Stenheim Alumine FIVE – Die perfekte Bühne
In Eltville, geografisch in der Mitte der deutschsprachigen HiFi-Welt, hat der Mülheimer Vertrieb Audio Trade (ATR) einen Hörpalast aufgebaut, in dem Hersteller wie Händler ihre Komponenten in gehobenem Ambiente präsentieren können. Wir durften exklusiv eine ganz besondere Klangaufführung mit der Alumine FIVE von Stenheim in der Hauptrolle erleben.
In aller Kürze
Müheloser Tiefgang und stupende Dynamik treffen bei der Stenheim Alumine FIVE auf ausgewogene Tonalität und musikalische Finesse.
Sichtlich amüsiert beobachtet Manuela Heimann, Ehefrau unseres Gastgebers Markolf Heimann, die Szene: „Wenn ein Dutzend erwachsener Männer an den Knöpfen und Reglern einiger auf dem Fußboden verteilter ,Spielzeuge‘ drückt und dreht, weiß man, dass die HiFi-Welt wieder in Ordnung ist.“ Von der Anspannung, die noch eine halbe Stunde zuvor der geselligen Atmosphäre einen leichten Dämpfer aufgedrückt hatte, ist nichts mehr zu spüren. Dabei dachten wir noch, wir seien spät dran, als wir uns gegenphasig zum Rhein mäandernd über Mainz und Wiesbaden der ATR-Villa in Eltville näherten. Weder Wetter noch Verkehrslage hatten es auf dem Weg gut mit uns gemeint, doch mittlerweile hatte der Regen nachgelassen, und der Anblick des Rheins wie auch des Hauptturms der Kurfürstlichen Burg tröstet selbst bei bleiernem Himmel über so manches hinweg. Und: Wir wussten, dass uns am Ziel etwas Besonderes erwartete.
Während wir, am Ziel angekommen, in einem Besprechungsraum noch auf unsere (Spoiler: negativen) Schnelltestergebnisse warten, erklärt uns Markolf Heimann zum einen, was wir alles vorhaben würden, und ebenso, dass die passenden Antriebsquellen für die Stars der Show, ein Paar Stenheim Alumine FIVE, immer noch auf sich warten ließen – drei Tage nach dem geplanten Liefertermin. Aufgeschmissen ist man deswegen freilich keineswegs – die Anlage in der großen Halle im ersten Stock ist aufgestellt und spielt laut Heimann bereits auf den Punkt. Befeuert werden die Stenheims für den Augenblick nur eben nicht von der überfälligen Dartzeel-Elektronik, sondern „behelfsmäßig“ von einer ATC-Vorstufe und zwei Musical-Fidelity-Monoblöcken – wahrlich keine Kinder von Traurigkeit!
Erster Punkt der Tagesordnung ist allerdings eine Führung durch die durchaus weitläufigen Räumlichkeiten. Das Parterre mit einer reichen Auswahl lifestyleorientierter Lösungen unter anderem von Pro-Ject, Guru und ATC, das zum Heimkino gestaltete Souterraingewölbe sowie das für Premiumprodukte vorgesehene erste Obergeschoss, das aus einer großen, offenen Halle und einem langen, repräsentativen Saal besteht, kennen Sie möglicherweise schon von unserer Reportage. Das zweite Obergeschoss ist seit unserem letzten Besuch noch weiter ausgebaut worden: Neben einem hell gestalteten Wohnzimmer mit Blick zum Rhein befindet sich am Ende des Flures noch ein kleiner, klar auf eine jüngere Klientel zugeschnittener Hörraum, in dem ein Paar Alumine-TWO-Kompaktlautsprecher von ATC-Elektronik beschickt werden. Gerade hier wird eine der Kerneigenschaften des ATR-Konzeptes ersichtlich: Der Raum mit seiner akustisch eher ungünstigen L-Form ist nur relativ behutsam mit Akustikmodulen bestückt. Das Ziel ist es explizit nicht, Komponenten in bis aufs Jota durchoptimierten In-vitro-Umgebungen zu präsentieren, sondern in lebensnah eingerichteten Zimmern – sorgsam aufgestellt und kundig eingerichtet, versteht sich, aber eben in einem Maße, bei dem man mit Fug und Recht von Wohnräumen sprechen kann. Diese Herangehensweise sollten wir im Verlauf unseres Besuches noch live miterleben dürfen.
