Quad Revela 2
Peter Comeaus neue Lautsprecherkonstruktion Quad Revela 2 verspricht Musikgenuss voller Noblesse und Energie.
In aller Kürze:
Quad beweist mit der Revela 2, dass man die eigene Firmenhistorie neu denken kann, und stellt einen Lautsprecher vor, der ganz auf den audiophilen Connaisseur hin ausgerichtet ist.
Quad ist eine jener Firmen, bei der sich auch bei aktuellen Produkten ein Blick in die jahrzehntelange Historie lohnt. Im Jahr 1949 betrat Quad die Bühne der Audiotechnologie mit einem damals hochinnovativen Produkt, dem „Corner Ribbon Speaker“. In diesen frühen Tagen anspruchsvoller Musikwiedergabe bot dieses technische Meisterwerk, dank eines großformatigen und empfindlichen Bändchenhochtöners, eine bemerkenswert klare und detaillierte Klangwiedergabe der Mitten und Höhen. Jedoch litt er noch unter gewissen technischen Unzulänglichkeiten, wie etwa einer begrenzten Leistungsfähigkeit von maximal 15 Watt. Doch Peter Walker, der Gründer von Quad, sollte alsbald auch diese Probleme in den Griff bekommen und gilt in seinem unermüdlichen Innovationstrieb auch heute noch als Vorbild für Quads aktuelles technisches Mastermind Peter Comeau. Insofern ist Quad eine derjenigen High-End-Firmen, die nicht nur auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken können, sondern diese Tradition wertschätzen und als Referenz für die aktuelle Produktentwicklung ansehen.
Ein echtes Bändchen
Bei unserem Gespräch auf der Münchner HIGH END erläutert mir Peter Comeau die speziellen Eigenheiten seines „True Ribbon“-Bändchens. Dieses hat eine verstärkte Sandwichmembran, die den Anforderungen moderner Verstärkerleistungen ohne mechanisches Versagen gewachsen ist. Das Bändchen gibt die Obertöne in Aufnahmen möglichst korrekt wieder, um ein realistisches Gefühl von Raum und Tiefe zu vermitteln. Das „True Ribbon“ unterscheidet sich von konventionellen Bändchenhochtönern dadurch, dass es sich tatsächlich um ein Bändchen aus dünner Aluminiumfolie handelt, das sich in einem starken Magnetfeld befindet, durch das das Audiosignal des Verstärkers fließt. Der Vorteil eines echten Bändchens besteht darin, dass die Membran vollständig durch das Audiosignal erregt wird und nicht unter Auflösungsmoden und Resonanzen leidet. Um den Ansprüchen der Ribbon-Einheit gerecht zu werden, hat Comeau lange an einer nahtlosen Integration des Tiefmitteltonbereichs gearbeitet. Hierzu wurden extrem glatte Membranen mit hoher Steifigkeit entwickelt. In Kombination mit der speziell entwickelten Gummisicke und einem Hochleistungs-Motorsystem wollte man bei Quad eine prägnante, aber möglichst natürlich ausschwingende Basspräsenz erreichen.
Im Fortgang unseres Gesprächs erwähnt Peter Comeau, dass er besonders stolz auf die phasenkompensierte Akustik-Butterworth-Frequenzweiche ist, deren Prinzip er wie folgt erläutert: Akustischer Butterworth bedeutet, dass hier die klassische Butterworth-Filtercharakteristik unter Berücksichtigung der akustischen Leistung der einzelnen Treibereinheiten angewendet wurde. Der Butterworth-Filter ist ein analoges Filterdesign, das die beste Ausgangsreaktion ohne Welligkeit im Durchlass- oder Sperrbereich erzeugt, was zu einer maximal flachen Filterreaktion führt. Würde man sich einfach an den elektrischen Eigenschaften des Butterworth-Filters orientieren, würde dies zu einer falschen akustischen Filterneigung führen, wenn die Eigenschaften der Lautsprecher nicht berücksichtigt werden, was eine hörbare Fehlanpassung zwischen den Tief-, Mittel- und Hochtönern zur Folge hätte.
