Gato Audio PRD-3S, PWR-222 und CDD-1 – Schöner Hören
Gato Audio will klassische Designtugenden und moderne Klangwelten vereinen. Wie schlägt sich das große Elektronik-Ensemble der Dänen?
Danish Design – damit verbindet man allgemein Wohnobjekte, die zwar einerseits funktionalistisch und minimalistisch in der Tradition der Klassischen Moderne stehen, aber doch einen gewissen Hang zum Verspielten haben, zum Ornament im Kleinen. Diese Assoziation schoss mir zumindest durch den Kopf, als die FIDELITY-Redaktion eine Verstärkerkombination plus CD-Player der Kopenhagener Manufaktur Gato Audio ankündigte. Um es kurz zu machen: Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Denn so soll das sein mit dem Danish Design: Form follows function, aber gepaart mit einer gehörigen Portion Noblesse, edel und hochwertig in Anmutung und Haptik.
Vielen Audiophilen dürften die Namen Thule Audio und GamuT bekannt sein. In diesen Manufakturen arbeiteten federführend die beiden Klangtüftler Kresten Dinesen und Frederik Johansen, bevor sie 2007 Gato Audio gründeten und mit Rasmus Holm einen weiteren führenden dänischen Entwickler an Bord holten. Sitz des Unternehmens ist das kleine Städtchen Herlev in der Nähe Kopenhagens, wo man eine Entwicklungsabteilung, umfassende Test- und Qualitätssicherungseinrichtungen aufbauen konnte und auch die Endfertigung der Geräte stattfindet.
Vier formgleiche Geräte stehen nun vor mir, alle elegant geschwungen und nur durch die Displays und einen nicht zu übersehenden Drehknopf an der Vorstufe zu unterscheiden. Und definitiv zu schade, um schamhaft versteckt zu werden – was einem bei manchem Monoblock schnell einmal einfallen könnte, der, hinter dem Lautsprecher positioniert, eine Armlänge Lautsprecherkabel sparen hilft. Apropos Kabel: Karsten Grämkow vom Gato-Vertrieb Phonar empfiehlt eine symmetrische Verkabelung zwischen Vor- und Endstufe und nach Möglichkeit auch von den Quellgeräten zur Vorstufe – was im Hause Schmenner ohnehin Standard ist.
Aufwärmübungen
Allzu neugierig, wie sich die optischen Prachtstücke wohl klanglich schlagen werden, ignoriere ich jede HiFi-Weisheit, schließe die Kombi „out of the box“ an und befeuere sie mit dem Scherzo aus Mahlers Zweiter Sinfonie unter Pierre Boulez. Ein großorchestrales Werk ist immer ein wunderbarer Lackmustest für das erste Anspielen neuer Komponenten, lassen sich dort doch sofort Verfärbungen bei den Holzbläsern erkennen und bei Bässen und Schlagzeug die Dynamikbandbreite eruieren. Doch schon nach kaum zehn Minuten gebe ich mich geschlagen und akzeptiere nun doch die bewährte Regel, dass auch Transistorendstufen rund ein gutes Stündchen brauchen, um ihr volles Klangpotenzial zu entfalten. Ein nützliches Gadget ist hierbei die runde Temperaturanzeige der PWR-222. Sie ist einerseits behilflich, die optimale Betriebstemperatur zu erkennen, warnt andererseits aber auch vor Überhitzung. Und braucht es gute 15 Minuten, bis die Anzeige bei ca. „9 Uhr“ ein erstes klanglich akzeptables Anspielen signalisiert, so zeigt meine Hörerfahrung mit den dänischen Designstücken in den folgenden Wochen, dass diese nach ca. 60 Minuten – wenn der Zeiger etwa „12 Uhr“ erreicht hat – über ihr volles Kraft- und Klangpotenzial verfügen. Übrigens wird diese Temperatur bei normaler Belastung quasi endlos gehalten. Wem das auf Dauer zu eintönig ist, kann das kreisrunde Anzeigenfeld aber auch zum VU-Meter umschalten, das schön feinfühlig und praxisgerecht arbeitet, das weder permanent im roten Bereich herumzappelt, noch massive Lautstärke benötigt, um aus der Nullstellung emporzusteigen. Und wer sich gar nicht ablenken lassen will, der schaltet das Display einfach aus.
