AVM Ovation MP 8.2 – Läuft und läuft und läuft …
Ein Wanderer zwischen den Welten: Der AVM Ovation MP 8.2 ist eine echte digitale Schaltzentrale. Doch auf ein wenig analoges Flair muss sein Besitzer – glücklicherweise – nicht verzichten.
Netzwerkspieler gibt es heute wie Sand am Meer. Sie ähneln sich in ihrem Funktionsumfang und ihrer Konnektivität häufig wie ein Ei dem anderen. Das gilt für den neuesten Spross aus der AVM-Ovation-Serie auf den ersten Blick auch – doch halt: Was den Klang angeht, setzt man bei AVM hier auf sanften Röhrenschmelz in Kombination mit einem Schaltverstärker in der Ausgangsstufe. Das Signal durchläuft zunächst eine Röhren-Line-Stage (die also nicht verstärkt, sondern lediglich den Klangcharakter der Röhre „mitnimmt“), basierend auf der gut beleumundeten Doppeltriode ECC803. Allerdings verbaut das in Malsch ansässige Unternehmen eine Sonderversion dieser Röhre, die exklusiv für AVM hergestellt wird. Und damit diese Doppeltriode nicht nur beste Arbeitsbedingungen hat, sondern auch Besitzer des AVM Ovation MP 8.2 möglichst selten mit Servicewünschen nerven, hat man ihr eine Einschaltautomatik und diverse Schutzschaltungen angedeihen lassen, die dem ohnehin schon langlebigen Modell mehrere 10 000 Stunden unbeschwerte Spielfähigkeit schenken sollen. Die eigentliche Verstärkung des Signals übernimmt dann ein Schaltverstärker, der nochmal ordentlich „Dampf“ macht. An die Ästheten, die sich am sattorangen Leuchten einer Röhre erfreuen, hat man bei AVM aber auch gedacht: Im massiven Aluminiumdeckel der MP 8.2 ist ein abgedunkeltes Glasfenster eingelassen, auf dass das Glimmen der Röhre dezent in den Wohnraum diffundiere. Ach ja, apropos massiv: Der MP 8.2 wird standardmäßig im Flightcase geliefert – den kriegen vermutlich nicht mal die Paketwerfer von DHL kaputt.
Von den Röhren-Vintage-Leckereien abgesehen, ist der AVM Ovation MP 8.2 konsequent für die digitale Welt gerüstet, analoge Eingänge gibt es nicht. Dafür wartet der Player mit einem Slot-In-CD-Laufwerk, sechs digitalen Eingängen (AES/EBU XLR, USB-B, 2 x Toslink, 2 x S/PDIF koaxial), einem USB-Anschluss für Datenträger (Sticks und Festplatten), LAN-Anschluss und WLAN-Antenne auf. Ausgangsseitig werden je ein unsymmetrischer Cinch- und ein symmetrischer XLR-Ausgang geboten, außerdem gibt’s je einen optischen und koaxialen S/PDIF-Ausgang. Übrigens: Der MP 8.2 besitzt eine Lautstärkeregelung. Wer sich also eine kleine, möglichst puristische Kette aufbauen möchte, der braucht nicht zwingend einen Vorverstärker, sondern kann das Gerät direkt an seine Endstufe anleinen. Und wer ein wenig am Klang spielen möchte, der kann bei CD-Player und Digitaleingängen zwischen nativer Wiedergabe oder Up- bzw. Downsampling wählen – und generell, also auch bei der Streamingwiedergabe, zwei unterschiedliche Digitalfilter ins Spiel bringen: „Steep“ bewirkt eine steile Filterung am Frequenzgangende, einen flacheren Amplitudengang und stärkere Phasenverschiebung, „Smooth“ filtert weniger steil, zeigt leichten Amplitudenabfall am Bandende und geringere Phasendifferenz.