Wieder im großen Saal in der ersten Etage haben wir Gelegenheit, die Bekanntschaft des illustren Reigens geladener Gäste zu machen – alle wesentlichen Komponenten des zentralen HiFi-Setups werden hier höchstpersönlich durch ihre jeweiligen Schöpfer repräsentiert: Helmut Thiele steuert den Plattenspieler TT01 mit dem brillanten Tonarm TA01 bei, der das Beste der Welten der Radial- und Tangentialtonarme in sich vereint. Ebenso lernen wir Dirk Rüdell kennen, den Mann hinter der noch jungen Marke Thixar, deren Racksysteme und Verstärkerbasen sich die dämpfenden Eigenschaften eines speziellen thixotropen Gels zunutze machen. Besonders gefällt uns an dem Rack seine Flexibilität: In einem stabilen Hauptrahmen lassen sich ohne viel Aufwand beliebig viele Rackböden in beliebigen Abständen zueinander einsetzen. Und dann ist da natürlich Stenheim-Geschäftsführer Jean-Pascal Panchard, dessen Standlautsprecher Alumine FIVE die zentrale Rolle bei der Vorführung spielen. Mit ihm am Tisch sitzt Dartzeel-Gründer Hervé Delétraz, der seine Anspannung gekonnt mit seiner gemütlich-freundlichen Art in den Hintergrund drängt.
Bis Manuela Heimann mit den Worten „Ein Lastwagen steht auf dem Hof!“ die Treppe heraufkommt. Alle Gespräche werden augenblicklich unterbrochen, die ganze Aufmerksamkeit gilt der Lieferung. Augenblicke darauf steht fest, dass es sich in der Tat um die heiß ersehnten Komponenten handelt, Erleichterung breitet sich unter den Anwesenden aus, allen voran atmet natürlich Hervé Delétraz auf. Frisch gestärkt mit belegten Semmeln besitzen wir die nötige Kraft, die fünf Komponenten, darunter zwei 70-Kilogramm-Endstufen, in den Hörsaal zu schaffen und aus den Kartonagen zu hieven. Die eingangs beschriebene Szene, die unmittelbar darauf folgt, kann man auch abgebrühten Profis nicht übel nehmen.
Die Verstärker sind mit ihren roten gebürsteten Gehäusen und messingfarbenen Frontplatten in der Tat ein spektakulärer Anblick. Großzügige Sichtfenster geben bei den Monoblöcken den Blick frei auf die jeweils 20 Kilo schweren Ringkerntransformatoren. Delétraz’ Faible für Gestaltung zeigt sich dabei nicht nur an der leicht an Steampunk gemahnenden Optik der Komponenten, sondern ebenso in der Nomenklatur: Da kaum jemand in der Lage sei, seinen Nachnamen beim ersten Versuch richtig zu erfassen, hat er als Markennamen mit „Dartzeel“ kurzerhand ein Anagramm kreiert. Wo man an den Frontplatten und Fernbedienungen normalerweise den Lautstärkeregler erwarten würde, findet sich bei den Geräten (in Dartzeel-Lingo „Instrumente“ genannt) des frankofonen Schweizers eine „Pleasure Control“ – freilich mit der gleichen Funktion.
Da die Elektronik im Moment noch gefühlte null Grad Kerntemperatur hat, beginnen wir jedoch erst einmal mit einer Hörsession in der zuvor vorbereiteten Konstellation. Ryan Adams steht fast physisch greifbar vor uns auf der Bühne der Carnegie Hall, während er dem Publikum kundtut, dass er das folgende Konzert dem Death-Star-Level der Angry-Birds-Star-Wars-Edition widmet, den er auf dem Weg in der U-Bahn soeben gemeistert hatte – und noch bevor mit „Gimme Something Good“ die ersten Takte der Musik an unsere Ohren dringen, zeigen die Stenheims bereits, wie gut sie die Bühne ausleuchten, wie glaubhaft sie das jubelnde und lachende Publikum im akustisch projizierten Konzerthaus platzieren. Das ist schon recht beeindruckend, doch Herve Delétraz ist fest davon überzeugt, dass seine imposanten Monoblöcke selbst im kalten Zustand nochmal ein Pfund nachlegen können, und da diese Konfiguration ohnehin Plan A war, wird nach den ersten Höreindrücken flugs mit dem Umbau begonnen.