Aber zurück zu den ersten klanglichen Gehversuchen. Zunächst widme ich mich der Vorstufe PRD-3S mit dem integrierten DA-Wandler und schließe sie an meine gewohnte Studioendstufe an. Die Holzbläser der Wiener Philharmoniker offenbaren, dass die Vorstufe tonal auf der unbestechlichen sauberen Seite steht, es sind keinerlei Verfärbungen erkennbar. Oboen und Klarinetten klingen, wie diese eben klingen sollen, von Euphonie keine Spur. Dass dennoch der Eindruck einer leichten klanglichen Wärme entsteht, liegt daran, dass die Gato den Blick auf das große Ganze wirft und ein wunderbar homogenes Klangbild produziert. Funktioniert meine hauseigene Vorstufe eher wie ein sezierendes Chirurgenbesteck, das mit unerschütterlicher Holografie den Instrumenten ihren festen Platz zuweist, überzeugt die Gato PRD-3S dagegen mit einem unnachahmlichen Flow, mit einer Klangfülle, die zugleich immer durchhörbar und transparent bleibt.
Digitalitis
Angesichts von Preis und Performance darf man bei der Gato-Vorstufe getrost von einem veritablen Sonderangebot sprechen, insbesondere dann, wenn man die formidablen Qualitäten des integrierten D/A-Wandlers berücksichtigt. Dieser basiert auf einem PCM1794-Chip von Burr-Brown und verarbeitet alle eingehenden digitalen Signale intern mit 24 bit/192 kHz. Nicht nur, dass mit RCA, Toslink und USB alle aktuellen Standardeingänge zur Verfügung stehen, mit aptX Bluetooth 4.0 ist die Gato PRD-35 auch zukunftssicher für mobile Anwendungen ausgestattet.
Über einen MacMini mit Audirvana zugespieltes Material wird dermaßen perfekt gewandelt, dass ich mitunter das Gefühl habe, einer analogen Quelle zu lauschen. In den Höhen niemals scharf, im oberen Bassbereich mit der gebotenen Fülle und Kraft, so lässt sich etwa das Lambchop-Album Mr. M auch bei geringer Lautstärke audiophil rezipieren – ein Kunststück, dass keineswegs allen Wandlern ohne Weiteres gelingt. Hier müssen sich einige Mitbewerber, auch aus höheren Preisligen, schon ganz gehörig strecken. Freudig durchforste ich die Audirvana-Bibliothek, um etwa in das neue Album der Drum’n’Bass-Legende Goldie mit satten Bässen und schwebenden Vocals hineinzutauchen oder mich von den knarzenden und peitschenden Kontrabasskapriolen des Freejazzers Jan Roder begeistern zu lassen, die so unmittelbar greifbar im Raum stehen und das perfekte Matching von DAC und Vorstufe demonstrieren.
Sanfte Dominanz
Die Temperaturanzeigen der beiden PWR-222 sind zwischenzeitlich bei 12 Uhr angelangt, und die Monoblöcke dürfen an meinen Magnepans nun zeigen, ob die dänische Ingenieurskunst wirklich gezaubert hat. Die Maggies brauchen bekanntlich eine starke Hand, tendieren aber mit ausgewiesenen Rabauken-Endstufen zu einer leicht überzogenen Schärfe und extrem trockenen Bässen. Um die Gatos diesbezüglich gleich mal ein bisschen zu provozieren, ziehe ich fiese Digitalaufnahmen aus den späten 80er und frühen 90er Jahren aus dem CD-Regal.
