Luxman D-05u – An der Nadel
Sieben Jahre für ein „u“ – nicht schlecht. Der 2009 eingeführte CD/SACD-Spieler D-05 von Luxman erhielt ein Upgrade und heißt nun D-05u. Doch klar: Hier wurde nicht nur ein Buchstabe verändert, sondern sehr viel mehr.
Manchmal, wenn ich mit Kollegen der schreibenden Zunft des Nachts in Spelunken und Tavernen der Stimmvertiefung fröne, raunen sie mir neidvoll auch schon mal was in dieser Richtung zu: „Hobby zum Beruf gemacht“, oder: „Muss doch toll sein, über HiFi zu schreiben und noch dafür Geld zu bekommen.“ Ich aber kann dazu nur sagen: „Was wäre, wenn man einem Kokainisten alle sechs Wochen kristallinsten Stoff zuschicken würde – und ihn nach dem Konsum bäte, die Droge doch bitte wieder an den Expeditor zurückzusenden? HiFi-Journalismus als Quell des Lebensunterhalts – Gelächter, dreifach schallend! Immer tiefer reitet man sich in die Kostenspirale, denn man will mehr, mehr, mehr!“
Das trifft in besonderem Maße auf den neuen Sprössling aus dem Hause Luxman zu: den D-05u, der CD-Spieler, SACD-Spieler und DAC in Personalunion ist. Nicht nur aufgrund seines Gewichts, sondern vor allem wegen seines Wohlklangs schickte ich ihn nur murrend und zögernd zurück an die Redaktion.
Er ist der designierte Nachfolger des D-05, bei der Neuentwicklung wurden aber diverse Dinge von Grund auf verändert. Die wichtigste Neuerung betrifft wohl die D/A-Wandlung. Statt des gut abgehangenen PCM1792A von Texas Instruments kommt im D-05u erstmals der PCM1795 zum Einsatz – und zwar in doppelter Ausführung. Auch dieser ist nun nicht gerade ein Newcomer, sondern bereits im Jahr 2009 von Texas Instruments vorgestellt worden. Seine Analogsektion entspricht mehr oder weniger der des 1792, doch sein digitales Interpolationsfilter ist 32-Bit-fähig. Während also der D-05 einen 24-Bit-Chip beschäftigt, werkeln im D-05u gleich zwei 32-Bit-Chips. Das soll, so das Kalkül der Luxman-Ingenieure, nicht nur die Kanaltrennung optimieren, es gestattet auch ein internes Oversampling auf bis zu 384 Kilohertz. Der geneigte Hörer hat bei der Wiedergabe übrigens die Wahl zwischen zwei PCM-Filtern und zwei analogen Transversalfiltern für den SACD- und DSD-Modus. So viele Zahlen, so viele Buchstaben, ist das nicht schrecklich? Kommen wir zu grundlegenderen Dingen.
Das schöne, aufgeräumte Frontseitendesign! Und die Verarbeitung! Gut 15 Kilo hat der Besitzer ins Rack zu wuchten. Die Anfassqualität ist nichts anderes als superb: Schwer, solide, ein Trumm, ein Bolide von einem CD-Spieler. Nahezu geräuschlos gleitet die Lade heraus, sie wirkt so stabil, dass man vermutlich auch eine Halbliterflasche Augustiner Edelstoff drauf abstellen könnte, ohne sie zu verbiegen. Sie gehört zu einem von Luxman selbst entwickelten Abspielmechanismus, der auf den sperrigen Namen „Luxman Original Disc Transportation Mechanism“ hört. Das Laufwerk ist doppelt gekapselt, was Vibrationen wirkungsvoll dämpfen soll – und in der Tat gehört der D-05u zu den Spielern, die nahezu geräuschfrei arbeiten. Kein Zirpen, kein Brummeln ist vom Hörplatz aus vernehmbar.
Elegant ist übrigens nicht nur die wirklich hübsche und gut in der Hand liegende Fernbedienung mit Vollmetallgehäuse, elegant ist auch das monochrome Punktmatrixdisplay, denn dessen Optik ist nicht nur zeitlos, das Display ist auch aus mehreren Metern Entfernung noch erstaunlich gut ablesbar. Nicht ganz so elegant, könnte man kritteln, ist das Fehlen eines Kopfhöreranschlusses. Andererseits: Wer in dieser Preisklasse shoppen geht und regelmäßig Kopfhörer nutzt, wird vermutlich eh einen Headphone-Amp sein Eigen nennen.
