T+A Solitaire T
Klang oder Usability? Fokus oder Vielfalt der Möglichkeiten? High End oder tragbar? T+A baut einen Kopfhörer, der auf all diese Fragen eine verblüffende Antwort gibt: T+A Solitaire T.
In aller Kürze:
T+A Solitaire T: Bestens über Tasten und App zu bedienen, großartige Verarbeitung und luxuriöse Materialien, hervorragende Geräuschunterdrückung und der mit Abstand beste Klang seiner Spezies – eine absolut zwingende Empfehlung.
Da meine Suche nach guten Kopfhörern mittlerweile einer tragischen Oper gleichkommt, schadet es nicht, sich diesem Thema in adäquater Form zu nähern.
Erste Szene: Vor dem Theater
Es beginnt weitab von der ruhigen Abgeschiedenheit meines Musikzimmers oder Studios. Weit entfernt von erstklassigen Kopfhörerverstärkern, temperierten Zuspielern, von der wichtigsten Zutat: Ruhe. Der ICE von Berlin nach Stuttgart (ich werde es mir verkneifen und nicht über die Bahn schimpfen) ist in den meisten Fällen ein Ärgernis, nicht aber ein Ort der Versenkung in große Musik. Deshalb läuft auf dem Laptop ein Film, der T+A ist mit dabei und soll erst einmal dafür sorgen, dass die lärmende Umwelt dort bleibt, wo sie hingehört. Fix via Bluetooth verbunden schirmt der Solitaire T mittels passiver (Mitten und Höhen) und aktiver (Grundton und Bass) Geräuschunterdrückung verblüffend gründlich von der Außenwelt ab. Ein kurzer Vergleich mit einem ebenfalls mitreisenden Sony WH-1000 XM5 ergibt, dass T+A mit dieser kombinierten Lösung einen ziemlich überzeugenden Weg beschreitet: Es ist schlicht ruhiger am Ohr, und auch der immer wieder bei vollständig aktiven Lösungen spürbare Druck auf den Trommelfellen bleibt auf einem erfreulich geringen Niveau. Ganz lässt es sich nicht vermeiden, so fein dosiert kann ich allerdings gut damit leben.
So weit, so ruhig, der Film kann beginnen. Glücklicherweise eine Produktion mit einem durchaus beeindruckenden Soundtrack, weshalb ich daran erinnert werde, warum der T+A überhaupt bei mir ist. Hans Zimmers eigentlich eher öde Klangflächen tönen zum ersten Mal über Kopfhörer nicht ärgerlich. Der T+A überträgt erwartungsgemäß linear, schafft es aber gleichzeitig, den Grundton und Bass kundenorientiert kräftig zu positionieren, ohne auch nur einen Blick in Richtung der billigen Effektekiste zu werfen.
Zweite Szene: Hinter der Bühne
Jetzt darf oder muss sich der Solitaire T im Studio behaupten. Die meisten günstigeren Bluetooth-Kopfhörer fallen hier sofort durch, weil sie in der Regel entwickelt werden wie billige Monitorlautsprecher: Man setzt günstig zu beziehende Treiber in eine kundenspezifisch designte Kiste, und das eingebaute DSP soll verhindern, dass dieses Machwerk so schlecht klingt, wie es entwickelt wurde. T+A hat den Solitaire im Gegensatz zu dieser üblichen Strategie als reinen Analoghörer entwickelt, der erst danach, als er von sich aus gut klang, digitalisiert wurde. Und so merkt man dem T+A schon bei den ersten Tönen an, dass Musik über ihn unspektakulär natürlich klingt. Das Unnatürliche gleich einem gephotoshoppten Covergirl geht ihm im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen völlig ab. Die Zellulosemembranen hängen sehr alert an dem zuspielenden Crane-Song-Verstärker, auch kleine Drehs am Equalizer, die Anpassung von Hallfahnen oder Laufzeiten unterschiedlicher Spuren werden mühelos dargestellt, der T+A erledigt einfach nur seinen Job. Und zwar in einer Qualität, die sich als absolut verblüffend präsentiert. Erstklassige Kopfhörer von Neumann und Sennheiser klingen im direkten Vergleich nur anders, nicht aber besser. Faszinierend auch, dass der T+A bei den Paradedisziplinen der offenen Kollegen, Raumdarstellung und Offenheit des Klangs, nicht wirklich Federn lässt. T+A hat hier ein geschlossenes Konzept entwickelt, das ich ohne Zögern als eines der besten auf dem Markt bezeichnen würde.
