Test: DiDiT DAC212 SE – Quadratisch, praktisch … und ein echter Klangkünstler
Dank ein paar musikbegeisterter Niederländer kann man den Gesang der Vögel neu entdecken
Ehrlich gesagt, habe ich ein kleines Problem mit externen Wandlern. Wir leben schließlich in einer Zeit, in der viele Vorstufen oder Vollverstärker mehr als nur brauchbare Digital-Analog-Wandler schon an Bord haben. Wenn man nun noch bedenkt, wie viele technische Fehler durch eine solche „Inhouse-Lösung“ vermieden werden können und wie viel Geld durch den Verzicht auf ein weiteres Gehäuses gespart werden kann, erscheint ein separates Gerät nicht sinnvoll.
Wenn nun aber Danyel Rondthaler vom Soreal-Vertrieb sagt, dass ich mir dieses Gerät unbedingt mal anhören soll, dann mache ich das, denn seinen Empfehlungen verdanke ich in den letzten Jahren immer wieder wundervolle Musikstunden und viele tolle Entdeckungen. Als ich dann das „Display“ sah, eine LED Matrix, war klar, dass ich den DiDiT DAC212 SE haben musste. Schließlich ist es das erste Gerät, das meinem AcousticPlan Vadi diesbezüglich ähnelt, hat dieser doch auch die für das Unternehmen so typische Punktmatrix.
Und wenn wir schon mal so nett plaudern: Ich mag diese Displays nicht, denen man heute nicht mal mehr an einer elektrischen Zahnbürste, einem Toaster oder einem Fahrrad entgehen kann. Ich warte auf die ersten Kabel mit Displays, auf denen dann völlig überflüssige (Schein-) Infos an die vielen Smombies („Smartphone-Zombies“) da draußen erscheinen. Natürlich mit Wischtechnik, versteht sich doch von selbst! Ein Kabel, das anzeigt, was es gerade tut. Natürlich lassen sich die Funktionen und Auswirkungen der mystischen Kästchen vieler Kabel dann auch grafisch darstellen und individuell anpassen … okay, ich höre ja schon auf, aber das kommt! Da wette ich mit Ihnen!
Zurück zu dem Wandler des 2007 gegründeten niederländischen Unternehmens DiDiT. Als dieser bei mir eintraf, stieg meine ohnehin hohe Wertschätzung für die Menschen in unserem tollen Nachbarland noch einmal an. Zunächst einmal erhielt ich statt eines Kartons ein maßgefertigtes Gebilde aus Kork, das im inneren passgenaue Ausschnitte für den nur gut 20 Zentimeter im Quadrat großen Wandler, die runde Fernbedienung und die Papiere enthielt. Der knapp drei Kilo schwere und nur fünf Zentimeter hohe DAC212 SE erinnerte mich beim ersten Kontakt sofort an meine schönen Stunden mit den Produkten von Nagra. An deren maßstabsetzende Gehäusequalität kommt unser Testkandidat sicher heran. Es ist ein großes haptisches Vergnügen die „runden Ecken“ und den aus dem Vollen gefrästen Aluminiumbody in den Händen zu halten, was auch für die Fernbedienung gilt.
Das tadellos verarbeitete Gerät wirkt sehr kompakt, hat es aber nicht nur technisch und klanglich faustdick hinter den Ohren. Auch anschlussseitig wird einiges geboten, mehr als manch einer aufgrund der Physis vermuten würde: S/PDIF (koaxial und optisch), USB, AES/EBU und I2S über einen HDMI-Port. Über den HDMI-Port und mittels USB kann der kleine Holländer PCM-Signale mit bis zu 384 kHz bei 32 Bit verarbeiten.
Im Gerät arbeitet der bekannte Wandler-Chip von ESS (ES9018). Um diesen herum, haben die Entwickler dann ihren DAC212 SE erschaffen, bei dem lediglich die Leiterplatten in der Rohversion und das fertige Aluminiumgehäuse von anderen Anbietern dazu gekauft werden. Alles andere wird selbst gemacht. Respekt, denn das kenne ich von konkurrierenden Anbietern auch anders, denn nicht selten wird nur zugekauft oder sogar ganz außer Haus in Billiglohnländern produziert.
