Kuzma Stogi Reference – Einarmiger Klimmzug
Unter Dopingverdacht gerät man heutzutage schnell, der beachtliche Bizeps des Kuzma Stogi Reference aber rührt daher, dass er sich seit fast 30 Jahren in der Liga der besten Tonarme hält.
Zwei Arme auf einem Laufwerk sind eine überaus kurzweilige Angelegenheit. Unbedarften Besuchern erklärt man, Stereo, das sei eine komplizierte Technik gewesen, bevor mit Smartphones und Bluetooth alles viel praktischer wurde. Schauen sie skeptisch, als wären sie vom Fach, schiebt man dozierend nach, „perfekte Stereokanaltrennung durch Doppel-Monoabtastung.“
Außerdem konnte ich zweifelsfrei klären, ob Neun- oder doch Zwölf-Zoll-Arme besser sind. Als Reminiszenz an die Draufgänger meines bevorzugten PS-Magazins Top Gear natürlich in einem Rennen. Im kurzen Kuzma Stogi Reference das der Aerodynamik breit ins Gesicht grinsende Ortofon Qunitet, im langen Mørch DP-8 ein gewichtsoptimierter Kurvenräuber von Lyra. Start, Einlauf-, Ziel, Auslaufrille. In einem Nadel-an-Nadel-Fotofinish laufen beide aufs Hundertstel gleichzeitig ein. Fazit: Neun-Zoll-Tonarme sind genauso gut wie längere.
Um erwähnten Mørch-Arm wird es in einem späteren Test gehen, darüber hinaus haben wir vor, eine ganze Reihe von Tonarmen zu besprechen, weniger aus Gründen der direkten Vergleichbarkeit, da sie aus sehr unterschiedlichen Preisklassen stammen werden, sondern um ihre Charaktere herauszuarbeiten und zueinander in Beziehung zu setzen. Eine jetzt schon spannende Aufgabe, wie Sie noch lesen werden, auf die ich mich außerordentlich freue. Es werden immer dieselben Systeme – zwei Audio-Technicas aus meinem Bestand, zwei Ortofon und ein Lyra, dankenswerterweise von Audiotrade bzw. Fastaudio zur Verfügung gestellt – und ein Feickert-Firebird-Laufwerk zum Einsatz kommen. An Dr. Feickert und dessen B&T-Vertrieb ebenfalls ein herzliches Dankeschön für die unbürokratische Versorgung mit passenden Tonarm-Basen.
Der Kuzma Stogi Reference, oder kurz Stogi Ref, bildet einen hervorragenden Einstieg als seit 1986 existierender Klassiker, der natürlich einige Modifikationen erfahren hat, aber in seinem kardanischen, klassischen Grundprinzip unverändert blieb.
Franc Kuzma aus Slowenien ist seit 1982 im Analog-Geschäft und gilt als grundsolider, konservativer Entwickler, wovon die langen Produktlaufzeiten Zeugnis ablegen. Eine seiner ersten Kreationen ist längst ein Design-Klassiker: der bescheidenes Understatement ausstrahlende Stabi. Für mich der bis heute schönste Kuzma. Optisch bevorzuge ich auch den dünneren Stogi-Arm gegenüber dem aufgepumpten Look des Stogi Ref, aber Franc Kuzmas klangliche Meisterstücke sind nunmal die großen Masselaufwerke und massiven Tonarme. Zumindest bei letzteren ist Gewicht jedoch kein Ausschlag gebender Faktor, sondern die bessere Resonanzkontrolle spricht für das konische, sehr muskulös wirkende Arm-Rohr des Reference. Neben dem langen Mørch sieht es ein wenig komisch aus, wie es auf dem riesigen Firebird am Plattenteller klebt. Es gibt den Stogi aber auch als Ref 313 genannten Zwölfzöller und als Ref 313 VTA sogar mit den identischen Einbaumaßen des Neunzöllers. Der Arm sitzt dabei auf einem Ausleger der Basis mit integrierter VTA-Justage – interessant für Laufwerke, die gängige lange Arme nicht aufnehmen können.
