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Acoustic Solid Phono Vorverstärker

Test Acoustic Solid Phono Vorverstärker

Acoustic Solid Phono Vorverstärker – Ein Name ist Programm

Akustisch solide: Besser kann man diesen universellen Phono-Vorverstärker in zwei Worten nicht beschreiben.

Acoustic Solid – unter dieser Marke baut und vertreibt die Wirth Tonmaschinenbau GmbH seit 1997 grundsolide analoge Audiogeräte. Bekannt ist das Unternehmen vor allem durch seine Masselaufwerke der obersten Qualitätsstufe, und dabei sind sowohl Masse als auch Qualität durchaus wörtlich zu nehmen. Nicht nur der Name, sondern auch die Ausführung der Geräte macht unmissverständlich klar, worum es hier geht: kompromisslose deutsche Ingenieurskunst. Teil des umfangreich ausgestatteten Zubehörprogramms ist, nur logisch und konsequent, auch ein Phono-Vorverstärker. Hören wir uns das gute Stück doch einmal an.
Das Kistchen kommt daher, wie man sich einen soliden RIAA-Entzerrer eben vorstellt: klein, schwarz, viereckig. Bescheiden, aber nicht unscheinbar. „Die Front der Phonovorstufe ist schlicht gehalten und mit einer Leuchtdiode zur Anzeige des Betriebszustandes ausgestattet.“ Besser als die Betriebsanleitung kann ich das auch nicht ausdrücken, hinzufügen möchte ich nur: Die Diode leuchtet blau! Und echte Insider wissen natürlich, dass nur blaues Licht wirklich gut klingt. Optional ist diese Diode auch als Aussteuerungsanzeige erhältlich. Sie wechselt dann ihre Farbe nach Rot, falls das Signal näher als 14 Dezibel an die Clipping-Grenze heranreicht. Insbesondere für Lauthörer kann sich das als sehr nützlich erweisen, da es das Ausloten der unverzerrten Maximallautstärke erleichtert.
Auch die Unterseite des Phonoverstärkers bietet ein vertrautes Bild: sechs Riegel Dip-Schalter, drei für jeden Kanal, bieten mit insgesamt 32 Schaltern eine Vielzahl von Einstellungen zur Anpassung des Tonabnehmersystems, die der geübte Mathematik-Abiturient sicher in der Kneipe nebenbei auf einer Serviette ausrechnet, ich aber nicht mal schätzen kann. Auf jeden Fall ist der Acoustic Solid so in der Lage, für MM-Systeme mit 47-kOhm-Abschluss einen Kapazitätsbereich von 100 pF bis 600 pF in 50-pF-Schritten abzudecken sowie für MC-Systeme die Impedanz von 50 Ohm bis 680 Ohm in Zehnerschritten einzustellen. Weiterhin lässt sich die Signalverstärkung von 32 bis 64 Dezibel in Schritten von 4 Dezibel anpassen. Damit lässt sich das Weihnachtsgeld der nächsten zehn Jahre vorbehaltlos für Experimente mit unterschiedlichen Tonabnehmersystemen verplanen. Für mein relativ leises Clearaudio Concept MC stelle ich bescheidene 100 Ohm sowie volle 64 Dezibel Verstärkung ein. Davon ausgehend regele ich die Verstärkung nach Gehör, wie in der Betriebsanleitung vorgeschlagen, wieder etwas zurück, bis der finale Pegel in etwa dem der anderen Eingänge an meiner Steinmusic-Vorstufe entspricht.
Nachdem die Dip-Schalter mit Bedacht gedippt und alle weiteren Signal-, Masse- und Stromkabel angeschlossen sind, kommt der immer erwartungsvolle und irgendwie magische Moment des ersten Einschaltens bzw. in diesem Fall Einsteckens – der Acoustic Solid verzichtet in seiner spartanischen Art auf einen Netzschalter. Während ich den Transistoren etwas Zeit gebe, sich aufzuwärmen, überlege ich, was ich denn nun hören will.
Man nenne mich voreingenommen, aber ich finde, dass man Halbleiter etwas härter rannehmen kann als sensible Röhren. Ich greife zu Lazaretto von Jack White: „That Black Bat Licorice“ kommt unerwartet knackig, klar und mit Druck. Auf meinen sensiblen und resonanzkörperlosen Breitbändern ist das nicht selbstverständlich. Whites Stimme klingt zwar ein wenig wie im Eimer, aber hey, das ist eindeutig die Aufnahme. Spätestens beim deutlich ruhigeren Stück „Entitlement“ der aufwendig produzierten Platte fällt mir dann auf: nichts. Ich höre noch zwei weitere Stücke, und mein Verdacht erhärtet sich: Man hört den Phono Vorverstärker nicht. Nur Musik.
Technisch setzt das Gerät auf altbewährte Solidität statt Extravaganz. Beide Kanäle sind strikt getrennt, es arbeiten also zwei isolierte Phonovorstufen in einer Kiste. Die RIAA-Entzerrung erfolgt erst passiv, dann aktiv. Verstärkt wird zweistufig, was zu einem geradezu gespenstisch niedrigen Klirrfaktor von weniger als 0,005 % führt. Alle Teile der Elektronik sind gleichspannungsgekoppelt und gewährleisten so eine verzerrungsfreie und phasenstarre Übertragung bis in die untersten Frequenzbereiche. Gute deutsche Ingenieursarbeit eben.
Doch hören wir mal weiter, jetzt mit David Bowies „Kooks“. Hier zeigt sich der Phono-Preamp natürlich, eigentlich schon intim, aber nicht aufdringlich. Detailgetreu und dabei immer wieder linear und sehr neutral, mit hoher Auflösung und nach wie vor einem schon charakteristisch uncharakteristischen Klangbild. Drastischer wird das Ganze im Folgenden bei „Quicksand“. Der Acoustic Solid folgt brav und authentisch, mühelos und immer völlig linientreu Bowies launischen und extravaganten Ausführungen. Während vor meinem geistigen Auge deutsche Ingenieure in weißen Kitteln nächtelang in Messlaboren auf Oszilloskope starren, bereitet mir meine Bowie-Lieblingsplatte Hunky Dory durchaus Vergnügen. Bläser, Klavier, Schlagzeug, Percussion und der immer sehr präsente Gesang – alles kein Problem für den kleinen Entzerrer. Dem leicht surrealistischen Beginn von „Andy Warhol“ kommt man einfach noch mal drei Meter näher, die Aufnahme wird greifbarer, das LSD verliert seine Wirkung.

