SoundSpace Systems Robin – Ein grundehrlicher Superheld
Michael Plessmann benennt seine Schallwandler nach Singvögeln. Der neue SoundSpace Systems „Robin“ hat aber nicht nur eine schöne Stimme, er kann auch Muskeln zeigen. Er bleibt dennoch ein stets der Wahrheit verpflichteter Feingeist. Willkommen in der Welt der High-End-Superhelden.
In aller Kürze
Die SoundSpace Systems Robin ist dank hohen Wirkungsgrades, überschaubarer Maße und moderater Masse eine wohnzimmertaugliche, Aufstellungs-unkritische Superbox, die mit absolut jedem Verstärker zurechtkommt. Preis um 32000 Euro.
Es ist noch nicht lange her, dass ich Bekanntschaft mit der „Aidoni“ machte. Eine Diva, alles andere als schlank und rank, dafür mit Talenten gesegnet, die sie unter ihresgleichen zur Ausnahmeerscheinung machen, und darüber hinaus völlig allürenfrei. Die Rede ist vom Lautsprecher-Flaggschiff des Berliner Entwicklers Dr. Michael Plessmann. Eine „Nachtigall“ von rund 350 Kilo Stückgewicht, die ganz ohne Frage zu den musikalischsten und vielseitigsten Exemplaren ihrer Gattung zählt. Ein akustisches Statement, das über alle klanglichen Zweifel erhaben ist. Grenzen? Die gibt es natürlich auch für die Aidoni. Dann, wenn man Superboxen dieses Kalibers in einem kleinen Wohn- oder Arbeitszimmer aufstellt. Geht zwar, zumal sie auch leise sehr ordentlich spielen. Aber wirklich Sinn macht das nicht.
Hier kommt Robin ins Spiel. Fragt man Michael Plessmann, ob er bei der Namensgebung vielleicht nicht nur an Rotkehlchen, sondern auch ein wenig an Batmans mutigen jungen „Sidekick“ gedacht hat, dann schmunzelt der Entwickler, denn er hat in seiner Jugend tatsächlich gerne Comics gelesen. Deshalb weiß er, dass ein paar Eigenschaften Robins aus dem DC-Universum ohne Weiteres auf den namensgleichen Standlautsprecher übertragbar sind: Hier wie da paaren sich eher kleiner Wuchs – gerade mal 114 Zentimeter Höhe – und schlanke Statur (27 Zentimeter breit, 43 Zentimeter tief) mit überraschender Kraft und ungeahnter Cleverness. Robin trägt oft den Sieg davon, wo andere an der Aufgabenstellung scheitern. Ein augenzwinkernder, fröhlicher Retter aus unangenehmen Lebenslagen, der ernst sein kann, aber nie verbissen wirkt.
Wobei die Aufgabe, die sich Michael Plessmann beim Entwurf des Robin-Lautsprechermodells stellte, ein Fall für jemanden mit beinahe übermenschlichen Fähigkeiten war: „Downsizing“ eines sehr gelungenen Lautsprecherkonzepts, ohne die Farbmagie, die Bassmacht, das Auflösungspotenzial oder die Homogenität leichtfertig dem Rotstift zu opfern.
Aber der Reihe nach: Robin ist ein teilaktives Dreiwege-Design, dessen Treiber man so im Handel nicht kaufen kann, denn sie werden entweder nach Michael Plessmanns Vorgaben gefertigt oder so massiv modifiziert, dass ihre Eigenschaften mit den Vorlagen aus der Serienfertigung nicht mehr viel zu tun haben. Dass man sich bei SoundSpace Systems gerne am PA-Bereich orientiert und die möglichen Schalldrücke ausreichen, um mit der Robin größere Räume zu beschallen, ist kein Geheimnis.
