EAT E-Glo – Ad Astra
Diesmal besteht mein Fazit aus zwei Worten. Zu finden in der letzten Zeile.
Also, wenn das kein schönes Gerät ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Die edle, flache Bauweise von EATs „E-Glo“ rührt daher, dass das Netzteil ausgelagert wurde; ein weiteres, freilich nicht ganz so edel gebautes Alu-Kabinett birgt den wesentlichen Teil der Stromversorgung. Und folgt so einer alten Regel, an deren Gültigkeit es nichts zu rütteln gibt: Wer nicht will, dass das elektromagnetische Streufeld eines Trafos die empfindliche Verstärkerschaltung beeinträchtigt, der muss den Störer möglichst weit weg bringen. Beim E-Glo gewährleistet das rund ein Meter Kabel zwischen Phono-Amp und Stromversorgung. Und damit ist die Signal-to-Noise-Welt in Ordnung, falls keine der beteiligten Röhren gerade einen Heiserkeits-Anfall hat …
In dem in Tschechien gefertigten E-Glo sind das insgesamt vier ECC83 und zwei ECC88. „Sand“ kommt den Analog- und Röhren-Spezialisten aus Prag natürlich nicht in den Signalweg, außer vielleicht im Netzteil, wo auf Halbleitern basierende Spannungsregelung platzsparend sicher nicht schaden kann. Beim E-Glo betätigt sich nach einem Ringkerntrafo und einer speziellen Gleichrichterstrecke diesbezüglich ein FET (Feldeffekttransistor).
Was die Gleichrichter angeht, so gehört es inzwischen längst zum Kenntnisstand eines jeden ordentlichen (Highend-)Designers, dass übliche Brückengleichrichter-Strecken dem Klang wenig zuträglich sind; die dafür eingesetzten Standard-Dioden produzieren hochfrequente Störungen, was man durch den Einsatz so genannter Schottky-Dioden etwas abmildern kann. Ebenfalls möglich ist zusätzliche Beschaltung mit kleinen Kapazitäten und/oder Widerständen, um die Gleichrichterstrecken „sauberer“ zu bekommen. So etwas wurde auch im E-Glo gemacht, dessen Erbauer offenbar auch eine Regelung der Anodenspannung vornehmen. Ob es sich um eine der üblichen Regelschaltungen oder einen gerne auch mal als „langsamen Regler“ bezeichneten Gyrator handelt, lässt die Beschreibung des Schönlings aber offen. Der reklamiert für sich eine voll symmetrische Eingangsstufe, im MC-Betrieb gebildet von einem sehr hochwertigen Lundahl-MC-Übertrager (LL1932) mit amorphem Kernmaterial. Zwei „Mäuseklaviere“ auf der Rückseite des E-Glo nehmen dabei eine Verstärkungs-Anpassung vor; MC-Betreiber haben die Wahl zwischen 76 oder 70 Dezibel Gesamtverstärkung.
Im Zusammenhang damit wurde die Auslegung des MC-Abschlusswiderstands interessant – und vor allem superbequem – gelöst: Ein Drehschalter auf dem Chassis stellt den Abschlusswiderstand in acht Stufen via Relais ein; zwei unterschiedliche, offenkundig einmal für „sehr leise“ und einmal für „übliche“ MC-Abtaster zuständige Skalen von zwei bis 300 Ohm oder von zehn bis 1200 Ohm sind dabei auf den Verstärkungsfaktor bezogen: 76 dB Verstärkung gehört zu zwei bis 300 Ohm, die 70 Dezibel beziehen sich auf zehn bis 1200 Ohm. Das hört sich zunächst komplizierter an, als es in Wirklichkeit ist, darf aber als gute und vor allem praxisgerechte Idee gelten. Und wie ändert man nun den Eingangswiderstand eines Übertragers? Die Lösung ist einfach: durch entsprechend dimensionierte Widerstände auf der Sekundärseite (!) des MC-Übertragers, die mit Hilfe von etwas einfacher Mathematik (Stichwort: Transformatoren-Hauptformel und Übersetzungsfaktor) festgelegt werden können. Und obwohl bei einem Gerät wie der E-Glo eigentlich kaum damit zu rechnen ist, dass es auch als MM-Verstärker (in diesem Fall bleibt der Übertrager unbenutzt) zum Einsatz kommt, wurde auch für diesen Anwendungsfall opulent vorgesorgt: So lassen sich hier verschiedene Lastkapazitäten in ebenfalls acht Stufen zwischen 50 und 840 Picofarad einstellen, natürlich wieder bequem per Drehschalter. In puncto Ausstattung sind dann noch ein Mute-Schalter sowie ein Subsonicfilter erwähnenswert, ganz zu schweigen von erstklassigen Cinchbuchsen.