Statt der meist eingesetzten Messerlager operieren im Stogi Ref hochpräzise, dämpfend eingeklebte Kugellager, dennoch klingt er unverkennbar nach einem kardanischen Arm: kräftig, stabil und erdig. Die Lager überzeugen bereits taktil: Sobald man den Arm am offenbar für maximale Fingerdicke konstruierten Hebel der integrierten Headshell schwenkt, meldet der innere Seismograph völlige Spielfreiheit und keine Spur vom gefürchteten Stick-and-Slip-Effekt. Zum überwiegenden Teil besteht der Stogi Ref aus eloxiertem Aluminium, einige Stellen sind allerdings ausgespart, was wiederum die Resonanzkontrolle verbessern soll. Die schwere Tonarmbasis und das runde Gegengewicht sowie optionale Zusatzringe sind dagegen aus Messing. Über ein Gewinde peilt man die korrekte Auflagekraft an und fixiert sie mit drei Madenschrauben; die allerdings auf besagtes Gewinde drücken, weshalb ich sie nur sehr leicht angezogen habe. Ungefähr auf der Länge, in welcher der Arm in seiner Halterung ruht, weist das bedämpfte Alu-Rohr eine Fraktur mit Markierung für den Nullpunkt zur feinfühligen Azimut-Korrektur auf – allerdings sah ich bei keinem der genutzten Systeme die Notwendigkeit dafür, was auch dem Normalfall entsprechen sollte. Ein kleiner praktischer Nachteil des konischen Rohres zeigt sich in der VTA-Justage, wofür der Arm vertikal in seiner Basis verschoben wird: Man kann sich ausschließlich an der Headshell als einziger kurzer Gerade orientieren. Praktisch sind dagegen die vertieften Führungsschienen über den Langlöchern, worin die Schraubenköpfe passgenau eintauchen und sich stabilisieren.
Sofern man die richtigen Schräubchen nimmt, versteht sich. Die Gewinde im Ortofon Quintet sind beispielsweise so kurz, dass ich zunächst zweimal unpassende erwischte. Davon abgesehen ist das orangene (Ortofon findet es bronzen) Quintet unterm camouflage-schwarzen Kuzma Sieger im Style-Check. Auch klanglich ergänzt sich das Gespann hervorragend, die 9 Gramm Systemgewicht bei einer Compliance von 15 passen gut zum mittelschweren Stogi Ref mit 13 Gramm effektiver Masse. Freilich erreicht man damit nicht die fantastische Auflösung und Feinzeichnung des Lyra Kleos SL und das AT50ANV spielt ebenfalls mit mehr Feuer, aber immerhin liegt das Quintet preislich gleichauf mit dem einzigen MM-System in der Runde, dem bewährten Ortofon 2M Black, und somit weit unterhalb der jeweils vierstellig ausgezeichneten Spitzen-MCs. Erst im Vergleich der beiden Underdogs offenbart sich, wie gut der Stogi mit dem Quintet harmoniert. In Betty LaVettes „Do Your Duty“ stecken Kraft und Wut, das registrieren beide Systeme und ich habe den Eindruck, der Kuzma stachelt sie noch ein wenig an, aber auch aufgestaute und unterdrückte Bitterkeit, das Quintet überhört das nicht.
Singulär betrachtet spielt das Lyra Kleos SL am Stogi perfekt. Explosive Dynamik, Klangfarbenreichtum und haarscharf umrissene Bühnendarstellung, die sich von chirurgischer dadurch unterscheidet, dass man zwar jederzeit weiß, wo sich John McLaughlins Hände in der Mitte der Bühne des wohl virtuosesten Live-Mitschnitts neben dem Köln Concert befinden, aber nicht sehen kann, wie porentief rein der weiße Anzug Al Di Meolas zu seiner Rechten ist. Dass das Lyra scheinbar auch das eröffnet, zeigt es nur am Mørch DP-8, der sich, sofern das möglich ist, völlig aus der Wiedergabe heraushält. Der Stogi Ref hat dagegen eine Signatur, eine durchaus angenehme, sie verleiht den streng neutralen MCs Kleos SL und 50ANV geringfügig mehr Volumen und sonoren Ton, erscheint aber ganz im Sinne der analogen Grundhaltung nicht im Neonlicht.
Unglücklicherweise kann man Testergebnisse nicht planen. Die stimmigste Kombination ergab sich mit meinem geradezu antiken AT33PTG I, welches mangels Verfügbarkeit eigentlich außer Konkurrenz teilnimmt. Es überreizt den Stogi nicht mit Feinstauflösung, konterkariert aber doch, wie ich finde, dass er es gerne hat, mit seiner tendenziell hellen Abstimmung dessen herzhaft-zupackenden Charakter. Eine Kombi, die höchst kultiviert rockt. Übrigens zeigen sich gewisse technische Übereinstimmung, etwa hinsichtlich Abtastfähigkeit oder Nadelnachgiebigkeit, des CAR-30-Systems von Kuzma mit dem alten AT. Ich wette, Franc Kuzma hat dafür gesorgt, dass sein System ähnlich rasant durch die Kurven heizt.
Kuzma Stogi Reference
Tonarm
Prinzip: kardanischer Drehtonarm
Effektive Länge: 9 Zoll (229 mm)
Effektive Masse: 13 g
Montageabstand: 212 mm
Montagebohrung: 28 mm
Besonderheiten: präzise Kugellager, konisches Armrohr mit Azimut-Einstellung
Ausführungen: schwarz, optional mit durchgehender Verkabelung, 5-Pin- oder XLR-Anschluss
Gewicht: 870 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Gaudios KG
Brandhofgasse 11
8010 Graz
Österreich
Telefon: 0043/(0)316/337175