Der koreanische Hersteller SOtM prunkt nicht mit Nobel-Bauteilen. Stattdessen setzten die Entwickler auf Köpfchen, kluge Konstruktion und saubere elektrische Isolation ihrer Komponenten … mit Erfolg, wie wir seit kurzem wissen.
Von der Galvanik zur Musik
In der Digitaltechnik ticken die Uhren anders, behauptet mancher HighEnder. Wo man sich früher liebevoll um die Aufstellung seiner Geräte kümmerte, wo man noch einzelne Bauteile tunen und tweaken konnte, da herrschen heute sterile Platinen. Rappelvoll mit SMD-Bauteilen, bei denen eigentlich keiner mehr so recht weiß, was hinter den kleinen schwarzen Kunststofffassaden passiert … und ihre Platzierung im Rack oder dahinter ist den kleinen hochintegrierten Kisten doch heute ohnehin egal.
Doch wer aufmerksam hinschaut, wird entdecken, dass sich der Geist der analogen Bastler und Tüftler in viele mikroelektronische Unternehmungen hinüberretten konnte. Der koreanische Hersteller SOtM (Sound Of the Music) ist ein wunderbares Beispiel dafür. Mittlerweile haben sich die Tüftler einen Namen als Hardware-Produzent erwirtschaftet. Bevor sie jedoch mit ihren Kopfhörer-Verstärkern, DACs und Streamern in die Puschen kamen, fertigten sie Tuning-Tools für … na? Richtig: audiophile PCs.
Heute gehört es zum guten Ton in praktisch jedem Streamer, DAC oder CD-Spieler, die analogen und digitalen Sektionen galvanisch voneinander zu trennen. Sei es via Optokoppler oder über eine Phalanx kleiner Trenntrafos. Sie können ja mal „googeln“, was das im Einzelnen ist. Ich für meinen Teil bin auf einer HighEnd vor wer weiß wie vielen Jahren am Stand von HiGoto über diese Technologien gestolpert. Und die Marke hieß auch damals schon SOtM.
Vertriebsinhaber Carsten Hicking hielt mir ein kleines Stück Kunststoff unter die Nase. Ein Stromisolator für SATA-Festplatten, wie er mir kurz darauf erklärte. Der trennt die wertvollen Musikdaten vom elektrischen Unbill des Mainboards. Und das ist nur eines von vielen sinnvollen Gadgets: SOtM fertigt PCI-Karten mit galvanisch isolierten USB-Anschlüssen, LAN-Filter, verschiedenste Isolator-Kabel und sogar Hochpräzisions-Clocks zum Einbau in andere Komponenten finden sich im Programm.
Ein leckeres Gespann
Aber kommen wir zum Kern unseres heutigen Anliegens. Für einen kleinen Schnuppertest – den lesen Sie gerade – stellte uns der Vertrieb kürzlich eine Kombi aus dem Kopfhörer-Verstärker, DAC und Vorverstärker sHP-100 und der Netzwerk-Bridge sMS-200 Neo zur Verfügung. Einmal im Hörraum in Position gebracht, musizierte die kleine Kombi von der ersten Minute an dermaßen galant und mitreißend, dass man meinen wollte, man habe ausgewachsene Full-Size-Geräte vor sich stehen. Vor allem die gestochen scharfe, fast gespenstisch plastische und holografische Bühnenabbildung verblüffte uns.
Warum die beiden Maschinen so einen Schwung und Elan an den Tag legen, brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Natürlich spendierten die Koreaner dem Gespann alle Register ihres Könnens. Dazu gehört unter anderem, dass sich der sHP über eine Klemme an seiner Rückseite zusätzlich erden lässt. Durch aufwändige Isolation können die mit bedacht bestückten Baugruppen sauber und störungsfrei ihrer Arbeit nachgehen, was sich letztlich in einem beeindruckenden Mikrotiming und stattlicher Phasenrichtigkeit (= Timing) der Mini-Kette niederschlägt.
SOtM als Brückenbauer
Der Hauptdarsteller in dem winzigen Gespann ist allerdings die sMS-200 Neo. Nur zum Verständnis: Bei einer „Bridge“ handelt es sich um einen Streamer ohne eigenen D/A-Wandler. Der sMS zieht sich Signale aus dem Netzwerk, wandelt sie aus ihren Datenformaten in gemeingültiges S/PDIF (DSD wird natürlich im Bitstream belassen) und reicht sie über eine dedizierte USB-Audio-Buchse weiter. Da diese Schnittstelle „class compliant“ ausgelegt wurde (kein Treiber erforderlich), kommt jeder USB-DAC mit der sMS klar.
