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DeVore Fidelity Gibbon 88 - Man sollte die optisch eher zurückhaltende DeVore Gibbon 88 nicht unterschätzen. In der schlanken Zweiwege-Säule steckt ein affenartig guter Klang, der bereits mit kleinen Röhrenverstärkern bestens zur Geltung kommt. Die Treiber sind skandinavischen Ursprungs und mit Silberdraht verkabelt

Test DeVore Fidelity Gibbon 88 Lautsprecher

DeVore Fidelity Gibbon 88 – Affenzirkus im Großstadt-Dschungel

Ihr Gehäuse ist aus Bambus und sie sind nach Affen benannt – die Lautsprecher von DeVore. Dennoch: Im Klangdschungel verliert man sich mit ihnen nicht.

Ach, es ist schon schön, wenn man beim Testen highfideler Produkte hin und wieder auf das Außergewöhnliche trifft. Das ist bei den Lautsprechern des amerikanischen Herstellers DeVore definitiv der Fall. Woran man das merkt? Vor allem daran, dass man den jeweiligen Probanden am liebsten behalten würde und ihn nur widerwillig und mit einer fetten Träne im Knopfloch zurück an den Vertrieb expediert. Warum das so ist? Nun, dafür gibt es vielerlei Gründe.

DeVore Fidelity Gibbon 88 . Man sollte die optisch eher zurückhaltende DeVore Gibbon 88 nicht unterschätzen. In der schlanken Zweiwege-Säule steckt ein affenartig guter Klang, der bereits mit kleinen Röhrenverstärkern bestens zur Geltung kommt. Die Treiber sind skandinavischen Ursprungs und mit Silberdraht verkabeltMöglicherweise hat John DeVore, der Gründer des Unternehmens, ein Faible für den Dschungel, vielleicht auch deshalb, weil schon Grandmaster Flash den Firmenstandort Brooklyn mit „It’s like a jungle sometimes“ charakterisierte … Außerdem sind die derzeit drei Modelllinien allesamt nach Affen benannt (Gibbon, Orangutan, Silverback), und ihre Gehäuse bestehen aus Bambusholz. Bambus ist bekanntermaßen eine der am schnellsten wachsenden Pflanzen – in Bezug auf Nachhaltigkeit durchaus ein Argument. Doch auch die Festigkeit des Materials überzeugt, was der im Lautsprecherbau immer gern gesehenen Resonanzarmut zugutekommt. Erhältlich ist die Gibbon 88 in drei verschieden hellen Beizungen, von „mink“ bis „mahogany“. Kontrastiert wird dieser Naturholzeindruck durch eine schwarze, sanft spiegelnde Frontpartie mit einer mehrere Millimeter dicken Schallwand. Sieht edel aus! Doch auch aus dem Inneren der Lautsprecher gibt es Positives zu vermelden: Die Innenverkabelung aus Silberdraht und eine hochwertige, mit erstklassigen Bauteilen bestückte Frequenzweiche lassen den Berichterstatter wohlwollend durch die Zähne einatmen.

Schön und gut, doch es nutzen die besten Zutaten nichts, wenn sie nicht von kundiger Hand zu einem schönen Hauptgericht vermählt werden. Und ebendas ist John DeVores erklärtes Ziel. Auf die Frage nach dem Geheimnis seiner in der Tat nachgerade famos klingenden Lautsprecher (jaja, wir kommen gleich zum Klangteil), entspann sich ein aufschlussreicher Mailwechsel mit DeVore, der meine Frage mit dem Schlagwort Synergie beantwortete. Im O-Ton: „Das Design von Treiber, Gehäuse und Frequenzweiche geht bei uns Hand in Hand. Wir achten darauf, dass kein einziges Glied der Kette ,über die Stränge schlägt‘, was dann in einem anderen Glied wieder kompensiert werden müsste. Beispielsweise haben wir die Treiber bewusst so ausgewählt, dass wir in der Frequenzweiche weder eine Impedanzanpassung noch steilflankige Filter benötigen. Wir verzichten auch auf eine Platine und setzen stattdessen auf eine verlustarme Punkt-zu-Punkt-Verdrahtung. Alle Signalwege sind so kurz wie möglich, daher gibt es bei uns auch kein Bi-Wiring. Die Treiber werden bei Seas exklusiv nach unseren Designvorgaben gebaut.“

Noch ein paar Worte zum Konzept: Die Gibbon 88 ist ein Zweiwege-Lautsprecher mit ungewöhnlicher Treiberanordnung. Der Tiefmitteltontreiber, ein Sieben-Zoll-Papierkonus, sitzt oben, eine Dreiviertelzoll-Kalotte für den Hochton axial versetzt darunter. Damit haben wir auch je einen designierten rechten und linken Lautsprecher, denn DeVore empfiehlt die Aufstellung mit nach außen weisenden Hochtönern. Ich habe den Rat befolgt, und in meinem großen Hörraum mit viel „Luft“ neben den Lautsprechern klang es auch besser so. Trotzdem ist es immer einen Versuch wert, die Lautsprecher zu vertauschen, sodass die Hochtöner nach innen weisen. Doch das nur am Rande.

