Dynamikks Monitor 8 – Der Name ist Programm
Kompaktboxen machen weder Bass noch Pegel, Hörner verfärben und klingen aufdringlich? – Willkommen zum fröhlichen Schlachten falscher Vorurteile!
Befürchtet hatte ich ja schon, dass sich meine Kleine von ihm einschüchtern lassen würde. Aber dass sie sich gleich in ihren Karton verkriecht, als sie merkt, dass Ulf Moning im Anmarsch ist … Klar, ich kann mir lebhaft vorstellen, wie der Dynamikks-Chef bei der gemeinsamen Erwähnung meiner Böxchen und dem Wort „Laut-Sprecher“ hüstelt und grinst. Aber hey: Auch meine Italienerin hat ihre unbestreitbaren klanglichen Stärken. Also keine falsche Scham, Signora!
Ruhe im Karton?
Allerdings stellt ein Mini-Monitor mit 13er-Tiefmitteltöner und „Vegetarier-Hochtöner“ (dazu später mehr) so ziemlich das exakte Gegenteil der Klangphilosophie eines Ulf Moning dar. Der Mann greift bei seinen Schallerzeugern nämlich gerne in die Vollen. Das fängt bereits beim lautmalerischen Firmennamen an, der Monings Wertschätzung der musikalischen Dynamik mit zwei großen „K“ und Ausrufezeichen förmlich herausschreit. Folgerichtig geizen Schallwandler von „DynamiKKs!“ üblicherweise weder mit Membranfläche und Gehäusevolumen noch mit Wirkungsgrad. Überdies sind sie mit robusten Chassis aus dem Profi-Lager bestückt, die heftig austeilen und einstecken können. Angesichts solcher Eckdaten hilft es verständlicherweise auch nichts, als ich meine Capriccio Continuo mit dem Hinweis zu beruhigen versuche, es handele sich bei der Dynamikks Monitor 8 nur um das kleinste Modell des deutschen Herstellers. „Das will bei der Firma ja wohl nix heißen!“, herrscht mich die Aufgebrachte aus ihrem Karton heraus an. Nun, wo sie recht hat, da hat sie recht: Die Monitor 8 ist zweifellos die größte Kompaktbox, die bislang bei mir war. Durch die betont kantige Formensprache von Box und Standfuß wirkt Nummer Acht zudem alles andere als zierlich. Der im Paarpreis von 3900 Euro enthaltene Ständer ist überaus massiv gebaut und am Boden einen guten halben Meter tief. Sein Sockel zeigt dieselbe feine Furnierung wie die abgesetzte Front – hier ein wunderschönes Makassar – und ruht felsenfest auf vier höhenverstellbaren Bakelit-Füßchen.
Hub und Raum
„Na, hoffentlich klingen die nicht ebenso mächtig, wie sie ausschauen“, denke ich mir, als Ulf Moning die Lautsprecher aufbaut, und ahne nichts Gutes, als ich pro Box eine voluminöse Bassreflexöffnung auf der Rückseite entdecke. Denn die Kisten können in meinem kleinen Raum nicht allzu weit von der Rückwand entfernt stehen, was häufig zu Dröhneffekten führt. Der Entwickler schiebt seine Dynamikks jedoch beherzt immer weiter zurück, bis nur noch etwa 30 Zentimeter zwischen Reflexkanal und Wand verbleiben. Zu allem Überfluss spielt mein Gast über seinen mitgebrachten Server dann auch noch das extrem basslastige Stück „Rhein Rauf “ des von uns beiden sehr geschätzten Duos Burnt Friedman & Jaki Liebezeit. Das kann ja wohl nur desaströs sumpfig werden … Pustekuchen! Der 20er-Tiefmitteltöner des modifizierten Beyma-Koaxialchassis pumpt deutlich sichtbar vor und zurück, aber am Hörplatz herrscht absolute Dröhnfreiheit. Ich vernehme einen zwar kräftigen, aber gleichzeitig wunderbar federnden und schnellen Tiefton, der im krassen Gegensatz zur bulligen Optik der Box steht. Wer es trotzdem noch ansatzloser will, gibt zwei Tausender mehr aus und greift zum identisch bestückten, aber auch im Bass horngestützten Standlautsprecher Dynamikks db8.2. Die von Moning mit einem speziellen Lack getränkte Papier/ Karbon-Membran kann übrigens stolze sechs Millimeter linearen Hub. Hm – ist ihr bei der Schallausbreitung nicht die Hornführung des konzentrisch angeordneten 44-mm-Polymer-Hochtöners im Weg? Nein, sagt Moning und verweist auf die ungekrümmte Rückseite des Aluminium- Horns, durch die ein Diffraktionsspalt zwischen selbigem und der Membran des Mitteltieftöners entsteht. Die Folge ist eine breitwinklige Abstrahlung. Clever.
Horny?