Das arme Gerät wird doch nicht etwa gefühllos sein? Mahalia Jackson tritt hier mit „Rock of Ages“ den Gegenbeweis an. Die immer exakt und mit viel Druck modulierte Stimme der Mutter des Gospel kommt mit eben dem gleichen Gefühl aus den Schallwänden, mit dem sie wohl aufgenommen wurde. Auch hier beschränkt sich der Phono Vorverstärker bescheiden auf die Fakten der Aufnahme, gibt wieder, berichtet. Versuchsweise regle ich die Signal-Verstärkung der Phonovorstufe etwas herunter und lasse meinen Pre etwas mehr von der Arbeit übernehmen. Dieses Experiment zeigt sehr schön die Eigenschaften des Acoustic Solid. Die Musik scheint Nuancen ihrer Linearität zu verlieren, wird etwas dynamischer. Von einer Tendenz zur Übersteuerung in den Höhen zu sprechen wäre weit übertrieben, aber die vorher gehörte perfekte Kontrolle hat auf jeden Fall an Boden verloren. So lässt sich diese Phonovorstufe also auch noch sehr exakt in das gewünschte Gesamtbild der vorhandenen Anlage hinein konfigurieren. Wozu hat man schließlich einen Lautstärkeregler? Ich habe mich inzwischen an die Zuverlässigkeit gewöhnt und gebe dem Acoustic Solid wieder die volle Kontrolle über die Signalverstärkung zurück.
So wie ich bei Röhrenverstärkung an Mozart und Geigen denke, denke ich bei nüchternen Transistoren an Klavier und … genau: Beethoven. Die echten und erfahrenen Klassikliebhaber unter den Lesern mögen mir diese flache Polemik verzeihen. Anlässlich der Gelegenheit möchte ich dann auch gerne öffentlich bekennen, dass mein Klassikverständnis kurz hinter Mahlers Zweiter Sinfonie endet. Natürlich bin ich stets bemüht, diesen Horizont zu erweitern und daher fleißig auf der Suche nach neuen, inspirierenden Werken und Aufnahmen.
Zurück zu Beethoven: Eigentlich wollte ich ja eines seiner Klavierkonzerte hören, habe dann aber doch spontan zu meinem Lieblingsstück gegriffen, selbst wenn die analoge Version, die ich von der Ouvertüre zu Fidelio besitze, sicher nicht die beste ist. Es beeindruckt mich immer wieder, wie der Meister ein Thema vorstellt, um es dann zu verstecken, erneut hervorholt, damit spielt und scheinbar völlig frei nach Belieben Spannung auf- und wieder abbaut. Davon könnte sich so mancher Techno-DJ eine große Scheibe abschneiden. Der Acoustic Solid stellt das alles völlig mühelos dar. Das große Orchester, sonst eher nicht die Stärke meiner offenen Breitbänder, bekommt bemerkenswert viel Raum und Tiefe. Die einzelnen Instrumente bleiben immer ganz klar differenzierbar, das Gesamtbild trotzdem jederzeit erhalten. Dabei, wie schon vorher bemerkt, immer höchst linear über den gesamten Frequenzbereich und auf angenehme Weise völlig neutral. Da sind sie wieder, die Ingenieure in den weißen Kitteln.

 

Phono-Vorverstärker
Acoustic Solid Phono Vorverstärker
Funktionsprinzip: Transistor-Phonovorstufe (MM/MC)
Eingangskonfiguration: 47 kΩ, 100 pF bis 600 pF in 50-pF-Schritten (MM); 50 Ω bis 680 Ω in 10-Ω-Schritten (MC)
Signalverstärkung: 32–64 dB in 4-dB-Schritten
Klirrfaktor: < 0,005 %
Maße (B/H/T): 14/6,4/17,8 cm
Gewicht: ca. 1 kg
Garantiezeit: 3 Jahre
Preis: 790 €

 

Acoustic Solid, Wirth Tonmaschinenbau GmbH
Bohnäckerweg 5
72655 Altdorf
Telefon 07127 32718

www.acoustic-solid.com

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.