Gib dem Affen Zucker!

Nun aber in die Praxis: Ein vergleichsweise gerader Impedanzverlauf und ein hoher Wirkungsgrad von 91 Dezibel? Das schreit doch geradezu nach einem Röhrenverstärker! Gedacht, getan. Schnell wurde die Gibbon 88 mit einem Audiomat-Arpège-Röhrenverstärker gepaart. Um beim Sujet zu bleiben, durfte es dann auch gleich eine etwas kernigere Nummer sein, nämlich Simple Minds’ „Oh Jungleland“. Und was ich dann zu hören bekam, war schlichtweg phänomenal! Die durchaus schon etwas angemuffte 80er-Jahre-Produktion klingt über die Gibbon 88 mitreißend, „groß“ und höchst dynamisch. Vor allem im Hochton bildet der Lautsprecher authentisch, detailreich und ungemein plastisch ab – was bei dem Song nicht einfach ist, denn die Produktion ist eher so mittelgut; gerade das Schlagzeug hört sich bei weniger tugendhaften Lautsprechern gerne mal an, als ob eine ungeduldige Person an einer klemmenden Besteckschublade rüttle. Nichts davon bei DeVore: Es klingt luftig, die zahlreichen Crashbecken sind gut voneinander zu unterscheiden und die Hi-Hat ist sauber und akzentuiert. Doch auch untenrum geht was: dynamisch pumpende Bassläufe, die tief gestimmte Snare, die fette Bassdrum – all dies schleudert die Gibbon 88 mit ebenso viel Spielfreude in den Raum wie die mit reichlich Delay versehenen Einwürfe der Gitarren. Energie und Dynamik pur!

Fast grenzenlos wirkende Dynamik, klare und detaillierte Durchzeichnung, hohe Auflösung – Nachtigall, ick hör dir trapsen: Schon mehr als einmal habe ich es erlebt, dass man sich derlei Meriten mit gewissen Einbußen in anderen Bereichen erkauft, so zum Beispiel bei der räumlichen Abbildung. Bei der Gibbon 88 ist das glücklicherweise nicht so. Ganz im Gegenteil: Ich habe in dieser Preisklasse noch nie einen Lautsprecher gehört, der mich so tief in die Aufnahmen hineinhören ließ. Ich ziehe für solche Experimente gerne die inzwischen aufgelöste Band To Rococo Rot heran, die mit dem Instrumental „Baritone“ auf dem Album Instrument Schallwandlern eine recht harte Nuss präsentiert. Basierend auf einem tiefen Synthesizerton mit leicht gegeneinander verstimmten Oszillatoren wird der Grundbeat mit einem Drumcomputer gebildet. Dazu gesellen sich peu à peu ein richtiges Schlagzeug und ein Bass, der zugleich recht konzertant die Melodie des Songs vorgibt und dabei in hohen Lagen auch mal ein paar Intervalle spielt. Je länger der Song fortschreitet, desto dominanter und freier, ins Jazzige lappend spielt auch das akustische Schlagzeug. Über die Gibbon 88 ist der Song geradezu begehbar, die Becken, Snaredrums und Toms sind exakt dreidimensional im Raum verankert – und behalten ihre Position auch dann, wenn man den Sweetspot verlässt. Ridebecken und Hi-Hat wirken glasklar, unverschleiert und werden in ihrer ganzen Farbenpracht – synästhetisch von bronze über silbern bis gülden – wiedergegeben. Aber, und das ist wichtig, zu jeder Zeit ohne Schärfen. Das unterscheidet die Gibbon 88 zum Beispiel von der Neat Acoustics Momentum 4i, die mir viele Jahre treu diente und im Hochtonbereich ebenfalls sehr auskunftsfreudig spielte, zuweilen aber auch aufgrund ihrer recht präsenten Inverskalotte zum Zischeln neigte. Während der zuvor genannte Simple-Minds-Track vor allem durch die mitreißende Dynamik und Live-Atmosphäre gefiel, konnte mich die Gibbon bei To Rococo Rot hingegen sehr durch tonale Transparenz sowie glasklare und räumliche Abbildung überzeugen.