Ein haptisches wie akustisches Vergnügen
Nach diesem instruktiven Gespräch war ich natürlich hocherfreut, dass gerade mal vier Wochen nach Ende der Messe ein Paar Revela 2 bei mir vor der Haustür stand. Eine leicht spleenige Angelegenheit beim Aufstellen neu eingetroffener Lautsprecher ist bei mir der „Streicheltest“, bei dem ich mit den Fingerspitzen und bisweilen auch der ganzen Hand das Furnier entlanggehe, um Material- und Verarbeitungsgüte haptisch zu erfassen. Eine zugegeben eher emotionale Handlung, die aber dennoch häufig ein erstes Urteil über das Verhältnis von Preis und Wertigkeit erlaubt. Und hier ist die Revela 2 über alle Zweifel erhaben. Nicht nur, dass das angelieferte Exemplar in seiner gefälligen Formstruktur mit den abgerundeten Ecken optisch begeisterte – ob Furnier, Polierung oder Anschlussterminal, mir fiel weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick ein Kritikpunkt auf. Umso gespannter war ich nun auf die ersten Klänge der englischen Schönheit.
Ein Lautsprecher für den Spieltrieb
Womöglich hatte ich in letzter Zeit zu viele Geräte hier in meinem Hörraum, die bereits „out of the box“ einen passablen Sound boten, weshalb meine erste akustische Begegnung mit der Revela 2 ein wenig ernüchternd ausfiel. Dabei ist es gar nicht mal eine Sache der Einspieldauer gewesen, auch wenn man dem Lautsprecher ruhig runde 100 Stunden Einspielzeit gönnen sollte. Mehr noch kommt es aber auf die passende Aufstellung im Raum an. Einfach hinstellen und fertig ist nicht, das hatte ich mir zu einfach gedacht. Dabei meine ich aber keineswegs, dass die Quads aufstellungskritische Mimöschen sind, die auf den Zehntelmillimeter korrekt ihren Platz im Raum finden müssten. Dies ganz und gar nicht: Der Sweetspot ist sogar eher weit ausgedehnt, man kann sich auch mal mit Vergnügen im Sessel fläzen, ohne dass das Klangbild wegkippen würde. Hier geht es eher um die grundsätzliche Breite der Basis und den Grad der Einwinkelung.
In der Regel erreiche ich in meinem Raum einen austarierten Klangeindruck bei einer Aufstellungsbreite von ca. zwei Metern und einer eher geringen Einwinkelung von 15 bis 25 Grad. Die Revela 2 blühte dagegen erst bei einer Basis von über drei Metern und einer Einwinkelung nahe 40 Grad so richtig auf. Dann öffnete sich ein weites Rund hinter den Lautsprechern, auch nach oben wurde die Abbildung merklich größer, und selbst nach vorne lösten sich die Instrumente wesentlich besser ab. Das mag in anderen Räumen freilich ganz anders aussehen, auf jeden Fall ist die Revela 2 kein Lautsprecher, den man sich zulegen sollte, wenn man auf eine einzige Aufstellposition von vorneherein festgelegt ist. Hat man aber diverse Freiheiten hinsichtlich der Positionierung, dann ist es ein großes Vergnügen, unterschiedliche Varianten auszuprobieren. Hier sollte Ihnen der Händler Ihres Vertrauens auf jeden Fall entgegenkommen und Ihnen ein Pärchen für eine gute Woche zum ausgiebigen Experimentieren ausleihen. Wenn Sie dann aber die favorisierte Position gefunden haben, werden Sie so schnell Ihren Sessel nicht mehr verlassen wollen.
Ein Bass zum Wohlfühlen
Ich hatte schon lange keinen Lautsprecher mehr bei mir, der so zum Langzeithören animiert. Nicht eine Sekunde des Nervens, keine Sekunde des Überdrusses, ausschließlich Genuss ist angesagt. Ja, diese Sonorität ist in Teilen auch auf eine leicht ins Dunkle zielende Timbrierung zurückzuführen, die aber zu keiner Zeit Details verdeckt und vor allem nicht dem Rest der Anlagenkette eine tonale Dominanz aufzwängt. Sehr schön kann man dies beobachten, wenn man unterschiedliche Verstärker an der Revela 2 anschließt, die aufgrund ihres entspannten Wirkungsgrads für eine Vielzahl von Verstärkern offen ist. Trotz des leicht abgedunkelten Timbres lässt die Quad die Eigenheiten des jeweiligen Verstärkers sofort erkennen und reicht dessen Spezifikum an den Hörer weiter. Deshalb hier der Tipp, sich vom Händler auch noch den ein oder anderen Verstärker auszuleihen, will man die Lautsprecher in Ruhe in den heimischen vier Wänden testen.
