sinn freilich nach etwas anderem: Ich wollte einen Silberscheibendreher, der mir als überzeugtem Analogfan keine übermäßigen Kopfschmerzen bereitet – und Marantz konnte liefern. Mit dem Klang der Player war ich eigentlich stets zufrieden gewesen, bei mir tat sehr lange ein CD17 Mk II seinen Dienst, der später von einem (offiziell nur in Japan, China und den USA) erhältlichen SA-14 und einem SA-15 S1 abgelöst wurde. Den SA-14 habe ich noch immer im Betrieb und möchte seinen fein ziselierten, vor allem in den Höhen sehr kultivierten Klang und seine frappierende Räumlichkeit auch bei der CD-Wiedergabe nicht missen. Talente, die angesichts des Vormarschs neuer „nichtphysischer“ Medien heutzutage im CD-Player-Bau oft nicht mehr gepflegt werden.

Bei Marantz hat die Silberscheibe allerdings immer noch ihre Existenzberechtigung, was angesichts riesiger CD-Sammlungen (nicht nur bei mir) auch vernünftig erscheint. Logisch, dass auch bei der Rückkehr der Music-Link-Serie ein Player nicht fehlen durfte. So erschien nicht lange nach dem Verstärker HD-AMP1, der sich mit seinem eingebauten Hochleistungs-DAC übrigens als großer Bruder des oben erwähnten HD-DAC1 geriert, ein passender CD-Player. Als mir dieser HD-CD1 im von mir präferierten Champagner-Outfit wieder einmal über den Weg lief, zögerte ich nicht mehr länger und kaufte mir das ohnehin moderat bepreiste Maschinchen.
Um es kurz zu machen: Ich habe es bisher nicht bereut. Der Marantz HD-CD1 überzeugt haptisch, verarbeitungstechnisch und vor allem klanglich voll und ganz. Obwohl der Player mit seinen wunderbar nostalgisch anmutenden Holzseitenteilen im kompakten Midi-Format daherkommt, wiegt er doch über sechs Kilo und ist entsprechend immun gegen Erschütterungen und Vibrationen. Für die Innereien hat sich Marantz interessanterweise nicht in den etwa preisgleichen „kleinen“ Geräteklassen des Hauses bedient, sondern setzt auf jene Technologie, die auch in den Spitzenplayern der Firma verbaut ist. So wandelt der HD-CD1 die Daten mit einem zeitgemäßen D/A-Wandler mit 192 kHz/24 bit von Cirrus Logic, als Ausgangsverstärker dienen die bekannten HDAM-SA2-Module, die normalerweise in den SACD-Flaggschiffen der Marke zum Einsatz kommen. Marantz verspricht für die „Hyper Dynamic Amplifier Modules“ der zweiten Generation eine im Vergleich zu den Vorgängern noch einmal verzerrungsärmere, höher auflösende und stabilere analoge Verstärkung.
Nachdem das Laufwerk an sich ebenfalls aus einer höheren Geräteklasse stammt, eignet sich der HD-CD1 auch ausgezeichnet als rein digitaler Zuspieler, um mit den Signalen hochwertige Wandler zu füttern – wahlweise über Koaxial- oder Toslink-Leiter.