Doch dann wollte ich Bass. Viel Bass. Je bässer, desto besser! Wer einmal richtig die Nachbarn ärgern möchte, dem sei der Dub-Reggae-Sampler Trojan Dub Massive empfohlen. Kinder, holt den Hanf vom Balkon! Mit vor Vorfreude tremolierenden Fingern den Song „Leggo Beast“ eingelegt und auf die Abacus-Ampollo-Endstufe umverkabelt, eine recht potente Vertreterin ihrer Gattung und seit einigen Jahren bei mir im festen Pool der Arbeitsgeräte. Die ersten Töne erklingen – und der Berichterstatter wähnt sich augenblicklich in einer jamaikanischen Dancehall, in der der Schweiß von der Decke tropft. Alle Wetter! Die Gibbon 88 sieht mit ihrem eleganten Bambus-Outfit und den vergleichsweise schlanken Abmessungen nun nicht nach einer Partybox aus. Und trotzdem schallert sie einen ganz schön frechen Bass in die gute Stube. Tief, voluminös, aber knochentrocken und konturiert. Und die Gibbon lässt sich auch ganz schön treten, selbst bei deutlich mehr als Zimmerlautstärke spielt sie immer noch kontrolliert und sauber. Wenn es in echte Dancehall-Lautstärke geht (Pegel, bei denen nach einer Viertelstunde die Polizei vor der Tür steht) sieht das etwas anders aus, es kommt dann zu den erwartbaren Verzerrungen und Kompressionen – während mein Arbeitstier Tannoy Turnberry Gold Reference immer noch schulterzuckend und entspannt aufspielt. Doch noch mal zum Thema Räumlichkeit: Bei der Kunstform Dub ist ja bekanntermaßen alles erlaubt, also auch Phasenschweinereien bei der Produktion – was bei diesem Song zu dem netten Effekt führte, dass das eine oder andere Instrument anscheinend aus dem mehrere Meter Luftlinie entfernten Schlafzimmer oder der Küche zugeschaltet wurde. Unheimlich.

Zurück zur Vernunft! Der erste Satz in Johannes Brahms’ Cellosonate (op. 38) beginnt in typischer Brahms-Manier: impressionistisch, zart, singend. Doch nach der Vorstellung des perlenden Klavier-Nebenthemas harkt das Cello plötzlich recht unvermutet los. Meisterlich wird diese Werkschau der Grob- und Feindynamik von Hélène Grimbaud und Sol Gabetta in einer Deutsche-Grammophon-Aufnahme von 2012 wiedergegeben (Album: Duo). Der Rezensent saß auf seiner Couch, das Notizbüchlein mit den Degustationsnotizen im Anschlag, bereit zur Vivisektion. Doch nach wenigen Minuten war klar: Das Notizbuch musste in die Ecke gefeuert werden, ein standesgemäßer Rotwein wurde entkorkt und ein gutturales „Hach!“ entäußert. Entsprechende Lautstärke vorausgesetzt, beamen die Gibbon 88 die beiden Damen nachgerade in die Wohnstube. Und zwar mitsamt ihren Instrumenten und der Akustik des Aufnahmeraums. Das Cello mal zartschmelzend, mal mit wütend vom Bogen gerupften Saiten; das Klavier mal perlend, mal donnernd. Herrlich, schon wieder 80 Euro für die Philharmonie gespart. Und keine Huster!

Dafür wunderbare Lautsprecher mit eleganter, aber nicht überkandidelter Optik, einem überzeugenden Zweiwege-Konzept, phänomenalem Klang in allen Hördisziplinen und noch dazu höchster Alltagstauglichkeit. Wer in dieser Preisklasse nach Schallwandlern sucht, der sollte die üblichen Verdächtigen einmal links liegen lassen und sich eingehend mit den „Bambusaffen“ befassen. Es dürfte dies niemand bereuen!

DeVore Gibbon 88
Prinzip: 2-Wege-Standlautsprecher, Bassreflex
Wirkungsgrad: 91 dB/W/m
Übertragungsbereich: 35 Hz bis 40 kHz
Impedanz: 8 Ω
Ausführungen: Mink, Kirsche, Mahagoni
Gewicht: 18 kg
Maße (H/B/T): 94/21/35 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Paarpreis: 6850 €

Kontakt:
H.E.A.R GmbH
Rappstraße 9a, 20146 Hamburg
Telefon 040 41355882

www.h-e-a-r.de

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