Sottovoce Audio Stereo 3 im Test
Klein, exklusiv und mit ganz starkem Klang: Die Stereo 3 der spanischen High-End-Schmiede Sottovoce Audio wird von Hand in Valencia gebaut – und verbirgt unter ihrem apart designten, für eine Standbox sehr kompakten Gehäuse sorgsam abgestimmte Aktiv-Elektronik, die im Zusammenspiel mit hochinteressanten Treibern für klangliche Höhenflüge gut ist.
Fotografie: Ingo Schulz
In der Regel verzichtet das FIDELITY-Team auf Vergleichstests. Weil bei der Beurteilung einer Komponente zur höchstwertigen Wiedergabe von Schallereignissen der persönliche Geschmack abseits aller Messwerte eine wichtige Rolle spielt. Der Zufall wollte es allerdings, dass im Hörraum neben den erfreulich schlanken Sottovoce-Lautsprechern auch noch das Vize-Flaggschiff eines wohlbeleumundeten Schweizer Herstellers herumstand. Natürlich konnten wir uns den A-B-Vergleich nicht verkneifen, wohl wissend, dass wir Äpfel gegen Birnen ausspielten, eine passive Superbox gegen einen schon vom Volumen her viel kleineren Aktivlautsprecher antreten ließen.
Ich verzichte an dieser Stelle auf eine Aufzählung dessen, was die „Großen“ per se besser können. Denn viel wichtiger erscheint mir, dass der Abstand nicht so gewaltig wie zunächst vermutet ausfiel, dass die Sottovoce Stereo 3 eine klassische Vertreterin der Kategorie „Scheinzwerg“ ist: Ein Schallwandler, dem man auf Anhieb nicht ansieht, zu welchen klanglichen Höhenflügen er sich aufschwingen kann.
Damit die 12 000-Euro-Boxen mit der äußerst elegant und lässig wirkenden Parallelogramm-Form ihres Gehäuses – stehende Wellen werden so erfolgreich eliminiert – die irdische Schwerkraft hinter sich lassen können, braucht es hochwertige Elektronik, die von der neutralen Seite der klanglichen Wahrheit kommen sollte. Im Hörraum war es neben meinem bewährten Mark-Levinson-Preamp No. 38s die Vorstufen-Sektion des fulminanten Vollverstärkers Trigon Exxceed Integrated, die dank symmetrischer Ausgänge mit der Ansteuerung der mit einem ebenfalls symmetrischen Anschlussfeld gesegneten Sottovoce Stereo 3 nicht die geringsten Probleme hatte.
Genügend Power mit “Klasse D”
Sollte es unter den Lesern immer noch solche geben, die Zweifel an den klanglichen Meriten von Class-D-Verstärkern haben – in der Stereo 3 werden 400 Watt pro Kanal mit diesem Verstärkerprinzip mobilisiert –, so kann ich an dieser Stelle Entwarnung geben: Die Verstärkersektion der schlanken, nur 16,5 Zentimeter breiten Standlautsprecher agiert wohlbalanciert zwischen Kraft und Klangkultur, selbst bekannt kritische Aufnahmen kamen weder all zu höhenbetont noch muffelig-dumpf aus der cleveren Dreiwege-Konstruktion.
Für den wichtigen Stimmbereich ist ein als Koax aufgebauter Mittelhochtöner mit einem vorgesetzten Horn zuständig, der praktisch völlig verfärbungsfrei arbeitet und dem eine überaus plastische Raumabbildung gelingt. Im Bass sorgen zwei 20-Zentimeter-Tieftöner, die in „Back-to-Back“-Anordnung auf ein geschlossenes Volumen arbeiten und so Gehäusevibrationen unterdrücken helfen, für Druck und Präzision.
Mit der Sottovoce Stereo 3 kann man ungeachtet der relativ geringen Gehäusegröße unverzerrt mit ziemlich hohen Pegeln Musik hören. Die Ohren machen definitiv früher die „Grätsche“, als dieser sympathische Schallwandler. Eine Partybox will die Stereo 3 aber gleichwohl nicht sein, sie wendet sich eher an jene, die bevorzugt mit zivilen Pegeln hören, es aber ab und an auch mal ganz gerne krachen lassen.
Der Raum, den die schlanke Spanierin abbildet, ist zwar nicht gigantisch, aber dafür sehr klar umrissen und feingezeichnet. Großorchestrale Musik, etwa Johannes Brahms‘ D-Dur-Violinkonzert in der legendären Living-Stereo-Version des Virtuosen Jascha Heifetz mit Fritz Reiner am Pult des Chicago Symphony Orchestra (Sony Music), gefällt nicht nur durch die mühelose Ortbarkeit einzelner Orchesterstimmen und natürlich des auch tontechnisch im Mittelpunkt stehenden Solisten, sondern vor allem durch tonale Homogenität. Zudem stimmt – fraglos Verdienst der puristischen Dreiwege-Konstruktion, die Laufzeitunterschiede minimieren hilft – auch das Timing: Der Bass hinkt niemals hinterher, die Sottovoce Stereo 3 ist im besten Sinne „schnell“, spontan, beweglich.