Meinen Kollegen Ralf Wolff-Boenisch und mich komplimentiert man in der Zwischenzeit eine Etage höher in das Hör-Wohnzimmer, wo uns ein Paar Stenheim Alumine THREE erwartet, das bereits an einem CTH-8550-Vollverstärker von Dartzeel hängt. Auch hier dient ein Thiele TT01 mit TA01 als Quelle. Verblüffenderweise hat man es hier tatsächlich geschafft, dem annähernd quadratischen Raum akustisch Manieren beizubringen. Die Alumine THREE von Stenheim, die in ihren Aluminiumgehäusen immerhin je zwei 20er-Bässe beherbergen, lassen sich hier keinerlei Oberbassdröhnen entlocken. Nach den ersten paar Stücken erheben sich einige der Hörer von ihren Sitzen und beginnen, mit kundigem Ohr den Raum auf der Suche nach stehenden Wellen, Auslöschungen und ähnlichem Unbill abzuschreiten, finden jedoch nichts Unbotmäßiges. Um uns noch mehr zu verwirren, sind die Alumine THREE auch noch recht wandnah aufgestellt, was der gängigen Lehrmeinung zufolge Bassprobleme ja nur noch verschärfen sollte. Allerdings – und hier vermuten wir des Rätsels Lösung, stehen die Lautsprecher direkt vor den beiden Fenstern. Eingenommen von unserem akustischen Forschungsdrang ignorieren wir den Ausblick zum Rhein und machen den Fingerkuppentest. In der Tat kann man spüren, wie die Glaspaneele mit den Bassanteilen mitvibrieren – nicht dramatisch, aber merklich. Wie ich von ATR-Mann Thomas Müller erzählt bekomme, hat man hier durchaus ein wenig experimentieren müssen, bevor man für die Lautsprecher exakt die richtige Position gefunden hat, in der sich zwei klassische raumakustische Probleme gewissermaßen gegenseitig aufheben.
Studiotauglich? Natürlich nicht – auch ohne Messungen durchzuführen wissen wir, dass Glasflächen Bassenergie über ein deutlich breiteres Frequenzband hinweg absaugen als die Dröhnspitzen, die sich aus angeregten Raummoden ergeben. Doch auch hier zeigt sich wieder die ATR-Philosophie von ihrer besten Seite: Statt messtechnischer Perfektion haben wir ein lebensnahes Aufstellungsszenario vor uns, das eindrucksvoll belegt, wie gut sich die Raumakustik in einem suboptimalen Zimmer beherrschen lässt, wenn Fachleute, die wissen, was sie tun, für die Aufstellung verantwortlich sind. Das Klangbild ist absolut ausgewogen, der Bass ist vollständig und präsent und bleibt dabei jederzeit bestens durchhörbar. Nur, um es einmal wirklich klar auszudrücken: Die Akustik haut hier nicht nur so einigermaßen hin – vier erfahrene Hörer, die aktiv nach Problemen suchten, konnten nichts Nennenswertes finden. Doch genug geforscht, bald setzt sich alles wieder, und bei One Night In San Francisco von Al Di Meola, John McLaughlin und Paco de Lucía überzeugen wir uns von den Meriten des Thiele-Dartzeel-Stenheim-Gespanns. Das Klangbild gerät offenbar so stimmig, dass nun endlich die Sonne hinter den Wolken hervorbricht und sowohl den Rhein als auch die stilvollen Räumlichkeiten so in Szene setzt, wie es ihnen gebührt.
Zurück im ersten Stock. An Dartzeels NHB-468-Monoblöcken können die Stenheim Alumine FIVE nun zeigen, was sie wirklich können, während Armin Kern uns als DJ und Master of Ceremonies in Personalunion durch seine Schallplattensammlung führt. Allerdings stellen wir bald fest, dass die Aufstellungsarbeit noch nicht ganz abgeschlossen ist. Mit dem Stück „Midnight Sugar“ vom gleichnamigen Album zeigt uns das Tsuyoshi Yamamoto Trio eine Raummode auf, die genau auf einem immer wieder angerissenen Kontrabasston liegt. Mit Zollstock und Laser-Entfernungsmesser bewaffnet machen sich Jean-Pascal Panchard und Hervé Delétraz sogleich ans Werk: In mehreren, von Hörproben unterbrochenen Durchgängen werden die Lautsprecher zentimeterweise verrückt und es wird mit der Einwinkelung gespielt, bis die stehende Welle gebändigt ist. In der Tat fällt der klangliche Zugewinn schon nach den ersten Takten auf – die Bühne greift zu den Seiten viel weiter über die Lautsprecher hinaus, dazu gesellt sich eine Dynamik, bei der einem forsch gespielte Klavierakkorde auch schon mal einen leichten Schrecken einjagen können. Jetzt erst kann sich Armin Kerns herrlich eklektisches Musikprogramm, das sich von Jazz über Schtschedrins Carmen-Arrangement bis hin zu Nina Hagen erstreckt, voll entfalten.