Im Vergleich zur SoundSpace systems Aidoni fällt allerdings nicht nur das Gehäuse deutlich kleiner aus – die große Schwester misst immerhin 148 Zentimeter –, auch die Treiberbestückung muss sich den veränderten Platzverhältnissen anpassen. Im Hochton werkelt vorne ein AMT mit einem speziell entworfenen Horn, das als Waveguide ausgelegt ist und das von einem nach hinten abstrahlenden, per Drehpoti regelbaren Bändchen unterstützt wird. Besagtes Poti ist ein probates Mittel, um die Robin an verschiedene Raumverhältnisse und sogar (in Grenzen) an Verstärker-Charakteristiken anzupassen, wie sich im Test zeigen sollte.
Für den gerade hinsichtlich der Stimmwiedergabe so wichtigen Mitteltonbereich zeichnet ein Siebenzoll-Papiermitteltöner mit Exponentialmembran verantwortlich. Michael Plessmann hat hier mit modernen Mitteln ein Prinzip umgesetzt, das sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich in Rundfunkstudios fand: einen sogenannten Vorkammer-Lautsprecher. Die Mitteltonchassis sind in der Schallwand rund einen Zentimeter nach innen versetzt montiert. Die dadurch entstehende kleine Kammer wirkt, als würde der Mitteltöner per Frequenzweiche bedämpft, ohne dass Plessmann elektronische Weichenbauteile verwenden muss.
„Das funktioniert allerdings nur mit Treibern, die haargenau definierte Eigenschaften haben“, erklärt der Wissenschaftler, für den die gehörmäßige Abstimmung grundsätzlich einen höheren Stellenwert hat als Messwerte. Der Mitteltöner, der nach hinten ungedämpft auf ein definiertes Loch in der Rückwand abstrahlen darf, um „nicht gegen eine Luftbremse ankämpfen zu müssen“, wie es Plessmann formuliert, spielt durch diese Kniffe „so homogen wie ein Breitbänder, ohne dessen Nachteile zu haben“.
Im Bass kommt bei der Robin die gleiche aktive Lösung zum Tragen wie im Flaggschiff Aidoni: Zweimal 500 Watt Class D pro Lautsprecher wirken auf je zwei seitlich montierte Zehnzoll-Bässe mit Doppelschwingspulen, wobei Michael Plessmann peinlich genau auf Laufzeitrichtigkeit und Synchronizität mit den restlichen Chassis achtete. „Ein Bass, der hinterherhinkt, geht gar nicht.“
Die elektrischen Weichen haben eine Flankensteilheit von maximal sechs Dezibel pro Oktave, die Aktivierung des Bassbereichs gleicht gemeinsam mit dem verbauten DSP die Wirkungsgrad-Unterschiede der Tieftöner und des Mittelhochton-Segments aus. Die Übergangsfrequenz zum Hochton erfolgt bei 1600 Hertz. Wie genau der Mittelton an den Bass angekoppelt wurde, behält der Schöpfer für sich. Plessmann verriet uns aber mit unüberhörbarem Stolz, dass seine pegelfesten Basstreiber bis weit unter 30 Hertz arbeiten: „Robin kann echten Tiefbass.“
Das Gehäuse der SoundSpace Systems Robin ist genauso aufgebaut wie bei der großen Schwester, die Vermeidung paralleler Kanten eliminiert zuverlässig stehende Wellen. Der Unterboden ist vollständig glatt, was das Aufstellen und Ausrichten zum Kinderspiel macht. Von Energieableitung via Spikes hält Plessmann indes wenig. Er bevorzugt kontrollierte Schwingungsverhältnisse mithilfe von Ceraballs und ähnlichen Konstruktionen, die gerne nach persönlicher Präferenz auszuwählen sind.