Wie es sich für einige – nicht alle, denn das Thema ist umstritten – „Röhren-Kreise“ in der Szene gehört, vertraut auch der E-Glo auf eine rein passive Phono-Entzerrung. Und damit natürlich auf keine Über-alles-Gegenkopplung; die schaltungstechnische Alternative ist ja eine so genannte „aktive Phonoentzerrung“ bei der die frequenzbestimmenden Filter in einer Gegenkopplungsschleife über zwei Verstärkerstufen sitzen. Aufgetrennt in Hoch- und Tiefton-Filter, wird die RIAA-Korrektur im E-Glo im Gegensatz dazu in Form eines passiven, so genannten R/C-Filters vorgenommen, bei dem die Frequenzstabilität auch davon abhängt, dass Quell- und Lastimpedanzen, zwischen denen das Filter angeordnet ist, möglichst konstant bleiben. Was mit Röhren so einfach nicht ist – aber das ist wieder ein anderes Thema. Dagegen eher in aller Munde sind fraglos die Koppel-Kondensatoren: EAT setzt da auf Bewährtes, will sagen, auf die berühmten Edel-Kapazitäten von Mundorf, genauer gesagt, auf die viel gelobten Teflon-Wickel des inzwischen weltweit renommierten Kondensatoren-Spezialisten. „All other capacitors are Wima“, heißt es dann, womit womöglich die Phonoentzerrung gemeint ist. Nichts dagegen, denn das ist nur ein Baustein im sauber abgestimmten Klang-Getriebe.
Und was das angeht, so muss man den Röhrenfreaks bei EAT ein feines, nein: ein ganz feines Händchen bescheinigen. Reden wir nicht lange drum herum: Das ist, kurz, knackig und bündig formuliert, die zweifellos beste Phonostufe, die ich seit sehr, sehr langer Zeit gehört habe. Oder besser: das Vergnügen hatte, hören zu dürfen. Okay, ganz so unterwürfig muss man das sicher nicht formulieren, denn auch andere Mütter haben so schöne Töchter. Ich kenne deren vielleicht noch drei oder vier in meiner persönlichen, völlig preisunabhängigen Klang-Hitliste. Ach ja, übrigens beschäftige ich mich seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts (auch) mit Phonostufen. Doch mehr als diese drei oder vier (und jetzt fünf) Ausnahme-Erscheinungen sind bei mir nicht zusammen gekommen. Das Ganze übrigens wie immer im Teamwork mit einer Platine Verdier, der EMT-„Banane“ und einem EMT JSD6, abgeschlossen mit 300 Ohm. Diese Nebensächlichkeit (die Impedanz) verdient längst nicht so viel Erwähnung, wie der satte, runde, intensive und extrem farbenprächtige, ausdrucksstarke Ton des E-Glo, der die Anlage mit so viel Energie erfüllt, dass sie schier zu platzen scheint. Damit wir uns richtig verstehen: es gibt hin und wieder und sehr selten Komponenten, die eine Kette auch „abkönnen“ muss, so viel Klang-Intensität „pumpen“ sie hinein – mittelprächtige Spielpartner sind da schnell überfordert und die ganze Geschichte kippt ins Gegenteil, in Verzerrung, in Vordergründigkeit, in scheinbar zu mächtige Töne, die die Abbildung zu weit nach vorne holen. Das nur am Rande, denn die Theorie von der „Gleichrangigkeit“ von Komponenten einer Kette ist umstritten; ich persönlich glaube aber daran.