Die Einbindung ins WLAN ist erfreulich schnell vollzogen: Zunächst sollte man sich die kostenlose App „AVM RC S“ herunterladen und installieren; es gibt sie für Android und iOS. Dann wird der MP 8.2 einmalig per RJ-45-Kabel mit dem Router verbunden, anschließend startet man die App – innerhalb weniger Sekunden findet diese den MP 8.2 und verbindet sich mit ihm. Nun heißt es WLAN-SSID und -name eingeben und das Netzwerkkabel vom MP 8.2 abziehen – fertig. Wenige Sekunden später bootet das WLAN-Modul des MP 8.2 neu und nutzt von nun an die soeben ins Stammbuch geschriebenen WLAN-Daten. Sodann ist alles betriebsbereit, und der geneigte Hörer darf im Fauteuil Platz nehmen und alle weiteren Funktionen direkt per Tablet oder Smartphone steuern. Schön!
Frisch gewienert
Nun taucht natürlich schnell die Frage auf: Lohnt sich der – mal ganz vorsichtig gesagt – ambitionierte Preis von knapp 9500 Euro für ein solches Gerät? Die Antwort liegt dem Rezensenten bereits auf der Zunge, bevor die Frage verklungen ist: unbedingt! Der AVM Ovation MP 8.2 klingt schlicht und einfach fantastisch. Er spielt transparent, alert, schnell, mit stupender Feinauflösung – und vor allem mit einer selten anzutreffenden Kohärenz der Raumdarstellung. Bei dem Ultravox-Stück „Vienna“ – von CD – beispielsweise zeigt er, was der heute beinahe antik erscheinende Redbook-Standard so alles drauf hat. Die punktiert programmierte synthetische Bassdrum hat „Wumms“ und „Klick“ zugleich, der MP 8.2 knallt sie nicht nur akkurat und ungerührt in den Raum, er manifestiert sie auch nachgerade sichtbar in der Stereomitte. Die wabernden, eine Snare-Drum ersetzenden „Antwortgeräusche“, die wie abgeschnittener Donnerhall mit mächtigem Delay klingen, wandern dabei sukzessive – von rechts nach links und wieder zurück – durch ein weitläufiges Stereopanorama. Als sich zum Refrain langsam die Synth-Streicher aufschwingen und Sänger Midge Ure in die Kopfstimme geht, scheint geradezu güldenes Sonnenlicht in den Raum zu strahlen. Ich schreibe „gülden“, weil hier die minimal abmildernde Charakteristik der Röhrenausgangsstufe hörbar zum Tragen kommt: Ich habe das alles nämlich auch schon über eine analytischere Kette etwas gleißender, ja fast als beißend empfunden. Großartig auch der Effekt, als in der zweiten Strophe ein Klavier hinzukommt, das ganz bewusst mit ein paar „Phasenschweinereien“ aufgenommen wurde. Wie eine spukhafte Erscheinung erklingt dieses Klavier tief aus dem Hörraum, weit jenseits des Dreiecks zwischen Hörplatz und Lautsprechern. Der Hörer ist sprichwörtlich mittendrin im Geschehen – ohne dass die Klangquellen aber im Ungefähren stünden: Alles wirkt wie an seinem Platz festgenagelt.
Überhaupt kommt der MP 8.2 mit unübersichtlicher Kost – also beispielsweise großem Orchester – perfekt zurecht. Wenn es mich am Ende eines anstrengenden Tages nach musikalischem Trost dürstet, lege ich gerne Antonín Dvořáks Stabat Mater auf, standesgemäß hochauflösend (FLAC 24/96) in einer Einspielung der Tschechischen Philharmoniker mit dem Philharmonischen Chor Prag. Besonders beglückend ist der dritte Satz („Eia mater, fons amoris“): Nach einem kurzen Orchestervorspiel erklingt ein himmlisches Wechselspiel aus satten Männer- und Frauenchören, das sich immer wieder von pianissimo zu forte aufschwingt – und zurück. Parallel dazu mäandert auch die Tonart zwischen Moll und Dur. Der AVM Ovation MP 8.2 beamt mich direkt in das Prager Rudolfinum, wo das Stück aufgenommen wurde. Obwohl das Konzerthaus im Neorenaissance-Stil über eine vergleichsweise lange Nachhallzeit verfügt, „verschmieren“ Chor und Orchester zu keiner Zeit. Und obwohl mehr als 100 (!) Sänger und Musiker auf der Bühne stehen, werden diese randscharf und sauber abgebildet – und bilden dennoch einen großen, mächtigen Klangkörper, der einen auch emotional mächtig anrührt.