Marantz HD-CD1 CD-Player

Unbeachtet blieb bei mir anfangs, dass der kleine Marantz nicht nur für die Wiedergabe von Redbook-kompatiblen CDs ausgelegt wurde, sondern auch mit MP3-, WMA- und AAC-Dateien zurechtkommt – bis neulich. Denn da drückte mir ein Freund eine handgebrannte CD mit der Bemerkung in die Hand, hier sei die Musik seines geplanten neuen Musical-Projekts drauf. Meine CD- und SACD-Player zu Hause haben alle schon ein paar Jahre auf dem Buckel und erkannten auf der Scheibe aus dem PC-Brenner nur einen Track von etwa elf Minuten Länge. Der zu allem Überfluss stumm blieb. Ehe ich nun meinen Kumpel anrief, um ihn für den Mist zusammenzustauchen, den er mir da gegeben hatte, warf ich noch schnell per Computer einen Blick auf das Verzeichnis der CD – und stellte fest, dass dies kein echter Ton-, sondern ein Datenträger ist, prall gefüllt mit MP3-Dateien. Aber mit dem Laptop über Mini-Böxchen anhören? Das macht einem audiophilen Menschen wie mir nicht unbedingt Spaß, zumal die Soundkarte meines „Klapprechners“ nun wirklich nicht die beste ist. Also ging ich hinüber zum HD-CD1, den ich als unverbesserlicher Vintage-Fan derzeit mit einem rund 30 Jahre alten Luxman L-190 verbandelt habe. Der Marantz zickte auch gar nicht erst herum, sondern beschallte mich unverzüglich mit Musical-Songs – ohne mich darüber im Unklaren zu lassen, dass MP3 in üblicher Kompressionsstufe alles andere als ein audiophiles Datenformat ist.

Mit „richtigen“ CDs klingt der kleine Marantz dagegen sehr erwachsen, souverän, groß. Die Musik hat Charme und ist stets im Fluss, die Räume, die der HD-CD1 zu bauen versteht, sind weitläufig, aber klar umrissen. Gerade klassische Musik profitiert von der Fähigkeit des kleinen Players, einzelne Schallereignisse, etwa Gesangssolisten, genau dort einzuordnen, wo sie sich auch bei der Aufnahme befanden. Da franst nichts an den Rändern aus, da verschwimmen auch keine Konturen, und Orchester werden sogar annähernd größenrichtig wiedergegeben. Wer nicht weiß, dass Ken Ishiwata auch bei der aktuellen Music-Link-Serie ein entscheidendes Wort mitgeredet hat, kann es aus dem absolut typischen Klang ohne große Fantasie herauslesen. Für mich wird jedenfalls auch über den HD-CD1 deutlich, dass dieser begnadete Sound-Optimierer selbst ein klassischer Musiker ist.

Marantz HD-CD1 CD-Player Ken Ishiwata

Ishiwata war es wohl auch, der dem HD-CD1 jegliche digitale Härte konsequent aberzogen hat, ohne die Balance in Richtung mulmig oder schwammig zu verschieben. Das Klangbild ist, wo dies durch die „Software“ vorgegeben wird, luftig und frisch, verursacht aber auch bei suboptimal aufgenommenen CDs niemals Schmerzen. Als Prüf- und Stolperstein dienen mir bereits seit Jahren zwei CDs von Sängerinnen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Neuseeländerin Hailey Westenra war seinerzeit Protagonistin einer ursprünglich von der jugendlichen Sirene Charlotte Church losgetretenen Welle: Die Britin Church war noch keine zehn Jahre alt, als ihr erstes Sopran-Recital mit „leichter Klassik“ wie der „Barcarole“ aus Hoffmanns Erzählungen erschien. Charlottes Platten verkauften sich wie geschnitten Brot und fanden zahlreiche Nachahmerinnen. Eine davon war Hailey Westenra, die allerdings schnell ihren eigenen Weg ging und nicht nur Wunschkonzert-Klassik wie die Bachianas Brasileiras von Heitor Villa-Lobos sang, sondern auch richtigen Pop. Das Album Odyssee, erschienen bei Decca New Zealand, ist eine prototypische Westenra-Scheibe mit einer netten Mischung von Songs, die an sich niemandem weh tun wollen, bei denen es aber der Tonmeister beim Mastering bisweilen übertrieben hat. Das Neil-Diamond-Cover „Both Sides Now“ tendiert bei Hailey Westenra vor allem im Refrain zu einem Übermaß an Hochtonenergie, klingt über viele auch gute Ketten nicht wirklich schrill, aber unangenehm überbetont. Der Marantz HD-CD1 verschweigt nicht, dass hier zu beherzt am Regler gedreht wurde, erspart seinem Besitzer aber Pein in den Gehörgängen, indem er die vokale Macht der jugendlichen Sopranistin (die bei der Aufnahme noch keine 20 war) behutsam softet, ohne Timbre und Stimmumfang zu verfälschen.
Ein ähnliches Spiel bei Renée Flemmings auf Philips erschienenem Recital mit Händel-Arien. Das bekannte „Ombra mai fu“ aus dem Xerxes dient der amerikanischen Altistin als kleiner Leistungsbeweis, wie viel Druck sie auch in der hohen Lage mobilisieren kann. Bei einer Stimme, die bisweilen zur Härte neigt, nicht immer ein reines Vergnügen. Der HD-CD1 stellt bei dieser Platte im Handumdrehen Wohlfühlverhältnisse her, gibt dem Barock-Begleitorchester viel Luft um die historischen Instrumente mit und verleiht der Stimme der Sängerin eine an dieser Stelle nicht unwillkommene Aura. Eine kleine Notlüge, für die man dem ansonsten stets grundehrlich und geradlinig agierenden Player sehr dankbar ist.

