Schöne Dinge, massenweise. Darunter Mutiges, Absurdes, Provokantes, Gigantisches, Gekonntes und Innovatives. Sie merken schon, ich verbuche Gigantisches nicht automatisch unter Gekonntes, außer jenen 30er-Jahre-Kino-Oldie, der unter seinen Möglichkeiten, aber trotzdem kurzweilig spielte, Danke. Aber halten wir uns nicht mit Details auf, schon gar nicht mit Klang. Jeder, der es wagt, in dem Pappendeckel-bewehrten Stahlbau mit seinen Glasflächen oder in dumpfen Kabinen vorzuführen, verdient unseren Respekt. Hie und da hörte man, zu was das Equipment fähig sein könnte. Meistens war es zu laut, selten zu leise, manchmal durfte man guter Musik lauschen, hin und wieder aber auch so genanntem “audiophilem” Material, jenes aus den 90er-Jahre-Messen, erinnert sich noch jemand schaudernd? Hoffentlich nicht. Die großen Trends dürften die Kollegen schon genannt haben, Streaming, klar, Röhren, glasklar, Plattenspieler, sonnenklar. Und wir werden nicht das Ende der CD erleben, aber das Ende der Herstellung von Laufwerken, wenn – schon entschieden – Audio und Video nicht mehr in Besitz übergehen, sondern “heruntergestreamt” werden. Aber vielleicht bin ich da zu pessimistisch.
Optimistisch bin ich dagegen bei einem nahe liegenden Geschäftsmodell. Wäre ich eine Bank, so hätte ich einen Messestand gebucht. Um Kredite und Leasing feilzubieten. Ein paar Preise haben mich schockiert ob des dafür Gebotenen, ein paar andere Zahlen lösten befriedigtes Grinsen aus. So nichtlinear ist die (HiFi-) Welt – das macht Spass, der Kunde bleibt König. Amüsant auch, dass wieder pünktlich zur Veranstaltung einige UFOs gelandet waren, eins von den Dingern sah aus wie ein Ersatzteil für einen Transwarp-Antrieb. Erstaunlich, wo fantasievolle Importeure überall einkaufen, während die NASA noch mit russischer NOS-Technik zur Raumstation juckelt. Apropos Technik: Gewisse EU-Vorschriften zum “Inverkehrbringen” von Elektrischem, respektive einige dazu gehörige Sicherheitsstandards, sind bekanntermaßen ja nur eine Luftnummer der Brüsseler Bürokratie, von der man, sofern man aus anderen Galaxien stammt, natürlich noch nie etwas gehört hat. “Ground Lift” bedeutet nur so als kleines Beispiel übrigens nicht, den Schutzleiter mit der Kohlendioxid-geschwängerten Luft unseres Heimatplaneten zu verbinden. Gemischte Gefühle bekommt unsereins auch ob der Ankündigung, in Zukunft noch mehr Bild auf die Messe zu bringen. Für mich ist (Ton) genug, für andere ich weiss nicht … Aber bei Sony sah ich einen Fernseher mit galaktischem Bild, womöglich schon jenseits von HD. Ach ja, HD: Spricht man mit Insidern, so scheint 24/96 ganz pragmatisch schon überirdisch genug zu sein. Aber am Horizont ist oberhalb von 24/192 bereits DSD-Streaming zu sehen, was wieder neue Hardware fällig werden lässt. Und dann sollte es auch gut sein. Erinnern wir uns an die kollabierte Highend-Heimkino-Branche, die es mit gefühlt monatlich einem neuen Tonformat schaffte, ihrem Equipment so blitzartig Vintage-Status zu verleihen, dass Geld verbrennen länger gedauert hätte.
Ob die Plattenspieler-Schwemme auch so ein Strohfeuerchen ist, wird sich spätestens dann herausstellen, wenn die Preise fallen. Aber mich freut das, kleine Mechanik-Wunder für jedermann! Und die Vinylhändler freuen sich ebenfalls. Dass die digital verflusskieselte Musik im HD-Format ein wenig anders, aber mindestens genau so gut klingt, müssen außer Fanatikern inzwischen alle zugeben, man sollte die Diskussion endlich ad acta legen und “vorne” Daten & Vinyl geniessen, “hinten” Röhren und Wirkungsgrad dranhängen, dann ist die Welt doch in Ordnung. Ob sich meiner einer noch DSP-orientierte Lautsprecher – da gibt es wirklich feine Sachen – oder PWM-Verstärker – da gibt es klanglich überragende Beispiele – gönnt, wage ich dennoch zu bezweifeln; irgendwie fährt man sich ja fest bei seinen Vorurteilen, auch wenn es erwiesenermaßen töricht ist. Da zwischendurch ein paar kleine, feine, bezahlbare Class-A-Vollverstärkerchen alter Machart zu entdecken, ist ein Lichtblick für alle, die noch auf Kühlrippigkeit stehen oder sich gerne fette Trafos angucken, letzteren Part übernehmen inzwischen eher Röhrenverstärker, die sich scheinbar selber aussähen und in puncto Optik neue, nicht immer höhere Maßstäbe setzen. Geschmäcker sind halt verschieden, übrigens auch, was Lautsprecher angeht, deren Formensprache bis zur sprichwörtlichen Sprachlosigkeit ausufert; auf den einen oder anderen Tonlieferanten hätte ich gerne noch ein weiteres Micky-Mouse-Bildchen geklebt, während andere Apparate in einer 300-Km-Umlaufbahn kein bisschen auffallen würden. Wunderbare Vielfalt …
Dass ich mich hie und da eher wie auf einer Computermesse fühlte, muss am Alter liegen. Und zwar an meinem. Dennoch kann ich die alten Storys – “Im Kempinski war es viel schöner” – nicht mehr hören. Es war dort nicht besser oder schöner, nur enger und, ja, irgendwie piefiger, provinzieller. Zu sehen und zu hören gibt es jetzt, wo sich die High End in München in ein internationales Event verwandelt hat, doch deutlich mehr!
Dem DIYselfer in mir sei noch eine Anmerkung erlaubt: Über einigen frei verdrahteten Verstärker-Kunstwerken hätte ich gut und gerne Stunden nur mit Gucken verbringen können …