Transparent, fein und detailreich
Das macht sie auch für schwitzige Jazzproduktionen, etwa für die „Green Street“ des Hard-Bop-Gitarristen Grant Green, zur ersten Wahl. Wenn man sich die Blue-Note-Scheibe in der SACD-Fassung besorgt, die Analogue Productions vor einiger Zeit herausgebracht hat, und dem hochauflösenden Silberling via Sottovoce Stereo 3 lauscht, dann kann man nachvollziehen, warum Green in Insiderkreisen bis heute als einer der Schrittmacher der 1960er Jahre gilt, der nicht nur dem Bop, sondern auch dem Souljazz und dem Bebop seinen Stempel aufdrückte. Selbst die komplexesten Läufe des überaus flinkfingerigen Saitenzauberers bleiben mit der Stereo 3 stets transparent, das Klangbild verschwimmt nicht, wird selbst bei höheren Pegeln nicht breiig und gar gepresst.
Und auch, wenn die Sottovoce Stereo 3 keine dezidierte Rock- oder Popbox ist, reicht ihre Power doch allemal, um auch an Gegenwarts-Produktionen Spaß zu haben. Wenn Alice Merton lakonisch bemerkt, „no roots“ zu haben und mehr oder weniger ziellos durchs Leben zu treiben, dann überträgt sich der unwiderstehliche Groove dieser äußerst tanzbaren Nummer aus den obersten Regionen der Charts unmittelbar auf jene, die vor den Lautsprechern sitzen. Dass bei der puren Studio-Nummer kein Live-Feeling aufkommt, hat damit zu tun, dass die Sottovoce Stereo 3 schlichtweg zu ehrlich ist und über die Herkunft einer Aufnahme genaue Auskunft gibt, ohne die Produktion deshalb gleich an den Pranger zu stellen. „Ja, das geht besser“, scheint sie mir zuzuraunen, um mich im selben Atemzug daran zu erinnern, dass Dancefloor-Pop nicht dazu gedacht ist, Highend-Gelüste zu befriedigen.
Will man beides unter einen Hut bringen, dann lohnt der Griff zu den bei Sony veröffentlichten „Saturday Sessions“, die auf eine in England äußerst beliebte Radioshow zurückgehen: Der Radio- und TV-Moderator Dermot O‘Leary ging von 2004 bis 2017 samstags mit Dermot’s Saturday Club auf Sendung. Hier ging es um neue Popmusik. O‘Leary lud Einzelmusiker und Bands wie Oasis, Supergrass, die Raconteurs, Massive Attack, Kasabian, die Guillemots, die Zutons, Alesha Dixon, Beck, die Lemonheads, Lily Allen, die Foo Fighters, Moby oder Kate Nash ein und ließ sie „unplugged“ spielen – eigene Songs, aber auch sehr eigenständige Coverversionen. Die BBC schnitt das mit, die Ergebnisse wurden im Zwei-Jahres-Rhythmus als Doppel-CD veröffentlicht. Der Clou daran: O‘Learys „Saturday Sessions“ gehören mit zum Besten, das Klangfetischisten in Sachen Pop kaufen können. Die meisten dieser liebevoll zusammengestellten und hinsichtlich des Repertoires immer wieder überraschenden CD-Boxen sind nach wie vor neu erhältlich – und sie stellen jedes Wiedergabe-Equipment auf die Probe, weil sie durchwegs extrem präsent und intensiv klingen. Kommt es hier zu Verzerrungen oder Verfärbungen, ist jedenfalls nicht der Tonträger schuld. Bei den Sottovoce Stereo 3 kann man sich beruhigt zurücklehnen und einfach genießen. Diese Schallwandler sind vor allem für kleinere Räume ein ganz heißer Geheimtipp.
Sottovoce Audio Stereo 3
Konzept: Dreiwege-Aktiv-Standlautsprecher mit 400 Watt (Class D) pro Kanal
Abmessungen (HxBxT): 1050 x 195 x 517 mm
Bestückung pro Box: Ein Koaxial-Mittelhochtöner, zwei „Back to Back“ angeordnete 20-Zentimeter -Tieftöner
Anschlüsse: XLR, optional auch Anschluss von Digitalquellen
Frequenzbereich: 33 Hz bis 20 Khz
Empfindlichkeit: 85 dB/1 m
Gewicht: 35 kg/Box
Calle Nicolau Primitiu Gómez Serrano, 26-Bajo
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Spanien