Es lassen sich eine Vielzahl digitaler Klanghelferlein aktivieren, verschiedene Filter etwa oder auch eine automatische Jitter-Reduzierung. Insgesamt bieten sich so zahlreiche Möglichkeiten, den Klang nach den eigenen Vorstellungen anzupassen. Nur der Ordnung halber weise ich darauf hin, dass der DAC212 SE einen Kopfhöreranschluss hat, der auch solche Hörer sicher antreibt, die nach etwas mehr Leistung verlangen.
Optisch hatte mich der Kleine ja schon nach dem Auspacken für sich gewonnen, nach dem Anschluss und ersten Höreindrucke war ich auch klanglich mehr als nur überzeugt. Bei meinen musikalischen Ausflügen fütterte ich den Wandler mit HiRes-Material, das erwartungsgemäß von Beginn an deutlich machte, welche Klangqualität heute machbar ist. Aber auch dem einfachen Redbook-Standard hilft der DAC212 SE ordentlich auf die Sprünge.
Der große katalanische Cellist Pablo Casals spielte, als er nach dem Spanischen Bürgerkrieg ins Exil ging, am Ende eines jeden Konzerts ein kleines Lied mit dem Namen „El Cant des Ocells“. Dieses alte katalanische Volkslied, das in Wirklichkeit ein Weihnachtslied ist, besitzt eine recht einfache gleichwohl lyrische Melodie, die zeigt, wie die die verschiedenen Vogelarten das neugeborene Kind begrüßen.
Ich habe den Gesang der Vögel auf sehr unterschiedlichen Aufnahmen vorliegen, u.a. auch zweimal von Casals selbst. Zum einen auf einem Livemitschnitt aus dem Jahr 1950, aufgenommen beim Prades Festival in Frankreich (Original LP Columbia ML 4926; CD Sony Music). Casals Bruder Enric hatte hier die Orchestrierung übernommen und die Version ist unglaublich berührend. Bei der Wiedergabe über den DAC212 SE entführt dieser den Zuhörer mit seinem sehr feinen und weichen Klangbild genau in die Stimmung an jenem Tag. Er drückt der Musik dabei selbst keinen eigenen Stempel auf, hält sich immer vornehm zurück und öffnet dem Zuhörer die Tür ganz weit zum Werk selbst. Keine Spur digitaler Härte.
Am 11.11.1963 musizierte Casals nach fast 60 Jahren das zweite Mal im Weißen Haus (Original LP Columbia KL 5726; CD Sony Music). Vor Präsident John F. Kennedy und seinen Gästen spielte er wieder das kleine Lied. Im direkten Vergleich der beiden Aufnahmen kann man sehr gut hören, wie sehr der Gesang der Vögel Casals anscheinend immer wieder neu selbst zu berühren scheint und wie er praktisch seine Stimmung und seine Gefühle der jeweiligen Situation angepasst, unmittelbar in seine Interpretation miteinbringt und dabei die physikalischen Grenzen seines Instruments immer wieder neu definiert. Der DAC212 schafft es mühelos bei dieser eigentlich klanglich nicht überragenden Aufnahme die zum Teil winzigen dramaturgischen Elemente, den musikalischen Fluss und den schier grenzenlosen Ausdrucksradius Casals‘ absolut authentisch wiederzugeben. Die ungeheure Kraft des Trios lässt den Zuhörer bei der Gesamtaufnahme fast ein wenig ängstlich zurück, da gerade die ungeheure Dynamik und Expressivität durch eine zugleich sehr intime Wiedergabe des Wandlers den Zuhörer sprichwörtlich einnimmt. Die Fähigkeit des DAC212 SE, die gesamten harmonischen Farbwechsel des Cellos mit all seiner romantischen Schwere aufzuzeigen, ist überwältigend.