Noch ein kurzer Blick auf die Rückseite: Der D-05u zeigt sich anschlussfreudig. Neben je einem analogen Cinch- und XLR-Ausgang bietet der Player drei digitale Eingänge (USB, Toslink, koaxial) und zwei digitale Ausgänge (Toslink, koaxial). Das ist lobenswert und sorgt für eine gewisse Investitionssicherheit, denn auf diese Weise fungiert er wunschgemäß auch als DAC oder reines Laufwerk.
Nun wird endlich gehört. Der Rezensent flappt durch die CD-Sammlung und hält kurz bei Radioheads Album Kid A inne. Ach, warum nicht? Einfach mal gleich das erste Stück „Everything In Its Right Place“ angespielt. Kinnlade sinkt, bleibt unten. Warum? Nun, auch wenn der Textchef bereits den vollelektronischen Phrasenprüfer provozierend in seinen Händen wiegt, ich sag’s: Der D-05u bietet mir unvermittelt und direkt die Seele, die Essenz des Stücks auf einem Silbertablett dar. Weniger zart Besaitete bezeichnen diesen Track nämlich gerne auch mal als Katzenmusik. Als Rhythmusgeber fungiert eine stur vor sich hinpuckernde elektronische Bassdrum. Zur Linken wabern dumpfe Synthesizerakkorde aus der Asservatenkammer von Jonny Greenwood, in der Mitte wehklagt Thom Yorke, während einem zur Rechten dieses Wehklagen gedoppelt, teils rückwärts, teils vorwärts, teils hochgepitcht um die Ohren fliegt. So, als hätte jemand eine antike Echolette auseinander- und falsch wieder zusammengebaut. Hart an der Grenze zum Atonalen, beim ersten Hinhören ein reiner Soundbrei. Aber: Das hat System. Das folgt einer Linie. So werden nämlich die analogen Filter des Synthesizers fast unmerklich immer weiter aufgedreht, immer mehr Höhen wandern ins Klangbild – und nach einigen Minuten löst sich das Stück in einem glasklaren Dur-Akkord auf. Ein drängendes, ein treibendes Stück. Und ebendieses Drängen und Treiben auf einen erlösenden Fluchtpunkt hin kann der D-05u widerspiegeln. Anstatt ratlos vor den einem um die Ohren schallernden Klängen zu sitzen, fiebert man dieser Erlösung beim D-05u gebannt entgegen. Die noch zu erledigende Umsatzsteuervoranmeldung, die auszuräumende Spülmaschine, die Lasagne im Backofen, der in zehn Minuten an der Tür klingelnde Damenbesuch – vergessen, abgemeldet, wurscht. Das ist ein wirklich großer Verdienst.
Doch wie macht der Luxman-Player das? Ich glaube, es liegt an seiner Klarheit, Ehrlichkeit und Kompromisslosigkeit in nahezu allen Bereichen. Tonal schöpft er aus dem Vollen: Bässe sind tief und mächtig, klar und strukturiert. Mitten schillern in ihrer gesamten Farbenpracht und Höhen sind sauber, bestens aufgelöst und „au point“ wie ein gutes Entrecôte: weder gleißend noch verschattet, sondern genau so, wie es die Aufnahme hergibt. Ebenso verhält es sich mit der Dynamik. Wenn die Synthesizer zum Ende des Stücks lauter und drängender werden, dann wird diese zunehmende Verdichtung ohne jeglichen dynamischen oder zeitlichen Verzug durchgereicht. Doch das hervorstechende Talent ist die Räumlichkeit. Selten habe ich bisher eine so klare und absolute Trennung der Schallquellen gehört, und ebenso selten hört man auch eine so stabile und realistische virtuelle Mitte.
Nicht zu vergessen, wir waren beim Redbook-Standard, bei der Audio-CD. Beim Zünden der nächsten Stufe – also dem Abhören einer SACD – steigert sich das Glück. Im letzten Satz von Mahlers Sinfonie Nr. 3 darf der Konsument wiederum ein wenig an der Transzendenz kratzen. Die ersten 50 Takte überlässt der Komponist ausschließlich den Streichern, um – fast schon nach Art eines Anton Bruckner – schieres Wohlbehagen über den Hörer auszugießen. Bis die ersten stechenden Bläser einsetzen und eine erste Teufelsfratze in die weichgezeichnete Welt beamen. Der Effekt, die Einbindung, die dieser Player liefert, ist schwer in Worte zu fassen, daher anders gesagt: Eigentlich wollte ich nur mal in die ersten Minuten reinhören. Es endete damit, dass ich mir die volle 26-Minuten-Dröhnung gab – bis hin zum furiosen Finale mit seinen mächtigen Dur-Schlussfolgen. Das ist großes Hörvergnügen.
