Rockidelity: The Mars Volta – Noctourniquet
Für Herz und Kopf
Auch auf ihrem sechsten Studioalbum behauptet sich die Faszination von Mars Volta. Ihr Geheimnis: ein dualer Kreativ-Prozess. Cedric Bixler Zavala, der Sänger mit der hypnotischen Stimme, erfindet für seinen Gesang wie gewohnt Melodien von rührender, verblüffender, ausschweifender Schwärmerei. Omar Rodriguez Lopez aber, der musikalische Mastermind, taucht diese wundersam eingängigen Melodien ebenso zuverlässig wieder in einen Hexenkessel aus lärmenden Gitarren, komplexen Rhythmen und elektronischen Sounds. Viele der 13 Songs auf „Noctourniquet“ könnte man als lyrische Balladen auffassen oder sich sogar als kitschige Popnummern vorstellen – wäre da eben nicht dieses aufwändig gebastelte Tohuwabohu drum herum, die Klang- und Strukturphantasien eines Studio-Nerds. Verlässlich versorgen Mars Volta also gleichermaßen Herz wie Kopf: Ergreifende, sich einbrennende Gesangsparts mischen sich mit frickeliger, intellektueller Klangforschung. Man hat diese unwahrscheinliche Kombination schon als Future Punk bezeichnet, als Post-Prog, Psycho-Jazz oder experimentellen Latin-Rock. Keine dieser Schubladen hat letztlich gegriffen. Einigen wir uns auf: Musik vom Mars. Damit wären auch die absolut außerirdischen Songtexte erklärt.