Da Sie vermutlich lieber schauen als lesen möchten, hier ein kompakter Bericht über das Rocky Mountain Audio Fest 2014 (RMAF 2014) – garniert mit vielen, vielen Bildern.
Ein paar Dinge möchte ich Ihnen ersparen, etwa die Schilderung der Anreise inklusive Landung bei heftigem Gewitter, aber auch den sagen wir: nur wenig sensationellen Blick aus dem Hotelfenster – nix Skyline Denver, nix Rocky Mountains. Nur eines kann ich Ihnen leider nicht ersparen: DIESE Teppiche im Hotel. Ebenso farb- wie musterfreudig dominieren sie unterschwellig die Wahrnehmung, selbst wenn sich darauf die tollsten High-End-Gerätschaften türmen. Wann bitte kommt das erste Programm für die Kamera, das SOLCHE Teppiche einfach ausblendet?
Und damit mitten hinein ins Geschehen. Austragungsort der mittlerweile 11. Ausgabe des RMAF ist das Hotel Marriott Tech Center in einem Gewerbegebiet in Denver, fernab des Stadtkerns. Das Hotel ist riesig und bietet dem RMAF, dieser größten aller Konsumentenmessen, mehr als nur ausreichend Platz. Alle Aussteller finden hier mindestens soviel Raum, wie sie benötigen, und alles unter einem Dach.
Ausgerichtet wird die Messe von Marjorie Baumert, die das RMAF zusammen mit Ihrem Mann Al Stiefel vor elf Jahren aus der Taufe hob. Unterstützt wird Marjorie Baumert dabei von der Colorado Audio Society und einer Menge freiwilliger Helfer, den „Volunteers“, die dafür sorgen, dass es auf dieser sehr professionell organisierten Messe an nichts fehlt.
Das RMAF ist deutlich umfangreicher als selbst die größten deutschen Hotelmessen und erinnert in puncto Atmosphäre sehr stark an die längst vergangenen HighEnd-Messen im Hotel Kempinski in Gravenbruch bei Frankfurt. Ein entscheidender Vorteil in Denver ist jedoch, dass die Zimmer in aller Regel spürbar größer sind – hey, everything’s bigger in the US! – und sich die Aussteller somit etwas einfacher tun, ein gutklingendes Setup auf die Beine zu stellen. Zudem lassen sich die Zimmer auch komplett leer räumen, während bei so mancher deutscher Hotelmesse noch die Minibar, der Schreibtisch oder ein Fernseher im Raum bleiben (müssen). Alles in allem bietet das RMAF im Marriott also hervorragende Voraussetzungen für einen gelungenen Messeauftritt.
Den haben zwar nicht alle, aber immerhin doch die meisten Aussteller hinbekommen. Die Bandbreite der Performance reichte tatsächlich von „jawdropping“ („Ich bekomm‘ den Mund nicht mehr zu!“) bis hin zu echtem „mid-fi“ („Dieses mittelwellenartige Gequake soll HiFi sein“?). Summa summarum klang es häufig genug verdammt gut. Spannend ist dabei die streckenweise völlig andere Herstellerlandschaft im Vergleich zu den Shows in Deutschland. Wir haben wohl noch nie so viele uns bis dahin völlig unbekannte Marken in dieser verblüffenden Häufung gesehen. Das macht das Messeschlendern natürlich doppelt reizvoll, weil es dadurch natürlich mehr zu erkunden, zu entdecken und anzuhören gibt.
Eines der schrägsten Produkte der Messe war sicherlich der Tiger Fox, eine zusammenrollbare Hörkabine zum Hineinsetzen. Diese arbeitet nach dem Prinzip der (hoffentlich) kontrollierten Reflexionen und funktioniert tatsächlich verblüffend gut. Ist einmal die richtige Position gefunden, wähnt man sich in einem akustisch perfekt bearbeiteten Raum und erlebt eine Direktheit der Musik, wie sie selbst die besten Kopfhörer kaum erzeugen können. Völlig verrückt – und echt klasse.
Genau so verrückt ging es bei den Kopfhörern oder besser: bei den Kopfhörerverstärkern zu. Die Spitze des (Un-)Möglichen markierte eine mit 300B-Röhren bestückte Doppelmono-Verstärkerkombi, die aus massiven Aluminiumblöcken gefräst wird.
Eines der interessantesten Produkte war aber ein transportabler Kopfhörerverstärker von Woo Audio. Bestückt mit winzigen sogenannten Bleistiftröhren klang er einfach fantastisch. Leider war’s nur ein Prototyp.
Serienreif hingegen waren gigantische Riesenröhren aus China. Die einmachglasgroßen Gläser waren in einer feiner Holzschatulle ausgestellt und wirken auf Bildern eigentlich recht harmlos – bis direkt daneben die bekannte 845er auftaucht, die von diesem China-Giganten ersetzt werden kann. Sofern der betreffende Verstärker überhaupt genug Platz bietet, versteht sich. HiFi-Größe XXL kann da schon zwicken.
Dann doch besser gleich zu den „richtigen“ Übergrößen greifen. So wurden auf dem RMAF nicht nur riesige Röhren-Amps aus Japan gesichtet, sondern auch warmblütige Transistor-Dinos, die an gewisse begehbare Konstruktionen aus vergangener Zeit erinnerten. Ein heißer Tipp für notorisch kalte Riesenräume. Weitere dekorative Innenausstattungsideen dieser Messe gefällig? Wie wär’s mit einem Tonabnehmer, dessen Korpus aus Porzellan besteht?
Oder ein lässig auf DIESEM Teppich drapiertes Lautsprecherkabel zum Schnäppchenpreis von knapp 30.000 Dollar? Bitte nicht drauftreten!
Lautstärke ist natürlich auch in den USA ein interessantes Thema. Vorgeführt wurde gerne saftig! Beispielsweise auch, wenn nur ein Breitbänder am Start war. Und auch, wenn dieser nur ein zarter 6-Zöller war. Aber gefüttert mit den Red Hot Chili Peppers und „alle Knöppe auf 11“. Was dann zu hören war, sprach allerdings eher dagegen als dafür. Machte aber nix – dem Aussteller hat’s gefallen.
Überhaupt bescherte das RMAF 2014 dem Hotel eine Art „Happening-Atmosphäre“, die der ganzen Veranstaltung einen angenehmen Extrakick gab.
Also: Hat sich die weite Anreise gelohnt?
Unbedingt. FIDELITY wird auch nächstes Jahr auf alle Fälle wieder mit von der Partie sein.
Let’s go RMAF 2015!