Dritte Szene: Auf der Bühne
Bluetooth begrenzt. Das ist schade, lässt sich aber nicht ändern. Auch T+A kann hier nicht zaubern, allerdings mit schlauen Strategien die Grenzen ein ganzes Eckchen verschieben. Der Bluetooth-Chip von Marktführer Qualkomm findet sich auch hier, wird allerdings nicht vollständig genutzt, um Schwächen dieses Bausteins zu vermeiden. So kommt die Geräuschunterdrückung von Sony, die Wandlung überlässt man im HQ-Betrieb ESS Sabre. Die Verstärkung umgeht in diesem Fall auch die Sony-Schaltung und wird selbstentwickelten Class-A-Endstufen überantwortet. Diese erstklassige Elektronik verbunden mit einem von Natur aus sauber arbeitenden Kopfhörer kann eigentlich noch auf der Erfolgsspur fahren, und genauso geschieht es. Auch wenn Bandbreite und Dynamik über Bluetooth etwas geringer ausfallen, ändert sich erst einmal nichts am sehr sauberen und geraden Klang des Solitaire. Alles wirkt im Vergleich zum Betrieb über Kabel minimal verhangen, jedoch mit gleicher Charakteristik. Ohne ANC und im High-Quality-Modus ist vom BT-üblichen Grundrauschen fast nichts mehr zu hören. Aktiviert man die Geräuschunterdrückung, steigt zwar minimal das Niveau des Rauschteppichs, dafür wird die Umwelt sehr gründlich ausgesperrt, und wieder einmal verändert sich der grundlegende Klangcharakter nicht. Das ist mir in dieser Form noch nicht untergekommen, denn normalerweise greifen diese Funktionen ziemlich gründlich ins klangliche Geschehen ein. Dem Solitaire gelingt mit all diesen Zutaten das Kunststück, dass man sich auf einer Parkbank sitzend dem audiophilen Himmel näher als je zuvor fühlen darf. Und selbst in lauteren Umgebungen als auf einer einsamen Bank mit Blick auf ein Naturschutzgebiet leistet der T+A beste Dienste.
Der HQ-Modus sorgt in einem solchen Maße für ein Mehr an Dynamik, Luft, Tiefe, dass sich eigentlich jede andere Einstellung verbietet. So meistert der Solitaire die Schwächen des Bluetooth-Konzeptes derart gut, dass ich auch immer wieder zu Hause in diesem Modus höre, ohne nach den Kabeln zu suchen. Das ist mir definitiv noch nie passiert.
Vierte Szene: Im Himmel
Letzter Ort der Handlung ist das Musikzimmer. Kopfhörerverstärker von Lehmannaudio und Lake People stehen bereit, ein Mark Levinson 390S und Transrotors mächtiger Apollon liefern die Signale. Bis jetzt war alles schon gut und eigentlich auch besser als die Konkurrenz. Allerdings ging es dabei zumeist um „High End unterwegs“, was die Hürde entsprechend flach positioniert. Jetzt arbeitet der T+A passiv, das bedeutet, dass sämtliche digitalen Baugruppen deaktiviert sind und der Solitaire wie ein ganz normaler Kopfhörer arbeitet. Und wieder wird spürbar, wie viel es bringt, wenn man das Thema Kopfhörer seriös angeht, eine über jeden Zweifel erhabene analoge Basis entwirft und dann erst die digitalen Helferlein ins Rennen bringt.
Die legendäre Ring-Produktion mit der Staatskapelle Dresden unter Marek Janowski (Eurodisc Vinyl) entführt auch mit diesem „Unterwegs-Hörer“ binnen weniger Augenblicke in höhere Sphären. Wie fein differenziert der Solitaire delikate klangfarbliche Veränderungen (Geigen bei „In der Esche Stamm leuchtet ein Blitz“!!!) darstellt, deklassiert nicht wenige althergebrachte High-End-Kopfhörer. Und auch die Raumtiefe der Dresdner Lukaskirche, in der diese Produktion aufgenommen wurde, sollen andere Hörer erst einmal darstellen. Großes Kompliment nach Herford. Denn nicht alle Musiker hängen wie auf einer Leine zwischen den Ohren, sondern formieren sich weit und tief zu einem glaubhaften Bild.
Ein weiteres Kapitel mit der Hölle kann unterbleiben, hier gibt es eigentlich nur Licht, keinen Schatten. Dass der Solitaire T etwas mehr als die Konkurrenz kostet, lässt sich angesichts des betriebenen Aufwandes und der gebotenen Qualität leicht verschmerzen. Zumal wir uns finanziell in einem Bereich bewegen, in dem andere noch nicht einmal ein Stromkabel finden …
Info
Kopfhörer T+A Solitaire T
Konzept: ohrumschließender geschlossener BT-Kopfhörer mit DAC und Kabelbetrieb
Treiber: selektiert, geringe Toleranz, dynamisch
Frequenzgang: 4 Hz bis 22 kHz (aktiv), 4 Hz bis 45 kHz (passiv)
Impedanz passiv: 64 Ω
Mikrofone: 2 Kommunikationsmikrofone rechts, 2 Noise-Cancelling-Mikrofone pro Seite
Geräuschunterdrückung: hybrid
Bluetooth: Version 5.1, Klasse 2 (SBC, AAC, aptX, aptX HD)
Zubehör: Hardcase, USB-C-Ladekabel, Klinkenkabel 3,5 mm mit Adapter auf 6,35 mm, Flugzeugadapter, Pentaconn-Kabel
Gewicht: 326 g
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 1300 €
Kontakt
T+A Elektroakustik
Planckstraße 9–11
32052 Herford
Telefon +49 5221 76760
info@ta-hifi.de
Mitspieler
Plattenspieler: Transrotor Apollon TMD mit SME 5, SME 3012 u. a.
Tonabnehmer: Clearaudio Talisman und Stradivari V2, Ortofon Vienna und Jubilee, Denon DL-103
CD-Player: Mark Levinson No. 390S
DAC: Merging Technologies
Vorverstärker: Crane Song Avocet
Endverstärker: Digitalendstufe auf ICE Power basierend, Accuphase P-4200
Vollverstärker: Lavardin IT
Lautsprecher: Spendor Classic 3/5, Wilson Audio Sasha DAW
Kabel: u. a. Vovox