Looking for the English FIDELITY Magazine? Just click here!
Rock in Musicland

Rock in Musicland

Hörstoff

Rock in Musicland

Der Disco-Sound, der den Rock-Giganten der 1970er Jahre den Garaus machte, wurde in den Musicland Studios in München erfunden. Ausgerechnet dort aber standen die Rockbands Schlange – als könnten sie so noch einmal mit der Zeit gehen.

Hansjörg Moroder aus Südtirol reiste schon früh als Gitarrist, Sänger und Songschreiber umher und machte erste Singles unter dem Namen „Giorgio“. Über Aachen und West-Berlin kam er 1968 auch nach München, erhielt hier einen Job bei der Plattenfirma Ariola, veröffentlichte ein Jahr später ein erstes Album. Weil er sich für die Möglichkeiten der elektronischen Musik interessierte, kaufte er 1971 einen Moog-Synthesizer und richtete sich ein kleines Studio mit einer 16-Spur-Maschine ein – im Untergeschoss des Münchner Arabella-Hochhauses. Dieses Gebäude war 1969 fertig geworden, im vorolympischen Bauboom: 23 Stockwerke hoch, volle 150 Meter lang. 1973 erweiterte Moroder sein Kellerstudio noch und nannte es „Musicland“. Im gleichen Jahr machten die Rolling Stones und T. Rex dort ihre neuesten Aufnahmen, gefolgt von Deep Purple, Uriah Heep und dem Electric Light Orchestra.

Zu Weltruhm kam Giorgio Moroder als Produzent der amerikanischen Sängerin Donna Summer, die es 1968 mit einer Musical-Truppe nach München verschlagen hatte. Summers Hits „Love To Love You Baby“ und „I Feel Love“ begründeten den Disco-Boom, und Moroder galt als der Erfinder von „Munich Sound“ und „Eurodisco“. Seine Synthesizer-Parts schufen Grundlagen für die elektronische Tanzmusik und wurden später zur Inspiration auch für House und Techno. Als in den 1980er Jahren die U-Bahn-Station „Arabellapark“ gebaut wurde, musste das Studio wegen der Bau-Erschütterungen die Arbeit einstellen und wurde aufgelöst. Moroder machte da bereits Karriere in Hollywood, schrieb die Filmmusik für Kinoerfolge wie Top Gun, Flashdance, Over The Top, Scarface oder American Gigolo.

Viele Rockstars haben in den Musicland Studios produziert, als die klassische (progressive) Rockmusik schon tief in der Krise steckte. Deep Purple zum Beispiel waren eine geradezu experimentelle Formation, als sie im Sommer 1975 in München ihr Album Come Taste The Band (Purple, 1975) aufnahmen.

Rock in Musicland

Der Gitarrist Ritchie Blackmore, für viele der Inbegriff von Deep Purple, war gerade ausgestiegen. Das aktuelle Quintett bestand aus den zwei britischen Urgesteinen Lord und Paice, den vom Blues und Funk inspirierten Amerikanern Coverdale und Hughes und dem neuen Gitarristen Tommy Bolin, einem Super-Virtuosen aus dem Fusionjazz, der Deep Purple kaum dem Namen nach kannte. Seine Gitarrensoli auf dem Album sind sensationell, der Mittelteil von „Gettin’ Tighter“ tönt sogar funky, aber die schönsten Momente kommen in den letzten beiden Stücken. Wenige Monate später lösten sich Deep Purple dennoch auf.

Auch bei Led Zeppelin, die im November 1975 drankamen, wackelte die Band-Identität schon gewaltig. Nur 18 Tage Zeit bekam das Quartett im Musicland, danach waren die Stones gebucht. Robert Plant, der im Sommer einen schweren Unfall gehabt hatte, sang im Rollstuhl sitzend – er empfand ein neues Album bereits als „Triumph über den Tod“. Jimmy Page lebte tage- und nächtelang im Studiokeller und spielte bis zu sechs Gitarren-Overdubs übereinander ein. Das Album Presence (Swan Song, 1976) geriet daher monochrom gitarrenlastig – die Presse rezipierte es als puren „Heavy Metal“.

Rock in Musicland

Das Flaggschiffstück ist natürlich der zehnminütige Opener „Achilles Last Stand“, ein nicht enden wollender, marokkanisch inspirierter Gitarrenritt durch wechselnde Rhythmen. Es war das vorletzte Album der Band – das letzte entstand dann im Studio von ABBA. Disco hatte gesiegt.

Im Sommer 1979 waren auch Queen im Musicland. The Game (EMI, 1980) wurde das erste ihrer „Münchner Alben“.

Rock in Musicland

Freddie Mercury liebte das Nachtleben der Stadt. „Wir hatten einen neuen Toningenieur und eine neue Umgebung in München“, sagte Brian May. „Alles war anders. Wir stellten unsere ganze Studiotechnik auf den Kopf.“ Die Band reiste nur mit ungefähren Vorstellungen an, aber der Ideenstrom ließ sie im Studio nicht im Stich. Die Kritiker allerdings fanden, Queen seien jetzt zu einer Pop-Band geworden. Schon im Oktober erschien die erste Single, die Elvis-Hommage Crazy Little Thing Called Love – da war das Album noch lange nicht fertig. Nach einer US-Tour schlug Michael Jackson persönlich vor, doch auch „Another One Bites The Dust“ auszukoppeln – als bereits vierte Single vom Album. Die Auskopplung erschien im August 1980 und wurde Queens allergrößter Single-Hit.

Die angezeigten Preise sind gültig zum Zeitpunkt der Evaluierung. Abweichungen hierzu sind möglich.