Rockidelity: Selig – Die Besten 1994–2014
Ikarus-Flug, Höhenrausch, Ego-Clash, Absturz, Beinahe-Auflösung: Bei nicht wenigen Bands gerät nach einer derartigen Vorgeschichte ein Comeback-Versuch zur Fremdscham-Katastrophe. Nicht bei Selig, die 2009 mit Und endlich unendlich ihren zweiten Frühling einläuteten und seitdem ein gefeiertes Album nach dem anderen vorlegen. Dabei war man ja schon einmal ganz oben angekommen: 1994, als Selig mit dem selbstbetitelten Debüt und den Über-Hits „Ohne dich“ und „Wenn ich wollte“ als deutsche Blaupause des Grunge-Movements mit psychedelischer Note galten – und damit eine ganze Generation von Fans prägten.
Fast wie bei Star Wars: zwei Epochen, zwei Leben, zwei Mal die gleiche Basis und doch zweimal ganz anders. Mit Die Besten 1994–2014 feiern Selig die 20 Jahre ihres Bestehens und setzen damit erneut ein Zeichen. Statt einfach nur den Backkatalog zu räubern, entschied sich die Band, ihre allerliebsten Songs neu zu interpretieren. Aufs Wesentliche reduziert und neu arrangiert. So erstrahlt „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ mit epischen Streichern zu neuem Glanz und „Wenn ich an dich denke“ erinnert auf einmal im besten Sinne an Burt Bacharach. Die abgespeckten Arrangements lassen vor allem Sänger Jan Plewkas eindringlicher Stimme und seinen intensiven Texten viel Raum, sich zu entfalten. „Jeder von uns trägt eine große narzisstische Depression in sich, die gefüllt werden muss mit Applaus und Zuneigung“, hat Plewka einmal gesagt. Beides ist Selig auch die nächsten 20 Jahre sicher.