Test Kabelsets von AudioQuest – Die Durchblicker
Zwei unterschiedliche HiFi-Herren berichten über höchst unterschiedliche Kabelsets von AudioQuest – und erleben unabhängig voneinander persönliche Überraschungen!
Fotografie: Ingo Schulz
AudioQuest Cinnamon, Golden Gate, Star-Quad – Spar dich glücklich!
Von Georg-Cölestin Jatta
Es hat schon seine Vorteile, nicht an der Spitze der Redaktions-Nahrungskette zu stehen. Während Cai Brockmann einen Weg finden muss, die exorbitanten Preise seines Kabelsatzes zu rechtfertigen, was ihm sicher gelingen wird, freue ich mich über eine Komplettverkabelung, die gerade einmal so viel kostet wie zwei Jahre Pay-TV.
Für die Cinnamon-Kabel kommen langkristalline Kupferleiter mit 1,25 % Silberanteil zum Einsatz. Beim Golden Gate werden die Massivleiter aus „hyperreinem“ PSC-Kupfer (Perfect Surface Copper), das noch weniger Oxidationsanteile als übliches OFHC-Kupfer haben soll, gezogen. Als Dielektrikum setzt AudioQuest für beide Serien auf geschäumtes Polyethylen, ummantelt von robustem Kunststoffgewebe. Mit dem Innenleiter kaltverschweißte Stecker und ein vom Rückleiter separierter Masseleiter in einer sogenannten „Asymmetrical Double-Balanced Geometry“ gehören ebenfalls zum Programm. Die LS-Kabel Type 4 aus der erfolgreichen Star-Quad-Serie verfügen über langkristalline LGC-Massivleiter und eine spezielle Isolierung der Rückleiter aus carbonisiertem Polyethylen, die störende Einstrahlungen verhindern soll.
Wie wirken sich die goldigen Zimtstangen nun in meiner Anlage aus? Sagen wir es so: Mit einer 08/15-Beipackstrippe ist die Kantenschärfe von Instrumenten derartig, als hätte man mit der Faust durch ein Sperrholzstück gehauen – das Loch ist zwar drin, doch die Ränder sind grob und ausgefranst, die Botschaft allerdings ist wenigstens auf der anderen Seite angekommen. Mit den Golden-Gate-Cinchkabeln wirken die Konturen bei der klanglichen Abbildung von Instrumenten zwar nicht wie lasergeschnitten, doch auch mit einer JetCut-Laminatsäge bekommt man saubere Kanten ohne Ausfransungen. Raumtiefe, Ausdehnung und Esprit deklassieren im Vergleich jede Beipackstrippe als Helferlein zur reinen Funktionskontrolle. Zum Preis von knapp 80 Euro sind die AudioQuests also mehr als überzeugend – mein Cinch-Silberkabel kostet ja allein schon so viel wie der komplette Satz von AudioQuest. Da lacht das Sparschwein hämisch aus seinem hohlen Bauch! Zumal auch die Lautsprecherkabel Type 4 mit unter 100 Euro pro Doppelmeter ein echtes Schnäppchen sind. Ich schleife sie ein und höre erneut Wende Snijders mit ihrem Jacques-Brel-Cover „Vesoul“ (CD Chante!). Es ist immer noch dieselbe helle und doch kräftige, kehlige Stimme, aber wie mit 400er-Körnung poliert; feinste Atemgeräusche wirken auf vollkommen natürliche Weise präsent.
Die Schärfe, die sowohl eine Standard-USB-Strippe wie auch ein zum Vergleich erworbenes Kabel eines anderen amerikanischen Herstellers zur Stimme von Wende Snijders addieren, löst sich mit einem Cinnamon-USB völlig in entspannter Langstreckentauglichkeit auf. Übrigens stellen die Digitalkabel mein persönliches Highlight dar. Insbesondere was sie zwischen Laptop, PlayStation, D/A-Wandler und meinem NAD-„Digital-Amp“ zu diesem kleinen Preis bewirken, ist dramatisch: Der Raum weitet sich in allen drei Dimensionen enorm, die Darbietung gewinnt an Spannung und Natürlichkeit. Das funktioniert relativ unabhängig von der Quelle. Selbst mein antiker MD-Player, mit einem Toslink-Cinnamon angeleint am NAD, weiß mit vertrauten Disks zu begeistern. Cheryl Wheelers „Mrs. Pinocci’s Guitar“ aus den Neunzigern, immer wieder ein absoluter Hochgenuss, höre ich genau mit jenem Schmelz in ihrer Stimme, den ich aus damaligen Vorführungen noch im Ohr zu haben glaube.