Wie kommt es eigentlich, dass sich das recht große Gehäuse akustisch kaum bemerkbar macht? Seine Wände sind wie ein Sandwich aus zwei harten HDF-Außenschichten und einem weicheren Kern aus verpressten, unterschiedlich langen und unregelmäßig angeordneten Holzstücken zusammengesetzt. Dadurch werden die unvermeidlichen Resonanzen auf einen weiten Bereich verteilt, in ihrer Amplitude aber stark reduziert. Zudem stabilisieren zwei interne Verstrebungen im vorderen Drittel des Lautsprechers seinen Korpus. Unkonventionell ist auch die bei etwa 1800 Hertz trennende Frequenzweiche aufgebaut. Ihre Besselfilter sorgen für eine perfekte Impulsverarbeitung und führen in Kombination mit den Chassis-Rolloffs zu einer akustischen Flankensteilheit von 24 dB. Besonderes Augenmerk bei der Entwicklung galt der Gruppenlaufzeit, aus der sich ablesen lässt, wie stark versetzt die verschiedenen Frequenzbereiche am Ohr des Hörers ankommen. Der Monitor 8 verhält sich in dieser Hinsicht vorbildlich und unterbietet sogar die für Regielautsprecher vorgeschriebene Norm. Mit dem Verstärker lässt er sich übrigens entweder über ein Paar versenkt montierte Bananenbuchsen oder einen Speakon-Anschluss von Neutrik verbandeln. Hörner polarisieren. Während die einen mit nichts anderem hören mögen, sagen ihnen andere Verfärbungen nach. Was Letztere angeht: Ja, auch ich habe schon einige Hornkonstruktionen gehört, deren näselndes Gequäke mit „tonal unsauber“ noch ziemlich euphemistisch umschrieben ist. Aber: Das ist lange her; die Hörner, die mir in den letzten Jahren zu Ohren kamen, gaben mir – genau wie der Monitor 8 – unter diesem Aspekt keinerlei Grund zur Beanstandung. Außerdem sind oft gar nicht die Trichterboxen selbst für Verfärbungen verantwortlich, sondern die Kombination mit schlecht zu ihnen passender Elektronik.
Nix Tingzing
Dennoch gibt es eine Eigenheit vieler Hörner, mit der ich mich nie so ganz anfreunden konnte. Häufig spielen sie für mein Empfinden übermäßig direkt, beinahe aufdringlich. Anstatt „dort drüben“ ihren eigenen Raum einzunehmen, dem ich mein Ohr entspannt zuwenden kann, springt mir die Musik dann – bildlich gesprochen – permanent ins Gesicht. Kurzfristig mag diese „attackige“ Darbietung ja ihren Reiz haben, aber bei längerem Hören geht sie mir schlicht auf die Nerven und ich würde am liebsten einen Satz durch die Wand hinter mir machen. Allerdings existieren durchaus hornbestückte Ausnahmen von diesem Effekt. Zum Beispiel habe ich über viele Jahre hinweg sowohl mit einer Leedh Psyché als auch mit einer Duevel Bella Luna Diamante begeistert und trotzdem völlig relaxed Musik gehört. Zu diesen beiden gesellt sich nun auch die Dynamikks Monitor 8. Mal um Mal verblüfft mich die Diskrepanz zwischen meinen Erwartungen und der musikalischen Realität: Statt einem penetranten Haudrauf höre ich einen überaus fein differenzierenden Lautsprecher, dem ich stundenlang ermüdungsfrei lauschen kann. Solange der ansteuernde Verstärker sauber und organisch musiziert, wird der ungewöhnlich kräftige Hochton sicher nie ins Aggressive kippen. Ulf Moning ist es wichtig, dass die Höhen „Fleisch“ haben. Wie bitte? Er erläutert: Sie sollen „gut im Futter“ stehen, „die Luft wirklich zum Schwingen bringen“. Seiner Ansicht nach fabrizieren zum Beispiel kleine Kalotten oder Air-Motion- Transformer oft nur ein anämisches „Tingzing“. Bei dieser Bemerkung vernehme ich sofort ein empörtes Rappeln im Karton meiner AMT-bestückten „Vegetarier- Boxen“. Später, als die Luft rein ist und sie ihr Versteck verlassen haben, vergleiche ich direkt: In der Tat scheint die Dynamikks obenherum mehr „Impact“ zu haben, etwas prononcierter zu spielen. Man kann diese Abstimmung dem dezenteren, aber – zum doppelten Preis – auch noch eine Spur ausfinessierteren und etwas luftiger zeichnenden AMT der Capriccio Continuo durchaus vorziehen, muss aber nicht. Ich jedenfalls mag beides; die Frage nach einem objektiven „Besser/Schlechter“ stellt sich hier mir persönlich nicht.