Bevor nach so viel Hörarbeit zum wohlverdienten Abendessen gerufen wird (wie die Zeit fliegt!), habe ich noch Gelegenheit, Jean-Pascal Panchard zur Seite zu nehmen und mir ein wenig über die Stenheim Alumine FIVE erzählen zu lassen. Ihr Name kommt natürlich nicht von ungefähr – statt des üblichen MDF kommt hier als Gehäusematerial Aluminium zum Einsatz; ein Klopftest offenbart im Wesentlichen nichts – genau wie es sein soll. Dass die Wandstärken dank der Steifigkeit des Metalls mit 12 Millimetern recht gering gehalten werden können, hat zudem den Vorteil, dass das Innenvolumen bei gleichen Außenmaßen rund 40 Prozent größer ausfällt als bei einer konventionellen Konstruktion. Ebenfalls auffällig sind die doppelt gefalteten, getränkten Textilsicken der Tieftöner. Das Material hat ein völlig anderes Dämpfungsverhalten als Gummi oder Schaumstoff und ist laut Panchard dafür verantwortlich, dass die Alumine FIVE gerade im Oberbass so gut am Gas hängen. Überhaupt ist Dynamik eine der zentralen Stärken dieses Lautsprechers: Um möglichst wenig Energie in der Frequenzweiche zu verlieren, sind Mitteltöner und die Dimensionen der geschlossenen Mittelhochtoneinheit bezüglich Eigenfrequenz und Q-Wert so aufeinander abgestimmt, dass deren untere Eckfrequenz auf die gewünschte Übergangsfrequenz zu den Tieftönern fällt und somit schon ohne jegliche elektrische Bauteile ein Hochpass entsteht. Ein entsprechend reduzierter elektrischer Filter kommt lediglich ergänzend zum Einsatz, um die Flankensteilheit zu erhöhen und den Frequenzgang zu glätten. Der Erfolg des Designansatzes lässt sich mitunter am beachtlichen Wirkungsgrad von 94 Dezibel ablesen.
Beim vorzüglichen Abendessen mit Lachstartar, niedriggegarter Rinderlende und Kostproben aus dem bestens ausgestatteten Weinkeller des Hauses kann sich die frisch aufgenommene geistige Nahrung setzen. Im Anschluss folgt eine weitere ausgedehnte Hörrunde, die freilich deutlich weniger von kritischer Ernsthaftigkeit geprägt ist als zuvor; fast unmerklich driftet das Programm von Bluesrock in Richtung Trentemøller.
Die endgültige Beurteilung findet schließlich am nächsten Morgen statt, nachdem die Endstufen sich über Nacht durchwärmen und währenddessen unsere Ohren wieder entsprechend abkühlen konnten. Weil’s so schön war, gehen wird noch mal das Programm des Vortages durch. Jetzt hat sich alles erst richtig gesetzt, zu der Bühnenabbildung und der unbändigen Dynamik, die uns schon tags zuvor begeistert hatten, gesellt sich nun auch eine Klangfarbenstärke und ein Schmelz, der die Musikalität der Anlage auf ein nochmals höheres Level hebt. Bei aller Geschmeidigkeit büßt das Klangbild jedoch absolut nichts von seinem Biss ein, wenn es darauf ankommt. Die Komponenten von Thixar, Thiele, Dartzeel und – last but not least – Stenheim sind für sich genommen hervorragend, im Verbund bilden sie eine bemerkenswerte Kombination. Und die ATR-Villa bietet für derart hochkarätiges HiFi die perfekte Kulisse – einen schöneren Ort, sich sein künftiges Equipment zusammenzuträumen, kann man sich schwer ausmalen.
Info
Lautsprecher Stenheim Alumine FIVE
Konzept: passiver 3-Wege-Standlautsprecher
Bestückung: 25-mm-Hochtöner, 17-cm-Mitteltöner, 2 x 25-cm-Tieftöner
Frequenzgang: 28 Hz bis 35 kHz
Nennimpedanz: 8 Ω
Empfindlichkeit: 94 dB
Belastbarkeit: 200 W RMS, 400 W Peak
Besonderheiten: Aluminiumgehäuse mit 12-mm-Wandstärke, doppelt gefaltete Textilsicken an den Mittel- und Tieftönern, vier separate Gehäusekammern (Hochton, Mittelton, je eine Kammer pro Tieftöner)
Ausführungen: Hellgrau, Dunkelgrau, Schwarz, Elfenbein, Dunkelbraun
Maße (B/H/T): 28/120/38 cm
Gewicht: ca. 100 kg
Garantiezeit: 5 Jahre
Paarpreis: um 62 000 €
Kontakt
Audio-Trade Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
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