Aber sowohl U2 mit Achtung Baby als auch Japans Oil On Canvas kann ich die Monoblöcke nicht dazu verleiten, den Maggies klangliche Fiesheiten zu entlocken. Adam Claytons Bass schwingt tief und mit dem gebotenen Nachhall zu Bonos Falsett in „The Fly“, sanft schiebende Klavierakkorde begleiten David Sylvians tiefen Tenor in „Nightporter“, der vielleicht schönsten, weil so herrlich unsentimentalen Ballade des Pop. Und setzen die Endstufen im Mittel- und Hochtonbereich schon das mühelos fort, was sich beim Hören der Vorstufe bereits an klanglichen Meriten erschlossen hat, so kommt im Bassbereich nun eine ganz eigene Qualität hinzu, die das gesamte Spektrum perfekt ergänzt. Die Gato-Zwillinge tendieren nämlich in keinem Moment dazu, mit ihren immerhin 450 Watt Ausgangsleistung in irgendeiner Art und Weise zu protzen oder prahlerisch die Muskeln spielen zu lassen. Vielmehr sind die Reserven, sobald gefordert, einfach da, sei es an den Magnetostaten oder auch an den Mission 751, die bei mir selbst nach über 25 Jahren hin und wieder zu einem nostalgischen Einsatz kommen. Im Normalbetrieb (was ist das eigentlich?) dirigieren die Monoblöcke „ihre“ Lautsprecher mit milder, aber nachdrücklicher Autorität, halten die Schallwandler exakt auf Kurs.
Hauseigene Innovation
Zwischendurch hake ich beim Vertrieb nach, was das Besondere an der Schaltungstechnik des Gato-Monoblocks ist, die sich doch fundamental von der Class-D-Technik unterscheidet, mit der die Mehrheit der hauseigenen Vollverstärker bestückt ist. Die Entwickler in Kopenhagen schreiben sich die im eigenen Hause entwickelte TwinFET-Technologie auf ihre Fahnen. Während übliche Verstärker im standardisierten MOSFET-Push-Pull-Betrieb gewisse Schwierigkeiten haben, ein perfekt symmetrisches Signal zu generieren, soll dies Gatos TwinFET aufgrund zweier identischer und perfekt gematchter Transistoren mühelos gelingen. Dadurch, so die Dänen, erziele man diesen natürlichen und nie strähnigen Klangeindruck, der sich so positiv von üblichen Transistor-Endstufen abhebt.
Entscheidet man sich für Vinyl als Quellmaterial, dankt es einem das Gato-Verstärkertrio mit einem voluminösen Klangbad, das etwa bei dem neuen MFSL-Reissue von Miles Davis’ E.S.P. den Sound der guten alten analogen Zeiten in perfekter harmonischer Abstimmung reproduziert, ohne jedoch auch nur eine Spur altbacken zu klingen. Vielmehr zeichnet sich der Gato-Sound durch eine geradezu klassische Zeitlosigkeit aus.
Player oder Wandler?
Gato selbst bezeichnet den Toplader CDD-1, der – bis auf das Display – den anderen Geräten optisch eins zu eins gleicht, als „DAC with a drive“. Ein Quervergleich mit dem in der Vorstufe integrierten Wandler offenbart, dass der DAC des Players noch etwas transparenter seinen Dienst verrichtet und den Songs dabei geringfügig mehr Grundtongewicht verleiht. Hinzu kommt, dass die Digitalabteilung des CDD-1 auf das grundsätzliche Upsampling der PRD-3S verzichtet und „nur“ das exakte Fileformat abspielt. Mindestens ebenso interessant ist es aber herauszufinden, wie sich die Laufwerksqualitäten des Players schlagen – und wie sich die Digitalmaschine in ihrer ausschließlichen Funktion als CD-Player in den Gesamtkontext des Ensembles integrieren lässt.
Um es gleich vorwegzunehmen: Ich habe selten einen derart „analog“ klingenden CD-Player kennengelernt! Womit sich der CDD-1 perfekt, weil bruchlos in die klangliche Gesamtsignatur der Gato-Anlage einfügt. Im Gegensatz zu direkt gestreamten Files klingt die Musik über CD eine Spur voluminöser und griffiger. So stehen etwa die durchgehenden Pizzikati des Emerson Quartetts im vorletzten Satz von Bartóks Viertem Streichquartett bei der direkt abgespielten CD greifbarer im Raum als bei der gerippten Version, bei dieser klingen die angerissenen Streichersaiten eine Spur härter, aber auch präziser – letztlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings das Display des CDD-1, das in einem „Bullauge“ lediglich den Lauffortschritt der CD (oder des Tracks) anzeigt, nicht aber den Minuten-Sekunden-Stand, vergleichbar der Tonarmposition bei einer LP. Eine weitere Reverenz an ein Plattenlaufwerk ist der partiell offene Topladerdeckel, durch den man wunderbar das Drehen bunter CD-Oberflächen beobachten kann. Ein netter, ungewöhnlicher Einfall der Gato-Entwickler, wobei man allerdings darauf achten sollte, hin und wieder die Linse des Laufwerks vorsichtig zu entstauben, da dieses eben nicht vollständig geschlossen ist. Alles in allem stellt der „DAC with a drive“ nicht nur optisch das berühmte i-Tüpfelchen dar, das aus der Vor-/Endverstärker-Kombination PRD-3S/PWR-222 eine optimal aufeinander abgestimmte Gesamtanlage macht. Hier gilt tatsächlich das alte Motto „Aller guten Dinge sind drei“. Oder, wenn man die Gato-Monos doppelt zählen möchte, auch vier.