Nomen est omen
Mit Sicherheit ist mir aber bislang noch keine Kompakte untergekommen, die so wenig Furcht vor einem ordentlichen Rechtsdreh des Lautstärkereglers kennt wie der Monitor 8. Partypegel? Kein Problem! Wo andere Minis bereits durch mehr oder weniger subtil einsetzende Kompressionseffekte signalisieren, dass es ihnen zu heftig wird, fängt der Spaß mit der Dynamikks erst richtig an. Sehr leise gehört, artikuliert sie sich aber genauso lebendig; man ist also keineswegs auf einen hohen Mindestabhörpegel angewiesen. Zu Recht trägt sie die Dynamik im Firmennamen. Als ich mein (gefühlt) meistgespieltes Album des vergangenen Jahres einlege, erlebe ich einen ganz ähnlichen Effekt, wie ihn gute Netzfilter hervorrufen: Die „Gypsy Guitar Masters“ Stochelo Rosenberg und Romane scheinen über den Monitor 8 zunächst etwas verhaltener als gewohnt ans Werk zu gehen. Hört man ihnen aber länger zu, merkt man erst, dass die dynamische Bandbreite zugenommen hat und die Musiker vor einem ruhigeren Hintergrund agieren. Kaum hat man sich daran gewöhnt, erfasst einen die herrlich swingende Live-Atmosphäre der Platte sogar stärker als zuvor. Der Monitor 8 ist folglich kein künstlicher Rhythmusbeschleuniger. Die Musik wirkt nie überstürzt, sondern einfach natürlich. Und trotzdem (oder gerade deshalb?) macht sie im positivsten Sinne an, reißt mit, macht Laune. Das klappt aber nur, weil Nummer Acht darüber hinaus eine außergewöhnliche Begabung zum Aufdröseln komplexer rhythmischer Strukturen besitzt. Spielerisch mühelos schält die Dynamikks auch zarteste Variationen des Tempos heraus – einfach faszinierend!
Drive und Energie
Die meiste Zeit höre ich den Lautsprecher hochzufrieden an der famosen CS-1000P-Röhrenendstufe von Leben, die ich nach einigen Wochen schweren Herzens an den Vertrieb zurückschicken muss. Ulf Moning lässt mir kurz darauf aber ein äußerlich völlig unscheinbares kleines Kästchen zukommen, das mich momentan aus dem Staunen nicht mehr herauskommen lässt. Darum sei an dieser Stelle ein kleiner Einschub gestattet: Nehmen wir einmal an, Sie hätten – heutzutage ja keine Seltenheit – ausschließlich digitale Signalquellen und gerne einen Class-D-Verstärker. Liegt es da nicht überaus nahe, das Digitalsignal ohne Umweg über einen D/A-Wandler direkt zur Pulsweitenmodulation herzunehmen und erst kurz vor dem Ausgang des Amps wieder in die analoge Welt zu wandeln? Genau das macht der DDA-100 von Nu- Force, und zwar so gut, dass ich mir um die Zukunft von konventionellen Transistor- und Röhrenamps allmählich ernsthafte Sorgen mache. Hören Sie sich dieses 600-Euro-Kistchen einmal an, und zwar, ganz wichtig: unvoreingenommen. Lassen Sie sich nicht von der komplexen Technik, der Winzigkeit, dem kaum vorhandenen Gewicht und Strombedarf oder dem vergleichsweise günstigen Preis irreführen. Das Teil klingt höchst erstaunlich, nicht nur fürs Geld. Möglicherweise lesen Sie in der FIDELITY schon sehr bald mehr zum Thema NuForce – wie wär’s, Herr Chefredakteur? (Herr Zilles, bitte mal ans Telefon! CB)
Zurück zu unserem Koax: Der spielt wie aus einem Guss und platziert Schallquellen ausnehmend präzise im Raum. In der Breite fächert er sie noch eine Idee weiter auf als in der Tiefe, was daran liegen mag, dass die vorderste Abbildungsebene nicht erst auf einer Linie mit den Lautsprechern beginnt, sondern etwas näher an den Hörer heranreicht. Am verblüffendsten finde ich aber, wie greifbar plastisch alles dargestellt wird. Jeder Ton hat mehr Substanz als gewohnt und wirkt dadurch echter. Zusammen mit dem für eine Kompaktbox ungewöhnlich satten, aber immer sauberen Tiefton und einem ausgeprägten Talent für alles, was mit Drive und Rhythmus zu tun hat, ergibt das eine lebendige, vor Energie nur so strotzende Performance. Wie schon erwähnt, bleibt die Dynamikks Monitor 8 dabei stets tonal neutral, frei von jeglicher Hektik und drängt sich niemals auf. Mit ihrer zugleich leichtfüßigen und zupackenden Art hat sie selbst dynamisch extrem anspruchsvolle Musik so gut im Griff wie kein zweiter Kompaktmonitor. Diese tolle Box macht ihrem Firmennamen wirklich alle Ehre!