Bei Blues und Rock gefällt der Marantz mit seinem sehr konturierten Bassbereich und seinem ausgezeichneten Timing, das nicht nur in diesem Genre vorteilhaft wirkt. Alles in allem ein „klassischer“ CD-Player, der nicht nur hübsch aussieht, sondern auch und vor allem weit über seine Preisklasse hinaus eine erstklassige Performance abliefert.

Sieht man sich das derzeitige Portfolio der Music-Link-Serie an, dann wären ein paar feine Ergänzungen denkbar und wünschenswert. So sähe ich trotz der unzweifelhaften klanglichen Meriten des HD-CD1 gerne auch noch einen SACD-Player gleichen Kalibers im Line-up, zumal derzeit wieder puristische Single-Layer-SACDs in Mode kommen, deren furioser Klang mit jedem mir bekannten FLAC mithalten kann. Stichwort FLAC: Nachdem bei Marantz die Netzwerkplayer-Range sowieso gerade zur Erneuerung ansteht, wäre ein entsprechendes Music-Link-Modell gewiss ein Verkaufsschlager: todschickes HiFi mit High-End-Ambitionen, das für den Büroschreibtisch oder das Wochenendhäuschen definitiv zu schade ist.

Marantz HD-CD1 CD-Player Navigator

 

CD-Player
Marantz HD-CD1
Spielbare Formate: CD, CD-R, CD-RW, WMA, MP3 u. a. m.
Ausgänge: Line (Cinch), S/PDIF (koaxial und optisch)
Besonderheiten: regelbarer Kopfhörerausgang mit einstellbarer Impedanz, dimm-/abschaltbares Display, Systemfernbedienung
Ausführungen: Gehäuse schwarz oder „Silber-Gold“, Seitenteile Holz
Maße (B/H/T): 30,5/11/32 cm
Gewicht: 6 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 600 €

 

www.marantz.de

 

Mitspieler:
Plattenspieler: Clearaudio Innovation Compact und Blue Motion
Tonarm: Clearaudio Magnify (2 x)
Tonabnehmer: Clearaudio Maestro V2, Grado Platinum Statement
Phonoentzerrer: Clearaudio SmartPhono
CD-Player: Marantz CD14 S1 und SA-15, Sony ES202
Vorverstärker: Marantz SC22
Endverstärker: Marantz MA23 (Monoblöcke)
Vollverstärker: Marantz PM17 Mk II
Lautsprecher: Bowers & Wilkins DM 302, ELAC CL 82 Ltd., KEF LS50
Kopfhörer: Sony SL-1
Kabel: AudioQuest, Monitor Audio, WireWorld

 

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.