Zukunftssicher
Haben wir mit einem Blick auf das spezifische Design und die spezifische Haptik der Geräte begonnen, so wollen wir auch damit enden. Denn die Gehäusedeckel aller Komponenten sind farblich wählbar. Der autorisierte Gato-Fachhändler bietet für sehr faire 150 Euro Auswechselmodule in hochglanzlackiertem Schwarz, Weiß oder Walnussfurnier an, auf dass keine Langeweile aufkomme oder auch beim Tapetenwechsel des Wohn- bzw. Musikzimmers alles entspannt verlaufen kann. Musikalisch und technisch kann man ohnehin entspannt mit den drei (bzw. vier) Gato-Geräten in die Zukunft blicken: Mit aktueller Digitaltechnik in der Vorstufe und im CD-Player, der innovativen TwinFET-Schaltung im Endverstärker und einem Klangbild, das in seiner austarierten Ganzheitlichkeit geradezu zeitlos erscheint, ist den Dänen ein ganz großer Wurf gelungen, der auf Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte hinaus das Bedürfnis nach herausragend gutem Sound – und nach herausragend gutem Design – stillen kann.
Gato Audio PRD-3S
Funktionsprinzip: Vorverstärker/DAC
Eingänge analog: 2 x unsymmetrisch (Cinch), 1 x symmetrisch (XLR)
Eingänge digital: je 1 x USB (B), optisch (Toslink), coaxial (Cinch), Bluetooth (aptX)
Eingangsimpedanz analog unsymm./symm.: 20 kΩ/40 kΩ
Ausgänge analog: 1 x unsymmetrisch (Cinch), 2 x symmetrisch (XLR)
Ausgangsspannung unsymm./symm.: 6,5 V/13 V
Ausgangsimpedanz: 75 Ω
Ausführungen: Aluminium silber mit Gehäusedeckel in hochglanzlackiertem Schwarz, Weiß oder Walnussfurnier
Besonderheiten: digitale Datenverarbeitung mit 24 bit/192 kHz (Upsampling automatisch), Gehäusedeckel auswechselbar (150 €), Triggeranschluss 12 V
Maße (B/H/T): 32,5/10,5/42 cm
Gewicht: 7 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 2990 €
Gato Audio PWR-222
Funktionsprinzip: Mono-Endverstärker
Ausgangsleistung (8/4 Ω): 250 W/450 W
Eingänge: 1 x unsymmetrisch (Cinch), 1 x symmetrisch (XLR)
Eingangsimpedanz: 100 kΩ
Ausgang: 1 x Lautsprecher (WBT NextGen)
Ausführungen: Aluminium silber mit Gehäusedeckel in hochglanzlackiertem Schwarz, Weiß oder Walnussfurnier
Besonderheiten: Gehäusedeckel auswechselbar (150 €), Triggeranschluss 12 V
Maße (B/H/T): 32,5/10,5/40 cm
Gewicht: 16 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: 13 980 €
Gato Audio CDD-1
Funktionsprinzip: CD-Player + DAC
CD-Formate: CD, CD-R
Eingänge digital: USB (B), S/PDIF (coaxial) mit max. 2 bit/192 kHz
Ausgänge analog: unsymmetrisch (Cinch), symmetrisch (XLR)
Ausgang digital: S/PDIF (coaxial)
Ausführungen: Aluminium silber mit Gehäusedeckel in hochglanzlackiertem Schwarz, Weiß oder Walnussfurnier
Besonderheiten: Gehäusedeckel auswechselbar (150 €), Triggeranschluss 12 V
Maße (B/H/T): 32,5/10,5/37,5 cm
Gewicht: 10 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 6990 €