Gänzlich pflegeleicht zeigt sich der Schallwandler in Sachen Musikauswahl. Hier erhält man tatsächlich einen Allrounder. Ob es die auffahrenden Celli und Kontrabässe zu Beginn von Mahlers „Auferstehungssinfonie“ in der legendären Solti-Aufnahme oder die Breakbeats eines LTJ Bukem sind, ob große Sinfonik oder Drum’n’Bass der 90er Jahre – der Bass ist auf den Punkt prägnant, schwingt aber ohne jede Nervosität aus, nie kommt das Gefühl von Hektik auf. Hinzu kommt, dass die Bassfrequenzen organisch in den Frequenzverlauf integriert sind. Ohnehin wirkt, etwa bei großformatigen Orgelwerken vom Schlage Messiaens oder Viernes, das gesamte Frequenzspektrum wie aus einem Guss. Hier hat sich definitiv Peter Comeaus detaillierte Fokussierung auf die Neuentwicklung der Frequenzweiche gelohnt. Und in den höchsten Orgelregistern vermittelt das Quad-Bändchen die versprochene glockenklare Reinheit.
Ein großer Wurf für selbstbewusste Highender
Der audiophile Musikfreund ist ja häufig vom Faust’schen Motto „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“ getrieben. Da ist einerseits die Sehnsucht, in die Tiefe des Wohlklangs einzutauchen, auf der anderen Seite ist da aber auch der Spieltrieb – zu schauen, was an kleinen Detailveränderungen möglich ist. Für den Fall, dass Sie sich hier wiedererkennen, wäre Quads neue Lautsprecherkonstruktion ein Must-have für Sie. Musikalisch können Sie ganz den Connaisseur geben und sich mit einem Glas Bordeaux und einer frisch angezündeten Havanna in den Ledersessel fallen lassen und sich genüsslich ganzen Wagner-Opern oder dem Gesamtwerk John Coltranes hingeben und es bei Bedarf auch mal mit einer Depeche-Mode-Maxi krachen lassen. Packt Sie aber der Spieltrieb, dann haben Sie mit der Quad Revela 2 den optimalen Lautsprecher für Aufstellexperimente, Kabelvarianten oder Verstärkeralternativen vor sich. Was will man mehr? Und das für einen Preis, der angesichts der Verarbeitungsqualität mehr als kundenfreundlich ist. Well done, Mr. Comeau.
Info
Lautsprecher Quad Revela 2
Konzept: 3-Wege-Standlautsprecher, Bassreflex
Tieftöner: Durchmesser 150 mm, beschichtetes Fiberglas
Mitteltöner: Durchmesser 150 mm, beschichtetes Fiberglas
Hochtöner: Quad True Ribbon (Bändchen), 27 x 60 mm
Empfindlichkeit (2,83 V@1 m): 89 dB
Empfohlene Verstärkerleistung: 20 bis 200 W
Nennimpedanz: 6 Ω (kompatibel 8 Ω)
Maße (B/H/T): 25/97/28 cm
Garantiezeit: 2 Jahre
Preis: um 4000 €
Kontakt
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Straße 11
41352 Korschenbroich
Telefon +49 2161 617830
info@iad-gmbh.de
Mitspieler
Laufwerke: Thorens TD 126 MK III, Technics SL-1210 MK2
Tonarm: Koshin GST 801
Tonabnehmer: Sumiko Blackbird, Ortofon Concord Century
Phonovorverstärker: Innovative Audio Ultimate 2b, Thel Phono M
CD-Player: Naim CD 5i
Streamer: Naim CD5XS
Vollverstärker: Naim SuperNait
Lautsprecher: Gamut Phi 7
Kopfhörer: Beyerdynamic DT 1770 Pro
Zubehör: Wireworld, Sommer, Creaktiv