Nah an der Quelle
Einer der großen, erwähnenswerten Pluspunkte des MP 8.2 ist übrigens, dass die vorgenannten Qualitäten – Feinauflösung, breite und tiefe Räumlichkeit, Antrittsschnelle, Dynamik – unabhängig vom Zuspieler geboten werden. Ganz gleich, ob Sie den Player per CD, WLAN oder LAN füttern, oder ob Sie ihn als DAC benutzen: Das klangliche Ergebnis bewegt sich stets auf höchstem Niveau. Schön ist auch, dass die digitalen Filtereinstellungen – anders als bei so manchem anderen Gerät – tatsächlich hörbar unterschiedliche Klangcharakteristika bergen: Das Steep-Filter bringt etwas mehr Rauminformation und klingt etwas sonorer, während in der Einstellung „Smooth“ der Raum etwas kompakter zu werden scheint und der Klang ein Gran schlanker im Grundtonbereich wird, dafür „obenrum“ ein wenig mehr funkelt.
Noch viel erwähnenswerter ist für mich etwas anderes. Wenn man beruflich Komponenten und Lautsprechern auf den Zahn fühlen darf, dann mag das für so manchen Leser nach „Traumjob“ klingen. Tatsache ist aber, dass es auch in dieser Profession über die Jahre gewisse Abnutzungserscheinungen gibt: Zwar handelt es sich (noch) nicht um Fließbandarbeit – aber die meisten Probanden kommen und gehen, man verbringt ein wenig Zeit mit ihnen und schickt sie dann wieder an Hersteller oder Vertrieb zurück. Beim AVM MP 8.2 setzte jedoch im positiven Sinne ein echter Gewöhnungseffekt ein: Er lief und lief und lief bei mir einfach weiter, auch nachdem der offizielle Testparcours absolviert war. So viel Neues gab es zu entdecken, so viel Freude machte dieses Gerät – ich erschrak geradezu, als die Rückholung des MP 8.2 telefonisch angekündigt wurde. Zefix! Ich hatte mich an diese wunderbar musizierende Maschine gewöhnt. Und ich bin mir ganz sicher: Ihnen wird es ähnlich gehen.
Netzwerk-CD-Player AVM MP 8.2
Funktionsprinzip: Netzwerk-CD-Player
Eingänge: USB (Host), USB (Laufwerk), AES/EBU (XLR), 4 x S/PDIF (2 x optisch, 2 x koaxial), RJ45, WLAN
Ausgänge: XLR symmetrisch und Cinch unsymmetrisch, 2 x S/PDIF (koaxial und optisch)
Unterstützte Medienserver: UPnP, DLNA
Streaming-Formate: MP3, WMA, AAC, OGG Vorbis, FLAC, WAV, AIFF, ALAC
Signalverarbeitung bis 24 bit/92 kHz
Digitalfilter: smooth/steep
Frequenzbereich: < 20 Hz–80 kHz Übersprechdämpfung: > 120 dB
Störabstand: > 110 dB
Klirrfaktor: < 0,001 %
Maße (H/B/T): 13/43/37 cm
Gewicht: 11 kg
Ausführungen: Aluminium silbern oder schwarz, Chromfront optional
Preis: 9490 €
Garantiezeit: 2 Jahre