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Croft RIAA Phono R

Test Croft RIAA Phono R

Croft RIAA Phono R – Alte weiße Männer

Das Problem vieler alter weißer Männer ist, dass sie den Knall nicht gehört haben (was auf Glen Croft nicht zutrifft)

Und dann wundern sich die alten weißen Männer, dass ihre Meinung (oder ihr Produkt) niemanden mehr interessiert. Dieses letztlich nur biologisch abbaubare Phänomen lässt sich zur Zeit allerorten bestaunen. Ich greife jetzt nur mal zwei Beispiele aus dem riesigen Angebot heraus: Zum einen wäre da die Auto-Industrie, die in einem seltsamen Zwiespalt zwischen völlig überteuerter, kaum Croft RIAA Phono Ralltagstauglicher Elektromobilität und immer monströser ausladender PS-Protzerei gefangen zu sein scheint. Kein Wunder angesichts ihrer Protagonisten (alte weiße Männer), deren Leiden – man nennt es „Benzin im Blut“ – vernunftgeprägtes Denken zu blockieren scheint. Die wohl verwunderlichsten Ausprägungen solcher Ignoranz sind nicht nur Auto-„Immobilien“, die eigentlich eine eigene Postleitzahl bräuchten und angesichts ihrer aus der Zeit gefallenen Lenker gefährlich übermotorisiert sind, sondern auch so lächerliche Auswüchse wie ein mittlerweile grotesk aufgequollenes Gefährt mit dem treffenden Namen Mini, das wohl zu lange neben einer Mucki-Bude geparkt wurde …
Zum anderen, klar, HiFi: Die Highend-Mainstream-Geräte des Jahres 2015 werden zweifellos noch größer, noch leistungsfähiger und noch viel, viel teurer sein als die Highend-Mainstream-Geräte des Jahres 2014. Der wohl beste Indikator für den Größenwahn dürften wohl die Transportkosten sein. Immer häufiger reichen Karton und Paketdienst nicht mehr aus, nein, inzwischen müssen sich Speditionen der Monstrositäten annehmen und nebenbei feststellen, dass DIN-A5-Lieferscheine für die VK-Preisangabe nicht mehr breit genug sind. Während andererseits einst für ihren Klang berühmte Namen in umsatzträchtig angepasster Lifestyle-Konformität bis zur Unkenntlichkeit verblassen, für eine ohnehin nur an Berieselung interessierte Zielgruppe kleine, perfekte Computer bauen, die sich auf Knopfdruck mit datenreduzierten Streaming-Diensten und TV-Sets verheiraten. Auch keine Lösung für die Mehrzahl der HiFi-Fans (alte weiße Männer), die den Vorteilen per WLAN angesteuerter, sich selbst einmessender volldigitaler Aktivlautsprecher nichts abgewinnen können und sich mangels zum Gemüt passender HiFi-Angebote lieber (solange Fleischkonsum noch erlaubt ist), einen archaischen, Betriebssystem-unverdächtigen Barbecue-Smoker kaufen („Longhorn“ von Joe’s).
Die Gewinner dieser obskuren Marktsituation werden zweifellos die Manufakturen sein. Kleine, alles andere als technoid orientierte One-Man-Shows, deren mit Röhren oder Uralt-Halbleitern bestückte Geräte häufig Rotweinflecken aufweisen und persönlich ausgeliefert werden. Gerüchtehalber sollen die Machwerke via Yello, Stones, Kraftwerk und Oldie-Konsorten viel besser klingen als mit neumodischer Software. Kein Wunder, dass die noch nicht dementen Interpreten jener besseren Zeiten (häufig alte weiße Männer) inzwischen von der Musikindustrie aus Luxus-Altersheimen entführt und zur Neuauflage abgenudelter Klassiker genötigt werden.
Besagte Manufakturen, üblicherweise von alten weißen Männern betrieben, waren für Jahrzehnte völlig abgemeldet, treffen aber jetzt den Zeitgeist messerscharf. Sofern der Erfinder noch fähig ist, den Lötkolben zu schwingen oder einem nicht von Digitaltechnik verblödeten Nachfolger beizubringen, dass man, um ein Tönchen in die Welt zu setzen, weder einen digitalen Signalprozessor noch eine Festplatte benötigt.
Croft RIAA Phono RNach dieser zugegeben etwas langatmigen Einleitung komme ich jetzt endlich zum Thema, zu einem weiteren inzwischen älteren weißen Mann: Glenn Croft. Mr. Croft baut tatsächlich tatsächlich schon immer schwarze Kistchen, aus denen Schrauben hervorstehen. Zum Glück und weil ihn offenbar niemand davon abbringen konnte; alte weiße Männer sind nun mal stur. Er tut das absolut preisgünstig, sprichwörtlich preisverdächtig, weil niemand weiß, wo die meist platinenfrei und auf engstem Raum verdrahtete Handarbeit zu diesem Kurs in England noch machbar ist. Meine persönliche Theorie spielt mit dem Gedanken an ein seit 500 Jahren abbezahltes Landgut mit offenen Kaminen und einer Bibliothek. Wahrscheinlicher ist dagegen eines jener britischen Industriegebiete, die üblicherweise aussehen wie eine seit 1945 nicht renovierte Ansammlung roter Klinker-Bruchbuden. Erstaunlicherweise stecken hinter solchen Fassaden häufig absolutes Hightech oder winzige, stilvolle Manufakturen, die in britischer Gelassenheit höchst beeindruckende Sachen bauen; offenbar fördert bescheidenes Auftreten die Kreativität.
Unter der überschaubaren Croft’schen Produktpalette aus schwarzen Kistchen finden sich auch drei Phonostufen. Deren mittlere heißt schlicht RIAA „R“, wobei das R für „regulated“ und damit für eine aufwendigere Stromversorgung steht. In der „R“ kommen im Signalweg ausschließlich Röhren zum Einsatz, obwohl Croft auch gerne Halbleiter einsetzt. Seine Hybrid-Schaltungen sind freilich durchweg originell in einer erfrischenden Art und Weise, die man so nur selten findet. Die Phonostufe ist allerdings „nur“ MM-tauglich und benötigt für MC-Abtaster einen vorgeschalteten MC-Amp oder, besser, einen Übertrager. Zum Hören verwendete ich ein EMT JSD 6 im A23-EMT-Arm, dazu einen Übertrager von Auditorium 23, der an sich für das Denon DL-103 gedacht ist, aber ebenso gut mit dem prächtigen EMT harmoniert. Bei 46 Dezibel Verstärkung durch den Croft hängt man am Schluss verstärkungstechnisch zwar ein wenig zwischen den Welten, weil die Geschichte eine Spur zu laut ist. Aber, kein Beinbruch, das ist der Dynamik sogar förderlich und durch die beeindruckende Rauscharmut des mit vier Stück ECC83, einer ECC82 plus einer Regelröhre vom Typ 85A2 bestückten „R“ überhaupt kein Problem.
Am Rande sei erwähnt, dass ich über die Jahre noch nie ein „durchschnittliches“ oder gar langweiliges Gerät von Glenn Croft gehört habe, immerhin ist damit die Erwartungshaltung ziemlich hoch. Dass ich nicht enttäuscht wurde, ist also kein Wunder. Auch gelingt die Einordnung eines Phonoverstärkers besser, wenn man wie ich nun schon länger eine „Reise“ durch Phonogefilde absolviert; ich möchte da nur an die hervorragenden Phonostufen von Whest erinnern, die mir noch ganz frisch förmlich in den akustischen Knochen stecken …

