KEF LS50 Wireless – Tief gestapelt
Kompaktes Gehäuse, geschwungene Linien, ein markanter Koaxialtreiber in frecher Farbe – das muss die KEF LS50 sein! Jetzt gibt es sie auch als Wireless-Version. Und zwar mit einigen Überraschungen.
Die schlechte Nachricht zuerst: Wenn Sie glauben, mit dem Erwerb der LS50 Wireless außer Netzstrippen keine weiteren Kabel zu benötigen, dann irren Sie. Das ist allerdings auch schon die einzige schlechte Nachricht – denn so mancher HiFi-Freund könnte nach der Inbetriebnahme dieser Lautsprecher gutgelaunt mit dem Gedanken spielen, die bereits vorhandenen Vor- und Endstufen, DACs und Streamer zu veräußern. Theoretisch braucht man das alles nämlich nicht mehr. Doch der Reihe nach …
Die LS50 Wireless ist zunächst einmal eine Aktivversion des zum 50. Firmenjubiläum aufgelegten und sehr erfolgreichen Kompaktmodells LS50. An den wichtigsten Erfolgszutaten dieses Lautsprechers wurde auch in der vorliegenden Inkarnation nicht gerüttelt: Da wäre das konsequent allseits verrundete und innen aufwendig gedämpfte Gehäuse, da wäre der exakt mittig angebrachte Uni-Q-Koaxialtreiber mit seiner charakteristisch geformten und elegant eingefärbten Tiefmitteltonmembran – und da wäre eben auch das raffiniert konstruierte Bassreflexsystem: Der an die Rückseite durchlaufende Reflextunnel ist nämlich oval und besteht in seiner Mitte aus elastischem Material, das stehenden Wellen und Turbulenzen die Angriffsfläche nimmt.
Das Gehäuse musste allerdings gegenüber dem der Urversion nach hinten verlängert werden, denn in jedem LS50 Wireless befinden sich jetzt zwei separate digitale Vorstufen, DSP-Prozessoren und Endstufen sowie zwei separate Stromversorgungen. Für den Tiefmitteltonbereich zeichnen Class-D-Endstufen mit je 200 (!) Watt Sinusleistung verantwortlich, den akustisch sensibleren Hochtonbereich vertraut man bei KEF hingegen klassischen Class-A/B-Endstufen an – jede von ihnen bringt 30 Watt Leistung mit. Eine DSP-Frequenzweiche teilt den Verstärker/Treiber-Kombis ihren jeweiligen Arbeitsbereich zu und übernimmt zugleich Time-Alignment und Echtzeit-Phasenkorrektur.
Und nun die gute Nachricht: Mit der LS50 Wireless schält der verdutzte Käufer im Grunde ein Zwitterwesen aus Aktivlautsprecher und einem kompletten, WLAN-fähigen Streamingsystem aus dem Karton, das zwei digitale Eingänge (USB und optisch), einen analogen Cinch-Eingang und einen Bluteooth-Empfänger mitbringt. Technisch sind die LS50 Wireless nach dem Master-Slave-System aufgebaut. Der rechte Lautsprecher ist stets der Master, auf seiner Rückseite finden wir zum einen die beschriebenen Eingänge, zum anderen einige Einstelltaster für unterschiedliche Einsatz-Szenarien – beispielsweise als Desktop- oder freistehender Lautsprecher. Außerdem wird von hier eine Strippe zum linken Slave-Lautsprecher gezogen, und zwar ein klassisches Netzwerkkabel mit RJ45-Anschlüssen. Damit unterscheidet sich die KEF-Lösung von manchen anderen Wireless-Systemen, bei denen die Quellen an eine Sendestation angeschlossen werden, welche dann Digitalsignale zu den Lautsprechern funkt.
Eines hat mich sofort für die LS50 Wireless eingenommen, nämlich das Bedienkonzept. Sicherlich haben Sie auch schon mit Streamingsystemen zu tun gehabt, die erstmal mühsam, womöglich gar unter Zuhilfenahme des hauseigenen WLAN-Routers konfiguriert und eingerichtet werden müssen. „Tremendous, huge problem, so very bad!“, würde der (zumindest zur Zeit der Niederschrift dieses Textes noch amtierende) US-Präsident twittern. Ganz anders bei KEF. Hier hat der geneigte Nutzer drei Möglichkeiten der Quellenwahl und Lautstärkeregelung: Der schnellste Weg sind die nahtlos in die Gehäuseoberkante des Masterlautsprechers eingelassenen und hintergrundbeleuchteten Touchkeys. Eine sanfte Fingerberührung genügt zum Durchsteppen der Eingänge (WLAN, Bluetooth, optisch oder USB digital, analog) oder zum Regulieren der Lautstärke. Wer lieber vom Sofa aus agieren möchte, nutzt die mitgelieferte Fernbedienung, die eleganterweise die Farbkombination aus Gehäuse und Tiefmitteltonmembran widerspiegelt. Und wer „The Full Monty“ haben möchte, der lädt sich die kostenlose App „KEF LS50 Wireless“ im iTunes- oder Google-Play-Store herunter – vom Funktionsumfang her ein echtes Brett, trotzdem gestaltet sich ihre Konfiguration völlig idiotensicher.