Angemerkt werden muss jedoch auch eines: Der D-05u ist kein Schönfärber. Denn durch die höhere Auflösung der SACD fängt man sich bekanntermaßen nicht nur mehr Räumlichkeit, mehr Luft in den Höhen, mehr Feinzeichnung ein, sondern auch Störendes wie das milde Rauschen der Vorverstärker bei der Mikrofonierung, das unvermeidliche Husten im Publikum oder auch einmal eine kleine Aufnahmeverzerrung beim allzu heftigen Einsatz der Kesselpauken. Auch das liefert der D-05u. Mitgefangen, mitgehangen – aber so muss es nun mal auch sein bei einem Gerät dieser Preisklasse.
Wer den internen DAC von außen anspricht, darf sich ebenfalls freuen. Vielleicht erinnern sich aufmerksame Leser bzw. Leserinnen daran, dass ich vor kurzem so sehr vom C.E.C. CD5 angetan war, dass ich ihn nach dem Test erworben habe. Auch dieser verfügt nämlich über eine ausgezeichnete D/A-Stufe (mit Sabre-Chipsatz), sodass er mir inzwischen auch als Referenz-DAC dient. Der Luxman D-05u wiederum kann hier qualitativ tatsächlich noch eine Schippe drauflegen, nämlich zum einen bei der noch besseren räumlichen Trennung der Schallquellen, zum anderen beim Bass. Dieser scheint wirklich noch einmal substanziell tiefer hinabzugehen, ohne dabei angedickt oder überbetont zu wirken.
Wer das volle Potenzial des D-05u ausschöpfen möchte, dem sei die USB-Verbindung mit einem Computer empfohlen. Was hier bei High-Resolution-Material an Räumlichkeit, Größe und Transparenz geboten wird, ist absolut einmalig. Bei Highresaudio.com beispielsweise gibt’s gerade ein brandneues Remaster von John Coltranes Soultrane im 96-kHz-Format. Hier wurde ganze Arbeit geleistet, denn die Aufnahme war per se schon räumlich stark, litt aber ein wenig an zischeligen Höhen und hier und da mumpfigem Bass. In der vorliegenden Form, gewandelt über den D-05u, klingt sie nun tonal wirklich sauber, vor allem aber – im positiven Sinne – explosiv dynamisch. So macht Hardbop Spaß, ein vitalisierendes Amalgam aus halsbrecherischen Schlagzeuggrooves, rotzigem Saxofon und perlendem Klavier.
Was bleibt nach der Hörsession? Positive, rechtschaffene Erschöpfung! Der Luxman D-05u lässt seinen Besitzer mitfiebern, mitleiden, mitjubilieren – er spielt unbestechlich und liefert trotzdem Emotionen pur. Omedetōgozaimasu!
SACD/CD-Player/DAC
Luxman D-05u
Eingänge: 2 x S/PDIF (koaxial, Toslink), 1 x USB (max. 32 bit/384 kHz sowie DSD 128/5.6)
Ausgänge analog: symmetrisch (XLR), unsymmetrisch (Cinch)
Ausgänge digital: koaxial, Toslink
Digitalfilter: 2 x PCM, 2 x DSD
Maße (B/H/T): 44/13,5/41 cm
Gewicht: 15 kg
Farbe: Silber
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 4990 €
IAD Audio
Johann-Georg-Halske-Straße 11
41352 Korschenbroich
02161 61783-0
Mitspieler:
Digitalquellen: C.E.C. CD 5, iPod Classic 5 (160GB) mit Pro-Ject Dock Box S Digital, Notebook mit Foobar und Logitech Squeezebox-Server
DAC: B.M.C. PureDac
Plattenspieler: Rega RP-1 mit Ortofon Quintet Red
Phono-Vorverstärker: Pro-Ject Phono Box MM
Vorverstärker: Abacus Preamp 14
Endverstärker: Abacus Ampollo, Audreal MS-3 (Röhren-Monos)
Lautsprecher: Tannoy Turnberry Gold Reference, Quadral Rondo, Nubert nuBox 101
Kabel: Goldkabel Profi (NF), Oehlbach XXL Series 7 Mk II (digital, koaxial), Oehlbach XXL Serie 80 (digital, Toslink), Ortofon SPK 500 (LS), Real Cable OFC 400 (LS)