AudioQuest Diamond + Wild Blue Yonder – Von Glasscheiben und Diamanten
Von Cai Brockmann (✝)
Er hat schon sehr früh erkannt, dass eine ordentliche Verkabelung für den Klang der HiFi-Anlage enorm wichtig ist: William „Bill“ Low, Gründer, Kopf und Chef von AudioQuest, ist seit über vierzig Jahren im High-End-Kabelgeschäft tätig, seit 1980 für diese seine Marke. Mit kreativen Denkansätzen, gezielter Forschung und bemerkenswerter Geduld gelang es Bill Low in diesen Jahren immer wieder aufs Neue, klanglich hervorragende Produkte auf dem Weltmarkt zu etablieren. Längst genießen nicht nur die Kabel, sondern auch Kopfhörer und digitale Helferlein von AudioQuest höchste Wertschätzung.
Während Kollege Jatta dem exzellenten Ruf des Unternehmens mit einem ausgesprochen günstigen Kabelset auf der Spur ist, darf ich mit wahren Edelverbindern hören, die schon beim Erstkontakt mit vorzüglicher Anfassqualität überzeugen. Die Kabel für Digital- und Netzwerk-Anwendungen (USB, koaxial, AES/EBU, RJ/E) tragen das elegante schwarz-weiße Fischgrätmuster der Diamond-Serie. Die Analogverbindungen (Cinch, XLR, Lautsprecher) hüllen sich in das vornehm dunkelblau-schwarze Textilgeflecht der Serie „Wild Blue Yonder“ (engl. „yonder“ = „dort drüben“). Auch ein griffiges Miniaturwerkzeug legt AudioQuest diesem Set bei, um die Lautsprecherkabel wahlweise mit Bananen- oder Gabelschuhsteckern auszustatten. Vorbildlich!
Zunächst aber werde ich sämtliche Kabel gewissenhaft einspielen, um dann später in Ruhe zu hören und auch einen vorsichtigen Blick in AudioQuests Preisliste zu wagen.
Nur, von Einspielen oder Eingewöhnung kann im konkreten Fall keine Rede sein. Kaum angeschlossen an Edel-HiFi von Nagra, Einstein, T+A, Bryston, Bittner, Valvet und Live Act Audio, bin ich auch schon ganz Ohr. Das zum profanen Zweck des Einspielens etwas willkürlich kombinierte Setup klingt keineswegs nur anständig, um noch genügend Spielraum für hochgesteckte Erwartungen zu lassen – nein, es klingt sofort auffallend gut, groß und luftig. Faszinierend! Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine Komplettverkabelung erlebt zu haben, die frisch aus der Verpackung dermaßen rund und ausgeschlafen geklungen hat. Den Einspielprozess habe ich damit praktisch schon abgehakt.
AudioQuest will bei Kabeln sowieso nicht von „Einspielen“ sprechen, noch viel weniger von „Einbrennen“. Das sei etwas Mechanisches und gelte für Motoren oder Lautsprecherchassis, nicht aber für Kabel. Klangentscheidend sei vielmehr die „Formatierung der Isolierung“. Hier bringt AudioQuest sein patentiertes DBS ins Spiel: Das „Dielectric Bias System“ erzeugt mittels eines speziellen, verblüffend simplen Aufbaus mit Batteriebeteiligung eine Art Schutzschild um die Signalleiter. DBS taucht das komplette Dielektrikum des Kabels in ein definiertes Gleichstromfeld und verkürzt den üblichen, durch simples Musikspielen erzeugten Formatierungsvorgang des Materials drastisch. Das Schöne daran: DBS liegt weder im Signalweg, noch beeinflusst es, so Bill Low, das Musiksignal in irgendeiner Form, und die Batterien im Kästchen halten eine Ewigkeit. AudioQuest stattet – auch, aber nicht nur – die Serien Diamond und Wild Blue Yonder mit DBS aus, mühelos erkennbar am Extrakästchen an jeder Strippe.
Und nun Notizen aus der Praxis. Die relativ dicken und durchaus etwas störrisch zu verlegenden Wild Blue Yonder vereinen feinste Materialien wie Solidcore-Silberleiter mit ausgeklügelter Fertigung und bieten, wie schon angedeutet, umstandslos schlicht überragende Klangergebnisse. Zum wirklich stolzen Preis, der wohl nur die Blankoscheck-Fraktion kalt lässt, in ebenso herausragenden wie kostspieligen Audiosystemen jedoch gut angelegt ist. Nach der AudioQuest-Maxime, mit steigendem Aufwand dem Klang nicht künstlich auf die Sprünge zu helfen, sondern vielmehr dem Musiksignal immer weniger Schmutz, Störungen und „ungeputzte Glasscheiben“ entgegenzusetzen, handelt es sich bei der Wild-Blue-Yonder-Linie offenbar um besonders gut geputzte, praktisch unsichtbare Planscheiben in Riedelglas-Qualität. Der „ungetrübte Blick auf die Musik“ ist hier keine hohle Phrase, sondern nachvollziehbare Wirklichkeit – diese fantastische Klarheit ist mitunter überwältigend. Da „gehen Räume auf“ und die Musik „fließt wirklich ungestört, gebirgsbachartig klar, mit gefühlt höherer Geschwindigkeit“, wie ich später in meinen eigenen Notizen nachlesen werde. Wohl dem, der für ein, naja, „ganz normales“ Komplettset locker eine deutlich fünfstellige Summe auf den Tisch des Fachhändlers legen kann.