Bei der Erstinbetriebnahme der LS50 Wireless bauen diese nämlich ihr eigenes WLAN auf. Man wählt sich dort nun mit dem Smartphone oder Tablet ein, startet die App und teilt dieser den Namen des hauseigenen WLANs sowie das zugehörige Passwort mit. Die App schreibt den Lautsprechern diese Informationen ins Stammbuch, woraufhin sie automatisch neu hochfahren und sich ohne zu Murren ins WLAN einloggen. Wer auf seinem Rechner bereits einen DLNA- oder UPnP-Server laufen hat, kann jetzt sofort loslegen – die App listet nämlich alle gerade aktiven Streamingserver auf und gestattet somit gleich den Zugriff auf die dort vorhandenen Musikbibliotheken. Damit nicht genug: Über die App lassen sich auch die DSP-Filter der Lautsprecher konfigurieren, praktischerweise in einem Basic- und einem Expertenmodus. Ersterer fragt ab, ob die Lautsprecher auf Ständern oder einem Schreibtisch stehen. Über virtuelle Schieberegler kann der geneigte Nutzer den KEF LS50 Wireless außerdem die Entfernung des Lautsprechers zur nächsten Rückwand sowie die Eigenheiten der häuslichen Raumakustik mitteilen. Der Expertenmodus hingegen gestattet noch wesentlich feinere Einstellungen sowie die Anpassung eines eventuell vorhandenen Subwoofers – inklusive Phasenlage und Übergangsfrequenz.
Man muss sich die ganzen Einsatzmöglichkeiten wirklich mal auf der Zunge zergehen lassen: Wer seine Musiksammlung auf dem heimischen Rechner – oder einem NAS – pflegt, der kann die Musik direkt in die LS50 streamen, und zwar mit bis zu 192 kHz/24 bit. Das funktioniert per WLAN; wer sichergehen will, kann die LS50 aber auch per LAN-Kabel an das Hausnetz anbinden. Wer nur mal schnell vom Handy aus ein bisschen Musik hören möchte, der funkt die Musik per Bluetooth. Wer andere Digitalquellen wie CD-Spieler hat, verbindet sie einfach per Toslink-Kabel. Und es soll sogar Menschen geben, die die LS50 Wireless im Verbund mit einem Tuner oder Schallplattenspieler nutzen – für den Plattenspieler muss natürlich eine Phonovorstufe vorgeschaltet werden.
Kann man also wirklich das Rack ausmisten und einfach alles den knuffigen KEF-Kistchen überlassen? Ja, das kann man durchaus. Denn sie klingen fantastisch. Zwei Dinge fallen sofort auf: eine angesichts der Gehäusegröße nachgerade erschreckende Basspotenz und eine wunderbar klare, tiefe, transparente Räumlichkeit. Gut, letzteres sollte man von einem Punktschallquellenkonzept erwarten dürfen, ersteres hingegen nicht unbedingt von einem 13-cm-Tiefmitteltöner. Ganz erstaunlich, was für einen profunden und knackigen Bass diese Kistchen in die Wohnung schieben. Tonal gehen die KEF-Lautsprecher in der Grundeinstellung – also ohne abgeänderte EQ-Einstellungen – als sehr neutral durch, mit einem tendenziell eher lichten als verhangenen Obertonbereich. Auch bei Pegeln, die schon oberhalb der Zimmerlautstärke liegen, überzeugt das Bassfundament vollauf. Klar, meiner Harbeth 30.1 kann sie, wenn man richtig aufdreht, natürlich irgendwann nicht mehr das Wasser reichen, aber wir sprechen von Lautstärkegefilden, die der normale Mieter eines Mehrfamilienhauses eh nur selten erreichen dürfte. Dafür punkten die KEF-Lautsprecher mit Klarheit und frappierend räumlicher Durchzeichnung. Ganz gleich, ob Sie Soloklavier hören und der Flügel buchstäblich in den Raum gebeamt wird oder ob Sie in großen Orchesterwerken schwelgen und die einzelnen Oboen trennscharf voneinander unterscheiden können – es baut sich eine weitläufige und immens tiefe Bühne auf. Falls Sie Jazz oder Rock bevorzugen: Freuen Sie sich auf mitreißende Dynamik und eine Spielfreude, die Ihnen ein debiles Grinsen ins Gesicht zaubert.
Aufgrund ihrer neutralen Abstimmung und der völligen Absenz von Grundrauschen sind die KEFs nicht zuletzt auch fantastische Nahfeldmonitore – aber auch für den Einsatz an Stagepianos oder Synthesizern empfehlenswert. Nimmt man all die Talente dieser Lautsprecher zusammen, dann schreibt sich die Schlussfolgerung von selbst: Mit den KEF LS50 Wireless ist es KEF gelungen, einen echten Allrounder hinzulegen, der konzeptionell, technisch und auch klanglich keinen Vergleich mit klassischen Mehrkomponenten-Setups scheuen muss. Gratulation!
Aktivlautsprecher
KEF LS 50 Wireless
Funktionsprinzip: 2-Wege-Aktivlautsprecher
Treiber: Uni-Q-Koax-Chassis aus 130-mm-Tiefmitteltöner mit Magnesium-Aluminium-Membran und 25-mm-Alu-Kalotte
Eingänge digital: USB, S/PDIF optisch (Toslink), WLAN, Bluetooth (apt-X)
Eingänge analog: Line (Cinch)
Ausgang: Subwoofer (Cinch)
Gesamtverstärkerleistung: 2 x 230 W
Maximaler Schalldruck: 106 dB
Frequenzgang:
(±3 dB) Gemessen bei 85 dB/1 m
45 Hz – 28 kHz (stärkere Basserweiterung)
50 Hz – 28kHz (Standard)
61 Hz – 28kHz (schwächere Basserweiterung)
Abhängig von Lautsprechereinstellungen
Maße (H/B/T): 30/20/30,8 cm
Gewicht: 10 kg
Gehäusevarianten: Schwarz mit blauem Uni-Q, Weiß mit kupferfarbenem Uni-Q, Grau mit rotem Uni-Q
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 2300 €
GP Acoustics GmbH
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