Und weil die Robin mit 96 Dezibel pro Watt und Meter wie alle Plessmann-Entwürfe ein echtes Wirkungsgradmonster ist, geriert sie sich als ausgezeichnete Spielpartnerin selbst für wattschwache Röhrenverstärker. Zunächst durfte im Test allerdings der formidable Vollverstärker Aavik U-380 für den Antrieb sorgen. Mit ihm verwandelt sich die legendäre Wagner-Heroine Birgit Nilsson beinahe leibhaftig in Richard Strauss’ hasserfüllte Königstochter Elektra, der die Wiener Philharmoniker unter Georg Solti (Decca) einen blutgetränkten roten Teppich ausrollen, packend und ungemein präsent, mit riesigem Raum. Man hört förmlich das Kolophonium der Streicher stauben, eine leichte Überbetonung der Höhen ist mit besagtem Potentiometer schnell in den Griff zu kriegen. Weniger zielführend ist die feste, per Kippschalter zu erreichende Bassabsenkung, denn sie kostet unser „Rotkehlchen“ im FIDELITY-Hörraum zu viel Gesamtenergie. Künftig soll auch hier eine feinere Regelung möglich sein – das Testpärchen war noch ein Vorserienmodell.
Die Filmmusik-Hommage Across the Stars mit Anne-Sophie Mutter, die sich den akustischen Breitwand-Epen von John Williams widmet, kommt so blutvoll und alert wie gewohnt über die Rampe. Allerdings macht Superheldin Robin deutlich, dass sich Frau Mutter und Herr Williams in einem recht kleinen Studio tummelten und dass etwa „Yoda’s Theme“ mit künstlichem Hall auf die Sprünge geholfen wurde. Der Bass hat Kontur, ohne kantig zu wirken, der opulent produzierte Hollywood-Edelkitsch bekommt Gänsehaut-Qualitäten. Traktiert man die Tieftöner übrigens mit Billie Eilishs experimentellem Debütalbum, dann zeigt die Robin ihre Qualitäten als Bespaßungsmaschine für eingefleischte Clubgänger – einen derartigen „Wumms“ dürften die Computerbassläufe auch über deutlich größere Lautsprecher nicht besitzen.
Danach hörten wir über Audio Notes kleinen iZero-Röhrenverstärker. Zweimal acht Watt sind absolut betrachtet wenig, im Verein mit Robin, der kleinen Riesin, brennt der Brite mit baltischen Genen bei Silje Nergaards „Be Still My Love“ jedoch ein farbenfrohes Emotionsfeuerwerk ab. An das Auflösungspotenzial des U-380 reicht der kleine Spaßmacher freilich nicht heran. Spielpartner Nummer drei ist ein Trigon Exxceed. Solide Transistortechnik ohne Extravaganzen, die für ein Zehntel des Preises die Robin fast so elegant zum Singen bringt wie der Aavik-Bolide. Cristina Brancos neues Album Eva verkörpert Neuen Fado vom Feinsten, himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt und, per Robin abgehört, tief empfindbares Seelenereignis. Stärker kann Musik kaum wirken.
Info
Lautsprecher SoundSpace Systems Robin
Konzept: teilaktiver 3-Wege-Standlautsprecher
Bestückung: AMT-Hochtöner mit Hornvorsatz (Waveguide), zusätzlicher Bändchenhochtöner für rückwärtige Abstrahlung, 7″-Papiermitteltöner mit Vorkammer und Phaseplug in offener Schallwand, Class-D-Verstärkertechnik (2 x 500 W pro Lautsprecher) im Bassbereich mit zwei seitwärts abstrahlenden 10″-Chassis
Frequenzweiche: 1. und 0. Ordnung, maximal 6 dB/Okt.
Übergangsfrequenz Hochtöner: 1600 Hz
Wirkungsgrad: 96 dB/W/m
Ausführungen: Klavierlack schwarz, Bambus- oder MDF-Gehäuse mit Palisander-Klanghorn
Gewicht: 42 kg
Maße (B/H/T): 114/27/43 cm
Paarpreis: um 32 000 € (Bambusgehäuse)
Kontakt
SoundSpace Systems GmbH
Sensburger Allee 5a
14055 Berlin
Telefon +49 30 91459973