Der integrierte Medienplayer basiert auf einem ARM-Prozessor, dem ein Betriebssystem für die Audio-Reproduktion auf den Leib geschustert wurde. Neben LAN kann der Streamer auch Musik von bis zu zwei USB-Sticks oder -Festplatten annehmen.
So aufwändig die Hardware realisiert wurde, so spartanisch gibt sich der Netzwerkspieler bei seinen Fähigkeiten und der Software. Und glauben Sie mir, die Abspeckkur tut ihm gut! Der sMS-200 Neo nimmt alle gängigen Tonformate via LAN entgegen (kein WLAN!) und ist kompatibel zu Protokollen wie Shairport (eine Airplay-Alternative), UPnP/DLNA sowie Logitechs Sqeezeserver.
Gesteuert wird alles über eine simple Web-Oberfläche. Praktisch, denn die lässt sich über jeden Browser (Chrome, Firefox, Safari etc.) von jedem Computer oder Smart-Device aus aufrufen. Versionskonflikte oder Inkompatibilitäten, wie man sie von smarten Apps kennt, gibt’s daher nicht. Das klappt ordentlich, wirkt aber doch etwas spartanisch. Sollte Ihnen die Oberfläche nicht zusagen: Vergessen Sie sie einfach und organisieren Sie sich Roon. Die weitreichende Fernbedienungs-Oberfläche der Amerikaner wird auch in Korea geschätzt und unterstützt – und sie gewährt dem sMS-200 nebenbei auch noch Zugriff auf die Web-Dienste von Tidal und Qobuz.
Ein Kopfhörer-Amp …? Nö, der kann noch viel mehr!
Der sHP-100 wird von SOtM als „Kopfhörerverstärker“ beworben, was – bitte verzeihen Sie mir – eine hanebüchene Untertreibung ist. Denn zunächst einmal handelt es sich um einen klangvoll-neutralen Hochbit-DAC (max. 24/192 bzw. DSD128), der Signale über je eine optische oder elektrische sowie über eine USB-Buchse entgegennimmt. Ein analoger Pegelsteller regelt die gewandelten Signale im Pegel und reicht sie über ein variables Cinch-Pärchen wieder raus – eine vollwertige Vorstufe also mit immerhin vier schaltbaren Eingängen. Einen zusätzlichen analogen Miniklinkeneingang finden Sie an der robusten Aluminiumfront.
Falls gewünscht, lässt sich der Analogabgriff über einen Dip-Schalter am Gehäuseboden in den Fix-Modus schalten, der Wandler arbeitet dann als normales Line-Gerät. Sein Pegelsteller bleibt trotzdem aktiv und steuert die Ausgangsspannung der Kopfhörer-Buchse (6,3mm). Die liefert gehörig Saft und sollte mit jedem Kopfhörer bestens zurechtkommen. Unser Beyerdynamic DT-1990pro klang hier jedenfalls ausnehmend dynamisch, voll und transparent. Der Pegel ist nicht ultrahoch, das ist für langes genussvolles Hören aber garantiert nicht störend.
Spaßmacher
Wie die Kombi spielt, haben wir weiter oben ja bereits vorweg genommen. Die SOtM-Kette hat eine durch und durch musikalische Seele, die ihren außerordentlich exakten und zeitrichtigen Charakter kontert. Das macht gehörig Spaß und kann sich an zwei kompakten Aktivboxen auf dem Schreibtisch sowie als ultradenzente Triebkraft an einer Endstufe im Hörraum als echter Zeitkiller entpuppen … so schnell lässt einen die kleine Anlage nämlich nicht wieder von der Leine!
Und hier noch ein kleiner Hinweis: So lange der Vorrat reicht verkauft HiGoto den sHP-100 und den sMS-200 Neo im Bundle. Beide Geschwister werden für knapp 1000 Euro angeboten. Flink sein lohnt sich also.
Infos:
sHP-100
Konzept: Kopfhörerverstärker mit integriertem Hochbis-DAC und Vorstufe
Abmessungen: 11 x 5 x 15 cm (B/H/T)
Preis: um 700 Euro
sMS-200 Neo
Konzept: Streaming-Bridge mit dediziertem USB-Audioabgriff und Roon-Unterstützung
Abmessungen: 11 x 5 x 15 cm (B/H/T)
Preis: um 540 Euro