Melco S100 – Der Switch aus einer anderen Dimension
Wow! Das ist mal eine Ansage: Der Melco S100 ist ein Switch speziell für uns Highender zum immerhin stolzen Preis von 2000 Euro.
Nun weiß der erfahrene Musikliebhaber, dass es bei Audiozubehör immer auf das Verhältnis mehrerer Komponenten ankommt. So kann Kabel X zwischen zwei Geräten klangliche Wunder bewirken, während es zwischen zwei anderen Komponenten geradezu arbeitslos erscheint. Im Studiobereich, wo überwiegend mit genormten Anschlusswerten und elektrischen Standards gearbeitet wird, kann man es auch schon mal bei der Beipackstrippe belassen. Bei High End ist dies bekanntlich anders: Viele Hersteller brauen ihren individuellen Zaubertrank, der einen jeweils ganz individuellen Geschmack verspricht. Wodurch es auch mal zu Inkompatibilitäten kommt, die dann durch Kabel oder anderes Zubehör – in diesem Fall ein audiophiler Switch – aufgelöst oder auf eine neue Dimension des Hörens transformiert werden müssen. Und so stand es an, Melcos S100 in möglichst vielen Situationen und Konfigurationen zu testen und dabei auch den heimischen Netzwerkaufbau zeitweise zu verändern, was zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führte.
Reines Audiostreaming
Spricht man mit HiFi-Händlern, ist immer wieder zu hören, dass sie recht häufig ausrücken müssten, um beim Kunden die erworbenen Streamer in das heimische Netzwerk zu integrieren, was häufig mit einem kompletten Reset des Netzwerks verbunden sei. Hier kann der Melco-Switch Abhilfe schaffen. Der sorgt dafür, dass sofort nach dem Router ein völlig selbstständiger Strang für das Streaming der Audiodateien bereitsteht. So empfahl mir Mika Dauphin vom deutschen Vertrieb Drei H, den Switch direkt an den Router und ohne Zwischenintegration an irgendeine belastete Stelle im Netzwerk anzuschließen. Das heißt aber auch, dass unter keinen Umständen Geräte mit dem Switch verbunden werden sollten, die nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Musikanlage stehen.
Aus einem Gespräch mit Melcos Mastermind Alan Ainsley, das ich vor einiger Zeit im Rahmen des Berichts über den Server N10 geführt habe, ist mir noch präsent, dass Melcos digitale Philosophie von der korrekten und vor allem geordneten Ansammlung und Weitergabe sämtlicher Datenpakete geprägt ist. Erst dann kann – in den Worten Ainsleys – die Wandlung von digital zu analog reibungslos erfolgen. Und hier soll der S100 eine gewichtige Rolle übernehmen.
Puffer, Puffer …
Erreicht wird dies unter anderem mit einem riesigen Paketpuffer von 1,5 Megabit innerhalb des Switches. Ein Blick in das Gerät und auf die einzelnen Bauteile offenbart, dass wir hier im Vergleich mit den Switches aus dem Computergroßhandel etwas ganz anderes vor uns haben. Sowohl qualitativ als auch quantitativ. Hier ist alles auf absolute Rauscharmut optimiert. Sogar das Gehäuse selbst ist so konzipiert, dass weder etwaige Störeinflüsse den Datentakt beeinflussen noch etwaiges Rauschen sich von außen aufsetzt und durch die LAN-Verbindung bis in die Wandlersektion vordringen kann. Die LEDs der Netzwerkbuchsen lassen sich abschalten, um ebenfalls die Rauschumgebung zu minimieren. Wer bislang mit herkömmlichen Switches gearbeitet hat, wird angesichts der Zweiteilung des Anschlussterminals ein wenig irritiert sein.
Für das Weiterleiten reiner Audiosignale stehen auf der Rückseite vier Anschlüsse zur Verfügung, die auf 100 Mbit reduziert sind, während etwa Videosignale über die vier Ports mit 1000 Mbit geleitet werden sollen, wodurch sich der Switch auch für Multimediaanwendungen empfiehlt. Wird ein Roon-Core verwendet, sollte man überlegen, ebenfalls auf die Gigabit-Sektion umzusteigen, da Roon in aller Regel mit einem höheren Datendurchsatz verbunden ist. Das ist aber auch schon alles, was an Besonderheiten beachtet werden will, denn ansonsten ist der S100 im Plug-and-Play-Modus wie jeder herkömmliche Switch sofort einsetzbar.
Eine Frage der Details
Um mir ein möglichst umfassendes Bild zu machen, kamen gleich drei Streamer unterschiedlicher Preisklassen zum Einsatz: ein gestandener Naim ND5 XS, die kleine Wunderkiste Auralic Mini und ein Raspberry-DIY-Streamer. Der Datenabgriff erfolgte entweder direkt von der NAS oder via Tidal, mitunter auch im direkten Vergleich. Bei Rolf Kühns virtuosem Flirt mit den jungen Wilden des deutschen Jazz um Christian Lillinger und Ronny Graupe traten nicht nur die tiefen Klarinettentöne fokussierter in Erscheinung – insbesondere die tiefen Saiten von Bass und E-Gitarre gewannen nach dem Wechsel auf den S100 hörbar an Kontur. Notiert habe ich mir an dieser Stelle, dass beim Netzstream via Tidal der Effekt stärker zu beobachten war als beim Streamen des gleichen Titels vom heimischen NAS. Ein Hinweis darauf, dass der positive Effekt des S100 definitiv von der Netzwerkumgebung und den konkreten digitalen Modalitäten abhängig ist.