Vor diesem Erfahrungshintergrund sollte es dem RIAA „R“ eigentlich schwer fallen, mich zu beeindrucken. Aber er vermochte es dennoch. Und zwar vor allem mit einer Eigenschaft, die so durchweg bei Croft-Komponenten auftaucht: ein ganz hervorragendes Timing, gekoppelt mit wunderbar leichtfüßiger, federnder Dynamik. Damit kann der „R“ sogar an die – deutlich teureren – Whests nicht nur anknüpfen, sondern sogar eigene Bestmarken setzen, wirkt er doch stets ungeheuer spannungsgeladen und spritzig. Vom Grundcharakter her ist der „R“ ein eher näher am Hörplatz abbildender, „intensiver“ Verstärker, der profunde Energie in die Töne pumpt und extrem dreidimensional und groß abbildet. Jene bei vielen beliebte „tiefe“, weit nach hinten gesetzte, aber diffusere Klangbühne ist nicht seine Art. Er wirkt viel direkter, näher und erzeugt förmlich mit Energie aufgeladene, greifbare Klangkörper – alles andere als ein maßstabsgerecht verkleinertes Micky-Maus-Bildchen, das oft mit „Räumlichkeit“ verwechselt wird. Ob der „R“ so eher die Wahrheit sagt, vermag ich nicht zu beurteilen; aus dem Hörspaß-Bauch heraus finde ich ihn – weil er auch Details etwas zu vergrößern scheint – absolut informativ und, viel wichtiger, schon extrem spannend, wie den Platz in der ersten Reihe.
Zum Glück beansprucht der „R“ seinen Zuhörer nicht zu sehr, er wirkt keineswegs zu „crispy“ oder gar nervös und findet die richtige Balance zwischen heller, glasklarer Präzision und einem dennoch grundlegend warmen, enorm farbigen Ton. Dass er zunächst ein wenig mehr an die Lautsprecher gebundenes „Pingpong“ zu erzeugen scheint, ist übrigens ein Irrtum. Der trügerische Effekt ist seiner direkten, intensiven Abbildung geschuldet – bei genauem Hinhören bildet der englische Phonoamp „hinter“ und bisweilen sogar nachvollziehbar genau „vor“ den Chassis ab; die Garantie für faszinierende Hör-Erlebnisse, die sogar sture alte weiße Männer (wie den Autor dieser Zeilen) auf dem Sofa festnageln können.
Mein Fazit steht deshalb schnell fest: Rausrücken werde ich das schwarze Kästchen erst bei der Androhung, es bezahlen zu müssen. Hm – wenn ich den „Longhorn“ noch ein Jahr verschiebe (ohnehin haben nur Rentner für diese Art zu grillen genug Zeit), dann …

 

 

Croft RIAA R
Röhren-Phonoverstärker

Eingänge: 1 x Phono MM (Cinch)
Eingangsimpedanz: 47 kΩ
Ausgänge: 1 x Main Out (Cinch)
Gain: 46 dB
Röhrenbestückung: 1 x ECC82, 4 x ECC83, 1 x 85A2
Maße (B/H/T): 41/7/27 cm
Gewicht: 5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: 1400 €

 

Input Audio
Ofeld 15
24214 Gettorf
Telefon 04346 600601

 

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