Erstaunlicherweise bieten auch die digitalen Verbinder aus der – erheblich günstiger positionierten – Diamond-Serie einen erfrischenden Klangfortschritt gegenüber „normalen“ guten, ja, auch gegenüber sehr guten Digi-Kabeln. Ich mag gar nicht darüber theoretisieren, warum das selbst bei Netzwerkkabeln so ist, aber hörbar ist der positive, bereits beschriebene „Ta-Dah-Effekt“ von Klarheit und Deutlichkeit auch im digitalen Umfeld. Da ich inzwischen auch die Preise für die Diamond-Klangpreziosen ermittelt habe, kann ich meine Empfehlung nur noch einmal verstärken: Diese Diamanten näher unter die Klanglupe zu nehmen lohnt sich auch dann, wenn man ein bisschen aufs Geld schauen muss. Das Preis-Leistungs-Verhältnis dieser Serie ist für mich jedenfalls genauso überzeugend wie die tolle klangliche Performance, die in welchem System auch immer universell abrufbar zu sein scheint.
Große Gedanken hingegen kann die Preisgestaltung der tatsächlich in jeder Hinsicht „dort drüben“ zu verortenden Wild-Blue-Yonder-Serie auslösen. Welche Überlegungen Sie dabei für Ihr High-End-Audiosystem anstellen, wird wohl in erster Linie mit Kopfrechnen zu tun haben. Denn wo genau die Grenze zwischen „teuer“ und „komplett jenseitig“ verläuft – das muss jeder Interessent für sich selbst definieren. Meine eigene Definition für „audiophile Vernunft“ (zugegeben, ein Widerspruch in sich) bei der Kabelwahl beschreibe ich normalerweise mit der Zahlenkombination 80/20. Das heißt, ich würde „vernünftigerweise“ bis zu 20 Prozent der Gesamtsumme für ein Audiosystem in die Verkabelung investieren. Wenn man nun ein Set aus, sagen wir, zwei NF-Signalkabeln, einem Digitalverbinder und zwomal drei Meter Lautsprecherstrippen aufaddiert und dann zurückrechnet, landen wir bei einer Summe, die mit beiden Beinen und sehr stabil im sechsstelligen Preisbereich angesiedelt ist. Doch von derlei kostspieligen Audiosystemen, liebe Knauserer, Zweifler und Sparbrötchen, gibt es viel mehr, als ihr euch überhaupt vorstellen könnt. Und ihr, liebe Luxusgeschöpfe, Music Maniacs und Blankoscheckverteiler, wisst jetzt hoffentlich, was zu tun ist: Probiert ein großes AudioQuest-Set mit DBS-Zusatzkästchen aus!
Digitalkabel AudioQuest Cinnamon
Typ: USB A/USB B, USB A/Micro USB, Toslink Fiber-Optic, Digital Coax
Preis: 85 € (1,5 m)
NF-Kabel Audioquest Golden Gate
Typ: Cinch/Cinch, Cinch/Klinke (3,5 mm)
Preis: 80 € (1,5 m)
Lautsprecherkabel Star-Quad Series Type 4
Konfektionierung: Bananenstecker oder Kabelschuhe
Preis: 270 € (3 m)
Digitalkabel AudioQuest Diamond
Besonderheit: Dielectric Bias System (DBS)
Typ: USB A/USB B Diamond
Preis: 770 € (1,5 m)
Typ: Digital Coax Diamond oder AES/EBU Diamond
Preis: 2900 € (1,5 m)
Typ: RJ/E Diamond
Preis: 1300 € (1,5 m)
NF-Kabel Audioquest Wild Blue Yonder
Besonderheit: Dielectric Bias System (DBS)
Typ: Cinch/Cinch oder XLR/XLR
Preis: 6100/11 100 € (1,5 m/4,0 m)
Lautsprecherkabel AudioQuest Wild Wood
Besonderheit: Dielectric Bias System (DBS)
Konfektionierung: Bananenstecker oder Kabelschuhe
Preis: 28 630 € (3,5 m)