Um zu sehen, inwiefern das jeweils konkrete Gerät auf den Switch reagiert, habe ich nach dem Auralic Mini einen vor längerer Zeit in Eigenregie gezimmerten Raspberry Pi angeschlossen. Bislang blieb der Raspberry immer ein Stück in Sachen Auffächerung und Tiefenstaffelung zurück. Nicht, dass sich dies nun mit dem Melco S100 grundsätzlich geändert hatte – und doch hatte das kleine DIY-Kästchen plötzlich mehr Flow, rückte ein wenig an den Auralic ran. Ein Hinweis darauf, dass es nicht zwingend eines highendigen Streamers bedarf, um die Wirkungen des S100 auszukosten; zumindest, wenn die Aufnahmegüte diesen Sprung zulässt.
Cooler Tonfall
Denn wie bei allen digitalen Optimierungsansätzen gilt auch hier, dass der Switch eine verhunzte Aufnahme nicht aufpeppen kann. Ein aufnahmetechnischer Totalschaden bleibt ein solcher. Auch bei einem Einsatz des S100. Klangliche Kleinodien hingegen erhalten – in Abhängigkeit von der gesamten Netzwerkkonfiguration – erst den letzten Schliff.
Sehr schön ist dies beim Wechsel auf meinen Naim ND5 XS zu hören. Bill Frisells lässiger und bisweilen bizarrer Neo-Blues aus dem klangtechnisch formidablen Album Blues Dream kommt noch eine Spur cooler rüber, klingt noch relaxter und entspannter, als ich dies bislang wahrgenommen habe. Die Instrumente lösen sich stärker vom Hintergrund ab, treten einen kleinen Schritt nach vorne, ohne jedoch den Hörer plötzlich anzuspringen, und driften gleichzeitig minimal voneinander weg, wodurch das Spiel der Musiker einen Hauch freier klingt. Wie so häufig bei der Verwendung hochwertiger audiophiler Accessoires stellt sich der neue Klangeindruck zunächst eher im Unbewussten ein, man kann plötzlich der Musik länger zuhören, unerwartet setzt eine größere Zufriedenheit ein, die sich indes nicht punktgenau bestimmen lässt. Erst beim Zurückbau auf die ursprüngliche Konfiguration verifiziert sich der zuvor eher vage Eindruck.
Sorgenfreie Zufriedenheit
Die Tage mit Melcos S100 waren äußerst instruktiv, reagierte doch jeder der drei verwendeten Streamer anders auf den Switch. Auch jeweils davon abhängig, ob via NAS oder aus dem Netz gestreamt wurde. Bleibt also die Frage, wem der Ultra-Switch zu empfehlen ist? Zunächst allen, die unter „schwierigen“ Netzwerkbedingungen leiden. Oder Netzwerke beherbergen, an denen viele ältere und auch chaotisch integrierte Geräte ihr Unwesen treiben. Die können das Netzwerk aufgrund ihrer spezifischen Konstruktion mit elektrischen und digitalen Einstrahlungen und Störungen belasten. Zu Melcos Zielgruppe gehören Sie aber auch, wenn Sie definitiv alle Zweifel ausräumen wollen, die Sie bezüglich der digitalen Optimierung Ihrer Anlage hegen. Wenn Sie bereits ohnehin mit Ihrem digitalen Equipment am oberen Ende der Fahnenstange angekommen sind, dann gehen Sie mit dem Melco S100 auf Nummer sicher, dass die gestreamten Daten rein und ohne jeden Störeinfluss Ihr bereits vorhandenes Equipment erreichen, sodass jedwedes Kopfzerbrechen ein Ende nimmt.
Aber stopp, freuen Sie sich nicht zu früh! Mika Dauphin hatte mir noch ein kleines Wunderkästchen namens „ADOT“ mitgegeben. Das konvertiert die elektrischen Signale aus dem Router in Lichtwellensignale. Mittels eines SFP-Adapters leitet er sie in den S100 weiter. Bei diesem Konverter handelt es sich um den ultimativen Stand der Digitaltechnik. Mehr geht nicht, und das ist doch beruhigend zu wissen.
Wir meinen …
Melcos S100 bringt alle technischen Kniffe und Finessen mit, um einem audiophilen Heimnetzwerk die audiophile Krone aufzusetzen. Die Wirkung kann freilich je nach verwendeten Geräten schwanken. Vor allem die Trennung von Computernetzwerk und HiFi-Kette bringt aber praktisch einen gewaltigen Schritt nach vorn.
Technische Daten
Melco S100
Konzept: audiophiler LAN-Switch mit getrennten Buchsen für Audio- und Videoübertragung
Netzwerkeingänge: 8 Netzwerkeingänge für RJ45, 1 bis 4 für mit Priorität auf Audiostreaming (4 x 100 Mbit); 5 bis 8 für die allgemeine Anwendung (4 x 1 Gbit), 1 SFP-Eingang (optisches Netzwerk)
Maße (B/H/T): 22/6/27 cm
Gewicht: 2,5 kg
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 2300 €
ADOT Medienkonverter-Paket
Enthält: 1 x MC01 Medienkonverter, 2 x ADOT SFP Transceiver, 1 x Glasfaserkabel (1,5 m) sowie 1 x Schaltnetzteil (BASIC)
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 479 € (529 € mit Linearnetzteil, 749 € mit Sbooster-Netzteil)
Kontakt
DREI H Vertriebs GmbH
Kedenburgstraße 44/Haus D
22041 Hamburg
Telefon +49 40 37507515
info@3-h.de