Im Jahr 2014 nahm schließlich Sol Gabetta den Gesang der Vögel auf (Prayer, Sony Music), mit dem sie zumindest versucht, in die Fußstapfen des großen Casals zu treten, jedoch ohne ihn lediglich nachzuahmen. So gelingt es ihr mühelos dieses zur Hymne der Exil-Katalanen gewordene Lied als ihre ganz persönliche musikalische Hommage an diesen außergewöhnlichen Menschen und Musiker zu inszenieren. Ob es daran liegt, dass die Aufnahme im Heimatland des DAC212 SE entstand, dass dieser hier eine weitere seiner positiven Eigenschaften voll ausspielen kann? Die Fähigkeit nämlich den großen Tonumfang eines Cellos von fünf Oktaven absolut bruchlos wiederzugeben und diese melancholische, gedämpfte und doch so mitreißende Interpretation durch eine ungemein transparente Wiedergabe für sich alleine sprechen zu lassen. Es ist für mich von größter Bedeutung, dass Töne Leben besitzen. Sie müssen entstehen, wofür der Raum des Aufnahmeorts, aber auch der Raum der Wiedergabe wichtig ist. Ein Ton muss zudem einen Höhepunkt durchleben und schließlich wieder verklingen. Sie mögen mir diese vielleicht zu pathetischen Ausführungen verzeihen, aber der DAC212 SE schafft es, alle für diesen Ton-Zyklus wichtigen Bestandteile so zu formen, dass sie einem organischen Wachstum ähneln. Er lässt kein noch so kleines Detail aus, ohne jedoch, wie es leider auch heute noch viele Digitalgeräte tun, dabei hart oder steril zu klingen oder den Ton sogar in unorganische Teile zu zerfetzen. Der Wandler nimmt den Zuhörer liebevoll an die Hand und führt ihn bei der gemeinsamen Reise durch die Musik sicher in die Interpretationen.
Neben den interpretatorischen Unterschieden der drei Aufnahmen, sind es insbesondere auch die klanglichen, bei denen natürlich der DAC212 SE zunächst einmal sichtbar macht, welche Aufnahme nach objektiven Kriterien die „bessere“ ist. Das spannende ist aber, dass er bei allen Aufnahmen die Konzentration der Zuhörer gerade eben nicht auf diese Merkmale lenkt, sondern sie von Beginn an in die gewollten Inhalte und die Interpretationen hineinzieht. Das mag banal klingen, aber gerade bei Aufnahmen aus sehr unterschiedlichen Zeiträumen und mit unterschiedlichen Aufnahmetechniken und späteren Digitalisierungsmaßnahmen, hört man aufgrund der unmittelbaren Vergleichbarkeit schnell mehr den Klang und nicht mehr die Musik. Der DAC212 SE schafft dies hingegen mühelos und das ist viel mehr, als man vielleicht erwarten darf. Es ist wahrscheinlich viel mehr, als viele Musikliebhaber allgemein heute noch mit dem digitalen Medium in Verbindung bringen. Der niederländische Top-Wandler baut viele dieser Vorurteile mit nur wenigen Musikstücken ab und sprengt durch sein ungemein plastisches Klangbild und seine mitreißende Darstellung alle Grenzen.
Der DAC212 SE ist perfekt gebaut und bietet alle wichtigen Anschlussarten. Er legt sein ganzes digitales Herz und seine binäre Seele in die Musik, strebt immer nach klanglicher Schönheit und kämpft für den Zugang zur Musik. Überheblichkeit und alles Übertriebene ist ihm genauso fremd, wie alle Nachteile, die heute noch den digitalen Medien vielleicht sogar zum Teil zu Recht vorgeworfen werden. Ein spannendes Gerät, das einen neugierig macht auf die anderen Produkte dieser offenbar musikliebenden Niederländer!
D/A-Wandler DiDiT DAC212 SE
Eingänge: 3 x S/PDIF (2 x koaxial, optisch), USB, AES/EBU (XLR), I2S (HDMI)
Ausgänge: symmetrisch (XLR), 6,3-mm-Klinke
Formate: WAV, MP3, AAC–384 kHz, DSD64–DSD512, DXD352,8–DXD384
Maße (B/H/T): 21,2/5/21,2 cm
Garantie: 2 Jahre
Preis: 3995 Euro