Doch das ist im Hinblick auf den E-Glo noch längst nicht alles. In puncto Dynamik werden sich nur sehr, sehr wenige Konkurrenten finden, die dem E-Glo das Wasser reichen, geschweige denn noch etwas vormachen können. Gerade wenn es um „innere Dynamik“ geht – ein Begriff, den Klaus Renner (der verstorbene Herausgeber von „Das Ohr“) vor langer Zeit geprägt hat, glaube ich –, wartet diese Phonostufe mit schon unglaublichen Fähigkeiten auf. Es ist nicht nur die schiere Leichtigkeit, mit der die Töne nun förmlich aus dem Lautsprecher purzeln, sondern auch eine leider höchst selten anzutreffende, immer damit verbundene Spannung, die jetzt feinste Laut-/Leise-Unterschiede klar hörbar werden lässt, solche, die ansonsten gerne mal untergehen, sich in einer Art von Pegel-Überfluss verlieren; Sie glauben gar nicht, wie wenige Verstärker überhaupt mit diesem Thema richtig umgehen können, meist dazu tendieren, diffizile Lautstärke-Unterschiede einfach einzuebnen. Man kommt diesem Effekt auch auf die Spur, wenn es um zarte Auskling-Vorgänge oder um Vorechos auf dem Vinyl geht, hier führen A/B-Vergleiche mitunter zu verblüffenden (Hör-) Ergebnissen.
Übrigens: Nach meiner Erfahrung sind gerade rein passive RIAA-Entzerrungen nicht unbedingt Dynamik-Weltmeister, aktive oder teilaktive Phonokorrekturen klingen sogar oft deutlich lebendiger. Das mag unter anderem an den oft sehr großen seriellen Widerständen in Passiv-RIAAs liegen; ein Grund, warum viele Freaks sehr aufwändige Phonoentzerrer mit L/C-Gliedern bevorzugen. Doch der EAT E-Glo kennt solche Probleme nicht einmal entfernt, ich habe diesbezüglich noch keine bessere, sondern höchstens ein paar wenige gleichwertige Phonostufen kennen gelernt!
Kritik? Ja, die gibt es bei aller Begeisterung auch. Eine Spur mehr Pegel im Bass- und Oberbass-Bereich wäre nett. Und mitunter kommt mir der E-Glo schon einen Hauch zu freundlich vor, da würde ich mir fast mehr Schärfe wünschen. Aber das ist schiere Erbsenzählerei, nunmehr auf einem Niveau, das man üblicherweise nicht einmal ankratzt. An sich sollte unsereiner da besser den Rand halten und statt dessen mit dieser mitreißenden, formidablen, unglaublichen, charaktervollen Phonostufe … – stopp. Machen wir es diesmal kurz: Das Ding ist einfach saugeil. Haben will.
EAT E-Glo
Röhren-Phonoentzerrer
Eingänge: 1 x Phono MM (Cinch), 1 x Phono MC (Cinch)
Ausgänge: 1 x Out (Cinch)
Ausgangsimpedanz: 150 Ohm
Röhrenbestückung. 4 x ECC83, 2 x ECC88
Besonderheiten: externes Netzteil, Impedanz/Gain schaltbar (10−1200 Ω/70 dB; 2-300 Ω/76 dB); Kapazität Phono MM schaltbar (50-840 pF), Gain MM 46 dB, Subsonicfilter 12 dB/Oktave
Maße E-Glo (B/H/T): 43/5/27 cm
Maße Netzteil (B/H/T): 43/8/28 cm
Gewicht E-Glo: 5,1 kg
Gewicht Netzteil: 6,5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre (Röhren 6 Monate)
Preis: 5500 €